- Seitenhöhlchen-Kult
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Der Seitenhöhlchen-Kult war eine religiöse Verehrung der Seitenwunde Jesu durch die Herrnhuter Brüdergemeine in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die erotische Komponente der Wundenverehrung erklärt sich aus dem damaligen Verständnis des Abendmahls, nach dem das der Wunde entspringende Blut Jesus und die Gemeinde vereint, ähnlich wie Mann und Frau durch die Ehe vereint werden.
Mit der katholischen Herz-Jesu-Verehrung vergleichbar, geht der Kult wohl auf Christian Renatus von Zinzendorf, den Sohn des Pietisten und Gründers der Herrnhuter Brüdergemeine Nikolaus Ludwig von Zinzendorf zurück. Christian Renatus von Zinzendorf lebte in Herrnhaag, wo er eine Gemeinde leitete und sich der Lieddichtung widmete. Die Heilandsliebe ist zwar ohnehin wichtiger Bestandteil der Herrnhuter Theologie, Christian Renatus von Zinzendorf schwelgte aber in einer Christusmystik, die sich in Verniedlichungen wie Schätzchen, Seitenhöhlchen, Närrchen und Bräutel erging, die zur Gründung einer Schätzchengesellschaft lediger Glaubensschwestern führte und schließlich 1749 von Nikolaus Ludwig von Zinzendorf verboten wurde.
Als Zeugnis dieses Kultes gelten durch schwärmerische Metaphern geprägte Liedtexte. In einem Gesangbuch von 1746 heißt es beispielsweise noch: Seid Kreuz-Luft-Vögelein und Täucherlein, fahret ins Loch hinein, das ihm der Speer geritzet. Solche Passagen wurden später für anstößig gehalten und getilgt.
Weblinks
- NZZ Freitag, 26. Mai 2000 S.66 (PDF; 15 kB)
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