Schlacht um Gallipoli

Schlacht um Gallipoli
Schlacht von Gallipoli
Teil von: Erster Weltkrieg
Karte der Dardanellen
Karte der Dardanellen
Datum 19. Februar 19159. Januar 1916
Ort Gallipoli, Osmanisches Reich
Ausgang Osmanisch-türkischer Sieg
Konfliktparteien
Entente Osmanisches Reich und detachierte Truppenteile der Mittelmächte
Befehlshaber
Ian Hamilton,
ab 14. Oktober:
Charles Monro
Enver Pascha
Truppenstärke
5 Divisionen (zu Beginn)
14 Divisionen (zum Schluss)
6 Divisionen (zu Beginn)
14 Divisionen (zum Schluss)
Verluste
252.000; davon ca. 44.000 Tote 251.000; davon ca. 60-70.000 Tote

Die Schlacht von Gallipoli wurde während des Ersten Weltkriegs auf der türkischen Halbinsel Gallipoli ausgetragen. Die Entente-Mächte wollten in einer gemeinsamen Operation die Halbinsel besetzen und sie als Ausgangsbasis für die Eroberung der osmanischen Hauptstadt Istanbul nutzen. Der Versuch scheiterte jedoch. Beide Seiten verloren schätzungsweise 250.000 Mann, was der Hälfte der zum Einsatz gekommenen Soldaten entspricht. In der Türkei kennt man die Operation als Schlacht von Tschanakkale (türkisch Çanakkale Savaşları). Die Briten nennen sie Dardanellenschlacht (englisch Dardanelles Campaign). In Australien und Neuseeland ist die Schlacht unter dem Namen Gallipoli bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Der vernachlässigte und desorganisierte Zustand der osmanischen Armee und Marine hatte 1913 die Berufung einer deutschen Militärmission mit weitgehenden Befugnissen unter Liman von Sanders zur Folge, welche aber andererseits eine erhöhte Wachsamkeit und Bereitschaft zum Eingreifen der Triple Entente bewirkte. Zwar wahrte das Osmanische Reich bis in den Hochsommer 1914 noch seine Neutralität, geriet aber immer enger in Bindung zu den Mittelmächten. Zu Kriegsbeginn hatte am 1. August 1914 England zwei von der Türkei in England in Auftrag gegebene und bereits bezahlte osmanische Schlachtschiffe konfisziert, was allgemeine Entrüstung im Osmanischen Reich hervorrief. Am 2. August hatten Großwesir Said Halim und Kriegsminister Enver einen Geheimvertrag mit dem Deutschen Reich abgeschlossen, am 10. August waren der deutsche Schlachtkreuzer Goeben und der kleine Kreuzer Breslau unter Konteradmiral Souchon nach scharfer Verfolgungsjagd durch die britische Royal Navy in den Dardanellen eingetroffen. Am 12. August wurden sie nominell dem Sultan übergeben und in Yavuz Sultan Selim und Midilli umbenannt, drei Tage später beendete die osmanische Regierung die englische Marinemission unter Admiral Limpus und wies am 15. September alle englischen Offiziere aus. Mit deutscher Hilfe sollten nun die Dardanellen befestigt und der Bosporus durch die Yavuz Sultan Selim gegen Russland gesichert werden. Am 27. September 1914 wurden offiziell die Meerengen für die internationale Schifffahrt gesperrt.

Da die kaiserlich-deutsche Marine die Ostsee blockierte, waren die Seeverbindungen Russlands zu den westlichen Alliierten weitgehend unterbrochen. Die Meerengen Bosporus und Dardanellen – der einzige Weg zum Schwarzen Meer – wurden nun wirksam vom Osmanischen Reich kontrolliert, so dass Waffenlieferungen der Westalliierten über den Seeweg kaum durchführbar waren.

Am 29. Oktober 1914 griff die unter osmanischer Flagge fahrende Flotte unter Admiral Souchon im Schwarzen Meer die Russen an. Fast zeitgleich beschoss die Royal Navy aus dem Hafen von Smyrna laufende türkische Handelsschiffe. Daraufhin erklärte am 12. November 1914 die osmanische Regierung der Triple-Entente den Krieg.

