Scratchen

Scratchen
DJ Stylewarz beim Scratching
Detailaufnahme

Unter Scratchen oder Scratching (vom Englischen „to scratch“ für „kratzen“) wird im Musikjargon die Erzeugung von Tönen durch rhythmisches Hin- und Herbewegen einer laufenden Schallplatte auf einem Plattenspieler bei aufgelegter Nadel verstanden. Dabei können die Töne mit dem Crossfader des Mischpultes rhythmisch ein- und ausgeblendet werden, um diese zu neuen Melodien zusammenzufügen. Die Schallplatte liegt dabei auf einer Slipmat, die es ermöglicht, die Schallplatte unabhängig vom Plattenteller zu drehen. Zumeist sind die verwendeten Plattenspieler darüber hinaus mit Tonabnehmern ausgestattet, die besonders robust und rillenstabil ausgelegt sind. Das Scratchen wurde 1975 von Grandwizard Theodore eingeführt und schnell zum festen Bestandteil des DJing in der Hip-Hop-Musik.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nach der Verbreitung des Scratchen innerhalb des Hip-Hop ab Ende der 1970er Jahre wurde es durch die Hit-Single Rockit von Herbie Hancock 1983 erstmal der breiten Öffentlichkeit bekannt. Das Scratch-Solo auf dem Sprachsample Scratch in der Mitte dieses Stückes machte dieses Sample zu einem häufig auf Scratchplatten wiederveröffentlichten Standard.

Vor allem in den letzten 2000er Jahren wurden eine Vielzahl unterschiedlicher Techniken (engl. Moves) zur Erzeugung bestimmter Klänge und Rhythmen entwickelt. Mittlerweile hat sich daraus und aus dem Beatjuggling eine eigene Kunstform gebildet, das Turntablism.

Neben den üblichen Schallplatten werden in auf DJs spezialisierten Plattenläden auch solche verkauft, die nur besonders zum Scratchen geeignete Töne und Beats beinhalten. Solche Scratchplatten, die üblicherweise von DJs zusammengestellt werden, nennt man Battle-Tools oder Battle-Wax.

Technik

Wichtig beim Scratchen ist die Auswahl des verwendeten Tones. Man unterscheidet hierbei zwischen Scratchen und Cutten. Beim Scratching wird das Scratchen als Musikinstrument eingesetzt. Der benutzte Ton tritt hierbei in den Hintergrund und das Scratchen an sich tritt in den Vordergrund. Beliebt sind hier Klänge mit hartem Attack wie der Tusch einer Gruppe von Bläsern, menschliche Stimmen und Synthesizereffekte.

Vom Cutten dagegen spricht man, wenn im Rahmen eines Songs ganze Textpassagen einer Gesangs- oder Rapspur gescratcht und wiederholt werden. Damit rückt das Scratchen an sich in den Hintergrund und die Inhalte der gescratchen Sprache werden Teil des Songs.

In der Hip-Hop-Musik wird häufig im Chorus gecuttet, wobei meistens die Inhalte des Songs in der gecutteten Zeile zusammengefasst werden.

Eine weitere Form des Scratchens ist das Scratchen reiner Schlagzeugparts, idealerweise eines Bass- und eines Snaredrumsounds in kurzer zeitlicher Folge. Daraus lassen sich dann durch Scratches neue Schlagzeugparts zusammensetzen bzw. laufende Schlagzeugparts ergänzen. Diese spezielle Technik nennt man Beatcutting.

Bekannte Moves

Baby

Die Platte wird im Takt zur Musik hin- und hergedreht. Der Crossfader bleibt dabei während der ganzen Zeit geöffnet, wird also nicht miteinbezogen.
Dieser Scratch wird auch „Wiggy Wiggy“ oder „Jiggy Jiggy“ genannt, weil er auch etwa so ähnlich tönt.

Drill

Wie beim Baby-Scratch wird nur die Platte rhythmisch bewegt, ohne den Ton mit dem Fader zu zerhacken.
Der Drill-Scratch ist dabei aber viel schneller und wird durch Anspannen des Unterarms ausgeführt.
Die Platte wird dadurch sehr schnell über einen sehr kurzen Plattenweg bewegt.

Drag

Ein Drag ist im Grunde ein Baby-Scratch, mit dem Unterschied, dass der zu scratchende Ton erst schnell angeschoben wird und dann abgebremst wird. Somit ändert sich der Ton (langsamer = tiefer; schneller = höher). Der Crossfader bleibt dabei geöffnet.

