- Slowakei im Zweiten Weltkrieg
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Slowakische Republik [ Details ] [ Details ] Amtssprache Slowakisch Hauptstadt Preßburg Staatsform Republik Regierungsform Präsidialregime Einwohner 2.653.053 (1940) Fläche 38.055 km² Existenzzeitraum 1939–1945 Währung Koruna slovenská (Slowakische Krone) Nationalhymne Nad Tatrou sa blýska Die (Erste) Slowakische Republik (slowakisch prvá Slovenská republika) war ein „unabhängiger“ slowakischer Nationalstaat und Verbündeter des nationalsozialistischen Deutschland während des Zweiten Weltkriegs zwischen 1939 und 1945. Sie erstreckte sich auf dem Gebiet der heutigen Slowakei mit Ausnahme der südlichen und östlichen Gebiete und grenzte dabei an das Deutsche Reich und Ungarn sowie kurzzeitig an Polen.
Sie wurde international vom Deutschen Reich sowie von jenen Staaten anerkannt, die dem Deutschen Reich gegenüber freundlich oder neutral eingestellt waren. Im Zuge der Annullierung des Münchner Abkommens und der Wiener Schiedssprüche wurde die erste Slowakische Republik von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges rückwirkend für nicht existent erklärt.
Die Unterscheidung Erste Slowakische Republik, oft auch Slowakischer Staat (slowakisch slovenský štát/Slovenský štát) wird vor allem vorgenommen, um sie von der seit 1993 unabhängigen heutigen (also zweiten) Slowakischen Republik/Slowakei zu unterscheiden, die nicht als ihr offizieller Nachfolgestaat angesehen wird. Die Bezeichnung Slowakischer Staat wurde vor allem während der Zeit des Kommunismus in der Tschechoslowakei (1948–1989) verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Staatsgründung
Infolge des Münchner Abkommens bekam die Slowakei innerhalb der Tschechoslowakei (die von nun an Tschecho-Slowakei hieß) eine Autonomie und verlor ihre südlichen Gebiete infolge des Ersten Wiener Schiedsspruches an Ungarn. Bei der Planung zur Angliederung der „Rest-Tschechei“ hatte Deutschland verschiedene Pläne mit der Slowakei (bei offiziellen Stellen wurde durch gefälschte Angaben der Eindruck erweckt, die Slowaken wollten sich wieder mit dem ungarischen Staatsgebiet vereinen). Schließlich entschied man sich dazu, die Slowakei als einen eigenständigen Staat mit starkem deutschen Einfluss entstehen zu lassen und deren starkes militärisches Potential für den Überfall auf Polen und andere Gebiete zu verwenden.
Am 13. März 1939 wurde Jozef Tiso (ehemaliger slowakischer Premierminister, der kurz zuvor von tschechischen Truppen abgesetzt worden war) von Adolf Hitler nach Berlin eingeladen. Er wurde unter Druck gesetzt und sollte unverzüglich einen unabhängigen slowakischen Staat ausrufen, andernfalls würde das slowakische Territorium zwischen Polen und Ungarn aufgeteilt werden. Um dieser Aussage zu mehr Überzeugungskraft zu verhelfen, untermauerte Joachim von Ribbentrop das ganze mit einem (gefälschten) Bericht, dem zufolge sich schon ungarische Truppen der slowakischen Grenze nähern würden. Tiso weigerte sich aber, diese Entscheidung allein zu treffen und es wurde ihm deshalb erlaubt, ein Treffen mit den Mitgliedern des slowakischen Parlamentes abzuhalten. Am nächsten Tag, dem 14. März trat dieses dann zusammen und beschloss einmütig, nachdem es Tisos Bericht zu dessen Unterredung mit Hitler gehört hatte, die Unabhängigkeit des Landes. Jozef Tiso wurde gleichzeitig als neuer Premierminister der Republik bestimmt.
Hauptstadt wurde Preßburg[1] (Bratislava) mit damals über 120.000 Einwohnern.
