Ruhrland

Ruhrland
Karte
Deutschland-Karte mit hervorgehobenem Ruhrgebiet
Basisdaten Ruhrgebiet
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Landschaftsverbände: Rheinland, Westfalen
Regierungsbezirke: Arnsberg, Münster,
Düsseldorf
Körperschaft: Regionalverband Ruhr
Fläche: 4.435 km²
Einwohner: 5.245.598 (30. Juni 2007)
Bevölkerungsdichte: 1.183 Einwohner je km²
Höchster Punkt: 420 m ü. NN (Breckerfeld)
Niedrigster Punkt: 14 m ü. NN (Xanten)
Nord-Süd-Ausdehnung: 67 km
West-Ost-Ausdehnung: 116 km
Geografische Lage: 51° 12′ – 51° 49′ n. Br.
6° 22′ – 7° 59′ ö. L.
Kfz-Kennzeichen: BO, BOT, DO, DU, E, GE,
HA, HAM, HER, MH, OB;
EN, RE, UN, WES
Gliederung des Ruhrgebiets: 11 kreisfreie Städte,
4 Kreise
Website: www.ruhrgebiet.de
Politik
RVR-Verbandsdirektor: Heinz-Dieter Klink (SPD)
Bevölkerung
Arbeitslosenquote: 13,2 % (4. Januar 2005)

Das Ruhrgebiet ist mit etwa 5,3 Millionen Einwohnern und einer Fläche von etwa 4.435 Quadratkilometern der größte Ballungsraum Deutschlands und der drittgrößte Ballungsraum Europas. Es ist nach dem Fluss Ruhr benannt und der dicht besiedelte Zentralraum des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Mit seinem Umland bildet es die Metropolregion Rhein-Ruhr, in der über 10 Millionen Menschen leben und der ein Gebiet von fast 10.000 Quadratkilometern zugerechnet wird.

Das Ruhrgebiet besteht mehrheitlich aus einer Reihe von zusammengewachsenen Großstädten. Von den Ansiedlungen am mittleren Niederrhein geht die Städtelandschaft nach Osten nahtlos in den Rhein-Ruhr-Raum und nach Süden in die Rheinschiene über. Die Oberzentren der Region entstanden bereits im Mittelalter entlang des Hellwegs und erreichten ihre heutige Ausdehnung und Struktur mit der Industrialisierung im 19. und 20. Jahrhundert.

Im Allgemeinen sind die „Grenzen“ auf den 1920 gegründeten Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk zurückzuführen, dem heutigen Regionalverband Ruhr (RVR). Zum RVR gehören die kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen sowie die Kreise Recklinghausen, Unna, Wesel und der Ennepe-Ruhr-Kreis. Die Daten im Folgenden beziehen sich daher auf dieses Verwaltungsgebiet. Der Begriff „Ruhrgebiet“ ist jedoch keine offizielle Verwaltungsbezeichnung. Die genauen Grenzen sind interpretationsabhängig und die Städte und Kreise gehören auch den Landesteilen Rheinland und Westfalen an.

Das Ruhrgebiet wird im Jahr 2010 unter der Kurzbezeichnung RUHR.2010 neben Pécs (Ungarn) und Istanbul Kulturhauptstadt Europas sein.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Karte der Siedlungsstruktur des Ruhrgebiets

Das Ruhrgebiet hat an mehreren naturräumlichen Einheiten Anteil. Die Städtelandschaft liegt im Schnittpunkt der Westfälischen Tieflandebene, der Niederrheinischen Ebene und des Rheinischen Schiefergebirges. Nördlich der Lippe schließen die naturräumlichen Einheiten des Westmünsterlands und des Kernmünsterlands an. Südlich der Ruhr reicht es ins Bergische und Märkische Hügelland. Nördlich der Ruhr schließen sich die Lößebenen des Naturraums Westenhellweg an. Zwischen der Lippe und dem Westenhellweg liegt das Emscherland. Die Emscher trennt die Westfälische Bucht vom Rheinischen Schiefergebirge. Eckpunkte sind im Nordwesten Wesel (Kreis Wesel), im Südwesten Duisburg, im Südosten Hagen und im Nordosten Hamm. Die West-Ost-Ausdehnung von Sonsbeck bis Hamm beträgt 116 Kilometer, die Nord-Süd-Ausdehnung von Haltern am See bis Breckerfeld 67 Kilometer.

Den Angaben des Regionalverbandes Ruhr (RVR) zufolge sind 37,6 Prozent der Fläche des Ruhrgebiets bebaut. 40,7 Prozent der Fläche werden landwirtschaftlich genutzt. Der Waldanteil beträgt 17,6 Prozent. Die übrigen Anteile entfallen auf Wasserflächen und sonstige Flächen. Der für eine Industrieregion relativ hohe Anteil an Wald- und Landwirtschaftsflächen erklärt sich zunächst durch die ebenfalls zum RVR gehörigen vier überwiegend ländlich geprägten Kreise. Außerdem besitzen auch die kreisfreien Städte des Ruhrgebiets in ihren Außenbezirken ländlichen Charakter.

Auf einer Karte betrachtet (vgl. Geodatenserver RVR) könnte man das Ruhrgebiet für eine einzige Großstadt halten, da es, zumindest in der Nord-Süd-Ausdehnung, keine erkennbaren Grenzen zwischen den einzelnen Städten gibt. So ist das Ruhrgebiet als polyzentrische Städtelandschaft zu bezeichnen. Der Raum ist gekennzeichnet durch seine ähnliche stadt- und wirtschaftsgeografische Entwicklung.

Das Ruhrgebiet ist aufgrund seiner Geschichte anders strukturiert als monozentrisch besiedelte Gebiete wie beispielsweise Berlin oder Paris, die durch rasches Zusammenwachsen kleinerer Orte und Städte mit einer Kernstadt entstanden sind. Die einzelnen Städte und Stadtteile des Ruhrgebiets sind während der Industrialisierung unabhängig voneinander gewachsen. Während typische Metropolen hohe Bevölkerungskonzentrationen von bis zu 20.000 Einwohnern pro Quadratkilometer und mehr aufweisen, ist die Bevölkerungsdichte der Kernzone des Ruhrgebiets mit knapp 2.100 Einwohnern pro Quadratkilometer auch gegenüber anderen deutschen Metropolen als gering anzusehen.

Die Übergänge zwischen den Städten sind oft durch eine lockere Vorortbebauung und mitunter sogar durch landwirtschaftlich genutzte oder unbebaute Gebiete geprägt. Teilweise sind die Stadtgrenzen in der Kernzone des Ruhrgebiets nur schwer zu erkennen, da sie quer durch dichte Besiedlung verlaufen.

