- Schriftstil
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Ein Schriftschnitt (auch Schriftstil) ist eine Variation einer Schriftart. Hierbei werden unter anderem die Stärke, Laufweite und Lage der Schrift verändert. Mehrere verwandte Variationen werden als Schriftfamilie bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Schriftschnitte
Eine Schriftfamilie besteht aus mindestens einem Schriftschnitt. Das Wort Schriftschnitt stammt noch aus dem Bleisatz – damals mussten die Stahlvorlagen für die Bleilettern wortwörtlich „geschnitten“ werden. Spätestens mit dem Übergang zum Fotosatz verlor der Begriff seine eigentliche Bedeutung. Heute erfolgt das Schriftdesign vorrangig am Computer.
Üblicherweise variieren Schriftschnitte die drei folgenden Auszeichnungsmerkmalen einer Schrift:
- Schriftstärke (z. B. mager, normal, fett)
- Schriftbreite (z. B. schmal, normal, breit)
- Schriftlage (z. B. normal, kursiv)
Diese Merkmale einer Schrift können beliebig miteinander kombiniert werden. So kann es beispielsweise magere Schriften geben, die außerdem noch breit und kursiv sind.
Bei einigen Schriftstilen werden die Bezeichnungen der Schnitte durch Nummern ersetzt oder ergänzt. Beispiele dafür sind die Schriften Frutiger und Univers von Adrian Frutiger. Dabei handelt es sich um ein Zahlensystem (Code), bei dem die Ziffern der Einer- und Zehnerstellen für Eigenschaften dieser Schrift stehen. Die 5 bildet dabei die Mitte und steht für normal. Je höher die Zehnerstelle ist, umso fetter ist auch die Schriftstärke (Fette). Die Einerstelle steht hingegen für die Schriftbreite (Dickte) oder Schriftlage. Üblich sind Schriftschnitte von 3 bis 9, wobei jedoch nicht alle Zahlenkombination vorkommen müssen: Beispielsweise gibt es keine Univers 77 (Black Condensed).
Ausgehend von neun Schriftstärkenklassen, neun Schriftbreitenklassen und zwei Schriftlagen ergibt sich die gewaltige Zahl von 162 möglichen, verschiedenen Schriftschnitten. Tatsächlich aber sind Schriftfamilien normalerweise in deutlich weniger Schriftschnitten verfügbar.
Viele Schriften für den Alltagsgebrauch (Brotschriften) werden in vier Standard-Variationen angeboten: Normal, Fett, Kursiv und Fettkursiv – alle mit normaler Schriftbreite. Fehlende Varianten werden insbesondere von Bürosoftware und Browsern mangelhaft simuliert.
Es gibt aber auch noch Schriftschnitte, die andere Auszeichnungsmerkmale als die oben genannten variieren: Manche Schriften liegen auch als Umrisszeichnungen oder schattiert vor (siehe unten). Primitive Auszeichnungsmerkmale wie das Unterstreichen oder Sperren benötigen keinen eigenen Schriftschnitt. Computerprogramme können heute, wie auch in früheren Zeiten der Setzer, derartige Veränderungen an jeder beliebigen Schrift durchführen.
Für manche Schriftarten gibt es erweiterte Zeichensätze für weitere Sprachen (zum Beispiel Polnisch, Isländisch, Türkisch) oder nichtlateinische Alphabete (zum Beispiel Griechisch, Kyrillisch, Hebräisch) oder mit Zierbuchstaben, dekorativen Initialen, Kapitälchen, Mediävalziffern, Bruchziffern und Ligaturen. Dermaßen umfangreiche digitale Zeichensätze mussten bis etwa zur Jahrtausendwende aus technischen Gründen auf mehrere, in Einzelfällen zahlreiche Dateien verteilt werden, die verwirrenderweise ebenfalls als Schriftschnitte bezeichnet werden. Es geht hierbei aber gerade nicht um Schriftartvarianten, die sich durch die oben genannten stilistischen Merkmale visuell unterscheiden (zum Beispiel Strichstärke, Laufweite), sondern um eine technisch bedingte Verteilung eines großen, stilistisch homogenen Zeichensatzes auf mehrere Dateien. Das Open-Type-Format erlaubt die Unterbringung von solchen alternativen Zeichensätzen in einer einzigen Datei, so dass heutzutage nicht mehr für jede dieser Optionen eine weitere Schriftartdatei erforderlich ist.