Bevölkerung
- 85 % der Einwohner waren Slowaken, die restlichen 15 % waren deutschsprachig, ungarischsprachig, Juden oder Sinti und Roma
- 50 % der Einwohner waren in der Landwirtschaft beschäftigt
Die Regierung erließ eine Reihe antisemitischer Gesetze, die die Juden sehr umfassend vom öffentlichen Leben ausschloss und später auch deren Deportation in die deutschen Konzentrationslager begünstigte. Dort wurden mit slowakischer Unterstützung fast 60.000 Slowaken im Rahmen des Holocausts ermordet.
Politik
Der Staat übernahm die Rechtsordnung der Tschechoslowakei und veränderte diese nur geringfügig. Der Verfassung von 1939 (am 21. Juli verabschiedet) zufolge war der „Präsident“ das Staatsoberhaupt, das „Parlament der Slowakischen Republik“, das für 5 Jahre gewählt wurde war das höchste gesetzgebende Organ (es fanden jedoch keine landesweiten Wahlen statt), und der „Staatsrat“ übte die Pflichten eines Senats (vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat) aus. Die Exekutive stellte die Regierung, bestehend aus 8 Ministerien.
Die Slowakische Republik war insgesamt gesehen ein autoritärer Staat, der von vielen Elementen des Faschismus gekennzeichnet war, während der kommunistischen Periode wurde er vor allem als klerikalfaschistischer Staat angesehen. Die führende politische Partei war die Slowakische Hlinka-Volkspartei – Die Partei der nationalen Einheit (Andrej Hlinka, Jozef Tisos). Daneben gab es die Parteien der nationalen Minderheiten der Ungarn und Deutschen. Andere Parteien mit Ausnahme derer waren verboten (das Verbot der anderen Parteien bestand jedoch schon vor der Gründung der Republik).
Positive Effekte hatte die Erschaffung des Staates auf die slowakische Wirtschaft, die Wissenschaft, Erziehung und Kultur. So wurde 1942 die Slowakische Akademie der Wissenschaften gegründet, eine Vielzahl neuer Hochschulen und höherer Schulen wurde eingerichtet und die slowakischsprachige Literatur und Kultur erlebte eine Blüte.
Minister des Staates
Der Ministerrat der Ersten Slowakischen Republik in den Jahren 1939–1945:
- 14. März 1939 – 27. Oktober 1939
- Vorsitzender des Ministerrates: Jozef Tiso
- Stellvertretender Ministerpräsident: Vojtech Tuka
- Innenminister: Karol Sidor, ab dem 15. März 1939 beurlaubt, am 18. April 1939 abgelöst, Nachfolger Jozef Tiso
- Außenminister: Ferdinand Ďurčanský
- Verteidigungsminister: General Ferdinand Čatloš
- Finanzminister: Mikuláš Pružinský
- Minister für Unterricht und nationale Aufklärung: Jozef Sivák
- Justizminister: Gejza Fritz
- Wirtschaftsminister: Gejza Medrický
- Minister für Verkehr und Öffentliche Arbeit: Július Stano
- Propagandaminister: Šaňo (Aleksander) Mach
- 27. Oktober 1939 – 5. September 1944
- Vorsitzender des Ministerrates: Vojtech Tuka
- Stellvertretender Ministerpräsident: Šaňo (Aleksander) Mach ab dem 17. August 1940
- Innenminister: Šaňo (Aleksander) Mach ab dem 29. Juli 1940
- Außenminister: Ferdinand Ďurčanský, danach Vojtech Tuka ab dem 20. Juli 1940
- Verteidigungsminister: General Ferdinand Čatloš
- Finanzminister: Mikuláš Pružinský
- Minister für Unterricht und nationale Aufklärung: Jozef Sivák
- Justizminister: Gejza Fritz
- Wirtschaftsminister: Gejza Medrický
- Minister für Verkehr und Öffentliche Arbeit: Július Stano
- 5. September 1944 – 4. April 1945
- Vorsitzender des Ministerrates: Štefan Tiso
- Innenminister: Šaňo (Aleksander) Mach
- Außenminister: Štefan Tiso
