Rhinotracheitis infectiosa felis

Rhinotracheitis infectiosa felis

Katzenschnupfen ist eine Sammelbezeichnung für ansteckende Erkrankungen der Atemwege und der Schleimhäute des Kopfes bei Katzen. Synonym verwendet werden die Bezeichnungen infektiöse Katzenrhinitis, Katzenpneumonitis, cat flu und Rhinotracheitis infectiosa felis.

Es handelt sich hierbei also um einen Symptomkomplex, der durch unterschiedliche Erreger hervorgerufen wird, und Nase, Maulhöhle und Augen betrifft. Beteiligte Erreger sind verschiedene Viren (Herpes- und Caliciviren) und Bakterien (Chlamydien, Bordetellen und Mykoplasmen). Da die Erreger sich gegenseitig begünstigen und damit parallel auftreten können und Behandlung und Bekämpfung dieser Erkrankungen etliche Gemeinsamkeiten aufweisen, ist diese Sammelbezeichnung dennoch berechtigt.

Inhaltsverzeichnis

Erreger und klinische Bilder

Felines Herpesvirus-1 (FeHV-1)

Felines Herpesvirus-1
Systematik
Reich: Viren
Familie: Herpesviridae
Unterfamilie: Alphaherpesvirinae
Gattung: Varicellovirus
Art: Felines Herpesvirus-1
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA linear
Baltimore: Gruppe I
Symmetrie: ikosaedrisch
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Felid herpesvirus 1 (engl.)

früher: Feline rhinotracheitis virus

Taxon-Kurzbezeichnung
FeHV-1
Klinisches Bild des durch Herpesviren verursachten Katzenschnupfens

Herpesviren sind neben Caliciviren die häufigsten Auslöser eines Katzenschnupfens. Die Erkrankung durch FeHV-1 wird auch als Feline Virale Rhinotracheitis bezeichnet. Der Erreger befällt ausschließlich katzenartige Tiere. Außerhalb des Wirtes überlebt das Virus maximal 24 Stunden und wird von den meisten gängigen Desinfektionsmitteln zuverlässig inaktiviert.

Die Übertragung erfolgt durch Kontakt mit einem befallenen Tier oder auch indirekt durch Menschen, Futtermittel und Reinigungsgeräte. Bereits 24 Stunden nach der Infektion ist das Virus in Sekreten des Wirtes nachweisbar. Infolge seiner Unfähigkeit, sich bei Temperaturen oberhalb von 37 °C zu vermehren, befällt es lediglich die relativ „kalten“ Schleimhäute im Kopfbereich und verursacht normalerweise keine Virämie.

Bereits nach zwei bis drei Tagen treten klinische Symptome auf. Sie äußern sich vor allem in starkem Nasen- und Augenausfluss, häufig verbunden mit Bindehautentzündung und Hornhautschädigungen bis hin zu einer Panophthalmitis. An der Zunge können Geschwüre (Ulcus) auftreten, die Nasenmuscheln können durch Gewebszerfall (Nekrose) stark geschädigt sein. Außerdem treten oft Fieber, Appetitlosigkeit und Niesen auf. Trächtige Kätzinnen können während der 6. Trächtigkeitswoche abortieren.

Trotz des dramatischen Erscheinungsbildes der Erkrankung ist die Sterblichkeit nur gering. Folgeschäden können durch Verwachsungen im Lidbereich bis zur Blindheit reichen, starke Gewebszerstörungen im Bereich der Nasenschleimhaut können eine chronische Rhinitis nach sich ziehen. Einige genesene Tiere können dauerhaft Viren ausscheiden, etwa 80 Prozent aller erkrankten Tiere bleiben nach überstandener Infektion Träger des Erregers, der sich in die Ganglien des Nervus trigeminus zurückzieht. Ähnlich wie beim Befall durch Caliciviren betrifft die Erkrankung hauptsächlich Jungtiere.

Felines Calicivirus (FCV)

Felines Calicivirus
Felines Calicivirus
Systematik
Reich: Viren
Familie: Caliciviridae
Gattung: Vesivirus
Art: Felines Calicivirus
Taxonomische Merkmale
Genom: (+)ssRNA
Baltimore: Gruppe IV
Symmetrie: ikosaedrisch
Hülle: keine
Wissenschaftlicher Name
Feline calicivirus (engl.)
Taxon-Kurzbezeichnung
FCV
Von Caliciviren verursachte Schleimhautschäden auf der Zungenspitze einer Katze

Caliciviren sind ebenfalls sehr häufiger Auslöser eines Katzenschnupfens. Die Übertragung von Caliciviren erfolgt durch direkten Kontakt einer Katze mit einem vom Erreger befallenen Tier. Die Verbreitung mittels Aerosolen spielt bei dieser Form des Katzenschnupfens keine Rolle. Ausgeschieden wird das Virus hauptsächlich durch Sekrete der oberen Atemwege und gelegentlich auch über den Kot. Nach überstandener Krankheit bleibt ein Teil der Tiere lebenslang latent mit dem Virus infiziert.

