Silberpfeile

Silberpfeile

Silberpfeil war die inoffizielle Bezeichnung der deutschen Grand-Prix-Rennwagen von Mercedes-Benz und Auto Union von 1934 bis 1939. Auch der von Mercedes-Benz in der Formel 1 von 1954/55 eingesetzte W196 und der 1952 und 1955 werkseitig eingesetzte Sportwagen 300 SL(R) (W194) wurden so genannt.

Durch die Überlegenheit dieser Fahrzeuge im internationalen Automobil-Rennsport, die nicht zuletzt auf der akribischen Vorbereitung sowie der guten Arbeit der Mechaniker beruhte, wurde der Begriff „Silberpfeil“ zum Mythos. Für immer verbunden mit der Ära dieser der Konkurrenz überlegenen Rennwagen sind die Namen Rudolf Caracciola, Bernd Rosemeyer, Tazio Nuvolari sowie später Stirling Moss und Juan Manuel Fangio. Hermann Lang fuhr sowohl vor als auch nach dem Krieg für die Stuttgarter im Großen Preis von Deutschland.

Heutzutage werden die seit 1997 teilweise silberfarben lackierten Rennwagen von McLaren-Mercedes wiederum gerne als Silberpfeile bezeichnet, ebenso wie die GT-Rennwagen Mercedes-Benz CLK-GTR und Mercedes-Benz CLR der späten 1990er Jahre.

Inhaltsverzeichnis

Namensursprung

Steiger (Auto) in weiß bei der Targa Florio, ca. 1925. Man beachte das D-Schild sowie das amtliche Kennzeichen III Y für den Donaukreis in Württemberg
Beim Avusrennen 1932 hatte Manfred von Brauchitsch seinen Mercedes SSKL Nr. 31 mit unlackierten Alublechen verkleidet, er gewann das Rennen

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in internationalen Motorsport-Wettbewerben zur Kennzeichnung der nationalen Herkunft eines Teilnehmer für dessen Wagen entsprechende Kennfarben eingeführt, wobei meist an bereits bestehende Traditionen angeknüpft wurde. Dabei wurde Weiß die Farbe von Deutschen bzw. deren Rennwagen, ähnlich wie auch deutsche Sportmannschaften meist diese Farbe tragen. Weiß lackierte Wagen von Benz und Mercedes errangen Siege beim Großer Preis von Frankreich 1914 bzw. in diversen Rennen in den 1920er Jahren. Allerdings wurden die beiden Mercedes-Siege bei der Targa Florio mit rotem Lack erzielt, da der erste Sieg 1922 ein Italiener errungen hat, und man dann für den zweiten Sieg 1924 auch den deutsche Werksfahrer Lautenschlager als Einheimischen tarnte. So kam es, dass 1925 zwei unterschiedlich[1] lackierte Werkswagen auf der Solitude-Rennstrecke antraten. Noch heute setzen BMW und auch wieder Porsche werksseitig vornehmlich diese Grundfarbe ein.

Bei nationalen Rennen war keine internationale Rennfarbe gefordert, bei internationalen wurden Ausnahmen gemacht. Beim Avusrennen 1932 hatte Manfred von Brauchitsch seinen Mercedes-Benz SSKL mit unlackierten Alublechen verkleidet, er gewann das Rennen überraschend, wobei der Radiosprecher vom "silbernen Pfeil"[2] sprach.

Im Jahre 1934, anlässlich der Einführung eines Maximalgewichtes von 750 kg für Grand-Prix-Rennwagen, tauchten die GP-Rennwagen von Mercedes-Benz und Auto Union in Silber auf, und zwar erstmalig auf der Avus 1934. Vorher in anderen Motorsportsegmenten tätig, sollten am 27. Mai 1934 die von der Auto Union entwickelten Rennwagen auf der AVUS in Berlin auch erstmals in Silber an den Start gehen. Historisch ungeklärt ist, warum sie von Beginn an silberfarbig waren. An diesem Tag blieben die Mercedes-Startplätze jedoch leer, da schon im Training Probleme mit der Benzinzufuhr aufgetreten waren, die sich in der kurzen Zeit nicht beheben ließen. Auto Union hatte auch Probleme, nur der dritte Platz wurde erreicht, hinter zwei Alfa Romeo von Ferrari. Das darauffolgende Eifelrennen war international ausgeschrieben, es hatte Pioniercharakter, für Deutschland vor heimischen Publikum in Silber anzutreten. Manfred von Brauchitsch gewann das Eifelrennen 1934. In der Presse war bald von „Silberpfeilen“ (Mercedes-Benz) oder „Silberfischen“ (Auto Union) die Rede.

Wie es heißt, beruht die Entstehung des Begriffs „Silberpfeile“ auf einer Verlegenheitslösung: Bereits im Oktober 1932 hatte die internationale Sportbehörde das Gesamtgewicht der Formel-Rennwagen für die Jahre 1934 bis 1936 auf 750 kg (ohne Fahrer, Kraftstoff, Öl, Wasser und Reifen) festgelegt, um leichtere und leistungsschwächere Fahrzeuge als die bisherigen zu erzwingen. Nach dieser Vorgabe entwickelte Mercedes-Benz den W 25, der jedoch bei der technischen Abnahme zum Eifelrennen auf dem Nürburgring am 3. Juni 1934 nicht 750, sondern 751 kg wog. Rennleiter Alfred Neubauers Ausspruch „Nun sind wir die Gelackmeierten!“ soll Fahrer Manfred von Brauchitsch auf die Idee gebracht haben, den weißen Lack abzuschleifen, um das Gewicht auf das zulässige Limit zu verringern. Über Nacht schrubbten daraufhin die Mechaniker den Lack von den Wagen. Dabei sei das silbern glänzende Aluminiumblech zum Vorschein gekommen, das dem W 25 und seinen Nachfolgern den Namen „Silberpfeil“ gab. In anderen Quellen ist zu lesen, dass nach dem Abschleifen ein hauchdünner Silberfarbfilm aufgetragen worden sei.[3]

Manfred von Brauchitsch bestätigte die Geschichte in einem Interview wenige Jahre vor seinem Tod. Laut SWR-Autor Eberhard Reuß jedoch sollen zeitgenössische Schwarz-Weiß-Fotos des Fotografen Heinz von Perckhammer zeigen, dass die Wagen von Anfang an silberfarben waren.

Weit gefasst versteht man unter dem Namen Silberpfeil auch die Hochgeschwindigkeitswagen aus der Zeit der NS-Herrschaft. Zu erwähnen sind hier der T-80 und der Stromlinienrekordwagen von Mercedes-Benz, der vom Konstruktionsbüro Porsche entwickelt wurde, das zeitgleich die Autos des Konkurrenten Auto Union entwarf, und der Auto-Union-Rekordwagen, mit dem Bernd Rosemeyer als erster die 400 km/h überschritt. Im Januar 1938 verunglückte Rosemeyer bei einem Rekordversuch tödlich.