- Verteidigungsminister: Štefan Haššík
- Finanzminister: Mikuláš Pružinský
- Minister für Unterricht und nationale Aufklärung: Aladár Kočiš
- Justizminister: Štefan Tiso
- Wirtschaftsminister: Gejza Medrický
- Minister für Verkehr und Öffentliche Arbeit: Ľudovít Lednár
Administrative Unterteilung
- Administrative Einteilung in 6 Gespanschaften/Gaue („župy“), 61 Bezirke (okresy) und 2.659 Gemeinden, siehe weiter unten
Zum 1. Januar 1940 existierten folgende Gespanschaften/Gaue (slowakisch župy):
- Pressburger Gespanschaft (slowakisch Bratislavská župa; 3.667 km², 455.728 Einwohner)
- Neutraer Gespanschaft (slowakisch Nitrianska župa; 3.546 km², 335.343 Einwohner)
- 5 Bezirke (slowakisch okresy): Hlohovec, Nitra, Prievidza, Topoľčany, Zlaté Moravce
- Trentschiner Gespanschaft (slowakisch Trenčianska župa; 5.592 km², 516.698 Einwohner)
- 12 Bezirke (slowakisch okresy): Bánovce nad Bebravou, Čadca, Ilava, Kysucké Nové Mesto, Myjava, Nové Mesto nad Váhom, Piešťany, Považská Bystrica, Púchov, Trenčín, Veľká Bytča, Žilina
- Tatraer Gespanschaft (slowakisch Tatranská župa; Verwaltungssitz Ružomberok, 9.222 km², 463.286 Einwohner)
- 13 Bezirke (slowakisch okresy): Dolný Kubín, Gelnica, Kežmarok, Levoča, Liptovský Svätý Mikuláš, Námestovo, Poprad, Ružomberok, Spišská Nová Ves, Spišská Stará Ves, Stará Ľubovňa, Trstená, Turčiansky Svätý Martin
- Scharosch-Sempliner Gespanschaft (slowakisch Šarišsko-zemplínska župa; Verwaltungssitz Prešov, 7.390 km², 440.372 Einwohner)
- 10 Bezirke (slowakisch okresy): Bardejov, Giraltovce, Humenné, Medzilaborce, Michalovce, Prešov, Sabinov, Stropkov, Trebišov, Vranov nad Topľou
- Graner Gespanschaft (slowakisch Pohronská župa; Verwaltungssitz Banská Bystrica, 8.587 km², 443.626 Einwohner)
- 12 Bezirke (slowakisch okresy): Banská Bystrica, Banská Štiavnica, Brezno nad Hronom, Dobšiná, Hnúšťa, Kremnica, Krupina, Lovinobaňa, Modrý Kameň, Nová Baňa, Revúca, Zvolen
Die Flächen der einzelnen Gespanschaften umfassten die der von 1923–28 existierenden Gespanschaften in der Tschechoslowakei, deren Einteilung wurde am 25. Juli 1939 vom slowakischen Parlament beschlossen.
Internationale Beziehungen
Die Erste Slowakische Republik wurde international sowohl vom Deutschen Reich, als auch von jenen Staaten anerkannt, die dem Deutschen Reich gegenüber freundlich oder anfangs neutral eingestellt waren. Das waren: Großbritannien, Italien, Japan und seine Marionettenstaaten Manchukuo und Mengjiang sowie die Provisorische Regierung von China, die Sowjetunion, Spanien, Kroatien, Litauen, Estland, die Schweiz, El Salvador, der Vatikan und Ungarn.
Seit ihrer Entstehung war die Republik in einem Satellitenverhältnis stark vom Deutschen Reich abhängig. Der am 23. März 1939 unterzeichnete Schutzvertrag mit Deutschland band das Land als „Schutzstaat“ militärisch, wirtschaftlich und außenpolitisch formal gesehen an den Nachbarstaat. Dadurch wurde es Mitglied der Achsenmächte und war somit auch an den Kriegen gegen Polen und die Sowjetunion beteiligt, erklärte sogar Großbritannien und den Vereinigten Staaten den Krieg. Das Land wurde bis auf einen Streifen entlang der Grenze zu Mähren nicht von Deutschland besetzt. Von Januar 1941 bis April 1945 wirkte Hanns Ludin als Repräsentant Deutschlands mit dem Titel „Gesandter I. Klasse und Bevollmächtigter Minister des Großdeutschen Reiches“ bei der slowakischen Regierung und „residierte“ in der Villa Stein in Preßburg (Bratislava).
