- Republik Dubrovnik
-
Die Republik Ragusa oder Republik Dubrovnik (kroatisch: Dubrovačka Republika , italienisch: Repubblica di Ragusa) war ein maritimer Stadtstaat, dessen Zentrum die Stadt Ragusa bzw. Dubrovnik bildete. Die Republik bestand vom 14. Jahrhundert bis zum Jahr 1808. Der lateinische Name Communitas Ragusina wurde im 14. Jahrhundert umgewandelt zu Respublica Ragusina. Nach 1472 lautete die offizielle Bezeichnung Repubblica di Ragusa, der Name Dubrovnik wurde parallel dazu bereits seit dem 15. Jahrhundert verwendet.
In der Republik Ragusa bzw. Dubrovnik bildete sich ein frühes Zentrum der Entwicklung der südslawischen und insbesondere der kroatischen Kultur und Sprache. Dies erstreckte sich auf die Gebiete der Literatur, Malerei, Mathematik und Physik sowie andere Disziplinen.
Inhaltsverzeichnis
Territorium und Bevölkerung
Der Stadtstaat erstreckte sich über ein kompaktes Gebiet zwischen Neum und der Halbinsel Prevlaka sowie der Halbinsel Pelješac, den Inseln Lastovo, Mljet und den kleinen Archipel der Elaphiten mit der Hauptinsel Šipan.
Die Seerepublik erreichte im 15. und dem 16. Jahrhundert ihre größte Blütezeit und wurde im Jahr 1808 von den Truppen Napoleons aufgelöst. Die Bevölkerung umfasste etwa 30.000 Menschen, von denen 5.000 innerhalb der Stadtmauern Dubrovniks lebten.
Die ursprüngliche Bevölkerung im Frühmittelalter waren Romanen. Deren dem Dalmatischen zuzurechnende Ragusäische Sprache, die nur spärlich überliefert ist, starb vermutlich zu Beginn der Neuzeit aus. Zu diesem Zeitpunkt war die Mehrheitsbevölkerung, die fortlaufend Zuzug aus dem Hinterland erhielt, bereits slawisch- bzw. kroatischsprachig. Die gesellschaftliche Elite der Republik bediente sich daneben des Italienischen bzw. Venezianischen. Ein Großteil der Ragusaner (kroat. Dubrovčani) war wegen der Ausrichtung der Republik auf den internationalen Handel offenbar bilingual.
Geschichte
Gründung und Namensbezeichnung
Ähnlich wie andere Städte an der Küste des adriatischen Meeres wurde das heutige Dubrovnik um 700 nach Christus während der Zeit der Völkerwanderung auf einer felsigen Insel nahe dem Festland gegründet. Ob zuvor bereits eine antike Siedlung bestand, ist unklar. Die dem Meer zugeneigte Seite dieser Insel fiel steil zum Meer herab. Die aus der Donaugegend her kommenden Slawen und Awaren zerstörten in dieser Zeit die nahegelegene Stadt Epidaurum (das heutige Cavtat), woraufhin die romanische Bevölkerung auf diese kleine Insel floh und dort eine neue Stadt gründete.
Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos (905-959) beschreibt in seinem Werk De Administrando Imperio alle Völker des Kaiserreiches, wie auch jene, die an das Reich grenzen, einschließlich der Südslawen, deren Herkunft und die Geschichte der Städte in diesem Raum. Porphyrogennetos zufolge lautete die älteste Bezeichnung Dubrovniks Lausion, das vom griechischen Wort Lau abgeleitet wurde, was so viel wie steil bedeutete. Im Laufe der Zeit wandelte sich das "L" in ein "R", woraus sich die Bezeichnung Rausion und später wiederum Ragusium bildete. Folgende Varianten sind ebenfalls bekannt: Rausium, Racusium, Rausa, Ragusa, Racusa. In der päpstlichen Bulle Papst Benedikts VIII., die 1022 dem Erzbischof von Dubrovnik übermittelt wurde, findet sich die Bezeichnung Labusedi, die vom lateinischen Wort labes, zu deutsch steil ähnlich der griechischen Bezeichnung, abgeleitet wurde. Aus dem Griechischen stammen daher die Bezeichnungen Lausion und Rausion, aus dem Lateinischen die Bezeichnungen Labusa und Labusedi.
