Schulschwänzen

Schulschwänzen

Schulverweigerung ist nach dem deutschen Schulrecht die Bezeichnung für eine wiederholte, ganztägige, unentschuldigte Abwesenheit von schulpflichtigen Schülern in der Schule.

Schulrechtlich gesehen macht es keinen Unterschied, ob ein Schüler bewusst und geplant über einen längeren Zeitraum Schulverweigerung betreibt (intentionale Schulverweigerung, Schulkritik) oder andererseits, ob er von Tag zu Tag aufs Neue entscheidet, der Schule fernzubleiben (funktionale Schulverweigerung).
Schulverweigerung wird je nach Bundesland, Schulamt oder der Dauer der Schulverweigerung unterschiedlich bestraft. Da sie aus unterschiedlichsten Motiven begangen wird und jeder Fall anders ist, fällen die Gerichte entsprechend individuelle Urteile.

Inhaltsverzeichnis

Funktionale Schulverweigerung bei Kindern und Jugendlichen

Als Schulverweigerer werden Kinder und Jugendliche bezeichnet, die nicht nur fallweise, etwa bei einer anstehenden Klausur oder Prüfung die Schule „schwänzen“, sondern über längere Zeiträume hinweg dem Unterricht fernbleiben. Die Zahl der Schulverweigerer wird für Deutschland mit etwa 300.000 angegeben.

Die Gründe für eine funktionale Schulverweigerung sind vielfältig. Bei Grundschülern kann es die Angst sein, das vertraute Elternhaus zu verlassen. Oft verweigern Schüler die Schule, um dem Stress durch Leistungsdruck und Schulnoten zu entfliehen. Manche Schüler verweigern die Schule aber auch aus Angst vor den Lehrern oder den Mitschülern heraus.

Ein weiterer Grund kann Unterforderung sein. So werden Hochbegabte, Kinder mit einem IQ über 130, die anfangs spielend leicht gute Zensuren bekamen, zu Verweigerern aus Protest gegen die Langeweile. Typische Anzeichen für Hochbegabung werden von Lehrern und Eltern oft fehlinterpretiert. So wird aus den nachlassenden Noten durch die Verweigerung, die schon während des Unterrichts beginnen kann, geschlussfolgert, dass zum Beispiel ein Wechsel auf eine nicht so anspruchsvolle Schulform angemessen sei. Damit wird die Unterforderung verschlimmert und der betroffene Jugendliche zieht sich immer mehr in sich zurück, entwickelt häufig sogar stärkere Formen des Protestes. Dies kann auch zu psychosomatischen Beschwerden führen.

Schulverweigerer holen sich oft Atteste von Ärzten oder von ihren Eltern und lenken damit von den psychologischen Ursachen der Schulverweigerung ab. Immer öfter beschäftigen sich Psychologen und Pädagogen bei Fachtagungen und in Arbeitskreisen der Kultusministerien mit dem Phänomen der Schulverweigerung. Darüber hinaus gibt es verschiedene Projekte, deren Ziel es ist, durch ein geeignetes Lernumfeld und individuelle Betreuung Schulverweigerern einen Schulabschluss zu ermöglichen.

Eltern als Schulverweigerer

Aus sehr unterschiedlichen Motiven treten Eltern bewusst und beabsichtigt als Schulverweigerer in Aktion, indem sie ihre Kinder bei der Verweigerung unterstützen (Kinderrecht) oder aber dazu anleiten bzw. nötigen (Elternrecht).

Kinderrechtliche Motive

Kinderrechtlich orientierte Eltern möchten ihrem Kind ermöglichen, nach seinem eigenen Plan aufzuwachsen und nicht unnötige Langeweile, Frustration, Über- oder Unterforderung im Schulunterricht erdulden zu müssen. In diesen Fällen geschieht eine Schulverweigerung immer auf ausdrücklichen Wunsch des Kindes bzw. als gemeinsame Entscheidung von Eltern und Kind. Oft sind negative Erfahrungen des Kindes wie zum Beispiel Mobbing in der Schule anlass für eine solche Entscheidung.

Elternrechtliche Motive

Meist streng religiöse Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder z. B. etwas über Sexualität erfahren, weil sie dies für schädlich oder für unvereinbar mit ihrer Kultur (z. B. islamische und christliche Fundamentalisten) halten.

Im Juli/August 2005 entzogen Gerichte in Ostwestfalen einigen baptistischen Eltern das Sorgerecht bezüglich schulischer Belange. Die Familien kamen einer eventuellen Vorführung der Kinder in der Schule durch die Polizei nach dem Ende der Sommerferien dadurch zuvor, dass sie ihre Kinder in Deutschland ab- und in Österreich oder Belgien wieder anmeldeten, wo keine Schulpflicht, sondern nur Unterrichtspflicht besteht.

Siehe auch


Literatur

  • Wolfgang Oelsner, Gerd Lehmkuhl, Schulangst. Ein Ratgeber für Eltern und Lehrer, Verlag Walter 2002, ISBN 3-530-40120-X
  • Karlheinz Thimm, Schulverweigerung, Beltz-Votum Verlag 2000, Münster
  • Titus Simon, Steffen Uhlig, Schulverweigerung. Muster, Hypothesen, Handlungsfelder, VS Verlag 2002, ISBN 381003584X

Weblinks


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