Schwergutschiff

Schwergutschiff
MV "Stellanova" 1x250t SWL Mastkran + 1x250t SWL Schwergutbaum

Schwergutschiffe sind Stückgutschiffe zur Beförderung extrem schwerer Ladegüter. Heutzutage werden solche Schiffe meistens den Mehrzweckfrachtern zugeordnet. Die häufig genutzte Bezeichnung lautet Heavy Lift Multi Purpose Dry Cargo Vessel, strengthened for heavy cargoes. In den meisten Fällen sind diese Schiffe mit entsprechend dimensionierten Schwergutbäumen oder -kränen ausgerüstet, die es ermöglichen, solch schwere Ladung zu laden und zu löschen. Die Kapazität dieser Krane liegt momentan bei Turmdrehkranen bei 700 Tonnen (SWL) (Schiffahrtskontor Altes Land (SAL)), bei Mastkranen (Jumbo Shipping) bei 900 Tonnen (SWL). Oftmals werden zwei Kräne im „Tandem“ genutzt, woraus sich die doppelte Hubfähigkeit ergibt.

Schwergutschiffe verfügen über besonders leistungsfähige Ballastpumpen, um während der Ladungsarbeit auftretende Krängungen schnell ausgleichen zu können, manche auch zusätzlich über Pontons. Um von der Brücke aus auch bei hohen an Deck verladenen Schwergütern eine ausreichend gute Sicht zu haben, sind bei Schwergutschiffen die Decksaufbauten bisweilen vorne angeordnet. Dies hat auch den Vorteil, dass die Decksaufbauten als Schutz für die oft empfindliche Deckslast fungieren können.

Auf Schwergutschiffen werden noch heutzutage sehr hohe Anforderungen an die klassische Seemannschaft gestellt: Da es sich um nicht standardisierte Ladung handelt, muss diese aufwendig berechnet und den Erfordernissen nach gelascht werden.

Inhaltsverzeichnis

Historie

Die DDG Hansa stellte in den 1920er Jahren einen erhöhten Bedarf an Schwergutverschiffungen im Rahmen ihres Liniendienstes nach Indien fest. Insbesondere wurde der Ruf nach Verschiffung von kompletten Lokomotiven für das im Ausbau befindliche Eisenbahnnetz Britisch-Indiens laut (vorher mussten die Lokomotiven zerlegt transportiert werden). Als Reaktion auf diese Nachfrage entwickelte die Hansa das erste Schwergutschiff der Welthandelsflotte, die Lichtenfels, die einer Klasse von vier Schiffen den Namen gab. Alle Schiffe der Lichtenfels-Klasse wurden bei Deschimag, Werk A.G. Weser gebaut und zwischen 1929 und 1930 in Dienst gestellt. Diese Schiffe hatten unter anderem im gemeinsamen Unterraum von Luke II und III Bahngleise und eine Verschiebebühne. Die größte Neuerung war jedoch der bis zu 120 Tonnen hebende Schwergutbaum, der diese Schiffe völlig unabhängig von land- oder seeseitigen Einrichtungen für den Schwergutumschlag machte.

Im Jahre 1953 setzte Hansa neuerlich Maßstäbe, als sie das erste Schwergutschiff mit Stülckengeschirr in Dienst stellte. Dieses Geschirr wurde von der Stülcken-Werft entwickelt. Es erreichte mit dem Umbau der Trifels zum Schwergutfrachter mit 2 x 320 t seinen Höhepunkt.

Ladungssicherung

Kettenlasching und Stopper-Platten

In den meisten Fällen wird eine Kombination aus form- und kraftschlüssigen Verfahren zur Ladungssicherung genutzt. Wenn möglich werden sog. Stopper-Platten direkt an Deck des Schiffes geschweißt, die an der Ladung anliegen (meistens jedoch mit dieser nicht fest verbunden), um ein Verrutschen zu vermeiden. Mithilfe von Draht- und Kettenlaschings wird die Ladung heruntergezurrt und bei entsprechenden Winkeln auch gegen Verrutschen gesichert.