Beim Bleisatz und bei elektronischen Rasterschriften erforderte auch noch jeder Schriftgrad einen eigenen Schriftschnitt. Mit vektoriellen Schriftformaten ist das nicht mehr nötig; Computerprogramme können die Schriftgröße nahezu beliebig skalieren. Jedoch sind Schriften mit hohem Strichstärkenkontrast in kleiner Schriftgröße schwer zu lesen, wenn nicht spezielle Schriftschnitte für kleine Größen verwendet werden. Ähnliches gilt für Indizes und Potenzen, die ebenfalls kleiner gesetzt werden. Daher sind bei hochwertigen Schriften heutzutage wieder häufiger spezielle Schnitte für die einzelnen Größen vorhanden, man spricht auch vom „optical sizing“.
Beispiele für Schriftschnitte
Variation der Schriftstärke
Die Schriftstärke, auch Strichstärke, Schriftdicke oder Fette genannt, gibt an, wie schwarz eine Schrift ist. Die meisten Schriftarten gibt es in wenigstens zwei Schriftstärken, normal und fett.
Die untenstehende Tabelle gibt neun übliche Schriftstärkenklassen mit ihren deutschen und englischen Bezeichnungen wieder. Die Benennungen der einzelnen Klassen steht dem Schrifthersteller natürlich frei. Manche Schriften sollen dünner oder fetter als andere wirken, darum ist die Einteilung in die Schriftstärkenklassen auch immer Geschmackssache. Häufig werden auch Bezeichnungen durcheinandergeworfen, gleiche Schriftstärken unterschiedlich benannt, oder dieselbe Bezeichnung für recht verschiedene Strichstärken verwendet. Es ist nicht unüblich, dass der 4. und nicht der 5. der Basisstil ist.
- Ultraleicht (Ultra Light; Ultra Thin)
- Extraleicht (Extra Light; Fein, Thin)
- Leicht (Light; Light Plain)
- Halbleicht (Semi Light; Mager, Semi Light Plain)
- Normal (Regular; Buch, Werk, Book, Medium, Plain, Roman)
- Halbfett (Semi Bold; Kräftig)
- Fett (Bold; Dreiviertelfett, Demi, Heavy)
- Extrafett (Extra Bold; Black)
- Ultrafett (Ultra Bold; Extra Black, Ultra)
Variation der Schriftzeichenbreite oder Dickte
Die Schriftbreite oder Schriftlaufweite, fachsprachlich Dickte genannt, bestimmt, wie breit die Buchstaben sind.
- Ultraschmal (Ultra Condensed)
- Extraschmal (Extra Condensed; Thin)
- Schmal (Condensed; Compressed, Narrow)
- Halbschmal (Semi Condensed)
- Normal (Regular)
- Halbbreit (Semi Expanded)
- Breit (Expanded; Extended)
- Extrabreit (Extra Expanded)
- Ultrabreit (Ultra Expanded)
Die Zählung kann auch von breit nach schmal erfolgen.
Variation der Schriftlage
Die Schriftlage oder Neigung gibt an, ob eine Schrift aufrecht steht oder geneigt ist. Eine mit der Leserichtung schräg gestellte Schrift heißt Kursive. Neben der Schrägstellung nach rechts gibt es in europäischen Schriften selten auch eine solche nach links. Mit der Neigung ändern sich auch die Formen der Kleinbuchstaben.
- Aufrecht (upright, normal)
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- Kursiv (italic für echte Kursive)
- Schräg, geschrägt, geneigt (slanted, oblique oder sloped roman für unechte Kursive, die lediglich einer schräg gestellten, aufrechten Schrift entsprechen)
Sonderformen
- Kontur (outline)
- Schattiert (shaded)
- Verzerrt (distorted)
Zu Sonderzeichensätzen (Kapitälchen, Ziffernformen, Ligaturen und anderes) siehe oben.
Mischformen
Alle denkbaren Schriftformen können prinzipiell miteinander kombiniert werden, was zu einer sehr großen Anzahl von theoretisch möglichen Schriftschnitten führt. Ein Beispiel ist die doppelte Auszeichnung einer Schrift durch einen fettkursiven Schriftschnitt.
Echte und künstlich generierte Schriftschnitte
In der professionellen Printproduktion sollten nur „echte“ Schriftschnitte verwendet werden. Dabei wird jedes einzelne Zeichen entsprechend der Charakteristik der Schrift entworfen. Künstliche, mit Computerprogrammen erzeugte Schriftschnitte genügen in den meisten Fällen nicht den ästhetischen Ansprüchen und bereiten u. a. beim Belichten Probleme. Deutlich unterscheiden sich zum Beispiel von Software schräg gestellte Buchstaben von den von einem Designer entworfenen Kursivschriften.
Siehe auch
Weblinks
- Artikel über Schriftstil im Lexikon der Typographie von Wolfgang Beinert
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