- Schmidt-Dengler
-
Wendelin Schmidt-Dengler (* 20. Mai 1942 in Zagreb; † 7. September 2008 in Wien) war ein österreichischer Literatur- und Sprachwissenschaftler. Schmidt-Dengler war Vorstand des Instituts für Germanistik der Universität Wien, Leiter des Literaturarchivs der Österreichischen Nationalbibliothek und Ehrenvorsitzender der Heimito von Doderer-Gesellschaft.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Nach dem Schulbesuch in Weiz und Wien studierte er Klassische Philologie und Germanistik an der Universität Wien und wollte ursprünglich Lehrer für die Fächer Latein und Deutsch werden. 1965 promovierte er mit der Dissertation Stilistische Studien zu den 'Confessiones' des Aurelius Augustinus zum Dr. phil., 1974 folgte seine Habilitation Genius. Zur Wirkungsgeschichte antiker Mythologeme in der Goethezeit. Diese Mythologeme waren für ihn immer ein Schlüssel zum Verständnis der Literatur des 18. bis zum 20. Jahrhundert, auf die er sich schließlich spezialisierte.
1966 wurde er Assistent, 1980 Professor am Institut für Germanistik der Universität Wien. 1996 übernahm er auch die Leitung des Österreichischen Literaturarchivs an der Österreichischen Nationalbibliothek, dem er die Nachlässe von österreichischen Autoren wie Ödön von Horvath, Hilde Spiel, Ernst Jandl und vielen anderen sowie Autographen von Egon Friedell bis Peter Handke sicherte. Zusätzlich nahm Schmidt-Dengler Gastprofessuren in Pisa, Neapel, Klagenfurt, Salzburg, Graz und Stanford an.
Schmidt-Dengler befasste sich vor allem mit der österreichischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und mit der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts. Dazu kamen auch Beiträge zur Antikenrezeption seit dem Humanismus.
Als wissenschaftlicher Leiter des Thomas-Bernhard-Privatarchivs edierte er die Werke Thomas Bernhards. In seinen letzten Lebensjahren hat Schmidt-Dengler die Werke von Heimito von Doderer, Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Albert Drach und Thomas Bernhard in kommentierten, werkkritischen Ausgaben neu herausgegeben.
Gegen Ende seines Lebens wandte sich Schmidt-Dengler gegen den Abbau der Mitbestimmung Studierender und Institute an den Universitäten wie gegen die Heranbildung so genannter „Eliten“, die dann den Studenten „vorgehalten würden“. Hier brachte er oft den Vergleich mit Elitesportlern ein, die im späteren Leben zu „Elitekrüppeln“ werden. Sein Interesse für den Sport machte ihn auch in Bevölkerungsschichten bekannt, die wenig Berührungspunkte mit der Literaturwissenschaft hatten. Häufig war er in Fußballstadien anzutreffen, deren Funktion er mit jener des griechischen Theaters verglich, in dem das Publikum Spannungen auf- und abbauen konnte.[1]
Am 7. September 2008 erlag Schmidt-Dengler völlig überraschend einer Lungenembolie.[2]
Auszeichnungen
- Theodor-Körner-Preis (1968)
- Förderungspreis der Gemeinde Wien (1978)
- Österreichischer Staatspreis für Literaturkritik (1994)
- Preis für Sozial- und Geisteswissenschaften der Stadt Wien (1997)
- Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2002)
- Wissenschaftler des Jahres 2007[3]
- Internationaler Preis „Europas Literaturkathedralen“ (2007)
- Preis der Kritik (2008) des Verlags Hoffmann und Campe
Publikationen
Einzelpublikationen
- Genius. Zur Wirkungsgeschichte antiker Mythologeme in der Goethezeit. München: Beck 1978 (Habilitation 1974)
- Eine Avantgarde aus Graz. Klagenfurt: Carinthia 1979
- Bruchlinien. Vorlesungen zur österreichischen Literatur 1945–1990. Wien, Salzburg: Residenz 1995
- Der Übertreibungskünstler. – Studien zu Thomas Bernhard. Wien: Sonderzahl 1997
- Der wahre Vogel. – Sechs Studien zum Gedenken an Ernst Jandl. Wien: Edition Praesens 2001
- Nestroy. Die Launen des Glückes. Wien: Zsolnay 2001
- Ohne Nostalgie. Zur österreichischen Literatur der Zwischenkriegszeit. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2002.
Dazu kommen etwa 400 Publikationen in Zeitschriften und Sammelbänden (1964 bis 2004).
- Literarische Außenseiter: Hölderlin-Kafka, ORF Ö1- CD,2007
Wissenschaftliche Reihen (Herausgeberschaft)
- Wiener Arbeiten zur Literatur. Wien: Braumüller 1984–2008
- Zur neueren Literatur Österreichs. Wien: Braumüller 1995–2008
Herausgeberschaft
- Buchforschung und Literaturgeschichte: Festschrift für Murray G. Hall zum 60. Geburtstag (gemeinsam mit Gerhard Renner). Wien: Edition Praesens, 2007, ISBN 978-3-7069-0476-6.
- Als ich einmal Harreither in der Dusche interviewte. 11 Texte zum österreichischen Fußball Salzburg: Otto Müller Verlag, 2008 (gemeinsam mit Andreas Weber).
- Mitherausgeber der Zeitschrift „Weimarer Beiträge - Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften“ (gemeinsam mit Peter Engelmann und Michael Franz).
- Thomas Bernhard: Werke in 22 Bänden. Frankfurt am Main 2003 ff. (Herausgegeben von Wendelin Schmidt-Dengler und Martin Huber, erscheint im Suhrkamp Verlag, jeder der 22 Bände mit Einzel-ISBN.)
Literatur
- Konstantin Kaiser: Zum Tode von Wendelin Schmidt-Dengler (1942-2008); in: „Zwischenwelt. Zeitschrift für Literatur, Widerstand und Literatur“ Nr. 3/4, 25. Jg. (Wien), Dezember 2008; S. 11. ISSN 1606-4321.
Weblinks
- Literatur von und über Wendelin Schmidt-Dengler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Institut für Germanistik der Universität Wien
- Kurztexte von Schmidt-Dengler
Einzelnachweise
- ↑ Wendelin Schmidt-Dengler. Fernsehdokumentation von Bernhard Hain. 2008 Zusammenfassung auf orf.at
- ↑ Die Presse: Germanist Wendelin Schmidt-Dengler 66-jährig verstorben vom 8. September 2008 (aufgerufen am 8. September 2008).
- ↑ ORF ON Science Germanist Schmidt-Dengler ist Wissenschaftler des Jahres 2007
Personendaten NAME Schmidt-Dengler, Wendelin KURZBESCHREIBUNG österreichischer Literaturwissenschaftler und Sprachwissenschaftler GEBURTSDATUM 20. Mai 1942 GEBURTSORT Zagreb STERBEDATUM 7. September 2008 STERBEORT Wien
Wikimedia Foundation.