Das Ruhrgebiet und seine Entwicklung vom ursprünglichen Naturraum zum Standort der Montanindustrie und rasanten Besiedlung während der Industrialisierung ist ein häufig gewählter Forschungsgegenstand der Anthropogeografie. So wird beispielsweise die Siedlungsgeschichte des Ruhrgebiets in Bezug auf das klassische System der Zentralen Orte untersucht.

Im Zuge der Rekultivierung von Industriebrachen entstehen neue Parklandschaften und Naherholungsgebiete, zum Beispiel Hoheward - Der Landschaftspark im nördlichen Ruhrgebiet. Entlang der erst teilweise renaturierten Emscher bildet der Emscher Landschaftspark, der die in den 1920er Jahren durch Raumplanung des SVR in Nord-Süd-Richtung entstanden Regionalen Grünzüge verbindet, einen Grüngürtel zwischen den Städten von Ost nach West. Die zahlreichen Garten- und Parkanlagen der Region sind in das European Garden Heritage Network eingebunden.

Geologie

Geologisch wird das Ruhrgebiet regelmäßig über das Vorkommen von kohleführenden Schichten des Oberkarbon definiert, mehr oder weniger unabhängig von deren Tiefenlage. Die Kohlenflöze streifen entlang der Ruhr die Oberfläche und senken sich nach Norden ab. In Höhe der Lippe liegen sie in einer Tiefe von 600 bis 800 Meter. Die Mächtigkeit der Schichten liegt durchschnittlich bei 1-3 Meter.

Freiliegendes Kohleflöz der Zeche Nachtigall in Witten

Die Geologie des Untergrundes war entscheidend für die Entwicklung des Kohlebergbaus im Ruhrgebiet. Sie hängt mit der Entstehung des Superkontinentes Pangaea zusammen. Zu Beginn der variszischen Gebirgsbildung vor 400 bis 300 Millionen Jahren in den Zeitabschnitten Devon und Karbon (der Name bedeutet Kohlezeit) begann an tektonischen Störungslinien südlich des heutigen Ruhrgebiets Magma aufzusteigen und es entstanden einige Erzlagerstätten.

Gleichzeitig mit der Aufwölbung des Hochgebirges setzte eine Absenkung des nördlichen Vorlandes ein (Geosynklinale). Dessen Landschaftsbild wechselte über Jahrmillionen hinweg zwischen einem Flachmeer, der Entstehung von Flussdeltas und der Verlandung durch erodierte Sedimente aus dem neuen Gebirge. Wo sich im damals feucht-warmen Klima große Moore bildeten, wurden sie oftmals von Sedimenten überschichtet, was die Inkohlung des pflanzlichen Materials bewirkte. So entstanden im Untergrund -- entlang einer schrägen Ebene, die nach Norden mit etwa 5° Neigung allmählich auf 3 km Tiefe sinkt -- hunderte von kohleführenden Schichten. Von ihnen waren und sind allerdings nur jene 70-80 Flöze abbauwürdig, die eine ausreichende Mächtigkeit erreichen. Die großräumige Absenkung bewirkte, dass heute bei Witten (Südrand des Ruhrgebietes) die Kohle bis zur Erdoberfläche heraufreicht, aber am Nordrand (z.B. bei Marl) etwa 1500 Meter tief liegt.

Bezeichnung

Unterrichtungstafel an der Autobahn 45
Industrie Kultur Landschaft

Die geläufigsten Bezeichnungen sind heute Ruhrgebiet und Revier. Die umgangssprachlichen Begriffe Kohlenpott, Ruhrpott oder einfach Pott (von Pütt für Bergwerk, vgl. lat.: puteus = Brunnen, engl.: pit = Grube und deutsch: Pfütze = mit Wasser gefüllte Grube) sind in der Bevölkerung weit verbreitete Eigenbezeichnungen der Kernregion des Ruhrgebietes.

Lange Zeit wurden verschiedene Namen für die Region benutzt: „Rheinisch-Westfälischer Industriebezirk“, „Rheinisch-Westfälisches Industriegebiet“, „Niederrheinisch-Westfälisches Industriegebiet“ oder „Ruhrrevier“ – während das Wort „Ruhrgebiet“ zunächst nur den Einzugsbereich des Flusses Ruhr benannte. Die Bezeichnungen finden heute jedoch in der Form kaum noch Verwendung. Der besondere Eigenwert und der Begriff des Ruhrgebiets wurden erst während der 1920er Jahre geprägt. Als Name für die Industrieregion – wie im heutigen Sinn – bürgerte sich die Bezeichnung „Ruhrgebiet“ erst um 1930 ein. Zuvor sprach man noch vom Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet und schloss damit auch Gebiete ein, die nicht zum Ruhrgebiet zählen, wie beispielsweise das industriell geprägte Gebiet um Wuppertal und Düsseldorf. Im eigentlichen Sinne müsste die Kernregion des Ballungszentrums aufgrund ihrer geografischen Lage jedoch eher Emschergebiet heißen.

Als neueste Bezeichnung für das Ruhrgebiet wird mittlerweile aus Marketinggründen die Bezeichnung Metropole Ruhr verwendet. Im rheinischen Ruhrgebiet im Zusammenhang mit der Rheinschiene wird meistens der Begriff „Rhein-Ruhr“ und „Rhein-Ruhr-Raum“ verwendet.

Metropolregion Rhein-Ruhr

Das Ruhrgebiet ist ein Teil der Metropolregion Rhein-Ruhr und gehört mit seinen etwas weniger als 5,4 Millionen Einwohnern neben der Île-de-France (Großraum Paris), Moskau, Greater London und Istanbul zu den größten Ballungsgebieten Europas. Die Metropolregion wurde bereits 1995 von der Ministerkonferenz für Raumordnung, die in Deutschland über so genannte Europäische Metropolregionen entscheidet, geschaffen. Damit ist das Ruhrgebiet auch Teil des von der Europäischen Kommission im Jahr 1999 aufgestellten Europäischen Raumentwicklungskonzeptes (EUREK).

Verwaltung

Karte der Verwaltungsstruktur des Ruhrgebiets

Das Ruhrgebiet wird in erster Linie von den Städten und Kreisen des Ruhrgebiets selbst verwaltet, die in einem Zweckverband zusammengeschlossen sind. Der Regionalverband Ruhr (RVR) hat seinen Sitz in Essen.

Zu dem Verband gehören die kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen sowie der Ennepe-Ruhr-Kreis und die Kreise Recklinghausen, Unna und Wesel.

Mit an der Verwaltung beteiligt sind die Regierungsbezirke Arnsberg, Düsseldorf und Münster. Das westliche Ruhrgebiet mit den Städten Essen, Duisburg, Oberhausen, Mülheim an der Ruhr und dem Kreis Wesel gehört zum Regierungsbezirk Düsseldorf. Die Städte Dortmund, Bochum, Herne, Hamm, Hagen, der Kreis Unna und der Ennepe-Ruhr-Kreis sind Teile des Regierungsbezirks Arnsberg. Der Emscher-Lippe-Raum mit dem Kreis Recklinghausen und den Städten Gelsenkirchen und Bottrop werden von Münster aus verwaltet.