Drei Monate vorher hatte die Auto Union die Rennwelt mit diesem für Weltrekordversuche konzipierten Rennwagen Typ R überrascht. Bernd Rosemeyer stellte am 25. Oktober 1937 den absoluten Automobil-Weltrekord von 406,32 km/h über 1 km auf und erzielte am 26. Oktober 404,6 km/h über 5 km, jeweils mit fliegendem Start. Dieser Weltrekordwagen wurde aus dem Mittelmotor-Grand-Prix-Rennwagen des Jahres 1936 entwickelt. Der Auto-Union-Rekordwagen R war ein 16-Zylinder mit 6 Litern Hubraum und 520 PS bei 5000/min. Aus dem Nachkriegsdeutschland verschleppt, kann man jetzt eine Replika im museum mobile in Ingolstadt sehen.

Mercedes-Benz W 25 (1934 bis 1936)

Silberpfeil W25 von 1934 im Mercedes-Benz-Museum
Silberpfeil W25 von 1934, Seitenansicht
Silberpfeil W25 von 1934, Heckansicht
siehe Mercedes-Benz W25

1934 brach eine neue Zeit an: Das Projekt hieß W 25, und als Premierentermin für das Fahrzeug fasste Daimler-Benz das Avus- und das Eifelrennen im Vorfeld des Grand Prix von Frankreich am 1. Juli 1934 ins Auge, der zweite Große Preis der Saison.

Verantwortlich für das Projekt war Hans Nibel, für das Chassis Max Wagner, für den Motor das Duo Albert Heeß und Otto Schilling. In der Experimentalabteilung unter Fritz Nallinger prüfte Georg Scheerer die Maschinen. Otto Weber baute sie zusammen, Jakob Kraus montierte die Chassis. Kräftige Impulse gab der Serienwagen Typ 380, vorgestellt im Februar 1933 auf der Berliner Automobil-Ausstellung. Er setzte neue Standards mit seiner unabhängigen Radaufhängung ringsum an Doppel-Querlenkern vorn, einer Schwingachse hinten sowie seinem Reihen-Achtzylinder mit integriertem Kompressor.

Der Rennwagenmotor, ein Vierventiler mit zwei obenliegenden Nockenwellen, an dem jeweils vier Verbrennungseinheiten mit dem Zylinderkopf und den Kühlwassermänteln verschweißt waren, brachte 211 Kilogramm auf die Waage. Der Kompressor saß vorn und beschickte zwei Druckvergaser mit komprimierter Luft. Der Tank fasste 215 Liter und verbrauchte je 100 Kilometer 98 Liter. Die vier Fahrstufen und den Rückwärtsgang legte der Pilot per Kulissenschaltung mit Verriegelung rechts neben dem Fahrersitz ein.

Zunächst lief im Mai 1933 probehalber ein Einzylinder auf dem Prüfstand. Ein kleines Roots-Gebläse aus einem serienmäßigen Mercedes-Benz von 1922 blies komprimierte Luft in den Steigstromvergaser. Der Fahrzeugrahmen bestand aus zwei Längsträgern im U-Profil mit Querverstrebung, aus Gewichtsgründen wie am SSKL vielfach durchbohrt. Die Karosserie mit ihren vielen Kühlschlitzen wurde per Hand aus Aluminium gehämmert. Die Aufhängungen waren aerodynamisch umkleidet, ein schlichter Grill mit vertikalen Stäben schloss den Aufbau nach vorn, ein sich verjüngendes Heck nach hinten ab.

Die Einsatzautos für 1934 waren Anfang Mai komplett. Am Donnerstag vor dem Avus-Rennen am 27. Mai nahmen Manfred von Brauchitsch, Luigi Fagioli und Rudolf Caracciola Platz an ihren Volants. Trotz dieses erfolgreichen Tests zog das Management die drei Wagen zurück – sie seien noch nicht rennfertig, hieß es. Premiere wurde das Eifelrennen eine Woche später, die Geburtsstunde des Silberpfeil-Mythos.

Die 750-Kilogramm-Formel wurde geschaffen, um die ausufernden Geschwindigkeiten der Boliden in den Griff zu bekommen. Erreicht wurde genau das Gegenteil, da die Konstrukteure die Hubräume vergrößerten. 280 PS (206 kW) peilten die Mercedes-Benz-Techniker für den Erstling M 25 A an, sie rechneten dabei die Literleistung des Zweiliter-Kompressor-Triebwerks M 218 von 1924 hoch. Diese betrug 85 PS (63 kW), so dass es auf dieser Basis für den neuen Motor eines Volumens von 3360 Kubikzentimeter bedurfte. Tatsächlich leistete der Achtzylinder anfänglich 354 PS (260 kW). Danach gab es mehrere Ausbaustufen. Die Variante M 25 AB mit 3710 Kubikzentimeter Hubraum leistet 398 PS (293 kW). Dann folgten die Varianten M 25 B mit 3980 Kubikzentimeter und 430 PS (316 kW), C mit 4300 Kubikzentimeter und 462 PS (340 kW) und schließlich 1936 die Version ME 25 mit 4740 Kubikzentimeter und 494 PS (363 kW) – immer bei 5800/min.

Maß aller Dinge waren die Fähigkeiten und Möglichkeiten der eigenen Ingenieure, aber auch die der Konkurrenz – beispielsweise arbeitete Ferdinand Porsche bei der Auto-Union an der Leistungssteigerung der dortigen Sechzehnzylinder. Die Bilanz für Mercedes-Benz: Auf das Konto des W 25 gingen 16 Siege in Großen Preisen und weiteren bedeutenden Rennen.

Fakten

Einsatz: 1934 bis 1936
Motor: Viertakt-Otto mit Kompressor, 8 Zylinder, Reihenanordnung
Hubraum: 3360 Kubikzentimeter
Leistung: 280 PS (206 kW), später bis zu 494 PS (363 kW)
Höchstgeschwindigkeit: ca. 300 km/h

Mercedes-Benz W 125 (1937)

Siehe Mercedes-Benz W125

Für die Saison 1937 entwickelte Mercedes-Benz einen neuen Rennwagen: den W 125. Dessen Rückgrat bildete ein stabiler Ovalrohrrahmen aus einem speziellen Stahl mit vier Querträgern, wie er für die Produktionswagen der Marke erprobt war und zum Beispiel im Typ 230 von 1938 verwendet wurde. Anders geführt waren die Räder, vorn an doppelten Querlenkern mit Schraubenfedern wie bei den gefeierten, noblen Serienmodellen 500 K und 540 K, hinten an einer De-Dion-Doppelgelenkachse, die konstanten Sturz bei geringfügiger Änderung der Spurweite garantierte, mit längs angesiedelten Drehstabfedern und hydraulischen Dämpfern. Sie wurde ursprünglich durch Reibungsstoßdämpfer unterstützt, diese Doppel-Lösung wurde indes bald verworfen. Seitliche Lenker gaben Schub- und Bremsmomente an das Fahrgestell weiter.

