Ruhrlade

Ruhrlade

Die Ruhrlade war eine Interessenvereinigung der zwölf einflussreichsten Ruhrindustriellen. Sie existierte von 1928 bis 1939.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung und Aktivitäten

Dieser informelle und hoch exklusive Zirkel wurde im Januar 1928 von Paul Reusch gegründet, der in vielen Vorständen und Aufsichtsräten der rheinischen Schwerindustrie saß. Alle Großunternehmen des Ruhrgebiets waren durch ein oder zwei Mitglieder vertreten. Sprachrohr war die Deutsche Allgemeine Zeitung, die von der Ruhrlade finanziert wurde. Als Mittelsmann zu den verschiedenen politischen Parteien fungierte Martin Blank.

Die Existenz der Ruhrlade wurde geheim gehalten. Man traf sich einmal monatlich zum wirtschaftlichen und politischen Meinungsaustausch in geselliger Runde und organisierte Spenden in Höhe von jährlich bis zu 1,5 Millionen Reichsmark, die an die bürgerlichen Parteien gingen (DDP, Zentrumspartei, DVP und DNVP). Die Ruhrlade versuchte mehrfach, diese Parteien in einer bürgerlichen Sammlungsbewegung zu vereinen, was aber scheiterte.

Haltung gegenüber der NSDAP

Die Haltung zur NSDAP war in der Ruhrlade umstritten. Fritz Thyssen unterstützte die Nationalsozialisten bereits seit 1923, während Paul Reusch und Paul Silverberg, der jüdischer Abstammung war, den Nationalsozialisten kritisch gegenüberstanden. Während des Reichstagswahlkampfs 1930 agitierten einige Mitglieder der Ruhrlade gegen die vermeintlich „sozialistischen“ Parolen der Nationalsozialisten. Sie befürchteten sogar, die NSDAP würde eine Koalition mit SPD und KPD eingehen, und verknüpften deshalb ihre finanzielle Unterstützung für Alfred Hugenbergs DNVP mit der Bedingung, sie müsse ihre Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten einstellen.

Das Misstrauen schwand aber bald. Ab 1931 flossen Spenden der Ruhrlade an die Nationalsozialisten, doch nicht an die Partei als solche, sondern an Walther Funk und Gregor Strasser. Diese persönlichen Spenden an vermeintlich „vernünftigere“ und „gemäßigtere“ Parteimitglieder sollten eine Rückversicherung gegen die weiterhin bestehenden sozialrevolutionären und radikalantisemitischen Strömungen in der Partei darstellen, wie sie sich etwa in der SA und in der NSBO zeigten. Groß war die Sympathie für Franz von Papen, den Reichspräsident Paul von Hindenburg im Juli 1932 überraschend zum Reichskanzler ernannte und den die Ruhrlade schon vorher subventioniert hatte. Vor allem Papens Putsch gegen die preußische Staatsregierung (Preußenschlag) erfreute die Industriellen. Bis in den Januar 1933 hinein hoffte man, dass es Papen gelingen würde, die Nationalsozialisten zu „zähmen“ und in eine Koalition unter seiner Führung zu zwingen. Großen Einfluss konnte die Ruhrlade in diesen entscheidenden Monaten vor der Machtübergabe aber nicht mehr nehmen, da sie aufgrund der durch die Gelsenkirchenaffäre verursachten internen Konflikte seit Sommer 1932 nicht mehr regelmäßig zusammentraf.

Auflösung

Mitte 1939 kapitulierten die Vertreter der Ruhrlade dann endgültig vor dem übermächtig gewordenen Einfluss der Nationalsozialisten auf die Wirtschaft (Reichswerke Hermann Göring, 2. Vierjahresplan) und lösten ihre Vereinigung aus Misstrauen gegenüber NSDAP und Gestapo auf. Fritz Thyssen war zwar der anfänglich stärkste Befürworter einer Diktatur in der Ruhrlade, wandte sich aber im August 1939 gegen Hitlers Kriegskurs, vor allem den sich abzeichnenden Krieg gegen Frankreich und England, und musste deshalb emigrieren. Er wurde 1940 nach der Invasion der Wehrmacht in Frankreich verhaftet und in mehreren KZs interniert. Albert Vögler beging im April 1945 vor den heranrückenden amerikanischen Truppen Selbstmord.

Mitglieder (alphabetische Folge)

Siehe auch

Literatur

  • Gustav Luntowski: Hitler und die Herren an der Ruhr. Wirtschaftsmacht und Staatsmacht im Dritten Reich. Dissertation. Lang, Frankfurt 2000 ISBN 3-631-36825-9
    Rezension
  • Gerhard Th. Mollin: Montankonzerne und „Drittes Reich“ 1936–1944. Der Gegensatz zwischen Monopolindustrie und Befehlswirtschaft in der deutschen Rüstung und Expansion 1936–1944. Dissertation. V&R, Göttingen 1988, mit 51 Tab. ISBN 3-525-35740-0
  • Reinhard Neebe: Großindustrie, Staat und NSDAP 1930–1933. Paul Silverberg und der Reichsverband der Deutschen Industrie in der Krise der Weimarer Republik. Dissertation. V&R Göttingen 1981 ISBN 3-525-35703-6
  • Dirk Stegmann: Zum Verhältnis von Großindustrie und Nationalsozialismus 1930–1933. Ein Beitrag zur Geschichte der sogenannten Machtergreifung. in Archiv für Sozialgeschichte XIII (1973), 399–482.
  • Henry A. Turner: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers. Siedler, Berlin 1985, ISBN 3-88680-143-8.

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