Zudem gehören die Städte und Kreise des Reviers dem jeweiligen Landschaftsverband Rheinland oder dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe an.

Insgesamt ist bei der Verwaltung des Ruhrgebiets besonders auffällig, dass die meisten Verwaltungsstrukturen sich im wesentlichen auf die historisch-politische Gliederung der preußischen Provinzen Rheinprovinz und Westfalen beziehen, sodass von einer einheitlichen Verwaltung des Ruhrgebiets zur Zeit noch nicht gesprochen werden kann.

Zukünftige Entwicklung

Nach den Plänen der Landesregierung soll diese alte Struktur in einer Verwaltungsreform bis 2012 aufgehoben werden. Die Bezirksregierungen sollen durch neue Regionalpräsidien, von denen eines das Ruhrgebiet umfassen soll, ersetzt werden. Seit den 1980er Jahren wird im Ruhrgebiet diskutiert, die westfälischen und rheinischen Teile des Ruhrgebietes in einem eigenen Regierungsbezirk Ruhr zu vereinigen. Diese Idee wurde bereits in den 1920er Jahren erstmals angedacht. Ebenso gab es 1965 Pläne der damaligen Nordrhein-Westfälischen Landesregierung zur Bildung eines Regierungsbezirkes Ruhrgebiet, die nach einem Regierungswechsel nicht weiter verfolgt wurden. Nach den heutigen Vorstellungen würden neben dem Regionalpräsidium Ruhrgebiet zwei weitere Regionalpräsidien Westfalen und Rheinland gebildet. Die Umsetzung wird zur Zeit in eine konkrete Planung geführt. Dabei wird der Prozess auf breiter gesellschaftlicher wie politischer Basis diskutiert. Probleme bereiten bei der Umsetzung die Gebiete des Niederrheins sowie Teile Westfalens. Im Kreis Wesel und in Hagen wurde 2008 ein Austritt aus dem RVR diskutiert, der jedoch politisch nicht durchsetzbar war. [1] [2]

Im Oktober 2006 hat die Landesregierung das Gesetz zur Übertragung der Regionalplanung für die Metropole Ruhr auf den Regionalverband Ruhr im Landtag eingebracht.[3] Das Gesetz wurde vom Landtag Nordrhein-Westfalen am 24. Mai 2007 beschlossen. Die Planungsaufgaben werden danach 2009 von den drei bisher zuständigen Regierungspräsidien übertragen. Außerdem wird zwei Monate nach Verkündung des Gesetztes im RVR der Verbandsvorstand von einem Verbandsausschuss abgelöst, der die politischen Mehrheitsverhältnisse in der Verbandsversammlung abbilden soll.[4] Das Gesetz wurde mit dem Gesetz- und Verordnungsblatt NRW Nr. 14 vom 4. Juli 2007 verkündet.[5]


Geschichte

siehe Hauptartikel: Geschichte des Ruhrgebiets

Industrialisierung

Rheinisch-Westfälisches Kohlengebiet 1896

Die Region, die heute als Ruhrgebiet bezeichnet wird, war Ende des 18. Jahrhunderts landschaftlich vergleichbar mit dem Münsterland, dem Niederrhein und der Soester Börde – einzelne Städte, darunter etliche Hansestädte, vor allem am Hellweg, Freiheiten und Dörfer, die vor allem durch die Landwirtschaft geprägt waren. Anfang des 19. Jahrhunderts waren Duisburg und Dortmund die größten Städte mit mehr als 5.000 Einwohnern. Zur selben Zeit lebten in der Munizipalität Mülheim an der Ruhr im Süden der Region bereits mehr als 11.000 Menschen. Gelsenkirchen und Herne im nördlich gelegenen Emscherland dagegen hatten zu dieser Zeit lediglich einige hundert Einwohner.

Frühe Kerne der Industrialisierung bildeten einzelne Eisenhütten, hervorzuheben sind dabei die 1758 entstandene St.-Antony-Hütte in Oberhausen-Osterfeld, die 1782 gegründete Gutehoffnungshütte in Oberhausen-Sterkrade und Eisenhütte Neu-Essen in Oberhausen-Lirich, in der ab 1791 produziert wurde. Hier entstanden wichtige frühe Technologien der Eisenerzeugung durch den Abbau von Erzen, die unter Verwendung von Holzkohle verhüttet wurden.

Zeche Zollern in Dortmund

Kohle wurde zwar schon im 13. Jahrhundert abgebaut – ein Ausgangspunkt des Ruhrbergbaus war das Muttental bei Witten – jedoch kann man dabei nicht von Bergbau, sondern eher von Kohlengräberei sprechen. Mit dem wirtschaftlichen Abbau der Kohle ab Anfang des 19. Jahrhunderts entlang der Ruhr gewann die Industrialisierung für das Ruhrgebiet an Fahrt.

Innerhalb weniger Jahre entstanden über 220 Zechen, bis 1850 waren es fast 300. Aus der Kohle wurde vor allem in Kokereien Koks gewonnen, welches in den Hochöfen der angesiedelten Eisen- und Stahlhütten zur Roheisen- und Stahlerzeugung benötigt wurde. Noch bevor die Kohlevorkommen entlang der Ruhr erschöpft waren, entstanden weiter nördlich neue Zechen. Der Ruhrbergbau wanderte, den Flözen in die Tiefe folgend, von Süden nach Norden, von der Ruhr an die Emscher und schließlich zur Lippe. Laut Veröffentlichungen von Prof. Dr. Roland Günter hat es insgesamt etwa 3200 einzelne Zechen im Ruhrrevier gegeben.

Die Erschließung des Ruhrgebiets als Lieferanten für Kohle und Stahl für die aufstrebende Industrie förderte die Gründung vieler Eisenbahngesellschaften. Siehe hierzu: Liste der ersten Eisenbahnen in Nordrhein-Westfalen bis 1930

Aufgrund der wirtschaftlichen Expansion wurden Arbeitskräfte angeworben. Die Bevölkerungszahlen stiegen explosionsartig. Die alten Städte am Hellweg erwachten zu neuer Blüte. Ein Beispiel: Hatte Bochum im Jahre 1800 nur 2200 Bewohner, wuchs die Einwohnerzahl zur Jahrhundertwende auf 65.000, bis 1905 mit 117.000 Einwohnern der Titel Großstadt erreicht war. Auch vormalige Dörfer entlang der Emscher entwickelten sich zu Großstädten. Qualifizierte Facharbeiter der Bergwerke wurden vielfach in Arbeitersiedlungen, sogenannten Zechenkolonien, untergebracht. Der Ruhrkohlenbezirk wuchs zum größten industriellen Ballungszentrum Europas an.