Zum Einsatz kommen auch Spanngurte, diese werden allerdings hauptsächlich für kleinere Lasten eingesetzt und dann meist unter Deck, da die Spanner der Gurte bei Kontakt mit Seewasser recht schnell rosten und auch die Gurte selbst die UV-Strahlung der Sonne nicht sonderlich gut vertragen. Es wird beim Stauen und Laschen der Ladung auch sehr viel Stauholz eingesetzt, das unter die Ladungsteile gelegt wird, um die Reibung zu erhöhen. Des Weiteren wird mit Stauholz die Ladung durch pallen (abstützen) gegen andere Ladungsteile oder auch gegen die Bordwand gesichert. Generell wird das Sichern mit Ketten, Gurten und das Pallen mit Holz hauptsächlich bei leichteren Ladungseinheiten angewandt, während bei schweren Ladungsteilen ausschließlich Drahtlaschings und das Anschweißen von Stopperplatten/-trägern Verwendung findet.

Beim Laschen muss man die Ladung gegen das Verrutschen in Querschiffsrichtung als auch in Längsrichtung sichern. Des Weiteren muss man die Ladung noch gegen Kippen sichern. Die Kräfte, die beim Drehen des Schiffes um die Längschiffsachse entstehen, können durchaus die einfache Erdbeschleunigung (g) und mehr erreichen, obwohl man meist von der einfachen Erdbeschleunigung bei der Ladungssicherung ausgeht.

Ein Teil der Ladungssicherung erfolgt durch die Reibung des Ladungsteils auf dem Stauholz und dessen Reibung mit dem Schiffsdeck. Die restlichen Kräfte werden durch die Laschings aufgenommen.

Moderne Schwergutschiffe

< 700 t SWL

MPP Schwergutschiff 2x 150t SWL

Die heutigen Schwergutschiffe verfügen meist über zwei Turmdrehkrane mit einer Tragfähigkeit von je 60 Tonnen SWL bis zu zwei Krane mit einer Tragfähigkeit von 350 Tonnen SWL. Alle Schwergutschiffe haben die Möglichkeit, ihre Krane im Tandembetrieb zu betreiben, sie können also ein Ladungsteil mithilfe einer Traverse oder mit beiden Kranen anheben. Dadurch addieren sich die beiden Tragfähigkeiten der Krane. Sehr viele Schiffe verfügen über Krane mit einer Tragfähigkeit zwischen 60 und 80 Tonnen SWL. Höhere Tragfähigkeiten der Krane findet sich auf weniger Schiffen. Insbesondere Tragfähigkeiten ab 250 Tonnen SWL pro Kran kommen nicht häufig vor. Krane über 150 Tonnen SWL haben oft einen Hilfshub, ab einer Tragfähigkeit von 250 Tonnen SWL ist er fast immer vorhanden.

Die Tragfähigkeit der Schiffe bewegt sich zwischen 4.000 und 30.000 Tonnen, wobei die Schiffe über 15.000 Tonnen meist als Linienfrachter mit Schwergutgeschirr eingesetzt werden. Die kleineren Schiffe fahren meist in der Trampfahrt. Je höher die Tragfähigkeit der Krane ist, umso mehr werden die Schiffe speziell auf Schwergut zugeschnitten. Die Tragfähigkeit des Schiffes tritt in den Hintergrund, während Rauminhalt, Stabilität und die Festigkeit bzw. die Belastbarkeit der Decks wichtiger werden. Auch sind diese Schiffe meist mit einem dritten, kleineren Kran ausgestattet. Dieser dient, ähnlich wie die Hilfshübe der großen Krane, sowohl der Handhabung der Hebezeuge als auch zum Umschlag von Ladung. Meist wandert auch das Deckhaus von achtern nach vorne. Dieses bietet gleich mehrere Vorteile, die Sichtline kann nicht mehr durch Ladung verstellt werden, eine größere Wetterdecksfläche ist verfügbar (wichtig da oft Schlepper und ähnliches nicht mehr in den Raum passen) und die Ladung ist gegen Seeschlag geschützt.