Krieg mit Ungarn
Das schwierigste außenpolitische Problem waren die Beziehungen zum südlichen Nachbarn Ungarn, welches insgesamt etwa ⅓ des ehemals slowakischen Territoriums besetzt hatte und versuchte, auch das übrige Land zu besetzen. Die Slowakei wiederum wollte eine Revision des Wiener Schiedsspruches erreichen. Außerdem gab es dauerhafte Auseinandersetzungen über die Behandlung der slowakischen Bevölkerung in den ungarischen Gebieten.
Am 23. März 1939 begann der Slowakisch-ungarische Krieg mit einem überfallartigen Einmarsch Ungarns in den Osten der Slowakei, der aus dem bereits zuvor besetzten Karpatenrussland heraus erfolgte. Nach einem Waffenstillstand und Verhandlungen musste die Republik ein 1.697 km² großes Gebiet im Osten der Slowakei um die Orte Stakčín und Sobrance an Ungarn abtreten.
Ende des Staates
Nach dem Slowakischen Nationalaufstand im August 1944 besetzten die verstimmten Deutschen ab September 1944 das Land, welches dadurch de facto einen Großteil seiner Unabhängigkeit verlor. Die deutschen Truppen standen unter Leitung des Generals der Waffen-SS Gottlob Berger. „Deutscher Befehlshaber in der Slowakei“ wurde nach G. Berger, ab September 1944 der SS-Obergruppenführer Hermann Höfle. Er wurde am 11. September 1944 als Höherer SS- und Polizeiführer in der Slowakei etabliert; ihm unterstanden dabei in Personalunion die in der Slowakei eingesetzten Wehrmachtsverbände, die Polizei und die SS-Verbände. Erst am 27. Oktober fiel Banská Bystrica und die letzten Aufständischen wurden inhaftiert, desertierten oder liefen zu den Partisanen über, die den Widerstand gegen die deutsche Besatzung bis zum Kriegsende fortführten.
Kurz darauf wurden die deutschen Truppen jedoch sukzessive durch die Rote Armee sowie rumänische und tschechoslowakische Truppen von Osten her aus dem Land zurückgedrängt. Wenig später wurden die „befreiten“ Gebiete wieder ein Teil der wiederhergestellten Tschechoslowakei.
Der Staat hörte de facto schon am 4. April 1945, als die Rote Armee Bratislava besetzte und somit das gesamte slowakische Staatsgebiet besetzt hatte, auf zu existieren. Offiziell fand der Staat erst am 8. Mai 1945 sein Ende, nachdem die slowakische Regierung ins österreichische Kremsmünster geflohen war und dort vor dem General des XX. US-Corps, General Walton Walker die Kapitulation unterzeichnete.
Einzelnachweise
- ↑ vgl. z.B. Herbert Czaja, Gottfried Zieger, Boris Meissner, Dieter Blumenwitz: Deutschland als Ganzes: Rechtliche und historische Überlegungen. Anlässlich des 70. Geburtstages von Herbert Czaja am 5. November 1984. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1985, S. 309
Literatur
- Johann Kaiser: Die Politik des Dritten Reiches gegenüber der Slowakei 1939–1945. Ein Beitrag zur Erforschung der nationalsozialistischen Satellitenpolitik. Diss., Bochum 1969.
Siehe auch
- Geschichte der Slowakei (360 bis heute)
- Geschichte der Tschechoslowakei (1918 bis 1993)
- Slowakisch-ungarischer Krieg (1939)
Weblinks
- Eva Gruberová: Hitlers Hirte: Der katholische Priester Jozef Tiso regierte von 1939 bis 1945 die Slowakei – und ließ 60.000 jüdische Bürger in den Tod schicken. Die Kirche des Landes verehrt ihn bis heute. In: Die Zeit, 27. September 2007 Nr. 40
- Jana Müller: Die Slowakei unter Tiso. Ein „Musterstaat“ Hitlers. In: Zeitschrift des Zeitgeschichtemuseums Ebensee, Nr. 46, November 1999
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