- Segmentierung (Ökonomie)
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Inhaltsverzeichnis
Begriff und Funktionen
Unter Segmentberichterstattung (Segment Reporting) oder Segmentpublizität wird im externen Rechnungswesen die ergänzende Veröffentlichung von Jahresabschlussinformationen aufgegliedert nach wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichen (operative Segmente) verstanden. Mit zunehmender Diversifikation eines Unternehmens sinkt der Informationsgehalt eines zusammenfassenden Jahres- oder Konzernabschlusses, weil diverse Branchen und verschiedene Regionen unterschiedliche Wachstumsraten, Risikoarten und Risikograde aufweisen.
Die Aggregation von Bestands- und Erfolgsgrößen heterogener Unternehmensbereiche führt nicht nur zu intransparenten Globalwerten, sondern es können sich sogar gegenläufige Entwicklungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage intern kompensieren. Die Folge sind Informationsdefizite sowie -verzerrungen bei den Jahresabschlussempfängern. Im Gegensatz zur Konsolidierung erfolgt in der Segmentberichterstattung eine Aufspaltung der in Einzel- oder Konzernabschlüssen aggregierten Daten, z. B. nach Produktsparten, geographischen Bereichen oder Profit Centern.
Interessenten
Jahresabschlussnutzer verfolgen individuelle Informationsinteressen, wobei allen ein elementares Interesse am Fortbestand des Unternehmens und der Erfüllung ihrer materiellen Erwartungen gemein sein dürfte. Art und Umfang der Segmentberichterstattung hängen daher sowohl von den Schutzbedürfnissen als auch dem Einfluss der Interessengruppen eines Unternehmens ab:
- Die Gruppe der Investoren, zu der neben aktiven und potenziellen Anteilseignern (Shareholder) ebenso auch Fremdkapitalgeber (Gläubiger) zu zählen sind, interessieren insbesondere die unternehmerischen Auslandsaktivitäten und deren Auswirkungen auf Risiko und Ertrag der Gesamtunternehmung. Die Kombination unternehmensspezifischer Daten mit extern verfügbaren Informationen erlaubt eine präzisere Abschätzung des Wachstumspotenzials, der Unsicherheit künftiger Cash Flows und des Kapitalwertes der Investition. Daneben kann die Segmentrechnung im Rahmen der Rechenschaftslegung der Unternehmensführung als wirksames Kontrollinstrument der Anteilseigner fungieren.
- Lieferanten, Kunden, Arbeitnehmer und andere Geschäftspartner (Stakeholder) sind wahrscheinlich weniger an der Gesamtunternehmung interessiert als vielmehr an dem Unternehmensbereich, der sie selbst am meisten betrifft. Mit Hilfe des Segmentberichtes können etwa bisherige und zukünftige Lieferer Anpassungen ihres Produktions- und Lieferprogramms oder Schlussfolgerungen über zukünftige Liefermöglichkeiten ableiten. Arbeitnehmer werden befähigt, die Zukunft ihrer Arbeitsplätze und Chancen verschiedener Unternehmensteile zu beurteilen.
- Nicht zuletzt ist die Segmentberichterstattung für den Staat und die Öffentlichkeit von Bedeutung. Obwohl in der Regel keine Zahlungsbemessungfunktion (beispielsweise zum Zwecke der Unternehmensbesteuerung) vorliegt, kann dennoch der ökonomische Beitrag von Unternehmensbereichen zu nationalen Standorten ermittelt werden. Aus Sicht der Öffentlichkeit erhöht jede Informationsveröffentlichung, die zu einer Wettbewerbsintensivierung führt, die volkswirtschaftliche Effizienz und damit letztlich den Wohlstand einer Gesellschaft.