Der Ingenieur Rudolf Uhlenhaut wählte nach ausgiebigen Versuchsfahrten auf dem Nürburgring eine revolutionäre Fahrwerksauslegung: Die bislang übliche Abstimmung des Fahrwerks – hart gefedert, aber wenig gedämpft – verkehrte Uhlenhaut ins Gegenteil: Der W 125 rollte weich gefedert, aber kräftig gedämpft an den Start. Das äußere Erscheinungsbild ähnelte dem seines Vorgängers.

Unverwechselbarkeit stellte sich vor allem durch die drei Kühlöffnungen in der Frontpartie ein. Für das sehr schnelle Avus-Rennen am 30. Mai 1937 wurde er mit einer Stromlinienkarosserie versehen. Getriebe und Differential bildeten eine Einheit. Der Reihenachtzylinder war die höchste Ausbaustufe des seit 1934 aktuellen Grand-Prix-Triebwerks. Der Kompressor war den Vergasern nachgeordnet, so dass er mit dem bereits fertigen Gemisch beschickt wurde.

Der W 125 wurde nur ein Jahr lang eingesetzt. Er ließ sich auf den jeweiligen Kurs durch unterschiedliche Getriebe, Tankvolumina und Spritmischungen, Vergaser, Lader, Pneu- und Felgengrößen, Reifenprofile und selbst durch die äußeren Maße einstellen. Entsprechend schwankten Leistung, Drehmoment, Höchstgeschwindigkeit sowie die Geschwindigkeiten in den einzelnen Gängen. Zum Beispiel standen acht verschiedene Übersetzungsverhältnisse und zwei unterschiedliche Hinterradgrößen (7,00-19 und 7,00-22) zur Verfügung. Dabei verbrauchte der Motor, inzwischen bei einem Volumen von 5660 Kubikzentimeter angelangt, einen Liter Treibstoff pro Kilometer, einer Mischung aus 88 Prozent Methylalkohol, 8,8 Prozent Aceton sowie Spuren anderer Substanzen.

Rennfertig brachte der W 125 rund 1097 Kilogramm (ohne Fahrer 1021 Kilogramm) mit 240 Litern Kraftstoff, sieben Litern Wasser, neun Litern Motor- und 3,5 Litern Getriebeöl an Bord auf die Waage. Bis zu 646 PS (475 kW) ließen sich dem 222 Kilogramm schweren Motor entlocken, was einer stolzen Literleistung von 114 PS (84 kW) sowie einem Leistungsgewicht von 1,16 Kilogramm pro Pferdestärke entsprach – ein Wert, der erst Jahrzehnte später überboten wurde, ebenso wie Hermann Langs Stundenmittel auf der Avus.

Der Cannstatter gewann auch das Auftaktrennen in Tripolis, von Brauchitsch den Grand Prix de Monaco. Die Großen Preise von Deutschland, der Schweiz, von Italien und der Tschechoslowakei sowie die Europameisterschaft jenes Jahres gewann Rudolf Caracciola. Beim letzten Grand Prix der Saison 1937 im englischen Donington musste man dem großen Rivalen Bernd Rosemeyer im Auto Union den Vortritt lassen. Zwei Dreifach- und drei Doppelsiege unterstrichen die Überlegenheit von Uhlenhauts Konzept. Ebenso der Sieg beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring am 25. Juli 1937, bei dem Caracciola vor 350.000 Zuschauern seinem Teamkollegen Manfred von Brauchitsch schlug.

Fakten

Einsatz: 1937
Motor: Viertakt-Otto mit Kompressor, 8 Zylinder, Reihenanordnung
Hubraum: 5660 Kubikzentimeter
Leistung: 592 PS (435 kW), später bis zu 646 PS (475 kW)
Höchstgeschwindigkeit: mehr als 300 km/h

Mercedes-Benz W 154 (1938 bis 1939)

Silberpfeil W154 von 1939
Siehe Mercedes-Benz W154

Im September 1936 gab die Motorsport-Behörde AIACR (Association Internationale des Automobile Clubs Reconnus) das technische Regelwerk für die Grand-Prix-Formel ab 1938 bekannt. Die Kernpunkte: maximal drei Liter Hubraum mit Kompressor oder 4,5 ohne. Minimal 400 bis 850 Kilogramm Gewicht, je nach Volumen. Die Saison 1937 war noch in Gang, da hatte man bei Mercedes-Benz bereits die nächste im Visier, mit einer Vielzahl von Ideen, Konzepten und konkreten Schritten. Ein W-24-Saugmotor mit drei Bänken und je acht Zylindern wurde ebenso erwogen wie Heckmotor, direkte Benzineinspritzung und Vollstromlinie. Vor allem aus thermischen Gründen entschied man sich am Ende für den V12 im Gabelwinkel von 60 Grad, den Albert Heeß im Hause Daimler-Benz selbst entwickelte. Mit einem Inhalt von 250 Kubikzentimeter pro Verbrennungseinheit war man wieder bei dem Minimalwert des Zweiliter-Achtzylinders M 218 aus dem Jahr 1924 angelangt. Glykol als Kühlflüssigkeit ließ Temperaturen bis zu 125 Grad Celsius zu. Vier obenliegende Nockenwellen bedienten über gegabelte Schlepphebel 48 Ventile. Je drei geschmiedete Stahlzylinder waren in aufgeschweißten Stahlblech-Kühlmänteln vereint, die Köpfe nicht abnehmbar. Starke Pumpen ließen pro Minute 100 Liter Öl durch das fünf Zentner schwere Aggregat laufen. Unter Druck gesetzt wurde es zunächst von zwei Einstufenkompressoren, die 1939 von einem Zweistufenkompressor ersetzt wurden.

