- Schlacht von Poltawa
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Schlacht bei Poltawa Teil von: Großer Nordischer Krieg
Die Schlacht von Poltawa, von Denis Martens, 1726Datum 27. Junijul./ 8. Juli 1709greg. Ort Poltawa, Ukraine Ausgang Entscheidender Sieg der Russen Konfliktparteien Schweden Russisches Zarenreich Befehlshaber Karl XII.
Carl Gustaf Rehnskiöld#
Adam Ludwig Lewenhaupt #
Adam Friedrich von Stackelberg #
Iwan MasepaPeter der Große
Alexander Menschikow
Boris Scheremetew
Iwan SkoropadskyjTruppenstärke 25.000 Mann (davon 8.000 Mann Belagerungstruppen)
32 Kanonen (4 einsatzfähig)45.000 Mann
72 KanonenVerluste 6.900 - 9.234 Tote und Verwundete
2.795 Gefangene[1][2]1.345 Tote
3.290 Verwundete[3]Großer Nordischer Krieg (1700–1721) Riga - Kopenhagen - Pyhäjöggi-Schlucht - Narva I – Düna – Tryszka - Erastfer - Druskininkai - Vilnius - Klissow – Piotrków - Peipus-See I. - Krakau - Schlüsselburg - Pultusk – Newa - Sestra - Thorn - Peipus-See II. - Tartu - Rakvere - Jēkabpils - Narva II - Punitz - Rakowitz - Grodno - Fraustadt – Kalisch – Golowtschin - Moljatitschi - Rajovka - Lesnaja – Porvoo- Koniecpol - Veprik - Lachowce - Poltawa - Riga - Helsingborg – Pommern I - Lübow – Pommern II - Gadebusch – Tönning - Pommern III - Pälkäne - Isokyrö - Hanko – Pommern IV - Saaremaa - Frederikshald - Selånger Die Schlacht bei Poltawa am 27. Junijul./ 8. Juli 1709greg. war eine der wichtigsten Schlachten des Großen Nordischen Krieges zwischen Russland unter Peter dem Großen und Schweden unter Karl XII. Die Schlacht stellte den Wendepunkt des Krieges zugunsten der antischwedischen Koalition dar.
Vor Beginn der Schlacht zählte die russische Armee 45.000 Soldaten und 72 Artilleriegeschütze. Ihnen gegenüber standen 25.000 schwedische Soldaten mit nur 4 einsatzfähigen Geschützen.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Frühe schwedische Siege bei Kopenhagen und in der Schlacht bei Narva 1700 warfen Russland und Dänemark zeitweilig aus dem Krieg. Allerdings war König Karl XII. nicht fähig, den Krieg zu Ende zu bringen. So benötigte der schwedische König weitere sechs Jahre, um den verbliebenen Gegner August von Sachsen-Polen zum Frieden zu zwingen.
In der Zwischenzeit baute Zar Peter I. seine Armee wieder auf. Die neue russische Armee verfügte jetzt über gut ausgebildete Infanterie, wie sie für die Anwendung der Lineartaktik notwendig war, und zeitgemäße Feuerwaffen. Um den Krieg zu beenden, befahl Karl XII. im Januar 1708 eine letzte Offensive tief in das Kernland des Russischen Reiches.
Nachdem Sachsen 1706 von Karl besetzt wurde und es aus dem Krieg fürs Erste ausschied, marschierte der Schwedenkönig im Frühjahr 1707 von Sachsen über Polen in Richtung Moskau. Seine Hauptarmee hatte er auf 36.000 Soldaten (44.000 Mann insgesamt) aufgestockt. Die gesamte Invasionsarmee bestand aus fast 70.000 Soldaten, darunter 8.000 schwedische Rekruten aus Polen und 16.000 polnische Soldaten der verbündeten Fürsten Leszczyński und Potocki.[4] Ausgangspunkt dieser Offensive war Polen-Litauen, wo Karl XII. am 10. September 1708 in der Schlacht von Rajovka seinen letzten Feldzug geführt hatte. Karl XII. marschierte dabei entlang der Hauptroute zwischen Polen und Moskau.
Nachdem eine für das Hauptheer bestimmte schwedische Nachschubkolonne unter Kommando von General Lewenhaupt in der Schlacht bei Lesnaja schwere Verluste erlitt, gab Karl XII. nur 130 km vor Moskau auf und marschierte nach Süden in Richtung Ukraine, da er hoffte, dort seine schweren Versorgungsprobleme lösen zu können und danach den Angriff auf Moskau von der Ukraine her führen zu können. Die russische Armee bewegte sich parallel zu den Schweden und versperrte dem Gegner die Wege zum Angriff. Während sich die Eroberer erfolglos in Richtung Moskau durchschlugen, befestigte Peter der Große Poltawa, das ein wichtiges strategisches Zentrum in Russlands Süden war.
