Sittenzeugnis

Sittenzeugnis

Ein Führungszeugnis (Deutschland), Strafregisterbescheinigung (Österreich, früher Leumundszeugnis), Strafregisterauszug (resp. Auszug aus dem Schweizerischen Strafregister, Schweiz), im Gebrauch der EU criminal record certificate, ist eine behördliche Bescheinigung über bisher registrierte Straftaten (Vorstrafen) einer Person.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Sittenzeugnis der Ludwig-Maximilians-Universität München für den Studenten Theodor Heuss, 1907: „Dem ... Studierenden ... wird hinsichtlich seiner Führung an der hiesigen Universität ... bezeugt, daß etwas Nachteiliges nicht zu bemerken ist.“

Ab einem Alter von 14 Jahren wird das Führungszeugnis auf Antrag vom Bundeszentralregister in Bonn erstellt.

Dort werden die jeweiligen Vorstrafen in einem Register geführt. Ob, und wie lange Vorstrafen in dem Register gespeichert und Auskünfte darüber erteilt werden, ergibt sich aus den Vorschriften zum Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Je nach Höhe des Urteils werden nach Ablauf der jeweiligen Fristen (5, 10, 15 oder 20 Jahre) die Eintragungen im Bundeszentralregister getilgt (siehe § 46 BZRG). Jedoch werden nicht alle Verurteilungen, die im Bundeszentralregister stehen, auch in das Führungszeugnis übernommen (siehe unten). Auch gelten für die Verurteilungen, die in das Führungszeugnis aufgenommen werden, kürzere Tilgungsfristen als beim Bundeszentralregister (3, 5 oder 10 Jahre, vgl. § 34 BZRG). Kommt vor der Löschung eines Urteilseintrags ein neues Urteil hinzu, bleiben alle Einträge erhalten, bis auch für das letzte Urteil der Löschzeitpunkt erreicht ist (Ausnahmen hiervon gelten für Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen und Freiheitsstrafen bis zu 3 Monaten, vgl. (§ 38 (2) BZRG).

Folgende Registereinträge finden keinen Eingang in das Führungszeugnis (Aufzählung ist nicht abschließend):

  1. Jugendstrafen bis zu einer bestimmten Höhe,
  2. erstmalige Geldstrafen, die nicht höher als 90 Tagessätze liegen (§ 32 (2)5 BZRG),
  3. erstmalige Verurteilungen von drogenabhängigen Straftätern, die zwei Jahre Freiheitsstrafe nicht überschreiten und die Vollstreckung der Strafe nach (§ 35 BtmG) zugunsten einer Therapie zurückgestellt, und nach erfolgreicher Therapie nach § 36 BtmG zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie wenn die weiteren diesbezüglichen Bedingungen des § 32 (2)6 BZRG erfüllt sind.

Zur Vorlage bei einem privaten Arbeitgeber genügt ein einfaches (privates) Führungszeugnis. Das Führungszeugnis wird der antragstellenden Person zur Einsicht übersandt, die dann entscheiden kann, ob sie es an ihren zukünftigen Arbeitgeber weitergeben will oder nicht.

Für Bewerbungen bei einem öffentlichen Arbeitgeber (Behörde) wird auf Antrag der betroffenen Person in der Regel das behördliche Führungszeugnis unmittelbar an die Einstellungsbehörde übersandt (§ 30 Abs. 5 Satz 1 BZRG), wobei die Behörde dem Bewerber auf Verlangen Einsicht in das Führungszeugnis zu gewähren hat. Alternativ kann gem. § 30 Abs. 5 Satz 3 BZRG das Zeugnis an das dem Wohnort des Bewerbers nächstgelegene Amtsgericht übersandt werden. Dort kann geprüft werden, ob Einträge vorhanden sind und ob das Führungszeugnis an die Einstellungsbehörde weitergeleitet oder vom Amtsgericht vernichtet werden soll.