Im Januar 1938 arbeitete der Motor erstmals auf dem Dynamometer. Sein erster fast störungsfreier Probelauf folgte am 7. Februar, wobei er mit 427 PS (314 kW) bei 8000 U/min aufwartete. Im Durchschnitt standen den Fahrern Caracciola, Lang, von Brauchitsch und Seaman in der ersten Hälfte der Saison 430 PS (316 kW) zur Verfügung, am Ende waren es mehr als 468 PS (344 kW). Über das mit 474 PS (349 kW) stärkste Exemplar verfügte Hermann Lang in Reims, wo sein W 154 mit Tempo 283 km/h bei 7500/min über die zahlreichen Geraden fuhr. Erstmals hatte ein Mercedes-Benz-Rennwagen fünf Gänge.

Viel leichter als seine Kollegen von der Motorenentwicklung tat sich Fahrwerkingenieur Max Wagner, der die fortschrittliche Chassis-Architektur des W 125 vom Vorjahr weitgehend unverändert übernahm, nicht ohne dem Rahmen eine noch einmal um 30 Prozent verbesserte Verwindungssteifigkeit zu geben. Der V12 war tief und im Winkel eingelassen. Die Lufteinlässe der Vergaser schauten mitten aus dem Kühler hervor, der Grill davor wurde im Vorfeld der Saison immer breiter.

Der Pilot saß rechts neben der Kardanwelle. Dass der W 154 tief geduckt über dem Asphalt kauerte – die Räder überragen deutlich die Silhouette seines Aufbaus – verlieh ihm nicht nur einen optisch-dynamischen Auftritt, sondern senkte auch den Schwerpunkt beträchtlich ab.

Der W 154 war der bis dato erfolgreichste Silberpfeil: 1938 wurde Rudolf Caracciola Europameister, der W 154 siegte in drei von fünf Grand-Prix-Rennen. 1939 war Herrmann Lang der mit Abstand erfolgreichste Fahrer des Jahres: Sieger in 5 von 8 Rundstreckenrennen, außerdem in zwei Bergrennen. Die Bezeichnung "Europameister" wurde ihm allerdings nur von NS-Seite zugesprochen (NSKK-Führer Hühnlein ..); die zuständige Institution in Paris (AIACR, heute FIA), hat ihn nach Ausbruch des Krieges nicht mehr vergeben. Nach dem geltenden Reglement hätte H.P. Müller (Auto Union) den Titel erhalten müssen.

Um Probleme bei der Gewichtsverteilung zu vermeiden, tarierte man die Balance mit einem zusätzlichen Satteltank über den Beinen des Fahrers aus. 1939 verhalf ein Zweistufengebläse dem V12, nun intern M 163 genannt, zu 483 PS (355 kW) bei 7800/min. Die Bemühungen der AIACR, die Grand-Prix-Monoposti auf ein vertretbares Maß zu begrenzen, waren praktisch gescheitert. Die schnellsten Runden etwa auf dem Bremgarten-Kurs waren 1937 (nach der 750-Kilogramm-Formel) und 1939 (mit den Dreilitern der neuen Generation) fast identisch. Auch sonst war der W 154 über den Winter erheblich überarbeitet worden. So gewährte eine höher gezogene Verkleidung im Bereich des Cockpits dem Piloten mehr Sicherheit, und der kleine Instrumententräger thronte nun in seinem unmittelbaren Blickfeld auf dem Satteltank. Wie üblich vermittelte er nur die notwendigsten Informationen, mit einem großen Drehzahlmesser in der Mitte, flankiert von den beiden Uhren für Wasser- und Öltemperatur. Denn zu den Grundsätzen Uhlenhauts zählte, den Mann am Volant nicht durch ein Übermaß an Daten zu verwirren.

Fakten

Einsatz: 1938/39
Motor: Viertakt-Otto mit zwei Kompressoren, 12 Zylinder,

V-Anordnung 60 Grad, Ausführung in 1939 mit einem Zweistufenkompressor

Hubraum: 2963 Kubikzentimeter
Leistung: 427 PS (314 kW), später bis zu 474 PS (349 kW)
Höchstgeschwindigkeit: 330 km/h

Mercedes-Benz W 165 (1939)

Siehe Mercedes-Benz W165

Das Lieblingsrennen der Grand-Prix-Teams in den 1930er Jahren war nicht der Europameisterschaftslauf in Monaco, sondern eine Veranstaltung, die gar nicht zum EM-Zyklus zählte: der Große Preis von Tripolis in Libyen, italienische Provinz seit Januar 1934.

Insgeheim ärgerte die Veranstalter jedoch, dass mit Alfa Romeo ein italienischer Rennwagen dieses Rennen zuletzt 1934 gewonnen hatte. Danach waren die Silberpfeile auf die Spitzenplätze auf dem schnellen, dreizehn Kilometer langen Mellaha-Kurs um den gleichnamigen See vor den Toren von Tripolis abonniert. 1935 siegte Rudolf Caracciola. 1937 und 1938 saß Hermann Lang am Volant des Mercedes-Benz. 1936 gewann ein Auto-Union-Rennwagen. Da sollte Abhilfe geschaffen werden. Bereits 1937 und 1938 sorgte eine eigens eingerichtete 1,5-Liter-Kategorie für italienische Triumphe wenigstens in den unteren Rängen. Vieles deutete darauf hin, dass die von 1941 an geltende Grand-Prix-Formel für Wagen mit dem gleichen Volumen ausgeschrieben wurde. Die italienische Motorsport-Behörde begrenzte den Hubraum für Top-Monoposti ab 1939 im eigenen Land auf 1500 Kubikzentimeter (Voiturette-Formel). Alfa Romeo mit dem Alfetta 158 und Maserati mit dem neuen 4CL waren gut gerüstet.

Verkündet wurde das Reglement im September 1938. Alfred Neubauer, Rennleiter bei Mercedes-Benz, erfuhr davon am 11. September nach dem Gran Premio d'Italia in Monza. Der 13. Tripoli Grand Prix war für den 7. Mai 1939 angesetzt. Es blieben also weniger als acht Monate.

Die einzelnen Stationen: Ein erstes Treffen der Beteiligten wurde am 15. September 1938 anberaumt. Den Einwand der Konstrukteure, ein solches Projekt sei in der allzu knappen Zeit nicht machbar, schmetterte Max Sailer, Ex-Rennfahrer im Dienste des Hauses und seit 1934 Leiter der Konstruktion und Entwicklung des Fahrzeugprogramms, ab: am 18. November folgte die offizielle Weisung des Managements. Mitte Februar 1939 lagen die wesentlichen Zeichnungen von Motor-Spezialist Albert Heeß und Max Wagner vor. Anfang April kam es in Hockenheim zur ersten Begegnung der Fahrer Rudolf Caracciola und Hermann Lang mit einem der beiden gebauten Wagen, der fast klaglos 500 Kilometer abspulte. Zur allgemeinen Verblüffung erschien auf der Nennungsliste für den Tripoli Grand Prix, welche die Veranstalter am 11. April herausgaben, zwei Mercedes-Benz W 165 – die ersten 1,5-Liter-Rennwagen der Stuttgarter seit der Targa Florio 1922.