Theoretische und empirische Begründungen
Entscheidungsrelevanz
Die durch aggregierte Abschlüsse vermittelten Informationen reichen jedoch für die von den Abschlussnutzern zu treffenden Entscheidungen nicht aus, da sie die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Segmente nicht abbilden. Insofern genügt hier das Informationsinstrument Jahres- bzw. Konzernabschluss allein nicht den als schutzwürdig anerkannten Informationsinteressen oder –anforderungen. Dabei ist es die zentrale Aufgabe der externen Rechnungslegung, sämtlichen Adressaten die für ihre ökonomischen Entscheidungen relevanten Informationen bereitzustellen.
Wenn durch veröffentlichte Daten objektivierbare Prognosen über die weitere Entwicklung eines Unternehmens, die Abschätzung von Erfolgspotenzialen und verlässliche Schlussfolgerungen über zukünftige Cash Flows ermöglicht werden, liegt Entscheidungsrelevanz vor. Erst die Offenlegung segmentierter Daten erlaubt den Entscheidungsträgern, die Struktur des Unternehmensengagements detailliert zu analysieren, daraus spezifische Risiken abzuleiten und somit die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Zahlungsmittelzuflüsse in betragsmäßiger und zeitlicher Hinsicht evaluieren zu können. Die Segmentberichterstattung als zusätzliches Informationsinstrument, das die informatorische Lücke zwischen Finanzberichterstattung und Unternehmensaktivitäten schließt, kann daher ebenso wie andere Finanzdaten entscheidungsrelevant sein.
Empirische Befunde und Auswirkungen
Segmentierte Daten sind nicht nur theoretisch entscheidungsrelevant, sie sind in der Praxis auch tatsächlich von Nutzen. So erhöht sich die Genauigkeit von Prognosen über die finanzwirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens, wenn an Stelle aggregierter Daten Segmentangaben benutzt werden. Dies bestätigen zahlreiche empirische Studien signifikant; andere empirische Forschungen zur Wirkung der Segmentpublizität haben daneben einen weiteren Effekt gezeigt: Abnahme des Beta-Faktors, d. h. die Kursschwankung einer Aktie im Verhältnis zur Veränderung des Gesamtmarktes. Von daher hat die Segmentberichterstattung auch einen unmittelbaren Effekt auf die Börsenbewertung eines Unternehmens. Sowohl die verbesserte Prognosefähigkeit als auch die Aktienmarkteffekte kommen den publizierenden Unternehmen dabei selbst zugute, beispielsweise in Form geringerer Kapitalkosten.
Entwicklung international maßgeblicher Normen
Financial Accounting Standards Boards und FAS 14/SFAS 131 par. 4
Bereits die Vorgängerinstitution des 1973 gegründeten US-amerikanischen FASB, das Accounting Principles Board (APB), empfahl 1967 die freiwillige Veröffentlichung nicht näher festgelegter Segmentinformationen, doch erst die US-Börsenaufsicht SEC verlangte ab 1969 spezifische Segmentangaben in den nach ihren Vorschriften aufzustellenden Abschlüssen. Daraufhin befasste sich auch das FASB mit der Segmentberichterstattung und gab 1976 FAS 14 „Financial Reporting for Segments of a Business Enterprise“ heraus. Im Jahr darauf passte wiederum die SEC ihre Vorschriften dem nun geltenden FAS 14 an, um die Finanzberichterstattung zu harmonisieren. Gegenwärtig gilt für in den USA börsennotierte Unternehmen SFAS 131 par. 4.
International Accounting Standards Board und IAS 14
Ebenfalls 1973 gegründet, ist das IASB ein privater Zusammenschluss der verschiedenen nationalen Berufsorganisationen der Wirtschaftsprüfer. Ziel ist es, die Rechnungslegungsvorschriften auf internationaler Ebene zu verbessern und anzugleichen, indem International Accounting Standards (IAS) erarbeitet und weltweit durchzusetzen versucht werden. Im Jahre 1981 wurde IAS 14 „Reporting Financial Information by Segment“ verabschiedet, der mittlerweile in der überarbeiteten Version IAS 14.3 (revised) gilt.
