Russisches Roulette

Russisches Roulette
.357 Magnum Revolver

Russisches Roulette ist ein potentiell tödliches Glücksspiel, das mit einem Revolver gespielt wird. Die Trommel des Revolvers, in der sich nur eine Patrone befindet, wird so gedreht, dass die Position der Patrone den Beteiligten unbekannt ist. Der Spieler hält nun den Revolver an seine Schläfe und betätigt den Abzug. Je nach aktueller Position der Patrone kann dabei ein Schuss ausgelöst werden, was normalerweise zum Tod des Spielers führt. Bei mehreren Teilnehmern wird derselbe Revolver entweder solange reihum gegeben, bis der Schuss fällt, oder man begrenzt das Spiel auf eine bestimmte Anzahl von Versuchen, wobei die Trommel vor jedem Versuch neu gedreht wird.

Bedingt durch deren Funktionsweise kann Russisches Roulette grundsätzlich nur mit einem Revolver praktiziert werden. Die Benutzung einschüssiger Pistolen oder Selbstladewaffen mit Munitionszuführung über ein Magazin führt unweigerlich zum Auslösen eines Schusses.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Als erste bekannte Erwähnung gilt die 1937 im amerikanischen Wochenmagazin Collier’s erschienene Kurzgeschichte Russian Roulette von Georges Surdez, in der Russisches Roulette den Soldaten der russischen Armee im Ersten Weltkrieg zugeschrieben wird; es gibt jedoch keine Belege dafür, dass Armeeangehörige im Zarenreich tatsächlich Russisches Roulette gespielt haben.[1]

Später spielte Russisches Roulette auch in anderen fiktionalen Werken eine Rolle, etwa 1948 im amerikanischen Film Die Ungetreue[2]; und bald wurde der Begriff auch im übertragenen Sinn gebraucht. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind immer wieder einzelne Todesfälle durch russisches Roulette bekannt geworden. So tötete beispielsweise am 17. Oktober 2004 ein französischer Polizeibeamter einen Kollegen beim Russischen Roulette mit einem Kopfschuss.[3]

Die erzwungene Teilnahme an einem Russischen Roulette, im Sinne der Steigerung der Wirkung einer Scheinerschießung, als Folter-Variante ist bekannt und wurde zum Beispiel ab 1973 in Chile (siehe Folter in Chile) eingesetzt.

Bekannte Spieler

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Der englische Schriftsteller Graham Greene (1904–1991) gab an, als Jugendlicher gelegentlich Russisches Roulette gespielt zu haben,[4] was in einer Biographie jedoch angezweifelt wird.[5]

Der Schauspieler Jon-Erik Hexum kam 1984 ums Leben, als er offenbar Szenen aus seinem Lieblingsfilm Die durch die Hölle gehen nachstellen wollte. Beim unprofessionellen Umgang mit der Waffe verletzte er sich schwer und starb sechs Tage später im Krankenhaus.

Der argentinische Cuarteto-Sänger Walter Olmos kam 2002 vermutlich im Kokain-Rausch durch ein Russisches Roulette ums Leben.

Der australische Verbrecher und Schriftsteller Mark Brandon „Chopper“ Read beschreibt in seinen Biografien seine persönlichen Erfahrungen und seine Gewinnstrategien, bestehend aus Psychologie (Zitat: »Niemand will Russisches Roulette mit einem Irren spielen«) und Manipulation mit einem gut ausgewogenen Revolver, mit dem er die Wahrscheinlichkeit der Auslösung eines Schusses auf 1:19 verbesserte.

An Heiligabend 1954 starb der US-amerikanische Musiker Johnny Ace durch Russisches Roulette. Betrunken zielte er auf die Anwesenden der Weihnachtsparty. Als er den Revolver auf sich gerichtet abdrückte, kam es zum tödlichen Schuss.

