Serratkuli

Serratkuli

Unter Serratkuli oder Serhad Kulu (deutsch wörtlich „Diener des Grenzlandes“, etwa „Grenzsoldaten“; v. persisch ‏سرحد‎ serhad, ‚Grenze‘; türkisch kul, „Knecht, Diener, Sklave“), auch yerli kulu (yerel „örtlich, regional“)[1] oder eyâlet askerleri (eyâlet, „Provinz“; asker, „Soldat)“[2] versteht man einen Truppenteil der Armee des Osmanischen Reiches.

Inhaltsverzeichnis

Gliederung

Diese Feudaltruppen der Provinzen bildeten den zahlenmäßig größten Teil des Heeres, sie konnten bis zu 250.000 Mann umfassen. Die Serratkuli gliederten sich in die Einheiten aus Anatolien (Anadolu eyaleti) und Rumelien (Rumeli eyaleti). Sie bestanden aus Infanterie und Kavallerie (Sipahis). Die Artillerie (Topçu) lag zwar in den Kasernen von Anatolien und Rumelien, unterstand aber der Kapıkulu-Truppe und somit direkt dem Sultan. Die Kavallerietruppe rekrutierte sich aus den schwerbewaffneten Sipahis, den Inhabern der Timar-Lehen (etwa 30.000 Mann), sowie aus der von den Timarioten aufgebotenen leichten Reiterei (80.000 bis 100.000 Mann).[2]

Akıncı führen Gefangene als Beute in die Sklaverei

Die anatolischen Truppen bildeten in der Schlachtordnung den linken, die rumelischen den rechten Flügel vor dem Zentrum, der Sultansschanze. Kommandant war der jeweilige Beylerbey, die einzelnen Einheiten wurden von ihren Sandschakbeys angeführt. Zur persönlichen Reiterei der Beylerbeys und Sandschakbeys, von ihnen rekrutiert und besoldet, zählten die Deli (die „Tollkühnen“) und die Gönüllü (die „Beherzten“), eine leichte Kavallerie, die im Felde als Leibwache der Beys diente. Ihr Oberst war der Delibaşı. Eine ebenfalls aus der Provinzbevölkerung rekrutierte irreguläre Infanterie waren die Seğbân. Im Felde war der Serçeşme (der „Heerführer“) Oberbefehlshaber aller Seğbân.[3]

Auf den Außenflügeln kämpften die Hilfstruppen der Vasallenstaaten, z.B. die Krieger aus Siebenbürgen,[4] dem Khanat der Krim, Moldau, dem Fürstentum Walachei, usw. Mit einem Vorsprung von zwei bis drei Tagen schwärmten vor dem Heer die Renner und Brenner (Akıncı) als Kundschafter aus, die keinen Sold bezogen und im Feindesland von Raub, Plünderung und Sklavenhandel lebten.[5] Der Siegelbewahrer Hasan Ağa nennt 1663 allerdings nur mehr die Tataren als Streiftruppe, ebenso 1683 der Zeremonienmeister der Hohen Pforte in seinem Tagebuch.

Siehe auch

Liste osmanischer Titel

Literatur

  • Ferenc Majoros, Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922. Die Geschichte einer Großmacht. Weltbild-Verlag, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-0336-3.
  • Hans Miksch: Wir sehen uns beim Goldenen Apfel. Voraussetzungen, Grundlagen und frühe Entwicklung des Osmanischen Reiches. In: Der Kampf der Kaiser und Kalifen. Bd. 1, Bernard & Graefe, Koblenz 1986, ISBN 3-7637-5472-5.
  • Bertrand Michael Buchmann: Österreich und das Osmanische Reich. Eine bilaterale Geschichte. WUV-Universitätsverlag, Wien 1999, ISBN 3-85114-479-1.
  • Erich Prokosch (Übersetzer): Krieg und Sieg in Ungarn. Die Ungarnfeldzüge des Grosswesirs Köprülüzâde Fâzil Ahmed Pascha 1663 und 1664 nach den „Kleinodien der Historien“ seines Siegelbewahrers Hasan Ağa. aus der Reihe Osmanische Geschichtsschreiber. Bd. 8, Verlag Styria, Graz, Wien, Köln 1976, ISBN 3-222-10470-0.
  • Richard Franz Kreutel (Übersetzer): Kara Mustafa vor Wien. Das türkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683, verfasst vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte. aus der Reihe Osmanische Geschichtsschreiber. Bd. 1, Verlag Styria, Graz-Wien-Köln 1955, Erste Auflage.

Einzelnachweise

  1. Hans Miksch: Wir sehen uns beim Goldenen Apfel. Voraussetzungen, Grundlagen und frühe Entwicklung des Osmanischen Reiches. In: Der Kampf der Kaiser und Kalifen. Bd. 1, Bernard & Graefe, Koblenz 1986, ISBN 3-7637-5472-5, Tabelle S. 379.
  2. a b Bertrand Michael Buchmann: Österreich und das Osmanische Reich. Eine bilaterale Geschichte. WUV-Universitätsverlag, Wien 1999, ISBN 3-85114-479-1, S. 84.
  3. Richard Franz Kreutel (Übersetzer): Kara Mustafa vor Wien. Das türkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683, verfasst vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte. aus der Reihe Osmanische Geschichtsschreiber. Bd. 1, Verlag Styria, Graz-Wien-Köln 1955, Erste Auflage, S. 182,184,192.
  4. Erich Prokosch: Krieg und Sieg in Ungarn. Die Ungarnfeldzüge des Grosswesirs Köprülüzâde Fâzil Ahmed Pascha 1663 und 1664 nach den „Kleinodien der Historien“ seines Siegelbewahrers Hasan Ağa. In: Osmanische Geschichtsschreiber. Bd. 8, Verlag Styria, Graz, Wien, Köln 1976, ISBN 3-222-10470-0, S. 112ff.
  5. Erich Prokosch (Übersetzer): Krieg und Sieg in Ungarn. Die Ungarnfeldzüge des Grosswesirs Köprülüzâde Fâzil Ahmed Pascha 1663 und 1664 nach den „Kleinodien der Historien“ seines Siegelbewahrers Hasan Ağa. aus der Reihe Osmanische Geschichtsschreiber. Bd. 8, Verlag Styria, Graz, Wien, Köln 1976, ISBN 3-222-10470-0, S. 82.

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