Europarechtliche und nationale Vorschriften
Mit der 4. (1978) und der 7. EG-Richtlinie (1983) hat die Segmentberichterstattung auch Einzug in das nationale (Konzern-)Bilanzrecht der EU-Mitgliedstaaten gehalten. Während Großbritannien und Irland von angelsächsischer Rechnungslegungsphilosophie geprägt sind und über die bezüglich der Segmentpublizität sehr rudimentären EG-Vorschriften hinausgegangen sind, haben sich die übrigen Mitgliedsländer – darunter auch Deutschland gemäß § 297 Abs. 1 Satz 2 HGB – auf die unbedingt notwendigen Anforderungen (Umsatzaufgliederung) beschränkt.
Das 1998 geschaffene DRSC und der von ihm getragene Deutsche Standardisierungsrat (DSR) haben als zuständige deutsche Standardisierungsorganisation am 20. Dezember 1999 den Entwurf für den Deutschen Rechnungslegungs Standard (DRS) 3 verabschiedet, der am 31. Mai 2000 vom Bundesministerium der Justiz im Bundesanzeiger (103, S. 10189 ff.) als "DRS 3 - Segmentberichterstattung" bekannt gemacht wurde. Änderungen dieses Standards erfolgten durch den DRÄS 1 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 2. Juli 2004, 121a) sowie den DRÄS 3 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger vom 31. August 2005, 164.
DRS 3 gilt für alle gesetzlich zur Segmentberichterstattung verpflichteten Mutterunternehmen einschließlich kapitalmarktorientierter Mutterunternehmen. Andere Unternehmen, die freiwillig Segmentberichterstattung betreiben, sind angehalten, DRS 3 zu beachten.
Disaggregationsansätze
Die segmentweise Aufspaltung aggregierter Daten bedarf einer vorherigen Gliederung (Strukturierung) der Unternehmensaktivitäten, wobei grundsätzlich folgende Disaggregationsansätze unterschieden werden:
Sektorale Segmentierung
Ein Ansatzpunkt ist die Abgrenzung von Tätigkeitsbereichen, z. B. güterbezogen (Produkte, Produktgruppen, Produktionsanlagen), organisatorisch oder gesellschaftsrechtlich (Sparten, Profit Center, Tochtergesellschaften) sowie branchenmäßig (Klassifizierung nach allgemeingültigen Kriterien, z. B. der Wirtschaftsstatistik).
Regionale Segmentierung
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Disaggregation nach räumlichen Aspekten, d. h. in aller Regel geographischen Bereichen mit gleichartigen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bedingungen, z. B. absatzmarktorientiert (Ort des Absatzes, der Verwendung oder Sitz der Kunden) oder produktionsbezogen (Unternehmensstandorte, Betriebsstätten).
Kombinierte Segmentierung
Neben einer isoliert voneinander vorgenommenen sektoralen und regionalen Aufspaltung ist auch eine kombinierte, zweistufige Segmentierung möglich. Diese Verknüpfung bietet sich insbesondere an, wenn ein Unternehmen in Form verschiedener Profit Center bzw. als Matrix-Organisation geführt wird, also bestimmte Tätigkeitsbereiche innerhalb abgegrenzter geographischer Gebiete agieren.
Umfang und Gegenstand der Segmentierung
Eine totale Segmentierung, bei der alle Wertgrößen lückenlos den gebildeten Segmenten zugerechnet werden, scheidet aus Kostengründen zumeist aus. Zweckmäßig ist eine partielle Segmentierung, bei der zentrale Bilanz- und Erfolgsgrößen, aber auch sonstige Daten (Investitionen, Beschäftigtenzahlen) aufgegliedert werden. Als Probleme der Segmentierung erweisen sich insbesondere die segmentweise Zurechnung von Gemeingrößen (Schlüsselung) und die Behandlung von unternehmensinternen Leistungsverflechtungen (Transferpreissetzung).
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