Die Schiffe sind meist als Zwischendecker (Tweendecker) gebaut, das Zwischendeck ist in der Regel höhenverstellbar. Auch können solche Schiffe über eine Rampe verfügen, die es ihnen ermöglicht, auch rollende Ladung aufzunehmen.

> 700 t SWL

MS "Frauke" im Hamburger Hafen 2x700t + 1x350t SWL

Diese Schwergutschiffe haben meistens Turmdrehkrane oder Mastkrane. Die größten Schwergutschiffe mit Turmdrehkranen sind momentan die Schiffe des Schiffahrtskontor Altes Land (SAL). Das erste von vier Schwesterschiffen vom Typ 176 (Frauke, siehe Bild) wurde im Februar 2008 von der Werft J.J. Sietas abgeliefert (die nächsten drei folgen bis Ende 2008). Diese Schiffe verfügen über zwei NMF-Krane mit einer Tragfähigkeit von jeweils 700 Tonnen SWL (1400 Tonnen SWL im Tandem) und über einen dritten Kran mit einer Tragfähigkeit von 350 Tonnen SWL. Die nötige Stabilität für das Laden und Löschen von Schwergutladung wird über ein Ponton und Ballasttanks sichergestellt.


Jumbo Shipping und Biglift Shipping setzen auf Mastkrane von Huisman. Diese Krane unterscheiden sich von den Turmdrehkranen insofern, als sie einen feststehenden Mast haben, um den ein Drehkranz verläuft, der den Ausleger trägt. Diese Krane zeichnen sich durch einen niedrigen Schwerpunkt aus (die Winden stehen unter dem Mast) sowie durch die hohe Auslage. Das verdeutlichen folgende Zahlen:

Huisman 900 t-Kran

  • 900 t 6,5 - 25 m SWL
  • 800 t 28 m SWL
  • 570 t 35 m SWL

Fast alle Schwergutkrane sind mit einem oder mehrern Hilfshüben ausgerüstet, die sich meist im Bereich von 40 Tonnen SWL bewegen. Diese Hilfshübe werden meist für die Handhabung der Hebeausrüstung wie Traversen oder zum Laden und Löschen von entsprechend leichter Ladung verwendet.

In der letzten Zeit geht der Trend der Schwergutschifffahrt in Richtung Offshore. Das Unternehmen Jumbo Shipping hat zwei Schiffe die in der Lage sind, mithilfe ihrer Krane und unter Zuhilfenahme von Dynamic Positioning Offshore-Installationen im Öl- und Gas-Sektor vorzunehmen. Mit dem gleichen Schiff, das die Einheiten lädt und verschifft, werden diese dann auch installiert. Bisher sind diese Schritte unterteilt (ein Schwimmkran hebt die Einheiten auf ein Ponton, dieses schleppt ein Schlepper zu einem Spezialschiff, von dem aus diese dann installiert werden).

Die beiden für das Ausführen von Tiefwasserinstallationen ausgerüsteten Schiffe von Jumbo Shipping (Jumbo Javelin und Fairplayer) sind in der Lage, Installationen in folgenden Wassertiefen durchzuführen:

  • 800 t in 500 m Wassertiefe
  • 700 t in 1000 m
  • 600 t in 1500 m
  • 500 t in 2000 m

Diese Wassertiefen werden durch externe Windensysteme erreicht, die nicht in der Kransäule selber, sondern im Laderaum untergebracht werden. Bei Bedarf können diese auch mit einem Kompensator ausgestattet werden, der die vertikalen Bewegungen des Schiffes ausgleicht.