Siehe dazu: → Sturmangriff auf Veprik
Das Überwintern in der Ukraine untergrub die Kampffähigkeit der gegnerischen Armee. Wiederholte Offensiven der russischen Divisionen und Partisanen, Mangel an Lebensmitteln, Munition, Futter und Uniformen – all das zwang die Schweden, eine andere Kampfweise anzuwenden. Das Hauptheer Karls XII. sank bis zur großen Schlacht auf knapp 30.000 Soldaten. Insgesamt waren die Verluste der schwedischen Armee sehr hoch. Man spricht von mindestens 50.000 Toten während des gesamten Feldzuges.
Verlauf
Belagerung von Poltawa und Vorbereitung der Schlacht
Im Frühjahr begann Karl XII. die Offensive wieder aufzunehmen. Seine erste Aktion war der Beginn der Belagerung mit der Stadt Poltawa Anfang April 1709, die er mit 8.000 Mann durchführte. Poltawa liegt etwa 350 km südöstlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew, im Zentrum der Ukraine am Fluss Worskla. Durch den Winter war das Schießpulver unbrauchbar geworden und es fehlte auch an brauchbarer Munition für die Kanonen. Die Garnison der Festung hatte eine Stärke von 4.200 Soldaten unter dem Befehl des Obersten A. Kelin. Diese wurden durch ukrainische Kosaken und die bewaffnete Bevölkerung (insgesamt 2.600 Mann) unterstützt. Es gelang ihnen während der folgenden 87 Belagerungstage die schwedischen Angriffe abzuwehren.
Schließlich kamen die russischen Hauptkräfte Ende Mai auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Worskla an. Das russische Kommando fasste auf dem folgenden Kriegsrat am 16. Juni den Beschluss, die Schlacht mit den Schweden zu führen. Am gleichen Tag überquerte die führende russische Vorhut den Fluss nördlich der Stadt Poltawa, in der Nähe des Dorfes Petrowka, und sicherte damit den Übergang der Hauptgruppe ihrer Armee. Zar Peter der Große lagerte in der Nähe des Dorfes Semjonowka. Am 25. Juni verlagerte sich die russische Armee nach Süden und nahm eine Position 5 km vor Poltawa ein. Am 26. Juni begannen die Russen, die Frontlinie zu befestigen. Sie errichteten zehn Schanzen, in denen zwei Bataillone untergebracht waren. Hinter dieser Linie befanden sich 17 Kavallerieregimenter unter der Führung von Menschikow.
Als man auf schwedischer Seite erfuhr, dass die Russen zum 29. Juni neue Verstärkung erwarteten, beschloss Karl XII., die Russen anzugreifen. Da er am 17. Juni bei einer Aufklärungsaktion verwundet worden war, übergab er das Kommando an Feldmarschall Rehnskiöld und General Adam Lewenhaupt, denen 20.000 Soldaten für die Schlacht zur Verfügung gestellt wurden. Etwa 2.000 Mann, darunter auch die ukrainischen Kosaken Masepas, blieben im Lager bei Poltawa. Zu dem Zeitpunkt mangelte es der schwedischen Armee weiterhin an Munition und Pulver für die Artillerie und der Infanterie. Von den 32 verfügbaren schwedischen Geschützen waren deshalb nur 4 einsatzfähig und viele Musketen der Infanterie waren nicht einsetzbar.
Die Schlacht
In der Nacht zum 27. Juni griff die schwedische Armee mit vier Kolonnen und mit sechs Reiterkolonnen das befestigte Lager der Russen in der Nähe des Dorfes Jakowzy an. Nach zweistündigem Kampf gelang es den Schweden lediglich, zwei Unterstände einzunehmen. Rehnskiöld nahm eine Umformierung der schwedischen Truppen vor; gleichzeitig versuchte er die russischen Befestigungen zu umgehen. Dabei blieben die sechs Schwadronen der schwedischen Generäle von Schlippenbach und Rosse hinter den Hauptkräften zurück. Diese verbargen sich im Wald nördlich von Poltawa, wo sie von der Kavallerie Menschikows zerschlagen wurden.
Als die Schweden die Linie der geschlossenen, russischen Schanzen durchbrachen, gerieten sie in starkes Artillerie- und Gewehrfeuer. Dabei verloren sie ein Viertel der Infanterie, ein Sechstel der Kavallerie und waren gezwungen, gegen das gezielte Artilleriefeuer im Wald von Maly-Budyschansk Deckung zu suchen.