Strukturwandel

Opelwerk 1 in Bochum

Seit Beginn der Kohlekrise im Jahr 1958 befindet das Ruhrgebiet sich in einer anhaltenden Phase des Strukturwandels, der von großen wirtschaftlichen Anpassungsschwierigkeiten gekennzeichnet ist. Auch gezielte staatliche Subventionen konnten den Strukturwandel im Ruhrgebiet nicht aufhalten. Die Industriezweige, auf die sich das Ruhrgebiet begründete, Steinkohleförderung und Stahlindustrie werden rar: Es gibt im Ruhrgebiet nur noch sechs fördernde Bergwerke (West, Walsum, Prosper-Haniel, Lippe, Auguste Victoria/Blumenthal, Ost) und 3 Kokereien mit der Kokerei Prosper in Bottrop sowie in Duisburg die Kokerei Schwelgern und die Kokerei der Hüttenwerke Krupp Mannesmann, deren Produkte zur Herstellung von Stahl benötigt werden.

Bergbau findet heute vor allem in den Randzonen des nördlichen Ruhrgebiets statt. Der Steinkohleabbau hatte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Nordwanderung die Lippe erreicht und zum Teil bereits überschritten, noch in den 1980er Jahren wurden Pläne betrieben von der Zeche Radbod in das südliche Münsterland nördlich von Hamm vorzustoßen. Auch westlich des Rheins am Niederrhein wird noch Kohle gefördert. In der Emscherzone der Region sind die Zechen inzwischen stillgelegt. Zwischen 1980 und 2002 ging etwa die Hälfte der eine Million Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe verloren, während etwa 300.000 Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor geschaffen wurden. In der Ruhrzone ist der Strukturwandel schon vollzogen. Die meisten Zechen einschließlich aller Kleinzechen an der Ruhr wurden bis 1930 stillgelegt. Heute ist das Ruhrtal eines der Naherholungsgebiete des Ruhrgebiets.

Während dessen sind jüngere Industrien wie der Fahrzeug- und Maschinenbau, die Elektrotechnik, Feinmechanik und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie nichtindustrielle Branchen wie der Dienstleistungssektor noch nicht ausreichend nachgewachsen. Insgesamt verzeichnete das Dienstleistungsgewerbe den größten Aufschwung. Seit Beginn der neunziger Jahre sind bereits über 50 Prozent der Beschäftigten des Ruhrgebiets in der Dienstleistung tätig.

Das Ruhrgebiet und insbesondere Dortmund war für seine Brauereien bekannt. Mittlerweile sind fast alle Brauereien geschlossen. Die bekannten Markennamen werden teilweise weitergeführt. Trotzdem weist das Ruhrgebiet zahlreiche kleinere Privatbrauereien in den Städten auf, so zum Beispiel die Brauerei Fiege in Bochum.

Einige Großkonzerne setzten auch neue Schwerpunkte, vor allem im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik sowie der Umweltsicherung. Einige Unternehmen bauten ihre Aktivitäten im Ruhrgebiet ab, so der einstige Stahlerzeuger und -verarbeiter Mannesmann und konzentrierten sich auf neue Geschäftsfelder. Der Konzern baute Anfang der 1990er Jahre mit Mannesmann Mobilfunk ein Mobilfunknetz (D2). Um an die erfolgreiche, deutsche Mobilfunksparte zu gelangen, kaufte die englische Vodafone Gruppe den kompletten Mannesmann Konzern auf und verkaufte einzelne Bereiche des Stahlgeschäfts im Ruhrgebiet und in Düsseldorf.

Ein wichtiger Schritt vom Produktions- zum Forschungsstandort waren die Gründungen der Universitäten Bochum, Dortmund und die Gesamthochschulen Essen und Duisburg, die zur Universität Duisburg-Essen fusionierten. Hilfreich für den Zuwachs im tertiären Sektor waren auch die Gründungen von Gesamthochschulen, Technologiezentren und Beratungseinrichtungen.

Als Beispiel des Strukturwandels kann man den Bau der drei Automobilwerke des Autoherstellers Opel 1962 in Bochum bezeichnen. Die Werke boten den unter Tage ausgebildeten Schlossern, Elektrikern etc. einen Arbeitsplatz in einer anderen Branche. Allerdings hat mittlerweile auch die Automobilindustrie mit Strukturproblemen zu kämpfen und steht in der Gefahr, zu den „alten Industrien“ zu zählen.

Der Versuch mit einer subventionsgestützten Elektronikindustrie einen nachhaltigen Strukturwandel einzuleiten ist gescheitert. Erfolgreicher arbeiten die Wissenschaftsparks in denen kleine und mittlere Unternehmen Hochtechnologie produzieren. Aufgrund der geografisch günstige Lage in der EU und des großen Grundstücksangebot ließen sich viele Logistikunternehmen bzw. entsprechende Abteilungen großer Handelsketten im Ruhrgebiet nieder.

Ein Großprojekt, das oft als Zeichen des Strukturwandels angesehen wird, ist die Neue Mitte Oberhausen mitsamt dem Einkaufszentrum CentrO, welche auf dem Gelände der stillgelegten Gutehoffnungshütte Mitte der 1990er Jahre erbaut wurde.

Weltkulturerbe Zeche Zollverein

Die Internationale Bauausstellung Emscher Park (IBA) war von 1989 bis 1999 im Ruhrgebiet tätig und versuchte den Strukturwandel zu begleiten. In ihrem Rahmen wurden etwa zweieinhalb Milliarden Euro in die Region investiert und Industriebrachen von stillgelegten Bergwerken, Kokereien und Stahlwerken als Industriedenkmäler erhalten und neue Nutzungsmöglichkeiten entwickelt: Emscher Landschaftspark. So ist ehemalige Hütte Duisburg-Meiderich heute als Landschaftspark Duisburg-Nord bekannt, der stillgelegte Gasometer Oberhausen wurde zur Ausstellungshalle umfunktioniert. Weitere Beispiele für neue Nutzungen sind der Nordsternpark in Gelsenkirchen, der Bottroper Tetraeder, die Essener Halde Schurenbach, der Duisburger Innenhafen, die Jahrhunderthalle in Bochum und der Phoenix-See in Dortmund. Die Zeche und Kokerei Zollverein in Essen wurde 2001 von der UNESCO sogar zum Weltkulturerbe erklärt. Essen wird 2010 stellvertretend für die Region europäische Kulturhauptstadt sein.

Seit Mitte der 1990er Jahre wird die Emscher, lange der kanalisierte Abwasserkanal des Ruhrgebiets, renaturiert.