Dockschiffe (Semi Submersible)

Absenkbare Schwergutschiffe sind Schiffe, die sich zum Aufnehmen von Ladung absenken können, so dass die Ladung dann in den Laderaum eingeschwommen werden kann. Man kann hier zwei Typen unterscheiden: zum einen Schiffe ohne Laderaum, die nur über eine große Decksfläche verfügen (z. B. Dockwise), zum anderen Schiffe, die über einen Laderaum verfügen (Condock, Combilift und Rolldock).

Dockschiffe mit Laderaum

Diese Schiffe haben, wenn man von militärischen Schiffen absieht, ihren Ursprung in den Bargecarriern (Baco-Liner). Da sich dieses Konzept allerdings nicht durchsetzen konnte, wurden die als Zubringer für die großen Bargecarrier konzipierten Condock-Schiffe bald als Schwergutschiffe für besonders schwere rollende bzw. schwimmde Ladung eingesetzt.

Jahrelang wurden keine derartigen Schiffe mehr gebaut, bis 2008 das erste Dockschiff für Combilift von der Lloyd Werft abgeliefert wurde. Die Combidock I und ihre drei Schwestern, die bis Mitte 2009 zur Ablieferung kommen sollen, sind in der Lage, schwimmende Ladung mit einem Tiefgang von max. 4,50 m und einer Breite von maximal 18 m aufzunehmen. Da diese Schiffe mit offener Heckrampe und offenen Luke fahren dürfen, können sie auch Ladung transportieren, die in ihrer Länge und Höhe die Maße des Laderaumes, der 132 m x 18 m x 9,40 m groß ist, überschreitet. Die Heckrampe ist 12 m lang über kann mit 700 t belastet werden. Des weitern verfügen die Schiffe über drei Liebherr-Krane mit einer Tragfähigkeit von 2 x 350 t (700 t SWL im Tandem) und 1 x 200 t SWL. Die Schiffe sind vorbereitet für DP1.

Die neugegründete niederländische Reederei Rolldock lässt momentan sechs Dockschiffe in Indien bauen, von denen das erste Ende 2008 abgeliefert werden soll. Die Heckrampe dieser Schiffe, die 19 m x 9,5 m groß und mit 1600 Tonnen belastbar ist, ist verstellbar, was es erlaubt, maximal 4000 Tonnen schwere RoRo-Ladung an Bord zu nehmen. Im Gegensatz zu den Combidockschiffen kann diese Rampe vertikal in sechs verschiedene Positionen gebracht werden. Diese Schiffe können ebenfalls mit offenen Luken und offener Rampe fahren. Der Laderaum ist 116,2 m x 19,0 m x 8,1 m groß, der maximale Tiefgang für schwimmende Ladung beträgt 6 m, die maximale Breite 19 m. Diese Schiffe sind ebenfalls mit zwei 350 Tonnen SWL Kranen von Liebherr ausgerüstet.

Dockschiffe ohne Laderaum

Schwergutübernahme

Vor einer Schwergutübernahme (engl.: heavy lift) wird zuerst das Geschirr angeschlagen, d. h. die Traversen (falls sie benötigt werden) werden aus ihrer Stauposition geholt und die nötigen Schlingen/Drahtstroppen angeschlagen. Wenn das geschehen ist, werden die Krane über das Schwergutstück in Position gebracht und mit im verbunden. Dann wird unter Anweisung des Ladungsoffiziers erst einmal die Lose rausgeholt und soviel Last aufgenommen, bis sich das Schiff um einen Winkel von 1 bis 3° krängt. Anschließend wird entweder mit der Heelinganlage oder mit den normalen Ballastpumpen Ballast auf die andere Seite des Schiffes gepumpt. Dadurch wird das Schwergutstück weiter angehoben, bis es schließlich in der Luft schwebt. Danach wird es bis über die Bordwand gehoben und auf Deck oder im Laderaum abgesetzt.

Heutige Schwergutreedereien

Führende Schwergutreedereien

  • Niederlande:
    • Biglift Shipping
    • Rolldock
  • Dänemark:
    • Combilift

Weblinks & Quellen


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