Gegen Ende des Jahres 1914 waren die Fronten in Belgien und Frankreich erstarrt. Die Kontrahenten überlegten deshalb, anderswo die Entscheidung zu suchen. Die Entente hoffte, dass ein direkter Angriff auf das Osmanische Reich die Griechen und Bulgaren zu einem Kriegseintritt auf Seiten der Alliierten bewegen könnte. Einige Zeitgenossen glaubten sogar, dass im Falle eines Sieges die Türkei als Verbündeter der Mittelmächte aus dem Krieg ausscheiden würde.

Ein bereits im November 1914 von einem französischen Minister vorgeschlagener Angriff fand noch keine weitreichende Unterstützung. Wenig später legte der Erste Lord der Admiralität, Winston Churchill, seine Pläne für einen Seeangriff auf die Dardanellen vor. Am 16. Februar 1915 beschlossen die Briten erstmals, ein großes Landungsunternehmen durchzuführen. Kriegsminister Lord Kitchener ernannte General Sir Ian Hamilton zum Oberbefehlshaber der Expeditionsarmee, welche die Operation ausführen sollte.

Seeangriffe

Die HMS Irresistible sinkt

Am 19. Februar griff ein Verband britischer und französischer Schiffe einige türkische Artilleriestellungen entlang der Küste der Dardanellen an. An dieser ersten Attacke war auch das englische Schlachtschiff HMS Queen Elizabeth beteiligt.

Der alliierte Vorstoß hatte unter anderem zur Folge, dass Bulgarien alle Verhandlungen mit Deutschland unterbrach. Griechenland bot seine Unterstützung an und Italien machte den Anschein, dass es bald auf alliierter Seite in den Krieg eintreten könnte. Trotz dieser für die Alliierten positiven politischen Nachwirkungen war das Unternehmen in militärischer Hinsicht weniger erfolgreich.

Ein weiterer Vorstoß erfolgte am 18. März. Eine Flotte, die aus einem britischen Schlachtschiff, einem Schlachtkreuzer, sowie 12 britischen und 4 französischen Linienschiffen bestand, zerstörte mehrere türkische Artilleriegeschütze. Auf ihrem Rückweg wurden jedoch zahlreiche Schiffe durch ein Minenfeld, das von dem türkischen Minenleger Nusret ausgelegt worden war, versenkt oder beschädigt. Die HMS Irresistible, die HMS Ocean sowie die französische Bouvet sanken. Der Schlachtkreuzer HMS Inflexible und die französischen Linienschiffe Le Suffren und Gaulois wurden stark beschädigt.

Dieses Desaster veranlasste den britischen Kriegsrat, alle Seeangriffe einstellen zu lassen. Winston Churchill, der sich für die Operation stark gemacht hatte, musste zurücktreten.

Das Ende der Seeangriffe war durchaus glücklich für die Türken. Ihre Küstenbatterien hatten zu diesem Zeitpunkt einen Großteil ihrer Munition bereits verschossen, so dass ein erneuter alliierter Vorstoß wohl kaum hätte zurückgeschlagen werden können. Doch durch das Ausbleiben weiterer Seeattacken konnte die Verteidigung wieder aufgebaut werden. Die türkischen Truppen wurden um einige Elite-Divisionen aufgestockt und unter die Leitung von Vehip Pascha und des deutschen Generals Otto Liman von Sanders gestellt.

Invasion

Alliierte Truppen gehen an Land.

Nach dem Misserfolg der Seeangriffe war es jedem klar, dass nur noch Landstreitkräfte die türkischen Artilleriestellungen ausschalten konnten.

Zu Beginn des Jahres 1915 wurden australische und neuseeländische Freiwilligenverbände nach Ägypten verschifft. Diese Infanterieeinheiten formierte man zum 30.000 Mann starken Australian and New Zealand Army Corps (ANZAC) unter dem Kommando von General William Birdwood. Dieses bestand aus der New Zealand and Australian Division sowie der 1. australischen Division unter Major General W. T. Bridges. Außerdem standen General Hamilton noch die 17.000 Mann starke 29. britische Division, die Royal Naval Division und das französische Corps expéditionnaire d'Orient zur Verfügung.