Nachdem die Slawen die einheimische dalmatische Bevölkerung von Epidaurum vertrieben hatten, siedelten sie sich in der Stadt an. Sie gründeten ebenfalls eine Siedlung auf dem Festland gegenüber der Insel auf welche die romanische Bevölkerung geflohen ist, auf einem Landstück das von einem dichten Eichenwald bedeckt war. Da die Eiche im Slawischen dub hieß, bildete sich daraus höchstwahrscheinlich die Bezeichnung Dubrovnik. Mit der Zeit entwickelten sich freundschaftliche Beziehungen zwischen der Insel-Siedlung und der slawischen Bevölkerung auf dem Festland. Im 12. Jahrhundert wurde der Kanal zwischen dem Festland und der Insel aufgeschüttet, wodurch die beiden Siedlungen zusammenwuchsen. Heute befindet sich an dieser Stelle die berühmte Hauptstraße Dubrovniks, der Stradun. In der darauffolgenden Zeit wurden die romanischen Dalmatier von den slawischen Kroaten assimiliert. Da die Slawen die romanische Bevölkerung zahlenmäßig übertrafen, erhielten schließlich beide Siedlungen die gemeinsame Bezeichnung Dubrovnik.[1]
Entwicklung zu einem Stadtstaat
Mit dem Abstieg von Byzanz betrachtete die Republik Venedig den Stadtstaat zunehmend als Rivalen und versuchte, die Stadt im Jahr 948 zu erobern. Dieser Versuch scheiterte jedoch. Die Bewohner der Stadt glaubten, dass die Stadt vom heiligen Blasius gerettet worden sei, der seither als Schutzheiliger der Stadt verehrt wird.
Im Jahr 1191 gewährte Byzanz der Stadt das Recht auf freien Handel. Ähnliche Rechte wurden dem Stadtstaat 1186 von Serbien und 1189 von Bosnien gewährt. Der Vertrag mit dem bosnischen Kulin Ban gilt als das erste Dokument, in dem die Bezeichnung Dubrovnik vorkommt.
Nachdem im Jahr 1205 die Republik Venedig mit Hilfe der Kreuzfahrer Dalmatien erobert hatte, wurde Dubrovnik zu einem bedeutenden Lieferanten von Silber, Eisen, Wachs und weiteren Rohstoffen. Zu jener Zeit nutzte Venedig Dubrovnik als bedeutenden Stützpunkt im adriatischen Meer.
Im Januar 1348 brach in der Stadt eine Pestepidemie aus, die von der Krim ihren Ausgang nahm und fast ganz Europa und Westasien verheerend traf.
Blütezeit
Als die Ungarn 1347 einen Versuch unternahmen, Venedig aus Dalmatien zu verdrängen und das Heer König Ludwigs des Großen dabei weit in die Herzegowina hinein vorstieß, unterstellte sich Ragusa der Stephanskrone. Im Jahr 1358 erkannte die Stadtrepublik die Oberhoheit des ungarisch-kroatischen Königs an, behauptete aber eine weitgehende Selbständigkeit.
1399 expandierte die Stadt bis nach Pelješac. Zwischen 1419 und 1426 dehnte sich der Stadtstaat auch weiter südlich auf Konavle und die Stadt Cavtat aus.
1458 schloss die Republik mit dem Osmanischen Reich ein Friedensabkommen und verpflichtete sich zu Tributzahlungen. Darüber hinaus verpflichtete sie sich, Botschafter an den Hof des Sultans zu entsenden. Im Jahr 1481 kam die Stadt unter den Schutz des Osmanischen Reiches und verpflichtete sich im Gegenzug zu einer Tributzahlung von 12.500 Dukaten. Dafür erhielten ihre Handelsschiffe die Erlaubnis, in das Schwarze Meer zu segeln, was nichtosmanischen Schiffen verboten war. Der Stadtstaat wurde vom Osmanischen Reich gegenüber der Republik Venedig diplomatisch gestützt.
