Schloss Tinz (Gera)

Schloss Tinz (Gera)
Schloss Tinz um 1905
Grundriss des Schlosses Tinz von 1808

Das Schloss Tinz ist ein in den Jahren 1745 bis 1748 im Stil des Barock erbautes Schloss im Geraer Stadtteil Tinz.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bereits im Mittelalter befand sich an gleicher Stelle eine Wasserburg. Ausgrabungen brachten geringe Spuren der mittelalterlichen Burg zutage, welche hauptsächlich unter dem heutigen Schlossgebäude gelegen haben soll.[1]

Das Schloss wurde nach Plänen von Gerardo Hofmann errichtet. Der Bau begann 1745 unter Heinrich XXV. Reuß-Gera. und wurde 1748, mit Vollendung der weiträumigen Parkanlage, unter seinem Sohn Heinrich XXX. beendet. Das Schloss war ursprünglich von einem geometrisch angelegten und mit Brücken überspannten Wassergraben umgeben, welcher 1975 zugeschüttet wurde. In der Folgezeit diente es dem reußischen Herrscherhaus als Sommerresidenz und Witwensitz.

Ab 1827 stand das Schloss leer und wurde immer wieder militärisch genutzt. So diente es während des Deutsch-Französischen Krieges 1870 Soldaten als Unterkunft. Während des Ersten Weltkrieges wurden ab dem 8. September 1914 vorübergehend 204 französische Kriegsgefangene im Schloss untergebracht und ab Dezember 1914 wurde es als Lazarett und Genesungsheim für deutsche Soldaten genutzt. 1918 wurde das Schloss dem reußischen Fürstenhaus durch den Arbeiter- und Soldatenrat enteignet.[2]

Am 8. März 1920 entstand im Schloss auf Initiative von USPD, MSPD, KPD und unter Mitwirkung der Freien Gewerkschaften eine sozialistische Heimvolkshochschule.[3] In fünfmonatigen Kursen sollte politisch engagierten Jungsozialisten eine systematische Bildung mit sozialistischen Welt- und Kulturverständnis geboten werden. Unterrichtet wurde unter anderem in Ökonomie, Gesellschaftslehre, Geschichte der Arbeiterklasse, Arbeitsrecht, Gewerkschaftswesen, Kunst und Literatur. Vor Ort lehrten viele bekannte Vertreter der Arbeiterbildung, unter anderem Alfred Braunthal, Ernst Fraenkel, Georg Engelbert Graf, Karl Korsch, Anna Siemsen und Otto Suhr.[3][4] Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Heimvolkshochschule im März 1933 geschlossen. Bis dahin hatten ca. 1.350 Frauen und Männer an den angebotenen Kursen teilgenommen.[5]

Nach 1933 diente es den Nationalsozialisten als Arbeitsdienstlager, während des Zweiten Weltkrieges als Lazarett.

Am 15. Januar 1947 wird das Schloss dem Kreisvorstand der SED übereignet, die es fortan für Lehrgänge der Arbeiterhochschule, später Kreisparteischule, nutzte.

Seit dem 15. Januar 1996 wird das Schloss vom Geraer Landgericht als Provisorium genutzt. Ende 2009 wird dieses das Schloss verlassen und das neue Justizzentrum in der Innenstadt beziehen.[6] Ab 2010 ist eine Sanierung mit anschließender Nutzung durch die Berufsakademie Gera geplant.[7]

Literatur

  • Klaus Brodale, Heidrun Friedemann: Das war das 20. Jahrhundert in Gera, Wartberg Verlag 2002, ISBN 3-831-31273-7
  • Erhard Lemm, Angelika und Frank Schenke: Gera: Stadt in Thüringen, Verlag Erhard Lemm 2008, ISBN 978-3-931635-45-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sven Ostritz, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie: Archäologischer Wanderführer Thüringen, Stadt Gera, Beier und Beran 2006, S.71, ISBN 3-937-51749-9
  2. Spiegel Online: Die Sozis auf dem Schloss
  3. a b Josef Olbrich: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland, Vs Verlag 2001, S.183, ISBN 3-8100-3349-9
  4. Heinrich Eppe, Ulrich Herrmann: Sozialistische Jugend im 20. Jahrhundert, Juventa Verlag 2008, S.99, ISBN 978-3-7799-1136-4
  5. Heinrich Eppe, Ulrich Herrmann: Sozialistische Jugend im 20. Jahrhundert, Juventa Verlag 2008, S.92, ISBN 978-3-7799-1136-4
  6. Ostthüringer Zeitung vom 5. Januar 2008
  7. Ostthüringer Zeitung vom 13. Februar 2008

50.90405555555612.0694722222227Koordinaten: 50° 54′ 15″ N, 12° 4′ 10″ O


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