Der immense Zeitdruck löste Sachzwänge aus. Der W 165 musste sich in allen wesentlichen Punkten am aktuellen Grand-Prix-Wagen orientieren, dem W 154, der überdies gleichzeitig fieberhaft weiterentwickelt wurde. In der Tat kam der Tripolis-Monoposto wie sein maßstabsgerecht geschrumpfter großer Bruder daher, 3680 Millimeter lang (W 154: 4250 Millimeter), mit dem verkürzten Radstand von 2450 Millimetern (W 154: 2730 Millimeter). Die Streben seines Ovalrohrrahmens bestanden aus Chrom-Nickel-Molybdänstahl, neben den fünf Quertraversen bildete der hintere Motorträger eine zusätzliche Verstrebung. Der Fahrer saß ein wenig rechts von der Mitte, somit auch die Windschutzscheibe und die Rückspiegel. Wie am W 154 war die Kardanwelle im Winkel angebracht, ohne dass wegen der beengten Raumverhältnisse dadurch Platz für eine zentrale Position hätte geschaffen werden können. Überdies war der Sitz relativ weit nach vorn verlagert, weil Wagner möglichst viel Treibstoff innerhalb des Radstands unterbringen wollte. Wieder gesellte sich zum Reservoir im Heck ein Satteltank über den Schenkeln des Piloten. Vollgetankt, aber ohne Fahrer, wog der W 165 ganze 905 Kilogramm, wovon 53,3 Prozent über der Hinterachse lagern.

Auch der Motor, 195 Kilogramm leicht, konnte seine enge Verwandtschaft zum V12 des W 154 nicht verleugnen. Es war ein V8 mit 1493 Kubikzentimeter Hubraum im Winkel von 90 Grad mit vier obenliegenden Nockenwellen und 32 Ventilen, deren Antrieb und Anordnung fast identisch waren mit denen des Grand-Prix-Modells. Je Zylinderreihe, die rechte war um 18 Millimeter nach vorn versetzt, gab es einen Stahlblock mit aufgeschweißtem Mantel für die Glykol-Umlaufkühlung. Die Köpfe waren mit den Zylindern verschweißt. Versuche mit einem Kreiselkompressor wurden abgebrochen, da bei niedriger Drehzahl der Ladedruck rasch abstürzte. Die Gemischbildung besorgen zwei Solex-Saugvergaser, kraftvoll unterstützt von zwei Roots-Gebläsen. Die entwickelten 254 PS (187 kW) bei 8250/min kamen einer Literleistung von 170 PS (125 kW) gleich. Für ihre Bändigung war ebenfalls gesorgt. Mächtige Bremstrommeln mit einem Durchmesser von 360 Millimetern füllten fast das gesamte Innere der Speichenräder aus. Selbst die extremen Temperaturen im libyschen Gastland – am Renntag 52 Grad Celsius über der breiten Piste – hatte man berücksichtigt, indem man die Kraftstoffleitung über Röhrenkühler führte.

Die Mercedes-Benz W 165 ließen ihren Gegnern praktisch keine Chancen. Caracciola fuhr auf frischen Reifen mit seinem kurz übersetzten Wagen die volle Distanz durch, Hermann Lang legte – wie vorher festgelegt – einen schnellen Boxenstopp ein und gewann mit längerer Übersetzung (und dadurch mehr Höchstgeschwindigkeit) das Rennen von Tripolis mit fast einer Runde Vorsprung vor seinem Markenkollegen. Er hätte ihn überrunden können.

Fakten

Einsatz: 1939
Motor: Viertakt-Otto mit zwei Kompressoren, 8 Zylinder,

V-Anordnung 90 Grad

Hubraum: 1495 Kubikzentimeter
Leistung: 254 PS (187 kW)
Höchstgeschwindigkeit: 272 km/h

Rückkehr in den 1950er Jahren

Silberpfeil W 196 „Monza“ mit Stromlinienkarosserie
Siehe auch Mercedes-Benz W194
Mercedes-Benz 300 SL Typ W194 von 1952 in Carrera Panamericana-Ausführung im Mercedes-Benz-Museum

Mercedes baute 1952 den Rennwagen 300 SL (Mercedes-Benz W194) in den Varianten „Flügeltürer“ und „Roadster“, der trotz seriennahem Motor aus der Limousine des Typs 300 (W186) überraschende Siege gegen deutlich stärkere Sportwagen errang, etwa bei der Carrera Panamericana und beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans.

Daraufhin pausierte man ein Jahr und entwickelte einen neuartigen Rennwagen gemäß den neuen Regeln für die Formel 1, um beim Debüt am 4. Juli 1954 auf dem Circuit de Reims-Gueux (Frankreich) einen sensationellen Doppelsieg zu erringen, der in Verbindung mit dem Fußball-WM-Titel für Deutschland am selben Abend eine sehr starke psychologische Wirkung hatte. Die „Silberpfeile“ waren zurück und siegten oft, wenn auch fast nur mit Juan Manuel Fangio am Steuer. Ende der Saison 1955, die von der Katastrophe beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans überschattet wurde, bei der ein Silberpfeil des Typs Mercedes-Benz 300 SLR verunglückte und mehr als 80 Zuschauer in den Tod riss, zog sich Mercedes sowohl aus der Formel 1 als auch von Sportwagenrennen zurück, da man alle WM-Titel gewonnen hatte. Die Silberpfeile wanderten ins Museum.

Als Straßenversion wurde der auf dem W194 basierende 300 SL (W198) jedoch noch bis 1963 angeboten.

Mercedes-Benz 300 SL von 1952

Die Rennwagen von Porsche wiesen in den 1950er und Anfang der 1960er auch silberne Lackierungen bzw. blanke Alu-Karosserien auf. Bei den Sportwagen errang man dabei zahlreiche Erfolge, etwa bei der Carrera Panamericana und der Targa Florio, zudem 1962 einen Sieg in der Formel 1. Obwohl Firmengründer Ferdinand Porsche damals die Auto-Union-Rennwagen konstruiert hatte, wurde der Begriff Silberpfeil kaum mit Porsche in Verbindung gebracht – nicht zuletzt, da die Firma immer noch mit ihren kleinen hubraumschwachen Fahrzeugen normalerweise keine Gesamtsiege einfahren konnte. Zudem kamen bald Kunststoffkarosserien auf, die meist in weiß lackiert wurden.