Im Gegenzug wurde Dubrovnik für die Osmanen zu einem bedeutenden Handelshafen. Ein Großteil des Verkehrs zwischen Florenz und Bursa wurde über Dubrovnik abgewickelt. Florentinische Waren wurden über die Häfen von Pesaro, Fano oder Ancona auf dem Seeweg nach Dubrovnik transportiert. Von dort aus konnten die Güter auf dem Landweg über Sarajevo-Novi Pazar-Skopje-Plovdiv-Edirne transportiert werden. Die ragusanischen Kaufleute waren im ganzen Mittelmeerraum anzutreffen, in den osmanischen Gebieten mit slawischsprachiger Bevölkerung, darunter in Serbien und Bosnien, nahmen sie eine besonders starke Stellung ein. Novo Brdo war einer der wichtigsten Handelsplätze und eine der größten Verdienstquellen des winzigen Inselstaates.[2]
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts stellte die Republik Dubrovnik ihre Handelsmarine dem Königreich Spanien zur Verfügung, da diese nicht im Spannungsverhältnis zu den Interessen des Osmanischen Reiches stand. Dadurch konnten Waren aus Staaten, die sich im Kriegszustand zum Osmanischen Reich befanden importiert werden. Gemeinsam mit England, Spanien und Genua war die Republik Dubrovnik eine der schärfsten Konkurrenten der Republik Venedig auf dem osmanischen Markt.
Politische Struktur
Ragusa war geprägt durch eine aristokratische Verfassung, die an das Vorbild Venedigs angelehnt war. Der ausschließlich von Patriziern besetzte Großrat wählte den Senat, dieser den Kleinen Rat, aus dem wiederum der Rektor als monatlich wechselndes Oberhaupt der Stadtrepublik hervorging.
Dem Großrat (Consilium Maior) gehörten ausschließlich Mitglieder der Aristokratie an. Das politisch einflussreichste Organ war der Senat (Consilium rogatorum), dessen 45 Mitglieder auf ein Jahr gewählt waren.
Niedergang der Republik
Die Republik Ragusa erwarb nur geringen Landbesitz im Hinterland und konnte sich machtpolitisch nicht mit der Rivalin Venedig messen. Dank einer vielgerühmten geschickten Diplomatie nahm Ragusa allerdings lange Zeit eine wichtige Rolle im Mittelmeerhandel ein. Mit den Entdeckungen der portugiesischen Seefahrer, welche die neuen Schifffahrtswege für den Gewürzhandel nutzten, verlagerten sich die Hauptrouten dann zunehmend vom Mittelmeer in den Atlantik.
Der einsetzende Niedergang wurde durch eine Naturkatastrophe beschleunigt. Am 6. April 1667 erschütterte ein schweres Erdbeben die Stadt. Über 5.000 Einwohner einschließlich des Stadtoberhauptes kamen dabei ums Leben. Die meisten Gebäude der Stadt wurden beschädigt. Lediglich die Stadtmauer blieb weitgehend unbeschädigt. Die Gebäude im Baustil der Renaissance – Paläste, Kirchen und Klöster – wurden zerstört, lediglich der Sponza-Palast und der Rektorenpalast überstanden das Erdbeben. Die Stadt wurde zwar wieder aufgebaut, erreichte jedoch den Glanz aus der Zeit vor dem Erdbeben nicht mehr.
Im Jahr 1683 wurden die Osmanen bei der Schlacht am Kahlenberg nahe Wien geschlagen. Feldmarschall der österreichischen Truppen war Franjo Gundulić. 1684 wurde das Abkommen von Visegrád aus dem Jahr 1358 erneuert und die Stadt akzeptierte die Regentschaft der Habsburger und des kroatisch-ungarischen Königs sowie die Zahlung eines vergleichsweise geringen Tributs von 500 Dukaten.
