Scherschicht

Scherschicht

Der Begriff Scherschicht bezeichnet in der Strömungsmechanik den Übergangsbereich zwischen zwei parallelen Strömungen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Zur genaueren Abgrenzung gegenüber der wandgebundenen Grenzschicht wird oft auch von einer freien Scherschicht gesprochen. Im Englischen nennt man die Scherschicht mixing layer oder analog zur deutschen Bezeichnung shear layer.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Skizze einer freien Scherschicht hinter einer Platte mit den Freistromgeschwindigkeiten U1 und U2.

Aufgrund der Reibung existiert kein abrupter Übergang zwischen zwei unterschiedlich schnellen Parallelströmungen, sondern es bildet sich die Scherschicht aus, deren Geschwindigkeitsprofil eine S-Form aufweist (siehe Bild rechts). Die Dicke einer Scherschicht wird üblicherweise mit δ bezeichnet und bestimmt sich im laminaren Fall zu

\delta = \frac{\Delta u}{\left.\partial u/\partial y\right|_{max,y}}

mit dem Geschwindigkeistunterschied Δu = U1U2 und dem Maximum des Geschwindigkeitsgradienten \partial u/\partial y senkrecht zur Strömungsrichtung x. Analog zur Grenzschicht wächst die Dicke einer laminaren Scherschicht in Stromabrichtung mit der Wurzel aus der Lauflänge x:

\delta\sim\sqrt{x/Re}

Hierbei bezeichnet Re die Reynoldszahl. Aufgrund des räumlichen Wachstums der Scherschicht ergibt sich eine kleine Geschwindigkeitskomponente in y-Richtung mit einer Verdrängungswirkung im Bereich der schnellen Strömung und einem Ansaugen von Fluid im Bereich der langsamen Freistromgeschwindigkeit. In kompressiblen Strömungen führt die Reibung innerhalb der Scherschicht zu einer höheren Temperatur und damit zu einer geringeren Dichte innerhalb der Scherschicht, da der Druck konstant ist.

Scherschichten sind aufgrund des Wendepunktes im Geschwindigkeitsprofil stets instabil (siehe Lineare Stabilitätstheorie). Meist handelt es sich dabei um eine konvektive Instabilität, im Fall von entgegengesetzten Freistromgeschwindigkeiten tritt jedoch auch eine absolute Instabilität auf. Die starken Anfachungsraten in einer Scherschicht führen zu einem Aufrollen von Wirbeln, welche als Kelvin-Helmholtz-Instabilität bezeichnet werden.

Auftreten

Freie Scherschichten treten in technischen Anwendungen und in der Natur auf. Beispiele finden sich in der Meteorologie oder der Astrophysik. Im technischen Bereich treten Scherschichten bei Ablösung oder bei Freistrahlen auf. So bildet sich bei Strahltriebwerken eine Scherschicht zwischen dem Abgasstrahl und der Umgebungsluft. Die starken Verwirbelungen innerhalb der Scherschicht sind eine der Hauptlärmquellen bei Flugzeugtriebwerken.

Literatur

  • H. Schlichting, K. Gersten: Grenzschicht-Theorie. 9 Auflage. Springer Verlag, Berlin 1997, ISBN 354055744X.
  • Frank M. White: Viscous Fluid Flow. McGraw-Hill, 1991, ISBN 0070697124.
  • T. Colonius, S. Lele, P. Moin: Sound generation in a mixing layer. Journal of Fluid Mechanics, Vol. 330, 1997, S. 375–409, ISSN 0022-1120

Weblinks

 Commons: Scherschicht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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