Gegen sechs Uhr morgens führte Peter der Große seine Armee aus dem Lager und ließ sie in zwei Linien antreten. Im Zentrum davon platzierte er die Infanterie unter Marschall Scheremetew, auf der rechten Flanke die Kavallerie Menschikows und auf der linken Seite General R. H. Bours. Im Lager verblieb eine Reserve von neun Infanteriebataillonen. Rehnskiöld ließ die Schweden gegenüber den Russen antreten. Um neun Uhr morgens gab Karl XII. das Signal zur Offensive. Er griff die linke Flanke der russischen Armee an. Hier hatte sich das erfahrene Nowgoroder Regiment als Rekruten verkleidet. Zwar gelang es den Schweden durch zahlenmäßige Überlegenheit das erste Bataillon zu zerschmettern. Doch war der Erfolg nur von kurzer Dauer. Die Spitze des zweiten Bataillons führte Peter selbst an und ging zum Gegenangriff über. Die russische Reiterei umzingelte die Flanken des Gegners. Die Schweden waren der russischen Übermacht unterlegen und begannen den Rückzug, der sich gegen elf Uhr in eine regelrechte Flucht verwandelte. Unter dem unaufhaltsamen Andrang der russischen Infanterie und Kavallerie gerieten die Schweden in Panik und ergriffen in chaotischem Durcheinander die Flucht.
Verluste
Über die russischen Verluste in der Schlacht bei Poltawa gibt es kaum Unklarheiten. Sie beliefen sich auf insgesamt 1.345 Tote und 3.290 Verwundete.[3] Hingegen gibt es zu den schwedischen Verluste unterschiedliche Angaben. So spricht Drygalski von vier erbeuteten Geschützen, 139 erbeuteten Fahnen, 2.795 Gefangenen und 9.234 Toten und Verwundeten.[1] Robert Massie gibt genauere Angeben: 6.901 Tote (darunter 300 Offiziere) und Verwundete, sowie 2.760 Gefangene (darunter 260 Offiziere). Unter den Gefangenen befanden sich auch Fürst Max von Württemberg, Feldmarschall Carl Gustaf Rehnskiöld, der Minister Graf Piper, sowie vier Generalmajore und fünf Obristen.[5] Andere Autoren halten ihre Angaben allgemeiner und geben die schwedischen Verluste in der Schlacht mit ungefähr 10.000 Mann an.[6]
Kapitulation der schwedischen Truppen
Nach der Schlacht sammelten sich die zurückflutenden Schweden im Lager bei Puškarivka. Insgesamt bestand die Armee mit den Truppen, die noch vor Poltawa und an den verschiedenen Flussübergängen lagen, noch aus etwa 15.000 Mann (zum größten Teil Kavallerie) und 6.000 Kosaken[1] Als einzige Rückzugslinie stand der Weg nach Süden zur Verfügung, der ins Gebiet der Krimtataren führte. Unter deren Schutz hoffte Karl XII. seine Truppen reorganisieren und auffrischen zu können, bevor sie durch osmanisches Gebiet nach Polen zurückgeführt würden. Noch am Nachmittag des Schlachttages marschierte die Armee entlang der Worskla nach Süden ab. Die Armee passierte auf ihrem Marsch drei Furten über den Fluss, ohne diese zu nutzen, da sie sich bereits von den russischen Verbänden verfolgt wähnte und deshalb nicht stehenbleiben wollte. Am 10. Juli traf das Heer bei Perevoločna am Zusammenfluss von Worskla und Dnepr ein und musste feststellen, dass es dort weder Brücken noch Furten gab. Auch reichten die wenigen Boote nicht aus, um die gesamte schwedische Armee zu evakuieren.[7]
Man beschloss daher im schwedischen Hauptquartier, dass Karl XII., die Verwundeten, sowie eine Eskorte aus Schweden und Kosaken den Dnepr überqueren und durch die Steppe zum Bug auf osmanisches Gebiet ziehen sollte. Das Heer hingegen sollte die Worskla wieder hinauf marschieren und nach Überwindung des Flusses an einer Furt nach Süden zur Krim einschwenken. Von dort sollte es in Očakov am Schwarzen Meer wieder zum König stoßen. In der Nacht zum 30. Junijul./ 11. Juli 1709greg. setzte der König mit Iwan Masepa, dessen Gefährten Kost Hordijenko sowie 900 Schweden und 2000 Kosaken über den Fluss. Die Armee, nun unter dem Befehl des Generals Lewenhaupt stand, bereitete