Bei Mercedes wurden in den 1960er Jahren bis Anfang der 1980er sporadisch Tourenwagenrennen und Rallyes mit seriennahen Limousinen und Coupés der S-Klasse gefahren. Auch hier kam der Begriff Silberpfeil nicht zur Anwendung. Ein geplanter Einstieg in die Rallye-WM mit dem neuen kompakten „Mercedes 190E 2.3-16V“ wurde abgeblasen, nachdem Auto-Union-Nachfolger Audi dort mit Turbo und Allrad ein Wettrüsten ausgelöst hatte. Der „quattro“ war dabei in der weißen Farbe des Tabak-Sponsors lackiert.

Fakten

Einsatz: 1952/53
Motor: Viertakt-Otto, 6 Zylinder, Reihenanordnung
Hubraum: 2996 Kubikzentimeter
Leistung: 175 PS (129 kW)
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h

Mercedes-Benz W 196 R (1954/55)

Siehe Mercedes-Benz W196
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Die Grand-Prix-Formel der CSI (Commission Sportive Internationale) ab 1954 schrieb unter anderem Folgendes vor: Hubraum 750 Kubikzentimeter mit bzw. 2500 Kubikzentimeter ohne Kompressor, beliebige Zusammensetzung des Treibstoffs, Renndistanz 300 Kilometer, mindestens jedoch drei Stunden. Entsprechend dieser Regelung entwickelte Mercedes-Benz den W 196 R. Mit der Leitung des Projekts betraut war Fritz Nallinger. Maßgeblich beeinflusste die Entwicklung Rudolf Uhlenhaut, Technikchef der Rennabteilung seit dem 1. September 1936. Mit ihnen zusammen arbeiteten die Ingenieure Ludwig Kraus, Hans Scherenberg, Manfred Lorscheidt, Hans Gassmann und Karl-Heinz Göschel sowie weitere Spitzenkräfte des Hauses.

Der Wagen, gefertigt in vierzehn Exemplaren inklusive eines Prototyps, war das überlegene Rennfahrzeug der nächsten beiden Jahre. Der ursprüngliche Stromlinienaufbau war zweckmäßig und schön zugleich, zur Standardausrüstung wurde ab dem Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring Anfang August 1954 allerdings ein „Monoposto“ mit frei stehenden Rädern. Der Gitterrohrrahmen war leicht und stabil, das Fahrwerk mit Drehstabfederung und einer neuen Eingelenk-Pendelachse hinten sowie großen turbogekühlten, innen mittig untergebrachten Duplex-Trommelbremsen unkonventionell. Der Reihenachtzylinder mit direkter Einspritzung und desmodromisch gesteuerten Ventilen (1954: 256 PS/188 kW bei 8260/min, 1955: 290 PS/213 kW bei 8500/min) war im Winkel von 53 Grad nach rechts geneigt in das Rahmenfachwerk eingebaut, um den Schwerpunkt abzusenken und die Stirnfläche zu verkleinern. Dazu kamen die minutiöse Vorbereitung und Durchführung des Grand-Prix-Projekts, die einerseits an die ruhmreichen 1930er-Jahre erinnerten und zugleich die Formel-1-Moderne vorwegnahm. Rennleiter Alfred Neubauer engagierte den anfänglich widerstrebenden Juan Manuel Fangio und dazu 1955 Stirling Moss als Fahrer.

Die beiden Versionen des W 196 R waren mit relativ wenigen Handgriffen gegeneinander austauschbar: Chassis Nummer 10 etwa wurde 1955 mit offenen Rädern eingesetzt bei den Grand Prix von Argentinien (unter Hans Herrmann, Karl Kling und Moss, Platz 4) und Holland (mit Moss am Lenkrad, Rang 2) und voll verkleidet als Trainingswagen in Monza. Welche Variante zum Einsatz kam, hing von den Eigenheiten der Strecke ab, der Strategie sowie den Vorlieben und Abneigungen des jeweiligen Fahrers. Dass der W 196 R mit einer Pendelachse mit tief gelegtem Drehpunkt anstatt der üblichen De-Dion-Achse an den Start ging, erklärte Uhlenhaut mit dem Zeitdruck, unter dem der Wagen 1953 konzipiert worden sei. Überdies habe es hinreichende Erfahrungen mit dieser Lösung gegeben. Zu einer guten Massenverteilung trug die Verlagerung großer Gewichte des W 196 R bei: Wasser- und Ölkühler ganz nach vorn, Treibstoff- und Öltank ganz nach hinten. 1955 fanden sich die vorderen Trommelbremsen bei einigen Wagen in den Rädern, und drei Radstände standen zur Verfügung, 2150 Millimeter, 2210 Millimeter und 2350 Millimeter. Der kürzeste eignete sich für den verwinkelten Stadtkurs von Monaco. Er änderte aber nichts daran, dass jener 22. Mai zum schwarzen Tag für Mercedes-Benz geriet. Schon im Training erlitt Hans Herrmann einen Unfall. Im Rennen schied Fangio mit einem Bruch der Kardanwelle aus, Moss mit Motorschaden, wie auch der im dritten Silberpfeil gestartete Ersatzfahrer André Simon.

Bevor der Achtzylindermotor erstmals auf dem Prüfstand lief, wurde wie üblich ein Versuchsaggregat mit nur einem Zylinder erprobt, mit 310 Kubikzentimeter Hubraum und vier Ventilen. Diese Lösung deckte auf, woran bereits die Silberpfeil-Rennmotoren der 1930er Jahre litten: Probleme im Umkreis des Ventiltriebs jenseits 8000/min, vor allem zerbrechliche Federn. Hans Gassmann kam die rettende Idee: Für das Öffnen und Schließen der Ventile waren Nocken und Schlepphebel zuständig, so dass man ohne Federn auskam. Die Vorzüge lagen auf der Hand – höhere Drehzahlen, mehr Sicherheit, mehr Leistung. Da auf diese Weise auch größere und schwerere Ventile verwendet werden konnten, entschied man sich für zwei je Zylinder.

Die gemeinsam mit Bosch entwickelte Einspritzpumpe ähnlich der eines Dieselmotors bestand aus einem Gehäuse mit acht Zylindern, aus dem der Treibstoff mit einem Druck von 100 Kilogramm pro Quadratzentimeter direkt in die Brennräume gegeben wurde. Auf den Mercedes-Benz-Rennwagen 18/100 PS von 1914 ging zurück, dass die Zylinder (zwei Vierer-Gruppen mit zentraler Kraftabnahme) fest mit einer Grundplatte verbunden, aber getrennt von der Unterkunft des Nockenwellenantriebs auf ein Aluminium-Gehäuse geschraubt waren, umgeben von einem angeschweißten Kühlwassermantel. Als Treibstoff dienten die hochreaktiven Esso-Mischungen mit dem Code RD 1, zusammengemixt aus den Substanzen Benzol (45 Prozent), Methylalkohol (25 Prozent), Gasolin von 110/130 Oktan (25 Prozent), Aceton (drei Prozent) und Nitrobenzol (zwei Prozent).