Stabs oder Punches

  1. Zu Anfang steht der Crossfader auf „aus“ und die Platte liegt am Anfang eines Tones.
  2. Platte vorwärts schieben und dabei den Crossfader kurz Richtung „an“ und sofort wieder Richtung „aus“ bewegen.
  3. Platte zurückziehen zum Anfang des Tones.
  4. Siehe 1.

Dadurch wird der Sound schnell abgespielt und die Rückwärtsbewegung wird ausgeblendet. Wenn die Platte nach mehreren Stabs losgelassen wird entsteht ein Stotter-Effekt (Beispiel: „Fre-Fre-Fre-Fresh!“).

Transform Scratch

Beim Transform Scratch oder Transformer wird ein langer Ton der Platte mit dem Crossfader in kleine rhythmische Staccato-Stücke „zerhackt“. In der einfachsten Variante wird während des „Zerhackens“ mit dem Fader der Ton der Platte einfach laufen gelassen, Erweiterungen sind dann das gleichzeitige schnelle oder langsame Zurückziehen der Platte sowie das Abspielen des Tons mit veränderter Geschwindigkeit (=Tonhöhe) per Pitch-Regler oder durch Anschieben/Bremsen/Auslaufenlassen der Platte. Ganze Melodien können so (nach-)gespielt werden.

Chirp

  1. Zu Anfang steht der Crossfader auf „aus“ und die Platte liegt am Anfang eines Tones.
  2. Platte vorwärts schieben und dabei den Crossfader Richtung „an“ bewegen.
  3. Am Ende des Tones den Fader schließen.
  4. Platte zurück ziehen und dabei den Crossfader Richtung „an“ bewegen.
  5. Am Ende des Tones den Fader schließen.
  6. Siehe 1.

Dadurch wird jeweils der Zeitraum, in dem die Platte durch das Ändern der Richtung langsamer wird (und damit der entstehende Ton tiefer), ausgeblendet und es entsteht ein gleichmäßiger Ton, der schnell ausgeführt an das Zwitschern eines Vogels erinnert, daher der Name Chirp.

Flare

  1. Zu Anfang steht der Crossfader auf „an“ und die Platte liegt am Anfang eines Tones.
  2. Platte vorwärts schieben und dabei den Crossfader kurz Richtung „aus“ und wieder zurück auf „an“ bewegen.
  3. Platte zurück ziehen und dabei den Crossfader kurz Richtung „aus“ und wieder zurück auf „an“ bewegen.
  4. Siehe 1.

Diese Technik ist nach ihrem Erfinder DJ Flare benannt. Bei der Vorwärts- und Rückwärtsbewegung der Platte lässt sich der Ton dabei einmal (1-klick-flare) oder zweimal (2-klick-flare) unterbrechen.

Orbit

  1. Zu Anfang steht der Crossfader auf „an“ und die Platte liegt am Anfang eines Tones.
  2. Platte vorwärts schieben und dabei den Crossfader zweimal kurz Richtung „aus“ und wieder zurück auf „an“ bewegen (offclick).
  3. Platte zurückziehen und dabei den Crossfader zweimal kurz Richtung „aus“ und wieder zurück auf „an“ bewegen.
  4. Siehe 1.

Dieser Move wird präziser auch Two-Click-Orbit genannt, der Ausdruck Orbit ist theoretisch nicht auf eine bestimmte Anzahl offclicks festgelegt.

Crab

Die Crab ist eine Art schneller Transform-Scratch, bei dem drei bis vier Finger über den Crossfader dribbeln und so ein sehr schnelles Staccato erzeugen.

  1. Der Crossfader steht auf „aus“ und wird locker mit dem Daumen in dieser Stellung gehalten.
  2. Während die Platte bewegt wird schiebt der kleine Finger den Fader kurz Richtung „an“.
  3. Den kleinen Finger locker lassen, so dass der Daumen den Fader wieder auf „aus“ stellt.
  4. Dasselbe mit Ring-, Mittel- und Zeigefinger wiederholen.

Die Technik erinnert an das Spielen von Kastagnetten. Crossfader mit verkürztem Öffnungsweg, die seit Ende der 1990er Jahre verfügbar sind, erleichtern und verbessern die Crab, da das Dribbeln den Fader nicht bis zur Mitte bewegt, sondern nur einige Millimeter.

Filme

  • Scratch, (Regie: Doug Pray), USA 2001. Dokumentation über Hip-Hop DJing bzw. Turntablism (englische IMDB Seite).

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