Kontrahent war die 84.000 Mann starke 5. türkische Armee, die beide Küstenabschnitte der Dardanellen zu verteidigen hatte. In Bulair stationierte man die 5. und 7. Division. Am Kap Helles, an der Spitze der Halbinsel gelegen, stand die 9. Division. Die von Mustafa Kemal geführte 19. Division befand sich als Reserveeinheit in Gaba Tepe. In Kumkale auf dem asiatischen Festland lagen die 3. und 11. Division.

Die Invasion begann am 25. April 1915. Nach einem gewaltigen Bombardement durch alliierte Schiffsartillerie setzte man die 29. Division bei Helles an der Spitze der Halbinsel ab. Das ANZAC landete zur selben Zeit im Norden von Ari Burnu, von wo aus es die türkischen Verstärkungstruppen aus Kilitbahir stören sollte. Die Franzosen unternahmen mit 16.000 Soldaten eine Scheinlandung in Kumkale, um die Verteidiger abzulenken.

ANZAC

Verletzte ANZAC-Soldaten werden versorgt

Die 3. Brigade der 1. australischen Division begann im Morgengrauen um 4.30 Uhr an Land zu gehen. Die beabsichtigte Landezone war etwas nördlich von Gabe Tepa und wurde offiziell als Z-Strand bezeichnet. Die Landung missglückte jedoch, und die Soldaten wurden bei Ari Burnu ausgeladen.

Der Strand der Landezone war schmal und wurde von hochansteigenden zerklüfteten Felsen gesäumt, was eine schnelle Vorwärtsbewegung der australischen Einheiten erschwerte. Der Kommandeur der 19. türkischen Division, Mustafa Kemal, erkannte die Gefahr und setzte sofort seine Verstärkungstruppen in Bewegung.

Kurz danach kämpfte man um den Hügel Baby 700, der abwechselnd von den Türken und dann wieder von den Australiern eingenommen wurde. Schließlich konnten die türkischen Truppen den Hügel endgültig besetzen, da sie den Vorteil hatten, aus einer höheren Kampfposition anzugreifen. Nachdem der Vorstoß des ANZAC gebremst war, führten die Türken – obwohl in der Minderzahl – einen Gegenschlag mit dem Ziel, die Alliierten auf die Strände zurückzuwerfen. Dieser Gegenangriff misslang jedoch, und beide Parteien verschanzten sich. Im Grabenkrieg bis Ende August bildete sich eine blutige Pattsituation heraus.

Eles Burnu

Siehe Hauptartikel Landung am Kap Helles

Die Royal Naval Division verlässt die Gräben


Die 29. britische Division unter der Leitung von Major General Aylmer Hunter-Weston führte die Landung am Eles Burnu durch. Der Landabschnitt war von Ost nach West in die fünf Strandabschnitte S, V, W, X und Y eingeteilt.

An der äußersten Spitze von Gallipoli, wo die Abschnitte S, X und Y lagen, gab es nur geringen Widerstand. Der Kommandant der Landungswelle am Y-Strand (Sighin-Dere-Mündung) konnte an diesem Tag in die Nähe des verlassenen Dorfs Krithia vorstoßen. Wenig später wurde der Strand geräumt, als türkische Verstärkung herannahte.

Die Hauptlandungen wurden am V-Strand bei der alten Festung Sedd-ül-Bahr und am W-Strand durchgeführt.

Am V-Strand setzte das umgebaute Kohlenschiff River Clyde das Hampshire-Regiment und die Royal Munster Fusiliers unterhalb der Festung ab, so dass die Soldaten von ihren Rampen aus direkt den Strand besetzen konnten. Die Lancashire Fusiliers brachte man in offenen Booten an den W-Strand, der mit Stacheldraht überzogen war. An beiden Stränden war der Widerstand der türkischen Verteidiger ausgesprochen hart und die Briten erlitten schwerste Verluste. Besonders die Soldaten, die nacheinander aus der River Clyde strömten, gaben ein ideales Ziel für die türkischen Maschinengewehre in der Sedd-ül-Bahr-Festung ab.

Die Türken waren jedoch, wie bei der Landung des ANZAC, deutlich in der Minderzahl. Dennoch konnten sie nicht von den Briten überrannt werden und hielten ihre Stellungen. Lediglich am W-Strand überwältigten die Lancashire Fusiliers die türkischen Verteidiger unter schweren Opfern. 600 von insgesamt 1.000 britischen Soldaten wurden getötet. Die Bataillone am V-Strand hatten Verluste von bis zu 70 % hinzunehmen.

