- Selen-Gleichrichter
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Ein Selen-Gleichrichter ist ein veralteter Gleichrichter aus Halbleiterdioden auf der Basis des halbleitenden Selen.
Das Selen wird zur Herstellung einer Diode als Schicht auf einer vernickelten Eisen- oder einer Aluminium-Trägerplatte aufgebracht. Die Deckelektrode besteht aus einer niedrig schmelzenden Zinnlegierung, die ihrerseits mittels Kontaktfedern z. B. auf einem Gewindebolzen zu einem Diodenstapel, dem Selen-Gleichrichter, zusammengeschaltet werden kann.
Selen-Gleichrichter finden heute kaum noch Anwendung und sind weitgehend durch Halbleitergleichrichter aus Germanium und später aus Silizium ersetzt worden.
Inhaltsverzeichnis
Bauformen
Selen-Gleichrichter wurden oft als Brückengleichrichter (Halb- und Vollbrücke) aufgebaut, die elektrischen Anschlüsse wurden als Lötfahnen zwischen den Metallplatten herausgeführt. Bei dieser Konstruktion wurden die einzelnen Diodenplatten mit Kontaktfedern und Isolierscheiben in einer Achse auf einem Gewindestab montiert. Teilweise wurden auch zwei getrennte Deckelektroden auf einer Platte realisiert, sodass auf einem Blech zwei Dioden mit gemeinsamer Kathode entstanden. Diese Bauform erforderte zur Montage zwei parallele Gewindestäbe.
Auf der Basis von Selen wurden auch Dioden für kleine Ströme bis zu Sperrspannungen von etwa 20 Kilovolt gefertigt. Sie bestanden aus einer großen Zahl hintereinander in einem Rohr untergebrachten bzw. gestapelten Selendioden kleiner Fläche (ca. 1 mm2). Sie dienten u.a. zur Erzeugung der Anodenspannung für die Bildröhre in Fernsehgeräten und waren als „Selenstab“ bekannt.
Selenstäbe für geringere Spannungen waren entsprechend kürzer und oft aus Hartpapier gefertigt; für einen Maximalstrom von 10 mA hatten sie z. B. 10 mm Durchmesser - sie waren also gegenüber Siliziumdioden vergleichsweise riesig. Weiterhin wurden großflächige Selen-Fotodioden (ca. 4 cm2, transparente Deckelektrode ähnlich Solarzellen) zum Einsatz in Belichtungsmessern gefertigt.
Kleine Selengleichrichter für Ströme um 10…100 mA wurden auch aus mit einer Klammer zusammengehaltenen Platten gefertigt, ganz kleine Gleichrichter wurden in Kunststoffgehäuse vergossen. Antiparallel zusammengeschaltete Selendioden wurden auch als sogenannte Gehörschutzdioden in Telefonen eingesetzt; sie begrenzten durch ihre nichtlineare, jedoch „weiche“ Kennlinie Knackgeräusche auf ein erträgliches Maß, ohne starke Verzerrungen bei lauten Gesprächen hervorzurufen.
Geschichte
Der gleichrichtende Effekt einer Selenschicht auf Metall wurde 1874 von dem deutschen Physiker Karl Ferdinand Braun entdeckt. Größere wirtschaftliche Bedeutung erlangte dieser Gleichrichter allerdings erst Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts.
Selengleichrichter wurden, wie auch die seit 1925 bekannten Kupferoxydul-Gleichrichter, Trockengleichrichter genannt, da es früher auch elektrolytische Verfahren zur Gleichrichtung gab. 1927/28 entwickelt Ernst Presser bei TeKaDe den Selen-Gleichrichter (DRP 501228).
Selengleichrichter wurden vereinzelt ab ca. 1930 und verbreitet noch bis nach Erfindung des Siliziumgleichrichters 1952 verwendet, um kleine bis mittlere Ströme und Spannungen u.a. in Röhrenradios (Anodenspannung) oder Ladegeräten gleichzurichten - Germaniumdioden hatten ebenfalls nur geringe Sperrspannungen, konnten jedoch nicht in Reihe geschaltet werden; Siliziumdioden hatten zwar hohe Sperrspannungen, waren jedoch anfangs teuer. Unter anderem als Hochspannungsgleichrichter waren „Selenstäbe“ mindestens noch bis 1978 gebräuchlich.