Wahrscheinlichkeiten und Manipulationen

Die Wahrscheinlichkeit des Auslösens eines Schusses ist dabei die Anzahl der Patronen (normalerweise eine) geteilt durch die Anzahl der Kammern in der Trommel. Bei einem klassischen, sechsschüssigen Revolver und einer eingelegten Patrone beträgt die Wahrscheinlichkeit beim ersten Betätigen des Abzugs also 1/6 (16,67 %).

In der Risikoethik wird das Russische Roulette als Beispiel (abgeleitet von einem Beispiel von Thomson) für die Plausibilität von Schwellenwerten anhand verschiedener Wahrscheinlichkeiten genannt.[6]

Eine Manipulation ist durchaus möglich, und es gibt vom Menschen beeinflussbare Faktoren. Die Position kann durch die gewählte Anfangsposition der Patrone im Patronenrevolver, das unter Umständen spürbare Gewicht der Patrone, den Zeitraum der Drehung bei eingeübter Drehgeschwindigkeit und die räumliche Ausrichtung der Trommel beeinflusst werden.

Bei einigen Revolvern ist, durch Bauart bedingt, die Position der Patrone beim Drehen der Trommel durchaus zu erkennen, diese könnte durchaus gezielt eingerastet werden. Insbesondere bei Kipplaufmodellen, bei denen der Revolver aufgeklappt wird, und bei ausschwenkbaren Trommeln, die ein gleichzeitiges mehrfaches Laden möglich machen, sollte die Manipulation durch eine optische Kontrolle möglich sein.

Das Einrechnen der Wahrscheinlichkeit eines Zündversagens einer Patrone kann aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit vernachlässigt werden, d.h. durch moderne Produktionsverfahren ist diese Wahrscheinlichkeit gegen Null gesunken. Allerdings wäre es denkbar, dass als Betrugsmanöver eine unscharfe Patrone eingesetzt wird oder durch einen geschickten fingerfertigen Taschenspielertrick gar keine Patrone eingesetzt wird und hinterher trotzdem präsentiert werden kann. Aus diesem Grund wird – wie auch in einigen Filmen gezeigt – nach dem ersten Abdrücken die Waffe als Beweis erneut solange betätigt, bis sich der Schuss, diesmal für Personen unschädlich, löst. Allerdings ist auch hier eine Täuschung durch die Verwendung eines manipulierten Revolvers möglich, bei dem das Durchschlagen des Bolzens nach Bedarf verhindert werden kann; ein technischer Trick, der dem Magier Harry Houdini zugeschrieben wird.

Der englische Illusionist Derren Brown treibt die Manipulation so weit, dass er scheinbar die Gedanken eines Freiwilligen liest, um schlussendlich genau zu wissen, in welche Kammer dieser die Patrone gesteckt hat.

Manipulationsversuche mit Platzpatronen bergen erhebliche Gefahren, da ein aufgesetzter Schuss an der empfindlichen Schläfe schwere Verletzungen zur Folge haben kann.