Wirtschaft

Der RWE Tower in Dortmund
RWE-Group-Center, Essen

Mit dem oben beschriebenen Strukturwandel verlor das gewinnende und produzierende im Ruhrgebiet an Bedeutung, allerdings haben auch heute noch Montanunternehmen wie die RAG Aktiengesellschaft, Degussa oder ThyssenKrupp ihren Sitz und größte Produktionsstandorte im Ruhrgebiet. Etwa 8,9 Prozent der Beschäftigten sind im produzierenden Sektor tätig.

Der Dienstleistungssektor ist mit den Konzernzentralen von Energie- und Wasserversorgern wie der RWE und E.ON Ruhrgas und Handelskonzernen wie der Aldi-Gruppe, KarstadtQuelle oder der Tengelmann-Unternehmensgruppe ebenfalls stark vertreten. Außerdem gibt es in den häufig als Fußgängerzonen ausgewiesenen Innenstädten und den Einkaufszentren Ruhr-Park Bochum, Uni-Center, RheinRuhrZentrum und CentrO zahllose Einzelhändler.

Auch zahlreiche Unternehmen der Logistikbranche haben ihren Sitz oder Standorte wegen der guten infrastrukturellen Anbindung im Ruhrgebiet.

Nach wie vor gilt das Ruhrgebiet als eine strukturschwache Region. Die Gesamtarbeitslosenquote des Ruhrgebiets liegt bei etwa 13,3 Prozent und ist damit unter den regionalen Großräumen die höchste der westdeutschen Bundesländer. Auch die Arbeitslosenquoten einzelner Städte in der Kernzone des Ruhrgebiet gehören zu den höchsten der „alten“ Bundesländer: Im Bezirk Duisburg beträgt die Arbeitslosenquote etwa 14,9 Prozent, in Dortmund etwa 14,8 Prozent, in Essen etwa 13,8 Prozent und in Gelsenkirchen circa 15,6 Prozent.

Kultur

Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen
Das Aalto-Theater in Essen
Das Theater an der Ruhr in Mülheim

Die „Route der Industriekultur“, die ähnlich den in Deutschland bekannten Wein- oder Burgenstraßen konzipiert ist, steuert die wichtigsten industriegeschichtlichen Stätten des Ruhrgebiets an und dient als Ausgangsbasis für die Vermarktung des Ruhrgebiets als Tourismusregion.

Im Ruhrgebiet befinden sich zahlreiche Technik- und Industriemuseen wie das Deutsche Bergbaumuseum in Bochum, das Museum der Deutschen Binnenschifffahrt in Duisburg, das Umspannwerk Recklinghausen, die Deutsche Arbeitsschutzausstellung in Dortmund, das Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen in Bochum und die dezentralen Museen Westfälisches Industriemuseum und Rheinisches Industriemuseum. Außerdem gibt es auch im Ruhrgebiet mehrere Kunstmuseen wie das Museum Folkwang in Essen, das Lehmbruck-Museum und Museum Küppersmühle in Duisburg, die Ludwig-Galerie im Schloss Oberhausen oder das Museum am Ostwall in Dortmund.

Ähnlich vielfältig ist die Theaterlandschaft im Ruhrgebiet. Zu den bekanntesten Schauspielbühnen gehören das renommierte Schauspielhaus Bochum und das Grillo-Theater in Essen. Auch das Musiktheater ist mit reicher Tradition im Ruhrgebiet vertreten, so das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, die Deutsche Oper am Rhein in Duisburg, das Aalto-Theater in Essen und das Dortmunder Opernhaus mit der angeschlossenen Kinderoper. Daneben gibt es zahlreiche Konzerthäuser wie beispielsweise das Konzerthaus Dortmund und Amateurbühnen wie die Waldbühne Heessen in Hamm.

In Bochum wird seit 1988 das erfolgreichste Musical der Welt Starlight Express in einem eigens dafür gebauten Theater gespielt. Darüber hinaus haben sich zwei Musicalspielstätten der Stage Entertainment in Essen und Oberhausen etabliert.

Die bekanntesten regionalen Volkstheater sind der Mondpalast in Herne und Stratmanns Theater Europahaus in Essen.

Die RuhrTriennale, die Ruhrfestspiele, die Extraschicht und ähnliche Großveranstaltungen zeugen von einer lebendigen Kulturszene im Ruhrgebiet. Aufgrund der hohen Dichte kultureller Einrichtungen bewarb sich das Ruhrgebiet unter Führung der Stadt Essen erfolgreich als Kulturhauptstadt Europas 2010: Die Kraft von RUHR.2010 ist die Fähigkeit zum Wandel durch Kultur. Die Kulturhauptstadt Europas präsentiert das Ergebnis eines mehrjährigen und tief greifenden Wandlungsprozesses des Ruhrgebiets. Hunderte Kulturinstitutionen, Künstler und Kulturschaffende in der Metropole Ruhr sind seit Jahren die Basis dieses Wandels und bilden eine der reichsten Kulturlandschaften Europas. RUHR.2010 zeigt anhand ausgewählter Projekte den erreichten Stand und ist ein vorläufiger Höhepunkt der stetigen Entwicklung. Das Ziel ist, durch gezielte Auswahl von Projekten das dauerhafte Kulturangebot weit über 2010 hinaus in Europa zu etablieren. Mit der Kraft der Kulturhauptstadt Europas setzt das Ruhrgebiet seinen Aufbruch fort. [6]

Auch im Ruhrgebiet wird Karneval gefeiert. Umzüge finden in zahlreichen Städten statt, Weiberfastnacht ist für viele der wesentliche „Feiertag“. Im Archiv der Stadt Duisburg befindet sich die erste überhaupt in deutsch geschriebene Stadtrechnung aus dem Jahre 1377, aus der hervorgeht, dass die Ratsherren und die Bürgerschaft ausgiebig Fastabend („Vastavent“) feierten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden in Duisburg die ersten Karnevalsgesellschaften gegründet. Den ersten Anlauf zur Etablierung eines Rosenmontagszuges in Duisburg geht auf das Jahr 1928 zurück. Duisburg ist Sitz des Landesverbands Rechter Niederrhein im Bund Deutscher Karneval e. V.

Medien

Alle großen regionalen Tageszeitungen der Region gehören zur WAZ-Mediengruppe oder zu den Ruhr Nachrichten (RN). Nach dem Ende der taz-ruhr 2005 ist die Bild die einzige überregionale Tageszeitung mit einer Ruhrgebietsausgabe. Zudem gibt es im Ruhrgebiet eine Reihe von Stadt- und Szenemagazinen. Das heute als Prinz bundesweit erscheinende Stadtmagazin hatte seinen Ursprung unter dem Namen Guckloch 1978 in Herne. Neben dem Prinz, der noch immer mit einer Regionalredaktion in Duisburg in der Region vertreten ist, erscheinen die Gratistitel Coolibri, Heinz und Smag. Mit dem Wirtschaftsmagazin Ruhr gibt es auch ein regionales Wirtschaftsmagazin für das Ruhrgebiet. Mit der Wissenschaft im Revier beschäftigt sich zudem das Magazin Transfer.

