Selbstmanagementtherapie

Selbstmanagementtherapie

Die Selbstmanagement-Therapie ist eine Methode der Verhaltenstherapie, begründet von Frederick Kanfer. Im amerikanischen Sprachraum wird der Begriff self-management benutzt, der allerdings eher einen Sammelbegriff darstellt, der neben dem Ansatz von Kanfer auch weitere Therapieansätze beinhaltet. Allen gemeinsam ist, dass Klienten zu besserer Selbststeuerung angeleitet und möglichst aktiv zu einer eigenständigen Problembewältigung befähigt werden, die auf externe professionelle Hilfe verzichten kann.

Die dahinter stehende Sichtweise ist eng verknüpft mit Ansätzen der sozialen Lerntheorie, der Selbstkontrolle und Selbstregulation und der kognitiven Verhaltenstherapie bzw. mit den Namen Albert Bandura, Frederick Kanfer oder Donald Meichenbaum. Seit Kanfers Versterben ist der wichtigste Vertreter des therapeutischen Ansatzes der in Bamberg tätige Hans Reinecker. Dieser hat in seiner 1995 erschienenen deutschen Ausgabe des Kanfer-Buches "Selbstmanagement-Therapie" auch genau beschrieben, was die spezieller verstandene Bedeutung des Begriffes im Sinne Kanfers ausmacht. Er betont dabei, dass es v.a. um ein bestimmtes Verständnis des gesamten diagnostisch-therapeutischen Prozesses geht, der weniger im Anwenden bestimmter Selbstregulationsmethoden besteht, sondern eine generelle Therapeutenhaltung und ein 7-phasiges Prozessmodell für die systematische Umsetzung von Veränderungen in die Praxis beinhaltet. Sie besitzt eine spezielle Behandlungsphilosophie, ein spezielles Menschenbild, eigene theoretische Grundannahmen, sowie einen eigenen Bezug auf Befunde der psychologischen Grundlagenforschung, aus denen sich eigene praktische Umsetzungen ergeben. Selbstmanagementtherapie ist keine Anleitung zu Egoismus oder rücksichtsloser Selbstdurchsetzung, keine Verhaltensmodifikation mit anderem Namen in humanistischer Verkleidung und hat nichts mit "Management" oder dem Wirtschafts-und Geschäftsleben zu tun. Es ist kein Allheilmittel, keine neue Therapieschule, bedeutet weder für den Therapeuten noch für den Klienten Verantwortungslosigkeit, hat feste Grenzen und ist weder offen noch für alles wertfrei. Unter Therapie wird die Umsetzung eines systematischen Veränderungsprozesses verstanden, der an den Problemen des Patienten ansetzt, deren jeweilige Bedingungen analysiert, Therapieziele zu klären versucht und sich im weiteren Verlauf an diesen orientiert, sich dabei anhand der jeweils eintretenden Ergebnisse selbst steuert, bis ein Optimum erreicht ist. Dabei besitzt der Patient immer ein hohes Maß an Selbstverantwortung, Prozessorientierung, Ziel- und Motivationsklärung, bis er endlich auch durch die strukturierte Anleitung zur Selbststeuerung wieder ohne therapeutische Unterstützung leben kann.

Selbstmanagement-Fertigkeiten sind z.B. Selbstbeobachtung, Selbstinstruktionen, Zielklärung und -setzung, Selbstverstärkung, Selbstkontrolle. Selbstmanagement-Strategien können in einer Psychotherapie oder eigenständig mit Hilfe von Selbsthilfe-Manualen und Ratgeberbüchern erlernt werden. Voraussetzung dafür ist das Erkennen von Defiziten und die Bereitschaft, an sich zu arbeiten. Wichtig sind - ein konkretes Ziel - ein realistisches Ziel - ein Ziel, das der Betroffene selbst kontrollieren kann - eine Belohnung bei Zielerreichung.

Außerhalb der Selbstmanagement-Therapie bezeichnet der Begriff „Selbstmanagement“ in der Managementliteratur das Management der eigenen Person beziehungsweise des eigenen Handelns. In diesem Zusammenhang steht der Ausdruck beispielsweise für das persönliche Zeitmanagement (einschließlich der Setzung von Prioritäten, Planung und effektivem Handeln) in Bezug auf die persönliche Lebensplanung im Privat- und Berufsleben.