Film und Literaturzitate

  • In dem 1840 erschienenen Roman Ein Held unserer Zeit von Michail Lermontow (Buch 4, Der Fatalist) geht der serbische Leutnant Vulich in einem Feldlager nach einer Diskussion über die Vorherbestimmtheit des Schicksals eine Wette ein, ob eine wahllos herausgegriffene Pistole geladen ist oder nicht, und feuert sie zum Test gegen seine Schläfe ab. Vulich gewinnt, ein zweiter Versuch mit derselben Pistole kurz danach zeigt aber, dass sie eigentlich scharf war – die Kugel landet in der Wand. In dem Roman wird das Verhalten aber als exzentrisch empfunden, von einer in russischen Offizierskreisen verbreiteten Sitte ist nicht die Rede.
  • In dem chilenischen Spielfilm El Topo von 1970 wird das Ganze als religiöser Kult im Sinne eines Gottesbeweises benutzt; der Kult endet, als ein kleiner Junge stirbt.
  • Der US-amerikanische Film Die durch die Hölle gehen (1978) nimmt sich des Themas in besonders drastischer Darstellungsweise an, indem mehrere solcher Szenen mit derartigen Spielen gezeigt werden. Die Soldaten des Vietkong zwingen die gefangenen Amerikaner zu spielen und setzen Geld. So wird das lebensgefährliche Spiel als Folterung eingesetzt. Bei einem der beteiligten Amerikaner führt dies zu einer Traumatisierung. Deshalb kehrt er nach der Flucht nicht in die Heimat zurück, sondern wird Profispieler in Saigon. Zuschauer wetten Geld auf den Tod oder das Überleben der Spieler, die im Duell gegeneinander antreten. Eine Besonderheit im Film ist es, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit des Spielers durch den Einsatz mehrerer Kugeln in der Trommel drastisch gesenkt wird.
  • Im französischen Zeichentrickfilm Lucky Luke – Sein größter Trick von 1978 täuscht der ehemalige Falschspieler Sam Game durch ein manipuliertes Russisches Roulette erfolgreich seinen Tod vor.
  • In dem spanisch-peruanischen Film Die Schlucht der Wölfe (OT: La Boca del Lobo) (1988) dient das tödliche Spiel als Showdown am Ende des Films.
  • In der neuseeländischen Filmkomödie Meet the Feebles (1989) wird die Darstellung des Russischen Roulettes aus dem US-amerikanischen Film Die durch die Hölle gehen persifliert.
  • In dem Film Léon - Der Profi (1994) spielt Mathilda (Natalie Portman) Russisches Roulette, um Léon dazu zu zwingen sie auszubilden. Bevor der (womöglich) tödliche Schuss fällt, greift Léon ein.
  • Im US-amerikanischen Spielfilm 187 – Eine tödliche Zahl (1997) stirbt der von Samuel L. Jackson dargestellte Lehrer durch Russisches Roulette.
  • In dem spanischen Spielfilm Intacto (2001) fordern Menschen das Glück heraus. In einem Casino in Spanien treten Menschen, die Unglücksfälle überlebten in Russisch Roulette mit fünf besetzten Kammern gegen einen an, der das Glück auf sich ziehen kann.
  • In dem französischen Spielfilm La Haine (1995) wird eine Partie Russisches Roulette manipuliert, durch den scheinbaren Einsatz von Patronen, wobei die Trommel leer bleibt.

Sprachbilder

Die Bezeichnung „russisch Roulette spielen“ wird umgangssprachlich oft für das Ergreifen besonders risikoreicher Maßnahmen, deren Ausgang ungewiss ist, verwandt (vgl. „Mit dem Feuer spielen“ oder „Vabanque spielen“). Russisch Roulette dient darüber hinaus auch als Metapher für ungerechte Zufälligkeiten:

„Das ist, als würde ein großer Krieg nicht mit einem geistigen Kräftemessen am Konferenztisch beendet werden, sondern mit einer Partie russischen Roulettes zwischen ausgewählten Gefreiten beider Seiten.“

Peter Ustinov über die Einführung des Elfmeterschießens im Fußball im Jahre 1970 [7]

Einzelnachweise

  1. „Did the Russians ever play Russian roulette?“ auf www.straightdope.com (englisch)
  2. Die Ungetreue auf www.imdb.com
  3. Polizist tötete Kollegen – sieben Jahre Haft auf www.spiegel.de
  4. Graham Greene 1904–1991 auf www.bbc.co.uk (englisch)
  5. Graham Greene Biography auf www.netglimse.com (englisch)
  6. Thomson, Judith Jarvis (1985). Imposing Risk. In: Mary Gibson (Hrsg.): To breathe freely. Totowa: Rowman & Littlefield. S. 124–140.
  7. Karl Wald: Der Vater des Elfmeterschießens auf www.stern.de

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