Die Infektion verläuft in zwei Phasen (biphasisch). Nach erfolgter Ansteckung vermehrt sich der Erreger in den Rachenmandeln, der Maulschleimhaut und den Bindehäuten der Augen. Zwischen viertem und siebenten Tag verbreitet sich das Virus über den Blutkreislauf (Virämie) im gesamten Körper. Besonders stark befallen werden hierbei die Lunge und die Zungenschleimhaut. Die Phase der Virämie ist durch Abgeschlagenheit und die Ausprägung einer respiratorischen Symptomatik gekennzeichnet: Fieber, Rhinitis, Konjunktivitis und Nasenausfluss.

Der Befall der Lunge kann bakterielle Sekundärinfektionen und damit eine Bronchopneumonie nach sich ziehen, dann kann die Sterblichkeitsrate auf 30 % ansteigen. Im Allgemeinen dominiert das vom Befall der Maulschleimhäute hervorgerufene Bild: Es kommt zu ausgedehnten schmerzhaften Schleimhautulzerationen der Zunge oder des Gaumens.

Bei Kätzinnen kann es zu Aborten kommen. Einige Calicivirenstämme können auch Lahmheiten verursachen.

Feline Chlamydiose (Feline Pneumonitis)

Die Chlamydien-Infektion wird durch das Bakterium Chlamydophila felis (Chlamydophila psittaci) hervorgerufen. Sie ist häufig und kommt ebenfalls weltweit vor. Es ruft vor allem eine chronische follikuläre Konjunktivitis mit Augenausfluss hervor, der auch eitrig sein kann. Diese „Augenform“ tritt vor allem bei fünf bis zwölf Wochen alten Kätzchen auf. Eine Lungenentzündung ist eher selten.

Feline Bordetella-Infektion

Die feline Bordetella-Infektion wird durch Bordetella bronchiseptica hervorgerufen und kann primär, aber auch sekundär nach Schädigung durch oben genannte Erreger auftreten. Die Infektion kann Erkrankungen der oberen Atemwege, seltener auch eine Lungenentzündung auslösen.

Die Erkrankung ist häufiger in größeren Katzenkolonien, begünstigend wirken räumlich beengte Haltung, mangelhafte Belüftung und Stress. Jungkatzen zeigen stärkere Krankheitserscheinungen als ältere. Neben allgemeiner Schwäche treten Fieber, Fressunlust (Anorexie), Husten, Schnupfen, Nasen- und Augenausfluss und Schwellung der Unterkieferlymphknoten auf. Bei Lungenbeteiligung treten Atembeschwerden und abnormale Atemgeräusche auf.

Feline Mykoplasmeninfektion

Mycoplasma felis aus der Gruppe der Mykoplasmen ruft seltener eine Erkrankung der oberen Luftwege hervor. Klinisch äußert sie sich in einer Bindehaut- und Nasenschleimhautentzündung. Die Infektion kann spontan nach zwei bis vier Wochen ausheilen. Nicht geklärt ist bislang, ob Mykoplasmen als Primär- oder nur als Sekundärerreger fungieren. Auch Mycoplasma gatae und Mycoplasma feliminutum werden gelegentlich aus Katzen isoliert, ihre klinische Bedeutung ist jedoch fraglich.

Diagnose

Da die einzelnen Erkrankungen viele gemeinsame klinische Symptome haben, ist die genaue Diagnose schwierig. Sie kann nur durch Laboruntersuchungen gesichert werden.

  • Erregeranzüchtung aus Nasen- oder Augensekret oder Schleimhautproben
  • Immunfluoreszenztest auf FHV-1, FCV im Serum
  • Virusneutralisationstest aus Serum auf FHV-1 und FCV
  • PCR auf FHV-1, FCV, Chlamydophila felis, Mycoplasma felis aus trockenem Rachen- oder Augenabstrich

Therapie

Die Therapie der Virusinfektionen erfolgt symptomatisch und zielt auf die Vermeidung bakterieller Sekundärinfektionen ab (Antibiotika). Die Verabreichung von Immunglobulinen oder felinem Interferon soll das Virus selbst bekämpfen. Bei Feliner Pneumonitis (Chlamydien) sind Tetrazykline lokal und systemisch über drei bis vier Wochen angezeigt. Chloramphenicol und Fluorchinolone sind ebenfalls wirksam, bei ihrem Einsatz müssen jedoch mögliche Risiken für die meist jungen Tiere (Chloramphenicol: aplastische Anämie, Fluorchinolone: Knorpelwachstumsstörungen) sorgfältig abgewogen werden. Mykoplasmen können ebenfalls mit Tetrazyklinen, Doxycyclin, Chloramphenicol und Fluorchinolonen behandelt werden.

Es gibt zahlreiche alternativmedizinische Ansätze Katzenschnupfen begleitend zu behandeln. Hier werden v.a. L-Lysin, Colostrum und Homöopathika eingesetzt. Die Wirksamkeit dieser Therapien ist bislang allerdings noch nicht erwiesen.

Prophylaxe

Effektiver als die Therapie der Erkrankung ist die Prophylaxe mittels Schutzimpfung. Die Grundimmunisierung erfolgt hierbei in der achten Lebenswoche, ein belastbarer Impfschutz wird durch das Boostern in der zwölften Lebenswoche erreicht.

Literatur

Katrin Hartmann: Virusinfektionen. In: Marian C. Horzinek et al. (Hrsg.): Krankheiten der Katze. Enke, 4. Auflage, 2005, S. 107-155. ISBN 3-8304-1049-2

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