Inhaltsverzeichnis

Philosophische und praktische Basisannahmen

Langfristige Oberziele der Therapie sind Autonomie und Selbstregulation, da davon ausgegangen wird, dass das menschliche Streben nach Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, Selbstregulation und Selbstständigkeit Ziele darstellt, die im Rahmen der SM-Therapie angestrebt werden. Dabei wird von einer aktiven Rolle des Menschen ausgegangen, in deren Rahmen an einer Maximierung der persönlichen Freiheit gearbeitet wird. Dabei wird von einer ganzheitlichen Konzeption des Person-Modells mit einem prinzipiellen Pluralismus der Werte, Anschauungen und Lebensstile ausgegangen, bei der Raum bleibt für die Entwicklung individueller Ziele und Lebensvorstellungen, die sich dynamisch ändern können. Diese Fähigkeit ist nicht angeboren, sondern prinzipiell lernbar. Praktisch bedeutet das den Versuch, die Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung des Patienten zu maximieren und das Prinzip der minimalen Intervention zu befolgen. Der Therapeut schreibt dem Patienten nicht vor, was Probleme oder Therapieziele sein könnten, sondern entwickelt diese gemeinsam mit diesem.

Das 7 Phasen-Modell der Selbstmanagement-Therapie

Für den Ablauf einer Sitzung schlägt Kanfer ein Vorgehen in sieben Phasen vor:

1. Eingangsphase – Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen

2. Aufbau von Änderungsmotivation und (vorläufige) Auswahl von Änderungsbereichen

3. Verhaltensanalyse: Problembeschreibung und Suche nach aufrechterhaltenden Bedingungen

4. Klären und Vereinbaren therapeutischer Ziele

5. Planung, Auswahl und Durchführung spezieller Methoden (als Mittel zum Ziel)

6. Evaluation der Fortschritte

7. Endphase – Erfolgsoptimierung und Abschluss der Beratung/Therapie

(nähere Erläuterungen in Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 2006)

Die 11 Gesetze der Selbstmanagement-Therapie

Kanfer gibt elf Anweisungen für den Therapeuten / die Therapeutin, welche aus seiner Sicht den Therapieerfolg fördern:

1. Verlange niemals von Klienten, gegen ihre eigenen Interessen zu handeln.

2. Arbeite zukunftsorientiert, suche nach konkreten Lösungen und richte die Aufmerksamkeit auf die Stärken von Klienten.

3. Spiele nicht den „Lieben Gott“, indem du Verantwortung für das Leben von Klienten übernimmst.

4. Säge nicht den Ast ab, auf dem die Klienten sitzen, bevor du Ihnen geholfen hast, eine Leiter zu bauen, auf der sie herabsteigen können.

5. Klienten haben immer recht.

6. Bevor du ein problematisches Verhalten nicht konkret vor Augen hast, weißt du nicht, worum es eigentlich geht.

7. Du kannst nur mit Klienten arbeiten, die anwesend sind.

8. Peile kleine, machbare Fortschritte von Woche zu Woche an und hüte dich vor utopischen Fernzielen.

9. Bedenke, dass die Informationsverarbeitungskapazität von Menschen begrenzt ist.

10. Wenn du in der Beratungs-/Therapiestunde härter arbeitest als Deine Klienten, machst du etwas falsch.

11.Spare nicht mit Anerkennung für die Fortschritte von Klienten.

(nähere Erläuterungen in Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 2006)

Literatur

Schmelzer, D., „Hilfe zur Selbsthilfe“: Der Selbstmanagement-Ansatz als Rahmenkonzept für Beratung und Therapie, Beratung Aktuell, 4, 2000 [1]

Kanfer, F.H., Reinecker, H & Schmelzer, D., Selbstmanagement-Therapie, Ein Lehrbuch für die klinische Praxis, Springer, 2006, ISBN 3-540-66446-7

Borg-Laufs, M. & Hungerige, H., Selbstmanagementtherapie mit Kindern, Ein Praxishandbuch, Pfeiffer, 2005, ISBN 3-608-89741-0

Sadowski, P. "Der mündige Trinker", Selbstmanagement-Therapie für Alkoholkranke, dgvt-verlag, 2007, ISBN 978-3-87159-066-5


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