- Schlacht von Kerbala
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Schlacht von Kerbela Teil von: Islamische Bürgerkriege (Fitna) Datum 10. Oktober 680 Ort Kerbela Ausgang Entscheidender Sieg der Umayyaden Konfliktparteien Umayyaden (Yazid I.) Aliden Befehlshaber Umar ibn Sa'ad Husain ibn Ali † Truppenstärke deutliche Übermacht unbekannt
72?Verluste unbekannt vernichtend geschlagen In der Schlacht von Kerbela, die am 10. Oktober 680 stattfand, wurde der Prophetenenkel Hussein getötet.
Dieses für die Schiiten und Aleviten tragische Ereignis wird von ihnen am 10. Tag des Monats Muharram beweint und bildet im kollektiven Gedächtnis der Schia einen zentralen Punkt der Identitätsbildung. Mit dieser Schlacht war die schiitische Hoffnung, ihren dritten Imam anstelle von Yazid I. als Kalifen, als Oberhaupt der islamischen Gemeinde, einzusetzen, gescheitert und die endgültige Trennung zwischen Sunniten und Schiiten in der Geschichte des Islam war besiegelt. In der islamischen Geschichte nach der Schia steht die Schlacht von Kerbela symbolisch für den Kampf zwischen „Gut und Böse“ – „David gegen Goliath“ – „Unterdrückte gegen Unterdrücker“ – und als einer der tragischsten geschichtlichen Vorfälle für die Schiiten. Da viele Anhänger Husseins zum Zeitpunkt der Schlacht nicht mehr zu Hussein hielten und von ihm abfielen – aus Angst vor der Übermacht der Truppen Yazids – wurden Hussein und sein Heer erbarmungslos niedergemetzelt. Von schiitischer Seite wird berichtet, dass das Truppenverhältnis in dieser Schlacht 10.000 zu 72 zu ungunsten Husseins gewesen sei. Schiiten und Aleviten gedenken dieser Schlacht während des alljährlichen Aschura-Festes, bei dem sie durch viele Riten der symbolischen Trauerritualien den Abfall der Anhänger Husseins von dessen Seite beklagen und beweinen.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Nach der Ermordung Alis im Jahre 661 wurde dessen Sohn Hassan zunächst als Kalif in Kufa ausgerufen, als Gegenkalif zu Muawiya, der aus Damaskus das wachsende islamische Imperium regierte. Um einen weiteren Bürgerkrieg zu vermeiden schloss Hassan mit Muawiya einen Vertrag, der Muawiya ungehindert in Syrien an der Macht ließ. Nachdem Hassan 670 gestorben war (seinen Anhängern zufolge soll er vergiftet worden sein), übernahm dessen Bruder Hussein die Führung der shi'at Ali, hielt aber zunächst an dem Vertrag, den sein Bruder mit dem Kalifen in Damaskus ausgehandelt hatte, fest.
680 starb Muawiya. Zuvor hatte er seinen Sohn Yazid I. zu seinem Nachfolger bestimmt und etablierte damit die Dynastie der Umayyaden. Erst als Yazid die Macht ergriff, nahm Hussein den Kampf um das Kalifenamt wieder auf.
Ablauf der Schlacht
Im Herbst 680 marschierte Hussein mit einem kleinen Heer von Mekka aus in Richtung Kufa in Mesopotamien, woraufhin auch Yazid in Damaskus mit einem Heer aufbrach. Hussein wähnte sich dabei der Unterstützung der mesopotamischen Bevölkerung sicher; in Mekka hatten ihn zahlreiche Briefe und Boten aus Kufa erreicht, die ihm berichtet hatten, die Situation sei günstig und Tausende von Anhängern in Mesopotamien seien bereit, sich unter seiner Führung gegen Yazid zu erheben. Husseins Vetter Muslim ibn Aqeel, den er daraufhin nach Kufa vorausgesandt hatte, hatte ihm diese Einschätzung bestätigt. Hussein verließ daher, nur von seiner Familie und einer kleinen Schar Anhänger begleitet, im September Mekka und machte sich auf den Weg nach Mesopotamien.