Die ersten Schlachten

Ein französisches 75 mm-Geschütz während der 3. Schlacht um Krithia

Am 27. April unternahm Mustafa Kemal einen Versuch, das ANZAC zurückzuwerfen. Der Angriff scheiterte durch das Eingreifen der alliierten Schiffsartillerie und forderte hohe Verluste auf Seiten der türkischen Angreifer.

Am Tag darauf versuchten die Briten, nun von den Franzosen unterstützt, das von den Türken besetzte Krithia zu erobern. Die Angriffsplanung war jedoch zu unorganisiert und die Kommunikation zwischen den Truppenverbänden funktionierte nicht. Die Soldaten der 29. Division waren zudem noch von dem Kampf um die Festung Sedd-ül-Bahr erschöpft, weswegen die Eroberung des Dorfes fehlschlug. Die alliierten Gräben lagen nach dem Angriff auf halbem Weg zwischen Krithia und der südlichen Landspitze der Insel. Die Kämpfe am Kap Helles gingen sofort in den Stellungskrieg über. In den Nächten vom 1. und 3. Mai schlugen die Alliierten alle türkischen Gegenangriffe zurück, obwohl diese sogar einmal die französischen Linien durchbrechen konnten.

Am 2. Mai griff das ANZAC an, um die Höhe Baby 700 zurückzuerobern. Die Truppen kamen nur unter hohen Verlusten vorwärts. Der Versuch, sich in einigen der neuen Positionen einzugraben, misslang, und das ANZAC musste sich in der Nacht des 3. Mai wieder zurückziehen.

Zu Beginn der zweiten Schlacht um Krithia am 6. Mai befahl General Hamilton die Verlegung zweier Brigaden vom ANZAC zur Helles-Front. Die nachfolgenden Angriffe scheiterten wieder unter hohen Verlusten.

Am 19. Mai führten die Türken einen Großangriff gegen das ANZAC durch. Mit einer Überzahl von 40.000 Türken sollten die 10.000 Australier und Neuseeländer überrannt werden. Der Vorstoß misslang unter hohen Verlusten. Am 24. Mai vereinbarten beide Seiten sogar einen kurzzeitigen Waffenstillstand, um die Massen von Toten, die inzwischen im Niemandsland der Front lagen, zu begraben, um einer Seuchengefahr vorzubeugen.

Nach der dritten erfolglosen Schlacht um Krithia am 4. Juni gaben die Alliierten sämtliche Hoffnungen auf einen schnellen Durchbruch auf. Stattdessen konzentrierte man sich jetzt auf die langwierigen Grabenkämpfe, die jeweils nur wenige 100 Meter Gebietsgewinne brachten. Bei der dritten Schlacht um das Dorf verloren beide Seiten 25 % ihrer Streitkräfte. Die Briten hatten 4.500 Gefallene von insgesamt 20.000 Soldaten zu beklagen.

Im Juni landete die 52. Division auf Gallipoli, um noch in der Schlussphase der Schlacht um Gully Ravine (28. Juni) teilzunehmen. Somit schafften es die Briten, ihre Linien ein wenig nach vorn zu verlegen. In den Tagen vom 1. Juli bis zum 5. Juli führten die Türken eine Reihe verzweifelter Gegenstöße durch, die jedoch nicht zum erhofften Erfolg führten.

Am 12. Juli erfolgte eine letzte britische Offensive am Eles Burnu gegen die türkischen Linien bei Achi Baba Nullah. Unter Verlusten von bis zu 30 % gelangen ihnen abermals keine entscheidenden Fortschritte.

