- Ratgarbasilika
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Die Ratgar-Basilika [1] (nach anderer Schreibweise auch Ratger-Basilika) wurde zwischen 791 und 819 im Kloster Fulda erbaut und wird nach dem Baumeister, dem Mönch Ratgar benannt. Sie entstand nach dem Vorbild des alten Petersdoms in Rom als dreischiffige Basilika und war der größte Kirchenbau nördlich der Alpen. Sie ersetzte als Klosterkirche den von Sturmius errichteten Sturmius-Bau.
Zunächst wurde sie wie schon der Vorgängerbau als dreischiffige Basilika mit Ostapsis angelegt. Nach seinem Amtsantritt als Abt 802 fügte Ratgar ein Westquerhaus mit Westapsis an, in der die Errichtung eines Altars für die bisher im Kreuzaltar des Mittelschiffs ruhenden Gebeine des Heiligen Bonifatius vorgesehen war. Mit der Planung trug Ratgar der Tatsache Rechnung, dass die Basilika mit ihrem ursprünglichen Salvator-Patrozinium sich mehr und mehr zu einer Grabeskirche des 754 noch im Vorgängerbau beigesetzten Missionars entwickelt hatte und entsprechende Pilgerströme anzog. Der Bau verschlang so große Mittel, dass Ratgar 817 vom Konvent des Klosters vertrieben und von Kaiser Ludwig dem Frommen abgesetzt wurde.
Ratgars Nachfolger Eigil ließ durch den Fuldaer Mönch und Baumeister Rachulf nachträglich zwei Krypten einfügen, die zu den frühesten Hallenkrypten zählen und mit Altären ausgestattet wurden, die den Mönchsvätern des orientalischen (Ostkrypta) und abendländischen Mönchtums (Westkrypta) geweiht waren. So sollte dem Anspruch der mittlerweile auf Geheiß Ludwigs des Frommen eingeführten Klosterreform Benedikts von Aniane auf legitime Fortführung altmonastischer Tradition und zugleich einem fuldaspezifischen benediktinischen Selbstverständnis sichtbarer Ausdruck verliehen werden.[2] Ausserdem wurden die neuen Konventsgebäude mit dem ausdrücklichen Ziel, dem Märtyrer Bonifatius möglichst nahe zu sein, im Westen an das Westquerhaus angefügt. Dadurch bestand nun unmittelbarer Zugang zur Westapsis mit dem Bonifatiusgrab, was die Trennung der Klausur von den Pilgerströmen, denen das Langhaus und vermutlich auch die Krypten zugänglich waren, erleichterte. Noch im 9. Jahrhundert wurde im Osten ein Atrium, das sogenannte Paradies, vorgelegt. Zwei den Ostchor flankierende Türme entstammen vermutlich derselben Bauphase. Auch mit dieser axialen Anordnung folgte man wie mit der Doppelchörigkeit und dem Querhaus dem römischen Vorbild (Romano more) des St. Petersdoms.
Im Verlaufe des Mittelalters zerfiel die Bausubstanz immer mehr, sodass die Ratgar-Basilika 1700 abgerissen wurde. An ihrer Stelle wurde im Auftrag von dem Fuldaer Fürstabt Adalbert von Schleifras über der Bonifatiusgruft von Johann Dientzenhofer der barocke Fuldaer Dom errichtet.
Einzelnachweise
- ↑ Eva Krause: Die Ratgerbasilika in Fulda. Eine forschungsgeschichtliche Untersuchung (Quellen und Abhandlungen zur Geschichte der Abtei und der Diözese Fulda 27). Parzeller, Fulda 2002
- ↑ Gereon Becht-Jördens: Die Vita Aegil des Brun Candidus als Quelle zu Fragen aus der Geschichte Fuldas im Zeitalter der anianischen Reform. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 42, 1992, S. 19-48; Gereon Becht-Jördens: Text, Bild und Architektur als Träger einer ekklesiologischen Konzeption von Klostergeschichte. Die karolingische Vita Aegil des Brun Candidus von Fulda (ca. 840). In: Gottfried Kerscher (Hrsg.): Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur. Dietrich Reimer, Berlin 1993, S. 75-106
50.5542194444449.6717388888889Koordinaten: 50° 33′ 15″ N, 9° 40′ 18″ O
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