In Essen, Dortmund und Duisburg unterhält der Westdeutsche Rundfunk (WDR) Studios. In Essen werden die Regionalprogramme für das mittlere Ruhrgebiet produziert und ausgestrahlt. In Dortmund produziert der WDR die Sendung Planet Wissen und das Regionalprogramm für das östliche Ruhrgebiet – Außerdem wird von hier aus täglich die WDR-2-Sendung Zwischen Rhein und Weser gesendet. Das Programm für den Niederrhein bzw. für das westliche Ruhrgebiet (Duisburg, Kreis Wesel) entsteht in Duisburg. Dort gibt es auch mit STUDIO 47 den ersten privaten lokalen Fernsehsender in Nordrhein-Westfalen. Außerdem unterhält der Fernsehsender Sat.1 ein Studio in Dortmund. Dort wird die Sendung 17:30 produziert. Ein weiterer Sender in Dortmund ist der vor kurzem erst gegründete Sender Help TV mit dem Moderator Jürgen Fliege. Das Adolf-Grimme-Institut mit Sitz in Marl vergibt jährlich die renommierte Fernsehauszeichnung Adolf-Grimme-Preis.

Bildung und Forschung

Universität Duisburg-Essen, Bibliothek in Duisburg
Das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim
Wissenschaftspark, Gelsenkirchen
„Mathetower“ der TU Dortmund

Sechs Universitäten und neun Hochschulen mit etwa 180.000 eingeschriebenen Studenten (WS 2001/02) und zahlreichen Forschungsinstituten und Technologiezentren machen das Ruhrgebiet zu Europas dichtester Bildungs- und Forschungslandschaft. Hierbei sind die Ingenieur- und Naturwissenschaften besonders stark vertreten.

Die erste Hochschule des Ruhrgebiets, die Ruhr-Universität Bochum, wurde jedoch erst 1962 gegründet. Zu den bekanntesten Hochschulen zählen weiter die fusionierte Universität Duisburg-Essen, die Technische Universität Dortmund, die private Universität Witten/Herdecke, die FernUniversität in Hagen und die Folkwang Hochschule im Ruhrgebiet mit den Schwerpunkten Musik und Darstellende Künste.

Eng verbunden mit den Hochschulen sind die Forschungsinstitute. Drei Max-Planck-Institute haben ihren Sitz im Ruhrgebiet: das Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund, das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr und das Max-Planck-Institut für bioanorganische Chemie ebenfalls in Mülheim. Vier Fraunhofer-Institute befinden sich im Ruhrgebiet: das UMSICHT genannte Oberhausener Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik, das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik und das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik in Dortmund sowie das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme, Duisburg. Zu den bekannten Forschungsinstituten gehören auch Einrichtungen der Sozial- und Geisteswissenschaften wie das Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, das Zentrum für Türkeistudien und das Kulturwissenschaftliches Institut, die alle ihren Sitz in Essen haben; des Weiteren das Landesinstitut Sozialforschungsstelle Dortmund sowie das Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen, das Landesspracheninstitut NRW in Bochum und das DMT-Forschungsinstitut für Montangeschichte in Bochum.

Technologieparks und Gründerzentren bilden das Bindeglied zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft. Im TechnologieZentrum Dortmund siedelten sich beispielsweise seit 1988 mehr als 225 Firmen mit über 8.500 Mitarbeitern an. Dabei haben Unternehmen der Mikrotechnikbranche einen besonders hohen Anteil. Mit dem Wissenschaftspark entstand in Gelsenkirchen ein auf erneuerbare Energien spezialisiertes Gründerzentrum. Wissenstransfer zwischen mittelständischen Unternehmen die keine eigene Forschung betreiben und Hochschulen und Instituten bietet das Mülheimer Zentrum für Innovation und Technik an.

Sprache

Die weit verbreitete Denkweise, Dialekte nur als geografische Varianten zu betrachten und die kollektive Wahrnehmung des Ruhrgebiets als eine industriell geprägte Einheit führte auch dazu, dass immer wieder versucht wird, die Sprache der dort lebenden Menschen als einheitliches Ruhrdeutsch zu bezeichnen. Heute ist die typische Varietät im Ruhrgebiet ein Hochdeutsch mit niederdeutschen Substraten. Die oft behaupteten polnischen Einflüsse durch Einwanderer um 1900 sind nur im Wortschatz zu sehen und auch sehr gering. Bekannt sind im allgemeinen nur die beiden polnischen Worte Mottek und Matka. Selbst diese können kaum noch als Teil des aktiven Wortschatzes der Ruhrgebietsbevölkerung angesehen werden.

Historisch gehörte die Region an Rhein, Ruhr, Emscher und Lippe zum Niederfränkischen-Niedersächsischen Sprachgebiet. Speziell konnten Niederrheinisch oder Westfälisch unterschieden werden. Doch ist die Zahl der Sprecher des Plattdeutschen inzwischen verschwindend gering. Die Pflege dieser historischen Sprachen ist zumeist bei speziellen Gruppen in Heimatvereinen zu finden. Auch Kurse an Volkshochschulen vermitteln vereinzelt noch den aktiven Gebrauch alter Dialekte. So wird in Mülheim beispielsweise seit 1984 Wir lernen „Mölmsch Platt“ angeboten.

Sport

Fußballbegeisterung der Borussia-Dortmund-Fans
Fußball in der Veltins-Arena (ehem. „Arena Auf Schalke“)

Der Ruhrmarathon führt seit 2003 jährlich quer durch das mittlere und östliche Ruhrgebiet. Rund um den Baldeneysee in Essen führt seit 1963 der älteste Marathonlauf Deutschlands. Seit 1981 findet in Duisburg der Rhein-Ruhr-Marathon statt, der somit einer der ältesten deutschen Stadtmarathons ist. Das Weltranglisten-Punkte vergebende Radrennen Sparkassen Giro Bochum führt von der Bochumer Innenstadt nach Bochum-Stiepel, das Sechstagerennen findet in den Westfalenhallen Dortmund statt.

Fußball

Hauptartikel: Fußball im Ruhrgebiet

Der Fußballsport hat im Ruhrgebiet eine wichtige soziale und integrative Funktion. Die beiden größten Vereine sind Borussia Dortmund und der FC Schalke 04. Das Aufeinandertreffen dieser beiden Vereine gilt als ein Höhepunkt der Saison und wird, wie alle Spiele zwischen Ruhrgebietsvereinen, als „Revierderby“ bezeichnet. Der BVB und der FC Schalke sind zusammen mit dem MSV Duisburg Gründungsmitglieder der Fußball-Bundesliga. Der VfL Bochum ist einer der ältesten heutigen Bundesligavereine (Gründungsjahr 1848) im Ruhrgebiet. Neben diesen Vereinen existiert eine Vielzahl anderer erfolgreicher Klubs in allen Ligen; zudem besitzt das Revier unzählige Amateur- und Hobbyvereine. Viele dieser Vereine haben ihren Ursprung bei Werksmannschaften von Hütten und Zechen.

