Radschützenpanzer

Radschützenpanzer
Schützenpanzer M2 Bradley

Schützenpanzer (kurz SPz) sind leichte bis mittlere Panzerfahrzeuge mit einem maximalen Gefechtsgewicht von 25–40 t. Sie transportieren die Infanterie ins Gefecht und geben ihr im Kampf wirksame Feuerunterstützung. Schützenpanzer haben im Heck Platz für meist bis zu 10 Infanteristen bzw. Panzergrenadiere und besitzen eine stärkere Bewaffnung und Panzerung als Transportpanzer. Schützenpanzer sind gewöhnlich Kettenfahrzeuge, aber einige Radpanzer fallen ebenfalls in dieselbe Kategorie (Radschützenpanzer).


Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Sd.Kfz. 251 Ausf. 7

Das Konzept des Schützenpanzers geht ursprünglich auf die deutsche Wehrmacht zurück, die Ende der 1930er Jahre leichte, gepanzerte Fahrzeuge, wie das Sd.Kfz. 251 und das Sd.Kfz. 250 entwickelte, um ihre Panzergrenadiere vor dem Absitzen vor feindlichem Gewehrfeuer und Splittergranaten zu schützen und diese im Kampf mit ihren Bordmaschinengewehren zu unterstützen. Diese frühen Schützenpanzer wurden sehr bald mit einer stärkeren Panzerung (die auch Schutz vor Maschinengewehrfeuer gewährleistete) und zu einem kleinen Teil auch mit leichten Panzerabwehrkanonen ausgerüstet. Dies sollte den Panzergrenadieren die Möglichkeit geben, auch ohne Unterstützung von schweren Panzern feindliche Panzerangriffe abzuwehren und schwer befestigte Stellungen anzugreifen. Auch nach dem Krieg wurde dieses Konzept weiterverfolgt. So wurde in der ostdeutschen NVA nach Schützenpanzer (SPz) und Schützenpanzerwagen (SPW) unterschieden. Schützenpanzer besaßen danach die Fähigkeit, Panzer mit ihrer Bewaffnung zu bekämpfen (Kanone bzw. Panzerabwehrlenkwaffen). Schützenpanzerwagen dienten in erster Linie zum Transport infanteristischer Kräfte und zur Feuerunterstützung mit Maschinengewehren. Heute werden die Schützenpanzerwagen aufgrund ihrer gewöhnlich weniger starken Bewaffnung als Transportpanzer bezeichnet - sie können aber je nach Modell mit entsprechender Bewaffnung und Ausstattung oftmals auch als Schützenpanzer eingesetzt werden.

In den späten 1950er Jahren kam der Gedanke auf, neben den Transportpanzern und Schützenpanzerwagen ein spezielles Panzerfahrzeug zu konstruieren, das als Bindeglied zwischen den bisherigen Transport- und Schützenpanzern dienen sollte. Dieses neue Panzerfahrzeug sollte eine schwerere Bewaffnung und Panzerung als bisherige Schützenpanzer besitzen, um so der Infanterie weit mehr Schlagkraft zu verleihen. Schon die Entwicklung des Kampfpanzers im 2. Weltkrieg hatte gezeigt, dass es sich im Gefecht zumeist als vorteilhaft erweist, wenn ein Panzerfahrzeug mehrere Aufgaben zugleich übernehmen und so flexibel auf verschiedenste Situationen im Gefecht reagieren kann. Diese Erkenntnisse wurden nun auch auf die Entwicklung des Schützenpanzers übertragen. Ein solcher Schützenpanzer neueren Typs sollte neben dem Transport der Infanterie ebenfalls in der Lage sein, feindliche Kampfpanzer zu zerstören und den Bedarf der eigenen Infanterie an schwerem Unterstützungsfeuer zu decken.

BMP-1

Das erste Fahrzeug dieses neuen Konzeptes war der sowjetische BMP, der ab Anfang der 1960er Jahre erstmals gebaut und erprobt wurde. Die westlichen Mächte waren unangenehm überrascht, als dieser Schützenpanzer bei einer Militärparade im November 1967 auf dem Roten Platz in Moskau zum ersten Mal in der Öffentlichkeit erschien. Der BMP war als amphibisches Kettenfahrzeug mit einem sehr niedrig gehaltenen Profil ausgelegt. Die Bewaffnung bestand aus einer 73 mm-Glattrohrkanone und einer darüberliegenden Abschussvorrichtung für eine Panzerabwehrlenkwaffe (PAL) vom Typ AT-3 Sagger. Seine sehr stark abgeschrägte Frontpanzerung bot Schutz gegen die schweren 12,7 mm MGs (Kaliber .50) der NATO, während seine Kanone für die Transportpanzer und die Rakete für die Kampfpanzer der NATO eine Bedrohung darstellte. Aufgrund dieser nicht eben leichten Bewaffnung hielten westliche Beobachter den BMP für ein weit stärker gepanzertes Kampffahrzeug, was sich jedoch schnell als Irrtum herausstellte, und der tatsächliche Einsatzzweck offensichtlich wurde. Der BMP vollzog damit eine Wende vom Schützenpanzerwagen zu einem speziellen gepanzerten Kampffahrzeug der Infanterie.

Ein weiteres dem BMP konzeptionell wie auch optisch ähnliches Fahrzeug dieser Art ist der ebenfalls sowjetische BMD, ein wesentlich kleinerer speziell für die Luftlandetruppen entwickelter amphibischer Schützenpanzer. Dieses Fahrzeug erschien im Jahre 1970 mit der gleichen 73-mm-Glattrohrkanone und konnte ebenfalls eine Panzerabwehrlenkwaffe vom Typ AT-3 Sagger verschießen.

