Raumismus

Raumismus

Der Raumismus (auf Esperanto raŭmismo) ist eine Ideologie innerhalb der Esperanto-Gemeinschaft, die durch das Manifest von Rauma gegründet wurde und die Ziele der traditionellen Esperanto-Bewegung kritisiert. Der Raumismus definiert die Esperanto-Gemeinschaft als "selbstgewählte, verstreut lebende, sprachliche Minderheit" und kritisiert die Bemühungen vieler Esperantisten, Esperanto zur weltweiten Zweitsprache zu machen. Dieses traditionelle Ziel wird auf Esperanto als Fina Venko bezeichnet, so dass sich der Raumismus als Gegen-Ideologie zum Finvenkismo versteht.

Das Manifest von Rauma

Das Manifest von Rauma (auf Esperanto: Manifesto de Raŭmo oder Raŭma Manifesto) wurde am 31. August 1980 auf dem 36. Internationalen Kongress der "Esperanto-Jugend" (Esperantisten bis 30) in Rauma (Finnland) vorgeschlagen und von vielen Teilnehmern und Vertretern von Jugendgruppen unterzeichnet. Das Manifest kritisiert die sogenannte "Identitätskrise der Esperantobewegung": darunter wird die Diskrepanz zwischen der historisch begründeten Haltung vieler Esperantosprecher, öffentlich an für utopisch gehaltenen Zielen wie dem "Fina Venko" (der weltweiten Verbreitung von Esperanto als Zweitsprache), der Annahme von Esperanto durch die UN und dergleichen festzuhalten, und der gelebten Wirklichkeit, in der die weltweite Esperantosprecherschaft - unabhängig von den vorgenannten Zielen - Esperanto längst als das genießt und anwendet, was es effektiv ist, verstanden.

Es wird im Manifest festgestellt, dass weder die Offizialisierung des Esperanto noch die Bekämpfung anderer Sprachen als internationales Verständigungsmittel die Sorge der Esperantosprecherschaft sein sollte oder gar deren Aufgabe wäre, und es wird als aktuelles Ziel für die Esperanto-Bewegung das Folgende vorgeschlagen:

Esperanto weiter zu verbreiten, um die positiven Werte dieser Sprache wirksam werden zu lassen, und zwar in folgenden Formen:

  1. als Propädeutik für den Fremdsprachenunterricht,
  2. als [nationale und internationale] Kontakte zwischen gewöhnlichen Menschen,
  3. als [nationale und internationale] Kontakte ohne Diskriminierung,
  4. als neuartige internationale Kultur.

In Verbindung mit dem letztgenannten Wert wird hervorgehoben, dass die Suche nach einer neuen Identität dazu geführt habe, dass sich die unterzeichnenden Esperantosprecher als Angehörige einer selbstgewählten, verstreut lebenden, sprachlichen Minorität betrachten.

Im Übrigen wird im Manifest der Wert von internationalen Kongressen festgestellt, und dass es notwendig sei, den Gebrauch von Esperanto als Arbeitssprache in Fachkongressen zu verstärken.

Im Schlusswort wird gesagt, dass das erste Jahrhundert mit Esperanto der Welt bewiesen habe, dass Esperanto geeignet sei, alles auszudrücken, im zweiten Jahrhundert mit Esperanto müsse der Welt gezeigt werden, dass Esperanto auch etwas kulturell Eigenständiges und international Wertvolles beitragen kann.

Reaktionen auf das Manifest

Das Manifest wurde gleich nach der Unterzeichnung von vielen Esperantisten kritisiert. Es kam zu einer ideologischen Spaltung innerhalb der Esperantobewegung: In der literarischen Zeitschrift "Literatura Foiro" wurde das Manifest viel diskutiert und der Raumismus weiterentwickelt. Aus dieser Bewegung ging 1998 der Pakt für die Esperantische Gemeinde (Esperanta Civito) hervor. Die Esperantische Gemeinde ist eine Organisation, die sich als quasistaatliche Institution versteht, die die Esperantosprecherschaft repräsentieren soll.

Die Gegner des Raumismus haben im Gegenzug den Finvenkismus (die Ideologie für die weltweite Nutzung des Esperanto als Zweitsprache) erneuert, unter anderem durch das Prager Manifest. Auch viele derer, die das Manifest von Rauma unterschrieben haben, haben sich gegen die Esperantische Gemeinde gestellt, und kritisieren diese dafür, den Begriff "Raumismus" missbraucht zu haben.

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