Einen einheitlichen Fußballverband Ruhrgebiet gibt es nicht. Die Vereine des Ruhrgebiets sind in den entsprechenden Verbänden Fußballverband Niederrhein mit Sitz in Duisburg oder Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen in Kamen eingegliedert.

Verkehr

Straßenverkehr

A 40 in Bochum

Etwa 3,1 Millionen zugelassene Kraftfahrzeuge waren im Jahr 2002 im Ruhrgebiet gezählt. Diese können auf 4.700 km überörtlichen Straßen fahren. Weil sich jedoch Stadt-, Regional- und Fernverkehr insbesondere zu den Hauptzeiten des Berufsverkehrs überlagern, kommt es häufig zu Staus. Diese sollen in Zukunft durch fortschrittliche Verkehrsinformationssysteme wie OLSIM, Ruhrpilot und dem RVR-Projekt Informationssystem Verkehr Ruhrgebiet vermieden werden.

Die Hauptachsen des Kraftfahrzeugverkehrs in Ost-West-Richtung bilden die drei Autobahnen A 2, A 42 und A 40. Letztere wird inklusive ihres weiteren Verlaufs in Dortmund über die B 1 aus historischen Gründen regional auch immer noch „Ruhrschnellweg“ nach einem zum Zeitpunkt der Eröffnung der ersten Autobahnen bereits fertiggestellten Straßenbauprojekt genannt. Gleichwohl ist er spöttisch auch für seinen Beinamen „Ruhrschleichweg“ bekannt, da er eine der Straßen mit dem bundesweit höchsten Verkehrsaufkommen ist und durch tägliche Verkehrsstaus geprägt ist.

Daneben verlaufen als Nebenachsen von Nord nach Süd die Autobahnen A 1, A 3, A 43, A 45 und A 59, die insbesondere für Pendler zur Landeshauptstadt Düsseldorf bedeutsame A 52 sowie die B224 und B227.

Schienenverkehr

Hauptbahnhof und Autobahn A40 in Essen

Der Öffentliche Personennahverkehr wird weitestgehend vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) organisiert. Der ÖPNV im Kreis Wesel wird hingegen vom Verkehrsgemeinschaft Niederrhein (VGN) und der ÖPNV im Kreis Unna sowie im Bereich der Stadt Hamm von der Verkehrsgemeinschaft Ruhr-Lippe (VRL) besorgt.

Fernverkehr

Wichtigste Knotenbahnhöfe des Personenfernverkehrs sind die Hauptbahnhöfe in Duisburg, Essen, Dortmund, Hamm, Hagen, Oberhausen, Bochum und Wanne-Eickel. Dem Dortmunder Hauptbahnhof ist der große Abstellbahnhof Dortmund Bbf an der Strecke nach Hamm angeschlossen.

S-Bahn und Regionalverkehr

Wesentlich zur infrastrukturellen Erschließung des Ruhrgebietes mit Anbindung des Rheinlands trägt die S-Bahn Rhein-Ruhr bei. Die Hauptlast der regionalen Verkehrsleistungen tragen allerdings die Regional-Express-Linien. Fast alle RE-Linien führen vom Rheinland quer durch das Ruhrgebiet von Duisburg über Essen, Bochum, Dortmund nach Hamm und teilweise weiter ins östliche Westfalen. Ab etwa 2015 soll mit dem Rhein-Ruhr-Express ein neues System von schnellen Nahverkehrszügen im 15-Minuten-Takt verkehren.

In Witten betreibt die Deutsche Bahn das Eisenbahnausbesserungswerk in der Nähe des Hauptbahnhofes. Hier wurde 2005 eine neue Lagerhalle für Weichen gebaut.

Stadtbahn und Nahverkehr

Bus und Stadtbahn in Gelsenkirchen
Mit dem Renault Traffic Future Award 2006 ausgezeichneter U-Bahnhof Lohring in Bochum

In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entstand ein durchgehendes Straßenbahnnetz, das mit Umsteigen eine durchgehende Straßenbahnfahrt von Bonn bis Werne ermöglichte. In den 1950er Jahren wurden viele Straßenbahnlinien stillgelegt, dennoch ist es auch heute noch möglich, von Witten über Bochum, Gelsenkirchen, Essen, Mülheim an der Ruhr, Duisburg und Düsseldorf bis nach Krefeld mit der Straßenbahn zu fahren.

In den 1960er Jahren entstand der Plan, die überwiegend meterspurigen Straßenbahnstrecken durch ein normalspuriges Stadtbahnnetz Rhein-Ruhr zu ersetzen, das jedoch nur in Ansätzen besteht und ein Torso geblieben ist. Heute besteht dieses Stadtbahnnetz im Ruhrgebiet aus vier nicht miteinander verbundenen U-Bahnnetzen in

  • Dortmund (mit oberirdischer Verbindung nach Lünen-Brambauer),
  • Bochum (mit unterirdischer Verbindung zur Innenstadt von Herne),
  • Essen (mit oberirdischer Trasse auf dem Mittelstreifen der A 40 nach Mülheim an der Ruhr)
  • und Duisburg (sowie dessen Nachbarstädte Düsseldorf und Mülheim an der Ruhr).

Dabei kommt es unterhalb des Mülheimer Hauptbahnhofs zu dem Kuriosum, dass dort mit der U 18 aus Essen und der 901 aus Duisburg zwei normalspurige Bahnen enden, eine Durchbindung trotzdem derzeit unmöglich ist, da die Signalsysteme inkompatibel sind.

Verglichen mit dem Nahverkehr anderer Metropolen ist das Netz im Ruhrgebiet als unzureichend zu bezeichnen. Die Ausgaben für den Nahverkehr bleiben hinter denen anderer Ballungsgebiete weit zurück. Während im Ballungsraum München mit seinen 1,6 Millionen Einwohnern das S-Bahn-Netz fast 450 Kilometer umfasst, verfügt die S-Bahn Rhein-Ruhr auf einem Gebiet, in dem fast 7 Millionen Menschen leben, nur über ein Streckennetz von lediglich etwa 650 km.

Neben Straßen- und Stadtbahnen sind Omnibusse die wichtigsten Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs im Ruhrgebiet.

