Rābiʿa al-ʿAdawiyya al-Qaysiyya

Rābiʿa al-ʿAdawiyya al-Qaysiyya
Darstellung Rabias in einer persischen Miniatur.

Rābiʿa al-ʿAdawiyya al-Qaisiyya (arabisch ‏رابعة العدوية القيسية‎, DMG Rābiʿa al-ʿAdawiyya al-Qaysiyya) (* 714, 717 oder 718 in Basra; † 801 in Basra) war eine berühmte islamische Mystikerin (Sufistin) und Heilige. Oft findet man ihren Namen auch in der europäisierten Form Rabia von Basra.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Große Teile der traditionellen Darstellungen ihres Lebens basieren auf Legenden. Es lassen sich jedoch trotzdem historische Eckdaten aufzeichnen. Als Tochter armer Eltern, die früh verwaiste, wurde sie in die Sklaverei verkauft. Als ihr Halter sie freiließ, zog sie sich in ein Leben in Abgeschiedenheit zurück. Zuerst lebte sie in der Wüste des Umlandes, später wieder in Basra, wo sie Schüler, Interessierte und andere Sufis anzog. Zu ihren Schülern gehörte beispielsweise Sufyān ath-Thaurī. Ihr Leben war von harter Askese geprägt. Sie soll, abgesehen von der islamischen Pilgerfahrt (Haddsch), die Stadt Basra und das Umland nie verlassen haben, bis sie 801 dort verstarb. Da sie zölibatär lebte, hinterließ sie keine Nachkommen.

Lehre

Rabias bekannteste Lehre ist die mystische Liebe und Kameradschaft zu Gott. Jeder wahre Liebende suche die Innigkeit mit seinem Geliebten, so auch der wahre Gläubige mit Gott. Dabei unterscheidet sie zwischen einer egoistischen und kurzzeitigen Liebe zu Gott, nur um dessen Gunst zu erhalten, und einer ihm würdigen und dauerhaften Liebe, nämlich die Liebe zur Schönheit Gottes. Wie alle Sufis suchte sie letztlich die Einheit mit dem Göttlichen (an-nafs as-safiya).

Werke

Es existieren einige poetische Werke, die Rabia zugesprochen werden, viele davon sind jedoch von unbekannter Herkunft. Sie selber hinterließ keine schriftlichen Dokumente, die meisten Geschichten über sie sind aufgrund der literarischen Werke des bekannten Sufi Fariduddin Attar (* ca. 1136; † ca. 1220) überliefert.

Einfluss

In der islamischen Welt entstanden aus Rabias legendärem Leben viele romantisierende Biographien. Einige ihrer Aussprüche wurden von al-Ghazali kommentiert. Besonders in sufistischen Kreisen erfreut sie sich reger Beliebtheit, hier hatten ihre Lehren auch durchaus gewichtigen Einfluss. Schon im Mittelalter fanden einige Legenden über sie auch im christlichen Europa Verbreitung. In neuerer Zeit sind mehrere ägyptische Filme über sie entstanden.

Legenden (Auswahl)

  • Als Waisenkind verarmter Eltern wurde Rabia in die Sklaverei verkauft, wobei ihr Herr auch die sexuelle Verfügungsgewalt über sie besaß. Sie schlief oft wochenlang nicht und verbracht die Zeit im Fasten, im Gebet und in Meditation. Eines Nachts bemerkte ihr Herr einen hellen Lichtschein über ihrem Kopf, der das gesamte Haus erleuchtete. Darüber erschrocken ließ er sie frei und sie begann in der Wüste ein abgeschiedenes Leben als Sufistin. Auch wenn sie später in die Stadt Basra zurückkehrte, blieb sie ihr gesamtes restliches Leben keusch und lehnte trotz legendärer Schönheit jedes Heiratsangebot ab.[1]
  • Man sah Rabia in den Straßen von Basra mit einem Eimer Wasser in der einen Hand und einer Fackel in der anderen Hand. Als sie gefragt wurde, was dies zu bedeuten habe, antwortete sie: „Ich will Wasser in die Hölle gießen und Feuer ans Paradies legen, damit diese beiden Schleier verschwinden und niemand mehr Gott aus Furcht vor der Hölle oder in Hoffnung aufs Paradies anbete, sondern nur noch um Seiner ewigen Schönheit willen.“[2]
  • Rabia wurde einmal gefragt: „Liebst Du Gott?“ Sie antwortete: „Ja.“ – „Hasst Du den Teufel?“ Sie antwortete: „Nein. Meine Liebe zu Gott lässt mir keine Zeit, den Teufel zu hassen.“
  • Als man Rabia einmal fragte, aus welchem Grund sie die Hilfe ihrer Freunde ausschlug, welche ihr eine Sklavin anbieten wollten, um ihr die Ausübung ihrer gottesdienstlichen Tätigkeiten zu ermöglichen, antwortete sie: „Ich würde mich schämen, Güter dieser Welt von demjenigen zu erbitten, dem sie gehören. Wie sollte ich sie dann von Leuten einfordern, denen sie nicht gehören?“
  • Ein Gebet, das ihr zugeschrieben wird, lautete wie folgt: „O Herr, wenn ich Dich aus Angst vor der Hölle liebe, verbrenne mich dort, und wenn ich Dich in der Hoffnung auf das Paradies liebe, schließe mich dort aus, doch wenn ich Dich aus Liebe zu Dir selbst liebe, entziehe mir nicht Deine göttliche Schönheit.“
  • Rabia soll kurz vor ihrem Tod ihren Freunden befohlen haben, sich zu entfernen und den Gottesboten den Weg freizugeben. Als ihre Freunde das Zimmer verließen, hörten sie Rabia das islamische Glaubensbekenntnis (Schahada) sprechen, worauf eine Stimme antwortete: „Der (bzw. Die) du (im Glauben) Ruhe gefunden hast! Kehr zufrieden und wohlgelitten zu deinem Herrn zurück! Schließ dich dem Kreis meiner Diener an und in mein Paradies ein!“ (Koran, Sure 89, 27-30). Nach ihrem Tod soll man von ihr geträumt haben und sie befragt haben, auf welche Weise sie den Todesengeln Nakir und Munkar entronnen sei.

Literatur

  • Encyclopédie de l'Islam, Bd. 8, S. 367-369
  • Annemarie Schimmel (Hrsg.): Gärten der Erkenntnis. Das Buch der vierzig Sufi-Meister. Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-00697-1, S. 21.
  • Reza Aslan: Kein Gott außer Gott. Der Glaube der Muslime von Muhammad bis zur Gegenwart. Piper, München 2008, ISBN 978-3-492-25123-5, S. 223, 233-4, 310-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Reza Aslan: Kein Gott außer Gott. Der Glaube der Muslime von Muhammad bis zur Gegenwart. Piper, München 2008, ISBN 978-3-492-25123-5, S. 223, 233.
  2. Annemarie Schimmel (Hrsg.): Gärten der Erkenntnis. Das Buch der vierzig Sufi-Meister. Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-00697-1, S. 21.

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