- Reichsbahnausbesserungswerk
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Ausbesserungswerke (AW) dienen der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen oder deren Komponenten. Im Gegensatz zu Bahnbetriebswerken, die alltägliche kleinere Arbeiten übernehmen, sind Ausbesserungswerke auf größere Reparaturen, Hauptuntersuchungen und die Aufarbeitung von Tauschteilen spezialisiert. Ferner erfolgen Umbauten und Modernisierungen von Fahrzeugen, sowie in Einzelfällen der Neubau von Schienenfahrzeugen. Neben der Unterhaltung der Fahrzeuge übernehmen manche Ausbesserungswerke auch das Anfertigen von Weichen, den Bau von Signalbrücken, Bahnsteigdächern und ähnlichen Stahlbauten. Je nach Spezialisierung der Ausbesserungswerke spricht man auch von Reisezugwagenwerken (Wartung von Personenwagen), Güterwagenwerken (Wartung von Güterwagen) und Weichenwerken (Herstellung von Weichen).
Je nach Region, Bahngesellschaft und historischem Kontext wurden Ausbesserungswerke auch mit anderen Begriffen bezeichnet. Vor allem in den ersten Jahrzehnten des Eisenbahnwesens war der Begriff Centralwerkstätte gebräuchlich. In Österreich und bei vielen Privatbahnen wird von Hauptwerkstätten gesprochen. Die DB AG verwendet den Begriff Werk. Die Deutsche Reichsbahn führte 1924 den Begriff Eisenbahnausbesserungswerk (EAW) sowie 1927 Reichsbahnausbesserungswerk (Raw/RAW) ein.
Den baulichen Mittelpunkt eines Ausbesserungswerks bildet in der Regel eine große, mehrgleisige Richthalle, in der mehrere Arbeitsstände die Ausbesserung mehrerer Schienenfahrzeuge gleichzeitig erlauben. Die Arbeitsstände sind mit Hebezeugen ausgestattet, um Fahrzeuge aufbocken und die Wagenkästen von den Fahrgestellen trennen zu können. Der Richthalle angegliedert sind mechanische und elektrotechnische Werkstätten zur Aufarbeitung von Einzelteilen wie Fahrwerken, Bremsarmaturen und Motoren. Dem Außenanstrich der Schienenfahrzeuge dient eine von der Richthalle abgetrennte Lackierhalle.
Mit der Ausdehnung der Eisenbahnnetze ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstand eine Vielzahl von Ausbesserungswerken im gesamten deutschsprachigen Raum. Durch den Übergang vom wartungsintensiven Dampfbetrieb zur wartungsfreundlicheren elektrischen und Dieseltraktion sowie die zunehmende Rationalisierung des Werkstättenbetriebs konnte die Anzahl benötigter Ausbesserungswerke deutlich reduziert werden. So betreibt die Deutsche Bahn heute nur noch die Ausbesserungswerke in Neumünster (Reisezugwagen), Cottbus (Diesellokomotiven), Chemnitz (Komponenten), Paderborn-Nord (Güterwagen), Witten (Weichenwerk), Bremen (Diesellokomotiven), Kassel (Dieseltriebwagen), Krefeld-Oppum (Elektrotriebwagen), Dessau (Elektrolokomotiven), Fulda (Komponenten), Nürnberg (Elektrotriebwagen), Meiningen (historische Fahrzeuge, Güterwagen und Schneeräumtechnik), Eberswalde (Güterwagen), Zwickau (Güterwagen) und Wittenberge (Reisezugwagen). Hinzu kommen die Hauptwerkstätten der S-Bahn Berlin in Berlin-Schöneweide und der S-Bahn Hamburg in Hamburg-Ohlsdorf.
Neben der Deutschen Bahn AG betreiben auch die Österreichische Bundesbahnen, die Schweizerischen Bundesbahnen sowie größere Privatbahnen eigene Hauptwerkstätten. In Weiden, Stendal und Delitzsch wurden ehemalige Ausbesserungswerke der Deutschen Bahn AG und ihrer Vorgängerinnen in private Trägerschaft überführt.
Ein privates Ausbesserungswerk in Unterhausen (Bay) bei Neuburg an der Donau setzt Güterwagen instand, hauptsächlich Kesselwagen.
Hauptwerkstätten für Schienenfahrzeuge finden sich nicht nur bei Eisenbahnen, sondern auch bei U- und Straßenbahnen. Aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl zu wartender Fahrzeuge sind die Hauptwerkstätten in den meisten Fällen Straßenbahnbetriebshöfen angegliedert. Ein Beispiel ist die Hauptwerkstätte der Wiener Linien, wo U-Bahn-, Straßenbahn- und Lokalbahnzüge sowie Autobusse gewartet werden.
Ehemalige Ausbesserungswerke in Deutschland
Neben den noch betriebenen Ausbesserungswerken betrieb die Deutsche Bahn AG bzw. deren Vorgängerinnen Ausbesserungswerke und Hauptwerkstätten an folgenden Standorten:
- Aalen
- Augsburg
- Betzdorf
- Berlin-Friedrichshain
- Berlin-Grunewald
- Berlin-Schöneweide (heute Werk Schöneweide der Berliner S-Bahn)
- Albrechtshof (bei Berlin) (auch Falkensee als Name genannt; nie als Raw in Betrieb)
- Berlin-Tempelhof
- Brandenburg
- Braunschweig
- Darmstadt (Wagenwerk und Lokomotivwerk)
- Chemnitz
- Cottbus
- Delitzsch, heute SFW Schienenfahrzeugwerk Delitzsch
- Dresden-Friedrichstadt
- Duisburg-Wedau
- Esslingen am Neckar
- Frankfurt am Main
- Frankfurt-Nied
- Friedrichshafen
- Glückstadt
- Görlitz-Schlauroth
- Gotha
- Göttingen
- Greifswald (späteres Kraftwagenausbesserungswerk KAW der DR)
- Halberstadt (heute privates AW der VIS GmbH)
- Halle an der Saale
- Hamburg-Harburg
- Hannover-Leinhausen (inzwischen teils für Stadtbahnen der üstra)
- Ingolstadt
- Jena
- Jülich
- Karlsruhe
- Karlsruhe-Durlach
- Kaiserslautern
- Köln-Nippes
- Karthaus
- Kornwestheim
- Leipzig-Engelsdorf
- Limburg an der Lahn
- Lingen
- Lübeck
- Ludwigshafen am Rhein
- Magdeburg
- Mainz
- Malchin
- Mülheim (heute Betriebshof der Mülheimer VerkehrsGesellschaft)
- München-Freimann
- München-Neuaubing
- Offenburg
- Oldenburg
- Opladen
- Osnabrück
- Paderborn Hbf
- Perleberg (Werkabt. von Wittenberge)
- Potsdam
- Recklinghausen
- Regensburg
- Rostock
- Saarbrücken-Burbach
- Schwerte
- Schwetzingen
- Siegen
- Stendal (heute privates AW von Alstom)
- Stuttgart-Bad Cannstatt
- Stuttgart Nord
- Trier-West
- Weiden (heute Werksteil von Stadler Rail)
- Wittenberge
- Zwickau
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