Die Bilanz des W 196 R: neun Siege und schnellste Runden sowie acht Pole-Positions in den zwölf Grand Prix, an denen er teilnahm, sowie die beiden Fahrertitel 1954 und 1955 für Fangio.

Fakten

Einsatz: 1954/55
Motor: Viertakt-Otto mit Direkteinspritzung, 8 Zylinder, Reihenanordnung
Hubraum: 2496 Kubikzentimeter
Leistung: 256 PS (188 kW), später bis zu 290 PS (213 kW)
Höchstgeschwindigkeit: mehr als 300 km/h

Mercedes-Benz 300 SLR (1955)

Siehe Mercedes-Benz 300 SLR

Im Jahr zuvor war Mercedes-Benz mit zwei Rennen Verspätung zum Formel-1-Einstand erschienen. 1955 blieb man ebenfalls den ersten Läufen zum Sportwagenchampionat in Buenos Aires und Sebring fern, um mit dem inzwischen voll ausgereiften 300 SLR dort aufzutrumpfen, wo es wirklich zählte, bei den Klassikern Mille Miglia, Le Mans, RAC Tourist Trophy und Targa Florio. Das Kalkül ging auf, wenn auch knapp. Erst das sizilianische Abenteuer Mitte Oktober sicherte Mercedes-Benz die Markenmeisterschaft, dort durfte der Rivale Ferrari nicht über Rang drei hinauskommen. So geschah es, abgesichert von einer Streitmacht ohnegleichen. Acht Rennfahrzeuge und acht schwere Lastwagen sowie 15 Personenwagen wurden in Palermo aus der Fähre aus Richtung Neapel gehievt, betreut von 45 Mechanikern. Ein solches Maß an Vorbereitung, Präzision und logistischem Aufwand, lobte SLR-Pilot Stirling Moss.

Man hatte den 300 SLR schon für die 24 Stunden von Le Mans 1954 gemeldet, dann jedoch kurzfristig zurückgezogen. Erst im September absolvierte ein Prototyp im Park von Monza erste Testrunden, mit 860 Kilogramm Trockengewicht einschließlich zweier Reserveräder im Gepäckabteil. Bereits seine interne Bezeichnung W 196 S verwies auf die nahe Verwandtschaft zum zeitgenössischen Grand-Prix-Silberpfeil, der in der Tat überall Pate stand. Bei seinem Motor, mit zwei Millimeter mehr Bohrung und 9,2 Millimeter mehr Hub auf 2982 Kubikzentimeter Volumen gebracht, handelte es sich um die höchste Ausbaustufe von dessen Reihenachtzylinder, 296 PS (218 kW) bei 7400/min stark. Empfohlene Drehzahl, Leistung und Tankvolumen wechselten je nach Charakter des anstehenden Rennens zwischen Sprint (wie beim Eifelrennen auf dem Nürburgring über 228,1 Kilometer) und Marathon (wie in Le Mans). Kopf und Zylinder waren eine Einheit. Die beiden Vierer-Blöcke (jeder wiegt 17,5 Kilogramm) bestanden indessen aus Silumin statt Stahl wie noch der Motor des W 196 R. Mit einem Einbaugewicht von 235 Kilogramm wartete dieses Aggregat mit erstaunlicher Standfestigkeit auf. Eines wurde auf dem Dynamometer bei Renndrehzahlen über 9800 Kilometer und 32 weitere Stunden getestet. Nur die Ölringe tauschte man nach 5954 Kilometern aus. Im Winkel von 57 Grad nach rechts geneigt, ruhte es noch vier Grad tiefer im Chassis des SLR, das gleichwohl im Hinblick auf die zum Zyklus zählenden strapaziösen Straßenkurse erheblich mehr Bodenfreiheit wahrte als der Einsitzer. Gespeist wurde es mit einer Mischung aus 75 Prozent Tankstellentreibstoff, 15 Prozent Methylalkohol und zehn Prozent Benzol.

Die Radaufhängung des W 196 R wurde übernommen, mit doppelten Querlenkern vorn und einer Schwingachse hinten. Der Gitterrohrrahmen des Sportwagens, 60 Kilogramm leicht, war eher dem 300 SL von 1952 entlehnt, ein Fachwerk von Röhren mit einem Durchmesser von 25 Millimeterm bei einem Millimeter Wandstärke vor allem im Bereich der tief angesiedelten Flanken und stärkeren Verstrebungen im Umfeld der Aufhängung. Es musste schließlich Raum für zwei Personen bieten. Im Übrigen wurden der zuständige Ingenieur Ludwig Kraus und sein Team durch die Vorgaben im Anhang J der FIA-Regularien in die Pflicht genommen, welche nach zwei Türen verlangten und die Maße des Passagierraums absteckten. Dennoch saß der Fahrer wie im Rennwagen mit gespreizten Beinen über dem Kupplungstunnel. Das abnehmbare Lenkrad des 300 SLR war links angesiedelt, im Unterschied zu seinen Widersachern von Jaguar oder Ferrari, obwohl diese damit eigentlich besser für die europäischen Kurse gerüstet waren, die im Uhrzeigersinn gefahren wurden.

Nur bei der Mille Miglia waren zwei von vier Piloten tatsächlich mit Beifahrer unterwegs: Der englische Motorjournalist Denis Jenkinson unterstützte Stirling Moss und nutzte dafür das „Gebetbuch“ - eine Erfindung des Rennfahrers Hans Klenk, das dieser bereits als Beifahrer Karl Klings bei der Mille Miglia 1952 einsetzte. In ihm sind Gefahrenpunkte, Abzweigungen und Tempovorgaben des gesamten Streckenverlaufs aufgezeichnet. Hans Herrmann wurde von Fangios Mechaniker Hermann Eger begleitet. Fangio selbst und Karl Kling zogen es jedoch vor, solo zu starten. Der zweite Mann an Bord hatte unter anderem die kuriose Aufgabe, im Falle eines Falles eine Hupe zu betätigen, da der Virtuose am Volant ja alle Hände voll zu tun hatte.

In Le Mans machten die silbernen Zweisitzer später zunächst Furore mit unkonventionellen Bremshilfen. Zum einen ließ sich mit Hilfe von vier Knöpfen ein Schuss Öl in die jeweilige Bremstrommel sprühen, wenn ein Rad blockierte, was damals bei Fahrzeugen aller Marken verhältnismäßig oft passierte. Zum anderen reckte sich, vom Fahrer per Hand aktiviert, bei Bedarf am Fahrzeugheck eine zusätzliche Luftbremse in den Fahrtwind. Noch einmal eingesetzt wurde die Luftbremse beim Großen Preis von Schweden in Kristianstad Anfang August.