Im Frieden von Karlowitz (1699) wurden die Osmanen aus Ungarn, Siebenbürgen, Slawonien, Dalmatien und Podolien gedrängt. Venedig begann daraufhin Teile des Festlandes um Dubrovnik zu besetzen, und versuchte, Dubrovnik von seinem Hinterland zu isolieren.
Mit dem Abkommen vom 26. Januar 1699 übergab die Republik zwei Küstenstreifen an das Osmanische Reich, um sich vor einem weiteren Vordringen der Venezianer auf dem Landweg zu schützen: Im Nordwesten die Küstenstadt Neum, die heute zu Bosnien und Herzegowina gehört, im Südosten das heute in Montenegro gelegene Dorf Sutorina.
Ende der Republik
1806 wurde die Republik Ragusa durch die Truppen der montenegrinischen und russischen Flotte belagert. Es wird berichtet, dass etwa 3.000 Schüsse aus Geschützen auf die Stadt abgefeuert wurden. Die französische Armee unter der Führung von Napoleon I. erreichte Dubrovnik 1806 und beendete die Belagerung der Stadt. Zwei Jahre später löste Marschall Marmont die Republik auf und band sie in die Illyrischen Provinzen ein. Marmont selbst erhielt den Titel eines Herzogs von Ragusa. 1814 marschierten k.u.k.-Truppen unter dem Kommando von General Todor Milutinović in der Stadt ein.
Mit den Beschlüssen des Wiener Kongresses von 1815 wurde Ragusa (offizieller Name der Stadt bis 1921) zu einem österreichischen Kronland und verblieb nach 1867 mit dem Kronland Dalmatien bis zum Ende des Ersten Weltkrieges in der österreichischen Reichshälfte Österreich-Ungarns.
Die Stadt wurde nach dem Ende des Ersten Weltkrieges offiziell in Dubrovnik umbenannt.
Altes Patriziergeschlecht von Ragusa
Bedeutende Bürger Ragusas
- Rugjer Josip Bošković (Ruggero Giuseppe Boscovich) (1711-1787), Wissenschaftler, Mathematiker, Philosoph, Schriftsteller, Jesuit
- Bernhard Graf Caboga-Cerva (1785-1855)
- Marin Držić (Marino Darsa) (1508-1567), Schriftsteller
- Marin Getaldić (Marino Ghetaldi) (1568-1626), Wissenschaftler, Mathematiker
- Ivan Gundulić (1507-1586), Diplomat und Humanist.
- Ivan Gundulić (16. Jahrhundert), Franziskaner, Wächter in Bethlehem, schrieb über die Geschichte der Pilger
- Ignjat Đurđević (Ignazio Giorgi) (1675-1737), Schriftsteller
- Ivan Gundulić (1589-1638), Schriftsteller
Einzelnachweise
- ↑ Povijest Dubrovnika (kroatisch)
- ↑ Gerhard Herm: Der Balkan. Das Pulverfaß Europas. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf / Wien / New York / Moskau, 1993, S. 152 ff., ISBN 978-3430144452
Literatur
- Francis W. Carter: Dubrovnik (Ragusa): A Classic City-State. London und New York 1972 ISBN 0128129506
- Harriet Bjelovučić: The Ragusan Republic. Victim of Napoleon and Its Own Conservatism. Leiden 1970
- Robin Harris: Dubrovnik. A History. London 2003. ISBN 0-86356-332-5
- Ilanga von Mettenheim: Die Republik Ragusa. Zur Geschichte des heutigen Dubrovnik. Frankfurt a.M. 1989. ISBN 3-89228-388-5
Weblinks
- Johann Christian von Engel: Geschichte des Freystaates Ragusa. Wien 1807 historische Gesamtdarstellung (entstanden in der unmittelbaren Schlussphase der Republik)
Wikimedia Foundation.