Bahnhof Berlin Kolonnenstraße

Bahnhof Berlin Kolonnenstraße
Eröffnung des Bahnhofs mit dem ersten Zug Richtung Innenstadt

Der Bahnhof Julius-Leber-Brücke befindet sich an den Gleisen der Wannseebahn unter und nördlich der nach Julius Leber benannten Brücke im Verlauf der Kolonnenstraße im Berliner Ortsteil Schöneberg. Der Vorläufer-Bahnhof Kolonnenstraße befand sich an der Südringspitzkehre ebenfalls an dieser Stelle. Er war bis 1944 in Betrieb, musste dann allerdings infolge der Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs aufgegeben werden. Überreste des einstigen Bahnsteigs waren bis zum Beginn der Bauarbeiten zum Neubau im November 2006 noch erhalten. Der neu entstandene Haltepunkt wird seit seiner Eröffnung am 2. Mai 2008 von der S-Bahnlinie S1 bedient.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der erste „Bahnhof Schöneberg“

Spitzkehre mit Bahnhof Schöneberg auf einem Plan von 1893

Die Berliner Ringbahn wurde 1871 auf dem ersten Abschnitt zwischen Moabit und Potsdamer Bahnhof eröffnet, 1877 wurde der Ring geschlossen. Dennoch fuhren die meisten Züge den Ring nicht auf dem kürzesten Wege rundum, sondern bedienten weiterhin den Potsdamer Bahnhof in der Innenstadt. Die dabei zwischen dem Fernbahnhof und der eigentlichen Ringbahn zurückgelegte Strecke erhielt die Bezeichnung Südringspitzkehre.

Am 15. Oktober 1881 wurde an dieser Strecke der spätere Bahnhof Kolonnenstraße mit einem einfachen Seitenbahnsteig eröffnet. Der erste Name war Schöneberg, da der heutige Bahnhof Schöneberg am Schnittpunkt mit der Ringbahn damals noch nicht existierte. Kurze Zeit darauf erhielt die Stammbahn ebenfalls einen solchen Seitenbahnsteig, womit der Bahnhof eine Umsteigefunktion zu ebener Erde bekam.

Ebenso wie der Personenverkehr auf dem eigentlichen Bahnhof nahm auch der der gesamten Strecke zu, mit der Folge, dass für den Vorortverkehr nach Wannsee auf der Stammbahn eine Vorortbahn, die Neue Wannseebahn errichtet werden musste. Gleichzeitig wurde der Bahnhof der Südringspitzkehre umgebaut, er erhielt einen Mittelbahnsteig sowie ein verklinkertes Empfangsgebäude mit polygonalem Aufsatz und Dachhelm an der Brücke Sedanstraße. Die Konstruktion der Sedanbrücke (heute Julius-Leber-Brücke) ließ es jedoch nicht zu, dass sich die Gleise bereits vorher weiten konnten, sodass der Bahnsteig erst mehrere Meter hinter der Brücke platziert werden konnte. Als Verbindung zwischen dem Empfangsgebäude an der Brücke und dem Bahnsteig fungierte ein sogenannter „Gewächshausgang“, also ein verglaster Verbindungsgang. Der Platz ließ es jedoch nicht zu, dass auch für die Wannseebahn ein Bahnsteig auf gleicher Höhe möglich gewesen wäre. Als Ersatz entstand mit Eröffnung der Vorortbahn am 1. Oktober 1891 der Bahnhof Großgörschenstraße – heute Bahnhof Yorckstraße (Großgörschenstraße) – mehrere hundert Meter weiter an der Yorckstraße gelegen. Um dennoch die bestehende Umsteigerelation aufrecht zu erhalten, wurden beide Bahnhöfe über einen ca. 300 Meter langen Weg miteinander verbunden, der über zwei Brücken, durch einen Tunnel sowie teils zwischen den Gleisen verlief. Schnell erhielt dieser Weg den Spitznamen „Hammelgang“. Planungen, beide Bahnhöfe zusammenzuführen, wurden nie umgesetzt.

Am 1. Dezember 1932 wurde der Bahnhof umbenannt. Er erhielt den Namen Kolonnenstraße, da der in Bau befindliche und am 1. März 1933 eröffnete neue Umsteigebahnhof zwischen Wannsee- und Ringbahn den Namen Bahnhof Schöneberg erhalten sollte.