Als Hussein dort eintraf hatte sich die Situation allerdings gewandelt. Der dortige umayyadische Herrscher Ubaid Allah Ibn Ziyad war in Kufa eingerückt und ließ nun die Spitze der Revolte, darunter Husseins Vetter Muslim ibn Aqeel, hinrichten. Die erhofften Mitstreiter für das Heer Husseins ließen daraufhin auf sich warten.
Bald gelang es den umayyadischen Truppen, Husseins Zug den Weg nach Kufa abzuschneiden, so dass Hussein bei Kerbela festsaß. Verhandlungen über eine Kapitulation scheiterten, Hussein und seine Leute waren durch die umayyadischen Truppen vom Euphrat getrennt und litten tagelang schweren Durst.
Am 10. des Monats Muharram 61 nach islamischem Kalender (10. Oktober 680 des Julianischen Kalenders) erstürmten die Truppen des umayyadischen Herrschers das Lager Husseins und seiner Parteigänger und töteten die erwachsenen Männer, darunter Hussein selbst, seinen Halbbruder al-Abbas, seinen Sohn Ali und seinen Neffen al-Qasim. Die Frauen und Kinder wurden gefangengenommen und nach Damaskus gebracht. Die Toten wurden an Ort und Stelle begraben, wo heute die Schreine von Kerbela stehen. Hussein stürzte sich laut schiitischer Lehre mit dem Koran in der einen und dem Schwert in der anderen Hand in eine aussichtslose Schlacht, in der er sowie alle Mitstreiter blutig niedergemetzelt wurden. Husseins Kopf wurde, so wird berichtet, erst nach Kufa zum Herrscher gebracht, anschließend in der Umayyaden-Moschee in Damaskus bestattet. Einer anderen Tradition zufolge brachte man ihn später aus Askalon nach Kairo in Sicherheit.
Abu Michnaf († 774), der aus Kufa stammte, war der erste, der die mündlichen Überlieferungen über das Geschehen gesammelt und aufgezeichnet hat.
Bedeutung der Schlacht für Schiiten
Hauptartikel: Schiitische Passionsspiele
Der aussichtslose Kampf Husseins gegen einen übermächtigen Tyrannen hat weithin Einfluss auf die später entwickelte schiitische Ideologie genommen; Schiiten, mehr als Sunniten, haben das Konzept des religiösen Märtyrers weiterentwickelt und verklärt. Bis heute gilt die Schlacht als eines der zentralen Ereignisse in der frühen Geschichte des Islam für Schiiten. Aus dem aussichtslosen Kampf Husseins leiten sich heute außerdem zahlreiche Dschihad-Verständnisse schiitischer Milizen und radikaler Gruppen ab – das Martyrium, der Tod im Namen der Religion in einem aussichtslosen Kampf gegen einen übermächtigen Feind wird vielerorts auch mit dem Kampf der Palästinenser/Libanesen gegen Israel oder des Iran gegen die USA gleichgesetzt. Ayatollah Khomeinis Anhänger jagten den iranischen Schah 1979 mit lautem „Yazid!“-Geschrei aus dem Land. Gleichzeitig entwickelte sich das Konzept des äußeren Dschihad zu einem politischen Begriff, der den Kampf gegen einen muslimischen, jedoch ungerechten Herrscher fordert. Die Internationalisierung, die Anwendung dieses Begriffes auf nicht-muslimische Feinde, dieser Definition wurde erst unter Denkern wie Abdallah Azzam Ende des 20. Jahrhunderts vorangetragen.
Literatur
- Aslan, Reza 2005, Kein Gott außer Gott - Der Glaube der Muslime von Mohammed bis zur Gegenwart. Verlag C.H.Beck, ISBN 3-406-54487-8
- William L. Cleveland, A History of the Modern Middle East, Third Ed. Westview Press, 2004.
- Tabarî, La chronique, Les Omayyades
Weblinks
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