Selen-Gleichrichter besitzen gegenüber der früher zur Anodenspannungserzeugung (200…300 V) in Radios eingesetzten Elektronenröhre (Gleichrichterröhre) den Vorteil einer größeren Lebensdauer und des Wegfalls der Kathodenheizung. Mit dem Selengleichrichter stand jedoch nun insbesondere auch für Niederspannung ein wesentlich effektiverer Gleichrichter zur Verfügung, als es die bis ca. 1930 eingesetzten Kupferoxydul-Gleichrichter waren. Kupferoxydul-Gleichrichter wurden jedoch aufgrund ihrer geringen Flussspannung bis ca. 1950 weiterhin als Messgleichrichter gefertigt.
Aufbau
Noch lange nach seiner Erfindung war die genaue innere Struktur des Selengleichrichters ungeklärt. Zunächst muss das Selen auf der Trägerplatte mit Wärme und Druck in die kristalline Form gebracht werden. Halogenzusätze verbessern die Leitfähigkeit. Danach erfolgt das Aufschmelzen der Kontaktelektrode und anschließendem Formungsprozess, bei dem Cadmium in das Selen diffundiert. Kristallines Selen stellt einen n-Leiter dar und Cadmiumselenid ist ein p-Leiter, weswegen sich zwischen den beiden Stoffen ein p-n-Übergang, also eine Sperrschicht, ausbildet[1].
Elektrische Eigenschaften
Die Plattengröße eines Selengleichrichters bestimmt dessen Stromtragfähigkeit - es wurden Platten mit einer Größe bis etwa 400 cm2 gefertigt, die einen Nennstrom von ca. 20 Ampere hatten. Sein Einsatzgebiet waren daher unter anderem auch Stromversorgungen zur Ladung von Akkumulatoren.
Einzelne Selen-Gleichrichter-Platten besitzen je nach Fertigungsverfahren eine maximale Sperrspannung von 15 V bis ca. 30 V pro Element. Für höhere Sperrspannungen können mehrere Platten bzw. Dioden in Serie geschaltet werden. Die Strom-Spannungs-Kennlinie hat im Durchlassbereich im Gegensatz zu Silizium-Gleichrichtern einen sehr flachen Verlauf. Daher konnten kleine Selendioden auch als Messgleichrichter eingesetzt werden. Der differentielle Innenwiderstand von Selendioden ist jedoch höher als derjenige von Siliziumdioden. Höhere Spannungen als etwa 20 Volt konnten nur mit in Reihe geschalteten Elementen gleichgerichtet werden.
Die thermischen Verluste eines Gleichrichters sind daher vergleichsweise hoch, die Verlustwärme wird jedoch durch die Metallplatten effektiv an die Umgebung abgegeben. Diese entlang einer Achse auf einer oder zwei Gewindestangen aufgebrachten Metallplatten verleihen diesem Bauteil auch sein typisches Aussehen, wie im Bild oben zu sehen ist.
Selengleichrichter haben relativ große Sperrströme, verhalten sich jedoch relativ robust bei Sperrspannungsüberschreitung, solange die Verlustleistungsgrenze nicht überschritten wird. U.a. daher wurden sie noch lange Zeit nach der Erfindung der Siliziumdiode als Hochspannungsgleichrichter in Fernsehern eingesetzt - sie überstanden hier besser die bei einem Hochspannungsüberschlag in der Bildröhre auftretenden kurzzeitigen Überspannungen und -ströme.
Ein Vorteil der „weichen“ Kennlinie von Selengleichrichtern sowie deren hoher Plattenkapazität war, dass sie kaum Störemissionen hervorrufen und aufgrund des größeren Stromflusswinkels eine geringere Zusatzbelastung für den speisenden Transformator darstellen. Demgegenüber müssen Siliziumgleichrichter oft entstört werden und verursachen auch dann starke Verzerrungsblindleistungen. Je nach Leistung wurden die Gleichrichter in verschiedenen Größen gefertigt - höherer Strom erforderte größere Platten, höhere Spannung längere Plattenstapel.
Einzelnachweise
- ↑ Kai Christian Handel: Anfänge der Halbleiterforschung und -entwicklung. 29. Juni 1999, abgerufen am 12. Februar 2011 (pdf).
Weblinks
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Commons: Selenium rectifiers – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- http://www.radiomuseum.org/forumdata/upload/328-332_Trockengleichrichter.pdf (PDF-Datei; 242 kB)
- http://www.uibk.ac.at/exphys/museum/de/details/electr/selengleich.html
Kategorien:- Leistungselektronik
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