Seit der Einführung des bis heute immer wieder weiterentwickelten BMP (der in der ersten Ausführung als BMP-1 noch nicht voll überzeugen konnte) haben alle größeren und sogar einige der kleineren Armeen Schützenpanzer modernen Typs eingeführt bzw. teilweise selbst entwickelt und gebaut. Die Schützenpanzer haben sich ebenfalls als sehr vielseitig erwiesen. Nicht zuletzt wegen ihrer guten Mobilität entstanden (und entstehen) auf ihrer Basis zahlreiche Abarten, wie z.B. Flakpanzer, Jagdpanzer (mit Raketen), Beobachtungspanzer, Brückenlegepanzer, Sanitätspanzer und andere Spezial-Panzer.

Beschreibung

Allgemein

Schützenpanzer sind im Grunde den Transportpanzern ähnlich, diese dienen ebenfalls dazu, fünf bis zehn Infanteristen mit all ihrer Ausrüstung ins Gefecht zu transportieren. Sie ermöglichen infanteristischen Kräften, mit der Geschwindigkeit und der Geländegängigkeit hochbeweglicher Panzerverbände Schritt zu halten, und diese im Gefecht der verbundenen Waffen zu unterstützen. Der Kampf kann dabei entweder vom Fahrzeug aus (über die Bordwand, aus Luken oder speziellen Feuerblenden heraus) oder abgesessen im rein infanteristischen Kampf erfolgen. Schützenpanzer sind im Allgemeinen stärker bewaffnet und gepanzert und sind Infanterie-Kampffahrzeuge, die auch selbst wirksame Angriffe durchführen können. Sie sind jedoch bauartbedingt nicht für Gefechte mit Kampfpanzern vorgesehen, da sie von der Kanonen-Bewaffnung her (d. h. artilleristisch) weit unterlegen sind. Wie alle modernen Panzerfahrzeuge haben auch die Schützenpanzer eine ABC-Schutzausstattung.

Die Haupt-Unterschiede der SPz gegenüber den Schützenpanzerwagen bzw. Transportpanzern sind:

  • schwerere Bewaffnung (die außer direkter Feuerunterstützung auch wirksame Angriffe ermöglicht)
  • stärkere Panzerung (die nicht nur gegen Infanteriewaffen (Kaliber bis 7,62mm) im Allgemeinen und Artillerie-Splitter bzw. Schrapnell, sondern auch gegen schwere Maschinengewehre (12,7 bis 14,5mm) oder Maschinenkanonen (>20mm) Schutz bietet)

Schützenpanzer sind gewöhnlich Kettenfahrzeuge; es gibt aber auch solche mit gummibereiften Rädern. Diese sind meist schneller als Schützenpanzer mit Kettenantrieb, besitzen dafür aber eine etwas schlechtere (wenn auch immer noch gute) Geländegängigkeit.

Zwar sind die SPz im Vergleich zu den modernen Kampfpanzern (engl. main battle tank, MBTs) wesentlich schwächer bewaffnet und gepanzert, aber sie können auch schwere Panzerabwehrlenkwaffen mit sich führen, die gegenüber den Panzern eine nicht zu unterschätzende Bedrohung darstellen.

Bewaffnung

Die typische Bewaffnung besteht aus einer Maschinenkanone vom Kaliber 20 bis 30 mm - seltener auch größere Kaliber bzw. Kanonen wie die Bofors L70-B, die im CV9040 der schwedischen Streitkräfte verwendet wird - und zusätzlich leichten, mittleren bis schweren Panzerabwehrraketen. So ist z. B. der deutsche Marder mit einer 20-mm Mauser-Bord-MK und einem MILAN-Startgerät bewaffnet, oder der amerikanische M2 Bradley, der eine 25 mm M242 Bushmaster-MK und Startbehälter für das TOW System besitzt.

Die Bewaffnung mit Raketen hat aus SPz teilweise auch gefährliche Panzerjäger gemacht, so zerstörten beispielsweise die US-amerikanischen M3 Bradley im dritten Golfkrieg im Frühjahr 2003 mehr irakische Panzerfahrzeuge als der eigene M1 Abrams.

Panzerung

SPz verfügen über eine wirksame Panzerung, die sie vor Schrapnells, Splittern und dem Feuer von mittleren bis schweren Maschinengewehren schützt. Oft wird diese noch weiter verstärkt durch Zusatzpanzerungen an der Front und den Seiten (Seitenschürzen), zum Teil auch durch zusätzliche in Elementen angebrachte Reaktivpanzerung zum Schutz gegen tragbare Panzerabwehrhandwaffen bzw. Panzerabwehrlenkwaffen mit Hohlladungs-Gefechtskopf, die vor allem in Straßenkämpfen – aber auch auf offenem Feld – eingesetzt werden.

Mobilität

SPz haben im allgemeinen hohe Fahrleistungen und erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 85 km/h bei einem Fahrbereich (Reichweite) von ca. 200-450 km. Sie gehören zu den schnellsten Kettenfahrzeugen überhaupt.

Typen

Volksrepublik China

Deutschland

Frankreich

Großbritannien

Italien

  • VCC-1 „Camillino“ (Weiterentwicklung des US-amerikanischen M113)
  • Dardo
  • Freccia (Radschützenpanzervariante des Centauro, Projektbez. Centauro VBC)

Österreich

Schweden

Schweiz

CV90

Südafrika

  • Ratel (6x6 Radpanzer - auch Transportpanzer)

Sowjetunion/Russland

Spanien

USA

Siehe auch

Weblinks


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