Sinti-Allianz Deutschland

Sinti-Allianz Deutschland

Die Sinti Allianz Deutschland (kurz SAD) sieht sich als „Zusammenschluss deutscher Zigeuner (Sinti)“ und Vertreterin einer „autochthone[n] Sinti-Volksgruppe im deutschen Volk, die neben ihrer deutschen Kultur und Sprache gleichberechtigt auch ihre Jahrtausende alte Sinti-Sprache und Kultur leben und pflegen“ wolle.[1] Sie ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit Sitz in Köln.

Der Verein versteht sich als Interessenvertretung jener „deutschen Zigeuner, die sich der traditionellen Lebensweise der Sinti mit ihren historisch gewachsenen Geboten und Verboten für die Lebensführung verpflichtet fühlen und diese soziale und kulturelle Ordnung der Sinti erhalten wollen.“

20 Gruppenvertreter aus den alten Bundesländern gründeten sie 2000 als Dachverband von neun Sinti-Organisationen und einer Lowara-Gruppe. Ihre Vorsitzende ist Natascha Winter, die bereits die Vorsitzende des Vorgängervereins Sinti Allianz in Köln war.

Als Ziele gibt der Verein die Durchsetzung politischer und sozialer Anliegen der Minderheit an. Besonders aber weist er darauf hin, daß er sich vor „unberechtigte[n] Vertretungsansprüche[n] und Vereinnahmung anderer Organisationen schützen“ möchte, womit vor allem der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gemeint ist, mit dem er als der anerkannteren und repräsentativeren Selbstorganisation der Minderheit in einem Dauerkonflikt steht. Die Sinti Allianz ist der Auffassung, daß der Konkurrent die Sinti deutscher Staatsbürgerschaft nicht hinreichend vertritt.

Staatliche Maßnahmen gegen die vom Zentralrat gesehene soziale, kulturelle, wirtschaftliche oder rechtliche Diskriminierung und Maßnahmen zur Förderung sozial benachteiligter Angehöriger der Minderheit lehnt die Sinti Allianz ab, da nicht nur rechtlich, sondern auch real „(Sinti) als deutsche Staatsangehörige … in allen Bereichen der Bildung, des wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens unseres Landes gleichberechtigt“ seien. Insbesondere erhebt sie Einspruch gegen die Anerkennung des Romanes in Schulen und Hochschulen als Minderheitensprache, wie sie sich aus der Anerkennung der deutschen Sinti und Roma als nationale und sprachliche Minderheit ergibt. Sie wendet sich gegen die damit einhergehenden praktischen Konsequenzen wie die wissenschaftliche Bearbeitung der Sprache, deren Verschriftlichung und Standardisierung, gegen Lehrmaterialien und die Ausbildung von Sinti-Lehrern. Sie spricht sich gegen die vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma beantragte Aufnahme des Romanes in die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, weil darin „staatliche Förderungsverpflichtungen … enthalten sind“. Die Sprache der Sinti sei nichtschriftlich und habe das zu bleiben. Sie unterliege einer Tabuisierung und das Sprachtabu dürfe auf keinen Fall verletzt werden. „Die Schutzmechanismen zur Wahrung unserer Kultur, wozu auch die Sprache gehört“, würden aber im Gefolge einer Anwendung der Sprachencharta „ausgehebelt werden.“ Auf dem Weg über das systematische Erlernen des Romanes der Sinti (das viele Sinti nicht mehr oder nur noch begrenzt beherrschen) in Förderkursen könne die Sprachencharta im übrigen von immigrierten Angehörigen anderer Romagruppen, die nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen, „als Einbürgerungsartikel missbraucht werden“.

Besonders geht es dem Verein auch um die Verständigung zwischen deutscher Mehrheitsgesellschaft und Sinti.

Die Diskussion um die Inschrift für ein Mahnmal zum Gedenken an die als „Zigeuner“ verfolgten und im Porajmos vernichteten Opfer des Nationalsozialismus, das 1992 von der Bundesregierung beschlossen wurde, bot der Sinti Allianz Deutschland über einen längeren Zeitraum die Möglichkeit, sich und ihr besonderes Profil in Abgrenzung zum Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in einer größeren Öffentlichkeit darzustellen. Die Allianz sah nicht alle Opfer durch die als exkludierend gewertete Formulierung „Sinti und Roma“ gewürdigt. Sie favorisierte (und favorisiert) den Terminus „Zigeuner“, der vom Zentralrat als abwertende Fremdbezeichnung und als nationalsozialistisch kontaminiert vom Zentralrat abgelehnt wird. Inzwischen haben der Bundesrat (Dezember 2007) und der Kulturausschuß des Bundestags (Januar 2008) beschlossen, daß der Widmungstext auf der Grundlage von Vorschlägen beider Verbände und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zeitgeschichte (München/Berlin) und dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln erarbeitet und entschieden werden soll. Der Baubeginn ist dann für Februar 2008 vorgesehen.[2]

Anmerkungen

  1. Alle Zitate stammen von der Website der Sinti Allianz Deutschland.
  2. spiegel.de: Ab Februar wird gebaut; 28. Januar 2008

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