Germania-Planungen für den Bahnhof

Noch vor den Germania-Planungen durch Hitler und Speer gab es erste Gedanken für einen Nord-Süd-S-Bahntunnel. Für die Wannsee- und Ringbahnspitzkehre bedeutete dies die unterirdische Fortführung über die jeweiligen Kopfbahnhöfe hinaus bis zum Stettiner Bahnhof. Um die Planungen umsetzen zu können, war es zunächst nötig, die Gleise der Wannseebahn und der Spitzkehre nebeneinander zu legen. Nun bot sich auch die Möglichkeit, beide Bahnhöfe wieder zu vereinen, lediglich der Bau eines weiteren Bahnsteigs wäre nötig gewesen.

Als vorbereitende Maßnahme begannen bereits im Frühjahr 1937 die Abtragung des alten Bahnhofs Großgörschenstraße sowie der Neubau der Sedanbrücke, um den nötigen Platz für den Bahnsteigneubau zu bekommen. Die Südhälfte konnte im März 1937 fertig gestellt werden, für die Nordhälfte musste erst das Empfangsgebäude abgetragen und durch einen einfachen Pavillon ersetzt werden. Danach wurden die Planungen jedoch nicht weiter ausgeführt; die kurze Zeit zuvor bekannt gewordenen Planungen für die Welthauptstadt Germania sahen weitreichende Veränderungen vor, was die vorherigen Planungen unnötig erschienen ließ.

Bei der Eröffnung des Nord-Süd-Tunnels wurde ein neuer Bahnhof Großgörschenstraße errichtet. Aufgrund der nun veränderten Gleisposition lag dieser rund 200 Meter nördlich des alten, was den Verbindungsgang auf eine Länge von 500 Meter gebracht hätte. Daher verzichtete man auf eine Verbindung, womit die beiden Umsteigebahnhöfe ihre ursprüngliche Bedeutung verloren.

Zerstörung und Stilllegung

Ursprünglich war vorgesehen, die Situation, wie sie nun bestand, zu verändern. Dies betraf also den Neubau des Bahnhofs Kolonnenstraße als richtige Umsteigestation, die Einbindung in den Nord-Süd-Tunnel sowie die Fortführung der Sanierung der Sedanbrücke, die immer noch nur halbfertig bestand.

Bereits im November 1943 gab es die ersten Schäden durch Fliegerbomben. Nach der provisorischen Instandsetzung der Gleise im Umfeld konnte der Betrieb allerdings zunächst noch aufrechterhalten werden. Spätestens seit dem 1. Oktober 1944 waren die Schäden am Bahnhof und an der Strecke so stark, dass die Ringbahnzüge statt über die Südringspitzkehre nun im „Vollring“ fahren mussten, was letztendlich bis 1961 erfolgte und seit 2006 auch wieder so durchgeführt wird.

In den Folgejahren wurden dann auch die Gleise zwecks Ersatzteilgewinnung entfernt. In den Reichsbahnunterlagen vom Februar 1947 wurde die Nichtexistenz des Bahnhofs Kolonnenstraße sowie das Fehlen der S-Bahngleise bestätigt. In der Folgezeit wurden noch die wichtigsten Bestandteile des Bahnhofs entfernt, wohingegen der Bahnsteig weiterhin teilweise bestehen blieb.

Aktuelle Situation

Erster Zug zum neuen Bahnhof, bereitgestellt im Nordbahnhof

Seit der Übernahme der S-Bahn auf West-Berliner Gebiet durch die BVG am 9. Januar 1984 gab es Überlegungen für eine Wiederinbetriebnahme des Bahnhofs Kolonnenstraße, diesmal allerdings als Bahnhof der Wannseebahn. Als Hauptargument diente dabei die dichte Besiedlung der Schöneberger Roten Insel; das Einzugsgebiet umfasst schätzungsweise 28.000 Menschen, was nur von den Bahnhöfen der Stadtbahn überboten wird.

1987 wurde in einem Architekturwettbewerb ein erster Entwurf des Berliner Büros „Maedebach“ vorgestellt. Der geplante Bahnhofsneubau wurde mit umgerechnet rund 9 Mio. Euro veranschlagt. In den folgenden Monaten wurde das Modell jedoch zunehmend vereinfacht und somit auch der Baubeginn nach hinten verschoben. Mit dem Fall der Berliner Mauer gerieten die Pläne dann auf Grund neu gesetzter Prioritäten, allen voran dem „Pilzkonzept“ vollends ins Hintertreffen. Aber auch allgemeine, finanzielle Probleme sorgten für einen Aufschub der Bahnhofsplanung.[1]

