Robert Badinter

Robert Badinter
Robert Badinter am 3. Februar 2007 auf einer Demonstration gegen die Todesstrafe in Paris.

Robert Badinter (* 30. März 1928 in Paris) ist ein französischer Juraprofessor, Anwalt, Autor und Politiker (parti socialiste). Noch im Jahr seines Amtsantritts als Justizminister 1981 setzte er die Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich durch. Er ist in zweiter Ehe mit der feministischen Autorin Élisabeth Badinter verheiratet und hat drei Kinder.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Vater wurde 1943 in Lyon festgenommen und im Vernichtungslager Sobibor ermordet.[1] Badinter selbst fand mit seiner Mutter bis zur Befreiung 1944 in Savoyen Unterschlupf. Nach seinem Literatur- und Jurastudium in Paris erhielt er 1948 ein staatliches Stipendium und schloss an der amerikanischen Columbia-University 1949 mit einem Master of Arts ab. Seit 1951 ist er in Paris als Anwalt zugelassen, 1954 wird er promoviert. In der von ihm 1965 mitgegründeten Sozietät Badinter, Bredin und Partner war er bis 1981 tätig. 1966 wurde er zum Professor berufen und lehrte in Dijon, Besançon, Amiens und schließlich ab dem Jahre 1974 an der Sorbonne, seit 1994 emeritiert.[2]

Im Juni 1972 unterlag Badinter als Verteidiger vor Gericht und wurde Zeuge der Hinrichtung seines Klienten Roger Bontems, der gemeinsam mit seinem Komplizen Claude Buffet für die Ermordung von zwei Geiseln anlässlich eines Ausbruchsversuches aus dem Gefängnis verurteilt wurde, obwohl erwiesen war, dass Bontems den Mord nicht begangen hatte. Badinter wurde dadurch von einem Kritiker zu einem vehementen Gegner der Todesstrafe. Von nun an verteidigte er oft Angeklagte, denen die Todesstrafe drohte, und erhielt deshalb den Spitznamen Monsieur Abolition. Durch ein denkwürdiges Plädoyer gegen die Todesstrafe erwirkte er im Juni 1977 gegen den öffentlichen Druck die Abwendung der Todesstrafe für den Kindesmörder Patrick Henri, der zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde.[3]

Abschaffung der Todesstrafe

François Mitterrand versprach im Wahlkampf 1981 die Abschaffung der Todesstrafe und machte nach seinem Wahlsieg Badinter, der ihn in seinen beiden Wahlkampagnen (1974 und 1981) unterstützt hatte, zum Justizminister. Wenige Monate nach seiner Ernennung gewann er am 18. September 1981 mit einer engagierten Rede vor der Nationalversammlung eine Dreiviertelmehrheit für die Abschaffung der Todesstrafe:

« Utiliser contre les terroristes la peine de mort, c'est, pour une démocratie, faire sienne les valeurs de ces derniers.  »

„Eine Demokratie, die gegen Terroristen die Todesstrafe vollstreckt, macht sich die Werte Letzterer zu Eigen.“

Robert Badinter: Rede vor der Assemblée Nationale [4]

Neben den Sozialisten stimmten auch Abgeordnete der Opposition, darunter Jacques Chirac und Philippe Séguin, für seine Gesetzesvorlage, der auch der Senat am 30. September 1981 offiziell zustimmte. Am 17. Februar 1986 ratifizierte Frankreich zudem das sechste Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention.

Am 19. Februar 2007 wurde das Verbot der Todesstrafe auf Badinters Initiative hin in die französische Verfassung aufgenommen. Die im Kongress versammelten Abgeordneten von Nationalversammlung und Senat beschlossen die Änderung mit 828 zu 26 Stimmen. Nun heißt es darin: „Niemand darf zum Tode verurteilt werden“.

Badinter ist nach wie vor ein engagierter Gegner der Todesstrafe und tritt international für deren Abschaffung ein.

Politische Karriere

Vom 23. Juni 1981 bis zum 18. Februar 1986 war Robert Badinter Justizminister. Während seiner Amtszeit wurde die "Cour de sûreté de l'État", ein Sondergericht für „staatsgefährdende“ Straftäter, und Militärgerichte zu Friedenszeiten abgeschafft. Weitere Reformen der Justiz im Sinne der Gleichheit vor dem Gesetz und der bürgerlichen Freiheiten folgten: Bürger können sich unmittelbar an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, Homosexuelle diskriminierende Gesetze des Vichy-Regimes werden abgeschafft, die Rechte der Opfer von Verkehrsunfällen gestärkt und nicht freiheitsentziehende Ersatzstrafen ermöglicht.