Augustoffensive

Die misslungene Eroberung Krithias und die Rückschläge an der Eles Burnu-Front zwangen General Hamilton dazu, einen neuen Plan für die Dardanellenoperation auszuarbeiten, der schließlich zur Augustoffensive führte. Auf einen Beschluss des britischen Dardanellenkomitees landeten in der Nacht zum 6. August zwei neue Infanteriedivisionen in der Suvla-Bucht. Sie sollten zusammen mit dem ANZAC ausbrechen, weit in das Land hineinstoßen und das Kilid-Bahr-Plateau erreichen. Die weiteren Aktionen der 20.000 Mann starken Landungstruppe liefen jedoch nur sehr schleppend an, obwohl ihnen an dieser Stelle lediglich etwa 1.500 Türken unter der Führung des bayerischen Majors Willmer gegenüber standen. Dieses „Anafarta Detachement“ bestand aus drei Infanteriebataillonen, einer Kompanie Pioniere, einer kleinen Kavallerieabteilung sowie einem Arbeitsbataillon. In Anbetracht der Kräfteverhältnisse an anderen Stellen eine relativ leichte Aufgabe für die Angreifer, die jedoch nicht erfüllt wurde. Der alte und inkompetente Befehlshaber Generalleutnant Sir Frederick Stopford ließ seine Soldaten in ihren Stellungen ausharren, anstatt einen schnellen Vormarsch zu befehlen. Dies gab den Türken die Möglichkeit, weitere Divisionen zu dem Landungsabschnitt zu beordern und dann die günstigen Verteidigungsstellungen zu besetzen. Generalleutnant Stopford wurde daraufhin durch Generalmajor de Lisle ersetzt.

Dem Ausbruchsversuch des Anzac ging ein Angriff auf die türkischen Gräben in Lone Pine voraus, der von den Infanteriebrigaden der 1. australischen Division durchgeführt wurde. Obwohl man dadurch leichte Gebietsgewinne errang, konnten die Hauptangriffsziele, die Eroberung von Chunuk Bair und Hügel 971, nicht erreicht werden.

Die Angriffe waren jeweils zu unkoordiniert und die vorrückenden Truppen kamen in den zerklüfteten Felsen äußerst beschwerlich voran. Zudem funktionierte die Kommunikation zur eigenen Artillerie nicht, die entweder vorzeitig das Feuer einstellte oder sogar den eigenen Soldaten gefährlich wurde. Die Türken konnten nach den unabgestimmten Bombardements immer wieder rechtzeitig ihre Gräben besetzen und die Angreifer Welle für Welle mit MG-Salven niederstrecken.

Nur einige wenige Soldaten kamen in die Nähe der wichtigen Höhen, bis sie kurz darauf von türkischen Verbänden unter der Leitung von Mustafa Kemal vertrieben wurden.

Der letzte alliierte Versuch, das Kriegsglück zu wenden, erfolgte am 21. August mit den Angriffen auf Hügel 60 und den Scimitar-Hügel. Auch diese Operationen scheiterten am zähen Widerstand der Verteidiger, woraufhin es keine Hoffnung mehr gab, die Augustoffensive und somit auch die Schlacht um Gallipoli zu gewinnen.

Die verlustreiche Niederlage der Entente in der Augustoffensive hatte weitreichende Auswirkungen auf die Balkanstaaten. Das bislang zögerliche Bulgarien schlug sich nun auf die Seite der Mittelmächte, Griechenland und Rumänien blieben trotz ihrer feindlichen Einstellung neutral. Russland war damit von den Hilfslieferungen seiner westlichen Alliierten abgetrennt, die Türkei nach Westen hin gesichert und die Niederwerfung Serbiens begünstigt. Politisch wurde die panslawistische Linie des Zaren durch den Beitritt des von Russland mitgeschaffenen Bulgariens zu den Mittelmächten ad absurdum geführt.

Evakuierung

Feldmarschall Kitchener und General Birdwood inspizieren die Front, Russell's Top, 15. November 1915

Am 14. Oktober wurde General Hamilton aufgrund der Fehlschläge durch Generalleutnant Sir Charles Monro ersetzt.

Die internationale Lage für die Entente verschlechterte sich mit dem Kriegseintritt Bulgariens auf Seiten der Mittelmächte. Über den nun direkt zur Türkei reichenden Landweg hätten die Mittelmächte starke Artillerie liefern können, der die Alliierten hilflos unterlegen gewesen wären.

Am 19. November beschloss Lord Kitchener nach einem Überblick über die Lage die Evakuierung.

Die Verschiffung der 14 Divisionen erwies sich wegen starker Stürme und Regenfälle als schwierig. Durch einsetzenden Schneefall und Frost erlitten viele Soldaten Erfrierungen.