den Abmarsch für den folgenden Morgen vor. Um 8 Uhr traf jedoch eine russische Kolonne von 6.000 Dragonern und 2.000 Kosaken unter General Menšikov ein. Lewenhaupt leitete sofort Verhandlungen ein in deren Verlauf Menšikov ihm normale Kapitulationsbedingungen stellte. Nur die Kosaken würden nicht als Kriegsgefangene sondern als Verräter behandelt werden. Lewenhaupt beriet sich mit den verbliebenen Generalen und Obristen und man einigte sich schließlich, zu kapitulieren, obwohl man den gegenüberstehenden russischen Truppen zahlenmäßig fast doppelt überlegen war. Am Morgen des 30. Junijul./ 11. Juligreg. um 11 Uhr kapitulierte das schwedische Heer mit rund 14.000 Soldaten, 34 Geschützen und 264 Fahnen. Die verbliebenen Kosaken flüchteten größtenteils auf ihren Pferden, um der Bestrafung als Verräter zu entgehen.[8] Die Kolonne König Karls XII. erreichte wenige Tage später am 17. Juli den Bug, wo sie jedoch zwei Tage lang aufgehalten wurde, bis der Paschas von Očakov seine Erlaubnis erteilte, das Osmanische Reich zu betreten. Eine Nachhut von 600 Mann schaffte das Übersetzen über den Bug nicht mehr und wurde von 6.000 russischen Reitern unter General Volkonski eingeholt und niedergemacht.[9]
Folgen der Schlacht
Die schwedische Armee wurde völlig vernichtet. Das war der Wendepunkt des Krieges. Von nun an hatte Russland und seine Verbündeten die strategische Initiative.
Trivia
- In Poltawa gibt es heute einen Denkmalkomplex und ein Museum, das der Schlacht gewidmet ist.
- Die Redewendung „Wie ein Schwede bei Poltawa“ ist bis heute in der russischen und in der ukrainischen Sprache eine Redewendung, die auf die absolute Hilflosigkeit einer Person hinweist.
- Die Schlacht bei Poltawa war so bedeutend, dass ihr sogar eine moderne russische Münze (in Platin) gewidmet wurde.
Einzelnachweise
- ↑ a b c A. D. von Drygalski: Poltawa, S.7
- ↑ Englund, Peter (1988). Poltava. Stockholm: Atlantis, p. 280-281. ISBN 91-7486-050-x.
- ↑ a b A. D. von Drygalski: Poltawa, S.7; Виктор Калашников: Атлас войн и сраженйи, Москва 2007, S.151; Robert K. Massie: Peter der Große - Sein Leben und seine Zeit, Frankfurt/ Main 1987, S.453
- ↑ Bengt Liljegren|Liljegren, Bengt - Karl XII: En biografi, Historiska media, 2000, Sidan 151.
- ↑ Robert K. Massie: Peter der Große - Sein Leben und seine Zeit, Frankfurt/ Main 1987, S.453
- ↑ So zum Beispiel: Geoffrey Regan: Battles that changed History, London 2002, S.128
- ↑ Robert K. Massie: Peter der Große - Sein Leben und seine Zeit, Frankfurt/ Main 1987, S.456
- ↑ Robert K. Massie: Peter der Große - Sein Leben und seine Zeit, Frankfurt/ Main 1987, S.458f
- ↑ Robert K. Massie: Peter der Große - Sein Leben und seine Zeit, Frankfurt/ Main 1987, S.460
Literatur
- Klaus-Jürgen Bremm: Im Schatten des Desasters - Zwölf Entscheidungsschlachten in der Geschichte Europas, Books on Demand, Norderstedt 2003. ISBN 3-8334-0458-2
- Peter Englund: The Battle That Shook Europe - Poltava and the Birth of the Russian Empire, Tauris Publishing, London 2002. ISBN 1-86064-847-9
- A. D. von Drygalski: Poltawa, in: Bernhard von Poten: Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften, Bd.8, Leipzig 1879.
- Robert K. Massie: Peter der Große - Sein Leben und seine Zeit. Fischer, Frankfurt/M. 1987. ISBN 3-596-25632-1
- Geoffrey Regan: Battles that changed History (2. Aufl.), Carlton Publishing Group, London 2002. ISBN 0-233-05051-5
- François Marie Arouet de Voltaire: Geschichte Karls XII., Königs von Schweden, Deutscher Bücherbund, Hamburg/Stuttgart 1963.
- Виктор Калашников: Атлас войн и сраженйи, Белыи Город, Москва 2007. ISBN 978-5-7793-1183-0 (dt.: Viktor Kalašnikov: Atlas der Kriege und Schlachten)
Weblinks
http://www.von-stackelberg.de/personen/berndt-otto-baron.htm
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