Im März 1986 wurde er von François Mitterrand zum Präsidenten des Verfassungsrats ernannt und bekleidete diese Funktion bis März 1995. Seine politischen Bemühungen zielten darauf ab, diesen Rat zu einem Verfassungsgericht auszubauen. Seit dem Jahre 2008 ist eine Beschwerde durch den einzelnen Bürger gegen bereits in Kraft getretene Gesetze beim Conseil Constitutionel zugelassen.

Seit dem 24. September 1995 ist er Senator für das Departement Hauts-de-Seine Er wurde auch 2004 wiedergewählt,[5] nachdem er zunächst aus gesundheitlichen Gründen gezögert hatte, erneut zu kandidieren.

Am 27. August 1991 wurde er zum Präsidenten der von der Europäischen Gemeinschaft eingesetzten Badinter-Kommission ernannt, einer Schiedskommission zur Klärung juristischer Fragen im Zusammenhang mit den Konflikten um die Nachfolgestaaten Jugoslawiens.

Die südfranzösische Stadt Périgueux benannte am 25. September 2009 die Esplanade du Théâtre in seiner Anwesenheit in Esplanade Robert-Badinter um. 2003 verlieh ihm die Universität Zagreb die Ehrendoktorwürde,[6] 2009 die Universität Neuchâtel/Neuenburg und 2010 die staatliche Universität Moldawien.[7]

Bibliografie

  • L'Exécution (1973), Prozessbericht in der Mordsache Claude Buffet und Roger Bontems.
  • Condorcet, 1743-1794 (1988), mit Élisabeth Badinter.
  • Une autre justice (1989).
  • Libres et égaux : L'émancipation des Juifs (1789-1791) (1989).
  • La prison républicaine, 1871-1914 (1992).
  • C.3.3 - Oscar Wilde ou l'injustice (1995).
  • Un antisémitisme ordinaire (1997).
  • L'Abolition, (2000), über seinen Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich. Die bei der Northeastern University Press, Boston im Jahre 2008 erschienene englischsprachige Ausgabe trägt den Titel Abolition: One Man's Battle Against the Death Penalty, ISBN 978-1-55553-692-3.
  • Une constitution européenne (2002).
  • Le rôle du juge dans la société moderne (2003).
  • Le plus grand bien (2004), anlässlich des 200. Jahrestags des Code civil.
  • Contre la peine de mort (2006).
  • Les Épines et les Roses, Editions Fayard, Paris 2011[8]

Biografie

  • Paul Cassia: Robert Badinter. Un juriste en politique. Éditions Fayard, Paris 2009, ISBN 978-2-213-65139-2.
  • Pauline Dreyfus: Robert Badinter ou l'épreuve de la justice. Éditions du Toucan, Boulogne 2009, ISBN 978-2-8100-0312-9.
  • La peine de mort - Robert Badinter. Vier CDs inklusiv Ausschnitten aus der historischen Debatte zur Abschaffung der Todesstrafe vor der Nationalversammlung. éditions Frémeaux & Associés, 2010.

Quellen

  1. Christophe Boltanski, « Faurisson, négationniste impénitent face à Badinter », in Libération, 13. März 2007.
  2. Biographie bei den Vereinten Nationen (eng.)
  3. Lebenslauf in Badinters Blog. (franz.)
  4. Robert Badinter [18. September 1981]: J'ai l'honneur (...) de demander à l'assemblée nationale l'abolition de la peine de mort. (französisch), S. 1141, Journal Officiel de la République Française, 0429-3088
  5. Kurz-Biographie beim Sénat (franz.)
  6. Robert Badinter Ehrendoktor, Internetpräsenz der kroatischen Botschaft in Frankreich, 17. April 2003.
  7. Robert Badinter Ehrendoktor Internetpräsenz der französischen Botschaft in Moldawien April 2010]
  8. Auch der Schreibtischmörder meines Vaters hat Anspruch auf ein ordentliches Verfahren>, in: FAZ vom 28. Juni 2011, Seite 32

Weblinks


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