Ironischerweise war die Evakuierung das erfolgreichste Unternehmen der Dardanellenoperation. Die am 18. Dezember durchgeführte Einschiffung wurde auf Grund des widrigen Wetters von den Türken zunächst nicht bemerkt. Erst zwei Tage später erkannten die türkischen Verteidiger die Situation und gingen sofort dazu über, die Einschiffungszonen mit einem gewaltigen Bombardement zu belegen. Bei der hektischen Flucht ließen die Alliierten zahlreiches Kriegsmaterial zurück. Über 1.000 Australier erreichten die Schiffe nicht rechtzeitig und wurden zurückgelassen.

Die Türken warfen nun einen Großteil ihrer Kräfte an die Eles Burnu-Front, wo sie den Alliierten mit ähnlich schweren Angriffen zusetzten. Das schlechte Wetter tat ein übriges; die niedrig gelegenen britischen Gräben wurden überflutet. Am 7. Januar 1916 entschlossen sich die Türken zu einem Angriff auf die Verteidigungslinien, da sie mit keinem großen Widerstand mehr rechneten. Die Briten wehrten sich jedoch erbittert. Die letzten Einheiten verließen Gallipoli am 9. Januar 1916.

Folgen

Grabrede Atatürks anlässlich des Gedenktages der Toten dieser Schlacht:

„Diese Helden, die ihr Blut vergossen und ihr Leben ließen… nun liegt ihr in dem Boden eines freundlichen Landes. Darum ruhet in Frieden. Da gibt es keinen Unterschied zwischen den Johnnies und den Mehmets, dort wo sie Seite an Seite in diesem unserem Lande liegen… Ihr, die Mütter, die ihre Söhne aus weit entlegenen Länder schickten, wischt weg eure Tränen. Eure Söhne liegen nun an unserer Brust und sind in Frieden. Ihr Leben in diesem Land verloren zu haben, machte sie genauso zu unseren Söhnen.“

Mustafa Kemal

Nach dem türkischen Sieg bei Gallipoli ging der Siegeszug der osmanischen Armeen weiter. In Mesopotamien wurde die britische Armee gezwungen, sich am 29. April 1916 bei Kut-el-Amara zu ergeben. Trotz massiver Überlegenheit benötigten die Briten drei lange Jahre, um Bagdad, Jerusalem und Damaskus zu erobern. Vom südlichen Palästina aus marschierten die Truppen des Osmanischen Reiches zur Sinai-Halbinsel, um den Sueskanal zu erobern. Im August schlugen die Briten diesen Vorstoß zurück, worauf die Alliierten wieder die Oberhand im Nahen Osten errangen.

Nach der Evakuierung formierte man die alliierten Verbände in Ägypten neu. Das ANZAC wurde umorganisiert; die Infanterie schickte man an die Westfront, während die leichte Kavallerie für Operationen in Palästina und Sinai eingeteilt wurde.

Für die Generäle Hamilton und Stopford stellte Gallipoli das Ende ihre Karriere dar. Hunter-Weston führte später sein VIII. Korps in der Somme-Schlacht. Mustafa Kemal, der sich als zuverlässiger und eigenständiger Truppenführer mehrfach bewährt hatte, legte mit der Schlacht um Gallipoli den Grundstein als Volksheld Gazi Mustafa Kemal Pascha und sollte nach einem kometenhaften Aufstieg nach Kriegsende als Präsident der Türkei unter dem Namen Kemal Atatürk weltweit bekannt werden. Zunächst allerdings konnte Enver Pascha noch verhindern, dass der damals noch unbekannte Mustafa Kemal gefeiert wurde. Stattdessen ließ er sich selbst allen Ruhm zuschreiben. Dem Leiter der bewährten Militärreform, Liman von Sanders, wurde hingegen weder im Osmanischen Reich noch in Deutschland jemals eine dem Erfolg entsprechende Popularität gezollt.