Güterverkehr

Im Güterverkehr ist das Ruhrgebiet als Ganzes auch bei insgesamt zurückgehender Bedeutung der Eisenbahn in Deutschland, nach ihrer Privatisierung und der Verlagerung vieler Eisenbahntransporte auf den Straßenverkehr weiterhin der größte Eisenbahnkomplex Europas mit mehreren Rangierbahnhöfen (Hagen-Vorhalle, Hamm (Westf) Rbf, Oberhausen-Osterfeld Süd, Schwerte (Ruhr) und Wanne-Eickel Hbf) sowie mit noch immer zahlreichen Anschlussbahnen des Bergbaues und der Schwerindustrie.

Schiffsverkehr

Das bedeutendste Gewässer in verkehrstechnischer Hinsicht im Ruhrgebiet ist in der heutigen Zeit der Rhein.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Namensgeberin des Ruhrgebiets, die Ruhr, einer der wichtigsten Transportwege, siehe Hauptlemma: Ruhrschifffahrt.

In Datteln kreuzen sich vier Kanäle, Rhein-Herne-Kanal (RHK), Wesel-Datteln-Kanal (WDK), Datteln-Hamm-Kanal (DHK) und Dortmund-Ems-Kanal (DEK), die damit den größten europäischen Knotenpunkt für die Binnenschifffahrt bilden. Eine Sehenswürdigkeit ist das Schiffshebewerk Henrichenburg. Der Ruhrschifffahrtskanal verbindet außerdem den Rhein (Duisburger Hafen) mit dem Mülheimer Rhein-Ruhr-Hafen. Der Gesamtumschlag an den Kanälen des Ruhrgebiets beträgt etwa 25 Millionen Tonnen.

Sowohl der größte Binnenhafen als auch der größte Kanalhafen Europas befinden sich im Ruhrgebiet. Der Duisburger Hafen „duisport“, der vom Rhein, von der Ruhr und vom Rhein-Herne-Kanal zu erreichen ist, gilt als Verkehrsdrehscheibe der deutschen Binnenschifffahrt. Er hat einen jährlichen Gesamtumschlag von etwa 96 Millionen Tonnen. Im Gegensatz dazu hat der Dortmunder Kanalhafen trotz seiner Größe in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Rückgang der Stahlerzeugung erheblich an Bedeutung verloren.

Flugverkehr

Geschichte: Geschichte der Luftfahrt im Ruhrgebiet

Der einzige bedeutende Verkehrsflughafen im Ruhrgebiet ist der Flughafen Dortmund, auf dem jährlich zwei Millionen Passagiere abgefertigt werden (Stand 2006)[7]. Für die Region wichtiger sind die internationalen Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn, die für Passagiere aus dem Ruhrgebiet gut erreichbar sind. Beide Flughäfen sind über das Schienennetz der deutschen Bahn und Autobahnen in kurzer Zeit aus dem Ruhrgebiet erreichbar.

Privatflugverkehr findet außerdem auf dem Verkehrslandeplätzen Flughafen Essen/Mülheim und Marl-Loemühle statt. Darüber hinaus existieren im Ruhrgebiet und seiner Peripherie zahlreiche Flugplätze für Segel- und Motorflugbetrieb, unter anderem in Hamm und Kirchhellen/Schwarze Heide. Sie werden von Flugsportvereinen genutzt und teilweise auch betrieben.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.rp-online.de/public/article/wesel/619517/RVR-SPD-bremst-Mehrheit-aus.html.
  2. http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/hagen/2008/10/17/news-83923244/detail.html
  3. Drs. 14/2774, zu beziehen über das Dokumentenarchiv des Landtags
  4. Vorabdruck des Gesetz zur Übertragung der Regionalplanung für die Metropole Ruhr auf den Regionalverband Ruhr, Landtag NW
  5. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Nr. 14, Seite 212
  6. Kulturhauptstadt Europas 2010: Das Ruhrgebiet, RUHR2010 http://www2.kulturhauptstadt-europa.de/metropole-ruhr/kulturmetropole.html
  7. Pressemitteilung Flughafen Dortmund [1]

Literatur

Im Duisburger Norden: Ausgedienter Förderturm und Spielplatz
  • Fachgebiet Städtebau, Stadtgestaltung und Bauleitplanung (Hrsg.): Internationale Bauausstellung Emscher Park. Die Projekte 10 Jahre danach; Essen: Klartext, 2008; ISBN 978-3-8375-0055-4
  • Tanja Köhler, Norbert Wank: Ruhrgebiet. Kulturhauptstadt 2010; Bielefeld: Reise Know-How, 2007; ISBN 978-3-8317-1577-0
  • Gerd Willamowski, Dieter Nellen, Manfred Bourrée: Ruhrstadt. Die andere Metropole; Essen: Klartext, 2002; ISBN 3884748955
  • Gerd Willamowski, Manfred Schüller: Der Pott kocht; Essen: Pomp, 2001; ISBN 3893552219
  • Günter Drozdzewski, Vera Mügge, Volker Wrede: Von Korallenriffen, Schachtelhalmen und dem Alten Mann; Essen: Klartext, 2005; ISBN 3898614395
  • Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: Die alten Zechen an der Ruhr. Vergangenheit und Zukunft einer Schlüsseltechnologie. Mit einem Katalog der „Lebensgeschichten“ von 477 Zechen; Königstein i. Ts.: Langewiesche, 20086; ISBN 978-3-7845-6994-9
  • Reinhard Felden, Axel Föhl: Das Ruhrgebiet; Hamburg: Ellert & Richter, 2002; ISBN 3831900302
  • Nina Grontzki, Gerd Niewerth, Rolf Potthof: Als die Steine Feuer fingen; Essen: Klartext, 2003; ISBN 3898612082
  • Inge Zander, Ralph Lueger: Der Pott. Erlebnis Ruhrgebiet; Düsseldorf: Droste Regional, 2001; ISBN 377001135X
  • Roland Günter: Im Tal der Könige. Ein Handbuch für Reisen zu Emscher, Rhein und Ruhr; Essen: Klartext, 2004; ISBN 388474044X
  • KVR: Das Ruhrgebiet packt aus; Bottrop 1996
  • KVR/RVR: Standorte. Jahrbuch Ruhrgebiet; Essen 1995 ff.
  • N.N.: Faszination Ruhrgebiet. Route der Industriekultur; Historisches Filmmaterial (89 min); Essen 2004 (DVD)
  • Hermann Beckfeld (Hrsg.): „… der Boss spielt im Himmel weiter – Fußball-Geschichten aus dem Ruhrgebiet“; Bottrop: Henselowsky Boschmann, 2006; ISBN 3922750621
  • Barbara Mettler-von Meibom (Hrsg.): „Ich gehör hier hin“ Spielarten von Identifikation mit dem Ruhrgebiet; Münster i. W.: LIT-Verlag, 2004; ISBN 3-8258-8200-4

Weblinks


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