Diese Regelung gilt auch in anderen Fällen, in denen Antragsteller ein Führungszeugnis bei einer Behörde vorlegen müssen. Nachstehend der Wortlaut des § 30 Abs. 5 Satz 3 BZRG: „Der Antragsteller kann verlangen, dass das Führungszeugnis, wenn es Eintragungen enthält, zunächst an ein von ihm benanntes Amtsgericht zur Einsichtnahme durch ihn übersandt wird.“ Dieselbe Regelung gilt für die Einsichtnahme in den Bundeszentralregisterauszug (§ 42 BZRG)

Führungszeugnisse (sowohl private - Belegart N, als auch behördliche - Belegart O) werden beim örtlichen Einwohnermeldeamt oder Bürgeramt beantragt und dann per Post dem Empfänger zugestellt (beim privaten), bzw. an die Behörde, die das Führungszeugnis verlangt (beim behördlichen), wobei vorherige Übersendung an das Amtsgericht möglich ist (Belegart P), wo der Betreffende Einsicht nehmen und dann entscheiden kann, ob es an die Behörde weitergeleitet wird.

Bestimmte Behörden (genannt in § 41 BZRG - z. B. Gerichte und Staatsanwaltschaften) haben ein unbeschränktes Auskunftsrecht aus dem Bundeszentralregister und können einen entsprechenden Auszug aus eigener Veranlassung direkt beim Bundesamt für Justiz anfordern, ohne dass der Betreffende davon Kenntnis erhält.

  • Ein Führungszeugnis ist kostenpflichtig (13 Euro).[1]
  • Die Anforderung des Bundeszentralregisterauszugs zur Einsichtnahme ist kostenlos.

Österreich

Die Strafregisterbescheinigung ist ähnlich beschaffen wie das deutsche Führungszeugnis. Für die Führung des Strafregisters ist die Bundespolizeidirektion Wien (Strafregisteramt) zuständig.

Seit der Inbetriebnahme des Zentralen Melderegisters (ZMR) am 1. März 2002 wird die Strafregisterbescheinigung von allen Polizeikommissariaten unverzüglich ausgestellt (e-Government):

Für die Ausstellung auf dem Meldeamt der örtlichen Gemeinde ist im Durchschnitt mit einer Wartezeit von ein bis zwei Wochen zu rechnen. Besitzt die Gemeinde, bei welcher man den Antrag einbringt, einen direkten Zugriff auf die Strafregisterdaten, ist die Wartezeit entsprechend kürzer.

  • Bürgermeister(in)
  • Die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland

Für die Ausstellung sind ein Antrag, ein amtlicher Lichtbildausweis und allfällige Urkunden über frühere Namen (z. B. Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Scheidungsurkunde) erforderlich. Die Ausstellung kostet je nach Behörde 15 bis 30 €. In Sonderfällen – wenn die Strafregisterbescheinigung lediglich zur Vorlage bei einer bestimmten Stelle (natürliche oder juristische Person, z.B. Arbeitgeber oder Arbeitgeberin, Behörde, Firma) dienen soll – entfällt die Zeugnisgebühr von 13,20 € und die Bescheinigung kostet somit 15,30 €. Gemeinden sind ermächtigt, zusätzlich eine Gemeindeabgabe von ca. 0,36 € bis ca. 0,73 € einzuheben.

Viele Stellen (beispielsweise die meisten Arbeitgeber) verlangen, dass die Strafregisterbescheinigung bei der Vorlage nicht älter als drei Monate ist.

Die frühere Bezeichnung war Leumundszeugnis oder Sittenzeugnis.

Schweiz

In der Schweiz bestimmt sich das Strafregister insbesondere nach der Verordnung vom 29. September 2006 über das Strafregister (VOSTRA-Verordnung; SR 331).

Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a VOSTRA-Verordnung werden in das Strafregister – mit Ausnahmen – vor allem Verurteilungen wegen Verbrechen oder Vergehen nach StGB, MStG oder anderer Bundesgesetze eingetragen.

Quellen

  1. http://www.bundesjustizamt.de/cln_092/nn_257944/DE/Themen/Strafrecht/BZR/BZRInhalte/FAQ.html#doc257952bodyText5

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