Die Schlacht um Gallipoli war eine der blutigsten und brutalsten im Ersten Weltkrieg. Geradezu beispiellos war sie als Schlacht, in der eine Landarmee auf Dauer einem von Heer und Marine zusammen geführten Kampf standhalten konnte. Überliefert ist der Befehl Atatürks an seine Soldaten an einem Frontabschnitt, an dem diese den Rückzug erwogen, da ihnen die Munition auszugehen drohte. Er befahl ihnen in dieser Situation das Sterben, da in der Zwischenzeit, in der sie sterben, frische Kräfte herangeführt werden könnten. Gallipoli war aufgrund der hohen Opferzahlen ein Schock für Australien und Neuseeland. Es war der bislang größte Konflikt, in den diese beiden britischen Dominions verwickelt wurden. Neben der Schmach für die Entente zog die Niederlage auch Konfrontationen und Streitigkeiten auf politischer Ebene nach sich, die zum Rücktritt Churchills als Marineminister und zum Sturz der Regierung Asquith führten.

Verluste

Verluste
Gefallene Verwundete Gesamtanzahl
Australien 8.709 19.441 28.150
Neuseeland 2.701 4.852 7.553
Großbritannien 21.255 52.230 73.485
Frankreich (geschätzt) 10.000 17.000 27.000
Indien 1.358 3.421 4.779
Neufundland 49 93 142
Entente 44.072 97.037 141.109
Osmanisches Reich 76.635 174.634 251.000

Unter den Toten der Schlacht befand sich der brillante Physiker Henry Moseley sowie der Dichter Rupert Brooke, der schon kurz vor der Invasion starb.

Die Commonwealth War Graves Commission (CWGC) ist für die Kriegsgräber der Commonwealth-Truppen (Großbritannien, Neuseeland, Indien, Neufundland …) verantwortlich. Es gibt 31 CWGC-Friedhöfe auf Gallipoli; 6 am Kap Helles, 4 an der Suvla-Bucht und 21 bei den ehemaligen Stellungen des Anzac. Für viele Soldaten, die in Krankenhäusern oder auf See starben, gibt es keine Gräber. Diesen Soldaten sind verschiedene Gedenktafeln und Denkmäler gewidmet, von denen die britischen am Kap Helles, die australischen bei Lone Pine und die neuseeländischen bei Chunuk Bair stehen.

Ein französischer Soldatenfriedhof liegt in der Nähe des ehemaligen S-Strandes, wo sich auch die französischen Quartiere während der Schlacht befanden. Einen größeren türkischen Soldatenfriedhof gibt es nicht. Statt dessen hat man mehrere Denkmäler errichtet, von denen sich die wichtigsten an der Morto-Bucht, in der Nähe des früheren S-Strandes und am Chunuk Bair befinden.

Die Schlacht von Gallipoli in der Kultur

Britisches Kriegsdenkmal

Die Schlacht von Gallipoli lieferte Stoff für mehrere Filme. Die australische Produktion „Gallipoli“ des Regisseurs Peter Weir von 1981 schilderte die Schicksale zweier ANZAC-Soldaten in der Schlacht (einer davon gespielt von Mel Gibson) und sorgte in Australien für eine Welle patriotischer und auch anti-britischer Gefühle.

Eric Bogles Lied „And The Band Played Waltzing Matilda“ beschreibt die Schlacht aus der Sicht eines australischen Soldaten.

Die schwedische Power-Metal-Gruppe Sabaton, deren Texte regelmäßig von Kriegen des 20ten Jahrhunderts handeln, behandeln die Schlacht mit dem Titel „Cliffs of Gallipoli“, wobei die Grabrede Atatürks die Grundlage für den Großteil des Textes ausmacht.

Der 25. April, der Jahrestag der ersten Landung, wird in Australien und Neuseeland jedes Jahr als ANZAC Day begangen und gilt als wichtigster nationaler Feiertag.

Der 18. März, an dem die Türken nun endgültig die Invasoren besiegt hatten, wird in der Türkei als der „Tag der Gefallenen“ (tr: Şehitler günü) gefeiert.

Quellenangaben

Siehe auch

Literatur

  • Otto Liman von Sanders: Fünf Jahre Türkei. Scherl, Berlin 1920.
  • Joseph Pomiankowski: Der Zusammenbruch des Ottomanischen Reiches – Erinnerungen an die Türkei aus der Zeit des Weltkrieges. Amalthea, Wien 1928.
  • Världskriget in: Nordisk familjebok. Nord. Familjeboks Förlag, Stockholm 1922, S.199-201

Weblinks


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