Die Pläne für den neuen Nord-Süd-Tunnel sahen schließlich auch eine S-Bahnlinie mit Projektnamen „S21“ vor, die etwa auf Höhe der beiden Yorckstraßenbahnhöfe auf die Stammstrecke gestoßen wäre. Da es Überlegungen gab, die Südringspitzkehre zudem auch wieder herzustellen, sprach dies für den Bahnhof Kolonnenstraße als Umsteigepunkt. Allerdings wurde aus Kostengründen bei der Realisierung des Eisenbahntunnels der Tunnel für die S21 gestrichen, womit diese Pläne in weite Ferne gerückt sind. Zunächst wird nur die Anbindung der Nord-Süd-Achse vom Nordring her realisiert werden.

Seit Ende 2006 wurde der nun als Julius-Leber-Brücke (Kolonnenstraße) bezeichnete Bahnhof, der über zwei Seitenbahnsteige verfügt, wieder errichtet.[2] [3] Der Neubau ist allerdings recht schlicht gestaltet, was zum einen auf den Geldmangel, zum anderen aber auch auf die Pläne für die S21, die einen Ausbau des Bahnhofs bedeuten würden. Die zwei Seitenbahnsteige werden eine teilweise Überdachung bekommen und es werden pro Fahrtrichtung jeweils zwei Zugangstreppen von der Julius-Leber-Brücke und zwei barrierefreie Aufzüge gebaut. Die vorhandene, wie die gesamte, nach dem Krieg neu errichtete, nordseitliche Fußgängerbrücke wurde abgerissen. Bei der Trassenführung wird Raum für die mögliche Wiedererrichtung der Stammbahn, sowie für die Anbindung der S21 freigehalten. Im Mai 2006 wurde die Finanzierungsvereinbarung zwischen der Deutschen Bahn und dem Land Berlin unterschrieben. Die Bauarbeiten begannen am 16. November 2006. Bis Juli 2007 wurden die Überreste des alten Bahnhofs Kolonnenstraße abgerissen, Zugangswege für die Baufahrzeuge beiderseits der Streckengleise errichtet und das Baufeld freigemacht.

Im Januar 2008 begannen die Bauarbeiten zur Erstellung der Bahnsteigfundamente und der Zugangsbauwerke. Die Seitenbahnsteige wurden als Fertigteilkonstruktion bis Ende März errichtet. Am 2. Mai 2008 wurde der neue S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke in Betrieb genommen, ohne dass die Bauarbeiten im Geringsten abgeschlossen waren. Weder waren die Bahnsteige zur Eröffnung (teil-)überdacht noch die Zugangstreppen auf der nördlichen Brückenseite oder die Aufzüge annähernd fertiggestellt. Zwei Wochen nach Eröffnung wurde in der Nacht zum 16. Mai 2008 der Bahnhof durch Vandalismus schwer beschädigt, indem Scheiben an Wartehallen und Vitrinen zerstört sowie ein Fahrscheinautomat beschädigt wurden. Außerdem wurden Wände mit politischen Parolen beschmiert.[4]

Im Zuge der gesamten Baumaßnahme ist geplant, die Umsteigemöglichkeiten zu den Bussen in der Kolonnenstraße auf die Brücke zu verlegen. Die anliegenden Bushaltestellen tragen den Namen S Julius-Leber-Brücke. Im Dezember 2008 wurden die nördlichen Treppenhäuser fertiggestellt und in Betrieb genommen. Die dazugehörigen Aufzüge erleichtern das barrierefreie Umsteigen. Die neu entstandene Fußgängerbrücke auf der nördlichen Seite ist seit Ende April 2009 voll begehbar.

Literatur

  • Berliner S-Bahn Museum: Strecke ohne Ende – Die Berliner Ringbahn. GVE, Berlin 2002, S. 47ff. ISBN 3892180741

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Isabell Jürgens: Planung für S-Bahnhof abgeschlossen: Jetzt fehlt das Geld. in: Berliner Morgenpost, 6. Oktober 2003.
  2. Peter Neumann: Bahnhof Kolonnenstraße entsteht neu. in: Berliner Zeitung, 17. Dezember 2004. ISSN 0947-174X
  3. Birgitt Eltzel: Der alte S-Bahnhof Kolonnenstraße bekommt einen modernen Nachfolger. in: Berliner Zeitung, 9. Februar 2005. ISSN 0947-174X
  4. Der Tagesspiegel, 16.05.2008

52.48626888888913.3602119444447Koordinaten: 52° 29′ 11″ N, 13° 21′ 37″ O


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