An das Siegel 300 SLR knüpften sich Glanz und Elend des Jahres 1955: der Glanz von Moss' Mille-Miglia-Triumph sowie die Siege bei der Tourist Trophy und der Targa Florio. Auf der anderen Seite stand das Elend von Le Mans, wo bei einem fremdverschuldeten Unfall der Mercedes-Fahrer Pierre Levegh (alias Pierre Bouillon) und mehr als 80 Zuschauer das Leben verloren. Die Tragödie bestärkte Daimler-Benz in dem schon vorher gefassten Entschluss, sich mit dem Ende der Saison 1955 aus dem großen Rennsport zurückzuziehen.

Fakten

Einsatz: 1955
Motor: Viertakt-Otto mit Direkteinspritzung, 8 Zylinder, Reihenanordnung
Hubraum: 2982 Kubikzentimeter
Leistung: 310 PS (228 kW)
Höchstgeschwindigkeit: mehr als 300 km/h

24-Stunden-Rennen ab den 1980er Jahren

Ende der 1980er Jahre entschloss man sich bei Mercedes, die von Mercedes-V8-Motoren angetriebenen Sportwagen des Schweizers Peter Sauber werksseitig zu unterstützen, worauf diese silber lackiert und als „Silberpfeile“ vermarktet wurden. Als Erfolge sind dabei der Gewinn der Langstrecken-Weltmeisterschaft sowie des 24-Stunden-Rennens von Le Mans zu verzeichnen. Zudem hat man Nachwuchspiloten ausgebildet, u. a. Michael Schumacher sowie Heinz-Harald Frentzen und Karl Wendlinger, mit denen Sauber im Jahre 1993 in die Formel 1 wechselte. Hier war der Monoposto jedoch schwarz lackiert, nur der Schriftzug „concept by Mercedes-Benz“ gab einen Hinweis darauf, dass Mercedes die Entwicklung eines Motors unterstützte, der vom Schweizer Mario Illien in dessen Firma Ilmor in England gebaut wurde.

Schon im Jahre 1995 wechselte dieser Motor zum Team McLaren, das seit über zwanzig Jahren in den weiß-roten Farben eines Tabak-Sponsoren fuhr und dabei 10 WM-Titel errang (mit Motoren von Ford, TAG-Porsche, Honda und kurzzeitig Peugeot), aber Mitte der 1990er Jahre jedoch eine lange sieglose Durststrecke durchlebte.

Für die Saison 1997 konzentrierte sich dieser Tabak-Sponsor auf Ferrari, und die McLaren-Mercedes absolvierten die Testfahrten mit orangefarbener Lackierung wie schon in den 1960er Jahren, bevor ein neuer Tabak-Sponsor schwarz-weiß-rote Farben mitbrachte. Trotz nur weniger Silbertöne an Nase und Motorhaube wurde der Begriff „Silberpfeil“ wieder verwendet. Immerhin konnte wie schon 1934 und 1954 gleich beim ersten Einsatz ein Sieg erzielt werden (Australien 1997, David Coulthard), dem noch zwei weitere folgten. Die Jahre 1998 und 1999 brachten jeweils den WM-Titel für Mika Häkkinen.

Im Jahre 1999 beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans trafen erstmals seit 60 Jahren wieder reinrassige Silberpfeile mit dem Stern bzw. den vier Ringen aufeinander. Während die von Audi England eingesetzten R8C-Coupés mit den eigentlich Mercedes-typischen Flügeltüren mangels Zuverlässigkeit ausfielen, erreichten die vom erfolgreichen deutschen Joest-Team betreuten offenen R8R-Sportwagen das Ziel als Dritte und Vierte. Gewonnen hat ein BMW-V12, lackiert in dem für deutsche Rennwagen typischen, klassischen Weiß.

Mercedes dagegen erlebte ein Debakel, da die CLR-Silberpfeile aufgrund der extremen Auslegung von Aerodynamik und Fahrwerk dreimal wie ein Flugzeug abhoben und spektakulär verunfallten, zum Glück ohne Folgen. Mercedes zog daraufhin sofort den letzten verbliebenen Wagen vom Rennen zurück und beendete alle Aktivitäten bei den Sportwagen, während Audi in den folgenden Jahren unglaubliche Erfolge mit dem Audi R8 einfahren konnte. Der Audi R8 gilt heute als erfolgreichster Sportwagen-Prototyp aller Zeiten.

Der 2003 eingesetzte McLaren-Mercedes MP4-17D „Silberpfeil“

Formel 1 ab 1997

Ab 1997 trat das Team McLaren-Mercedes erstmals wieder mit silber-schwarzen Autos an. Diese Abkehr von der jahrelang beibehaltenen rot-weißen Lackierung markierte gleichzeitig einen Wendepunkt in der Entwicklung. Vom Mittelfeld stießen die nun wieder als „Silberpfeile“ bezeichneten Wagen in die Spitze vor und zeigten insbesondere durch Mika Hakkinens Weltmeistertitel 1998 und 1999 eine neue Überlegenheit. Nach einem weiteren Vizeweltmeistertitel 2000 jedoch beeinträchtigten oftmals technische Probleme den Weg nach ganz oben. Mit Kimi Räikkönen holte man 2003 und 2005 sowie mit Lewis Hamilton 2007 erneut den Titel des Vizeweltmeisters, 2008 gelang es Lewis Hamilton, den Titel des Weltmeisters zu erringen.

Referenzen

  1. http://www.solitude-memorial.de/04race/04race23_27.htm
  2. „Welch eine Überraschung! Von Brauchitsch führt vor Caracciola! Eben kommt der silberne Pfeil, der schwere wuchtige Wagen des Manfred von Brauchitsch. Da schwingt er in die letzte Kurve hinein – mit Vollgas!“ Die Stimme des Rundfunkreporters Paul Laven überschlägt sich beinahe, als er den Zieleinlauf des Berliner Avus-Rennens im Jahre 1932 beschreibt. Es ist dies die erste verbürgte Überlieferung des Begriffs „Silberpfeil“, erhalten auf einem Originaltondokument. - welt.de [1]
  3. Mixing. "Die Rückkehr einer Legende. 'Silberpfeile'. ISBN 4028022607645

Literatur und Quellen

Siehe auch: McLaren (Formel 1)Mercedes-Benz Museum in Stuttgart-Bad Cannstatt

Weblinks


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