Solidaritätsprinzip

Solidaritätsprinzip
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Das Solidaritätsprinzip in der deutschen Sozialversicherung

Die Sozialversicherung beruht auf dem Prinzip der Solidarität. Das Solidaritätsprinzip (auch Solidarprinzip genannt) ist die strukturelle Basis der gesetzlichen Kranken-, Unfall-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Es besagt, dass sich der Leistungsanspruch in der Regel nach der Bedürftigkeit und nicht nach dem individuellen Risiko der Versicherten richtet. Das Solidaritätsprinzip lässt sich kurz durch den Grundsatz „Einer für alle, alle für einen“ charakterisieren. Im Unterschied zur Privatversicherung besteht Versicherungs- und Beitragspflicht kraft Gesetzes (also öffentliches Recht); dies ist nicht zu verwechseln mit dem Kontrahierungszwang aus dem Privatrecht, denn es kommt in der gesetzlichen Sozialversicherung nicht zu einem Vertragsverhältnis. Daher rührt auch der unterschiedliche Rechtsweg: Zuständig ist nicht die Zivilgerichtsbarkeit, sondern die Sozialgerichtsbarkeit.

Leistungen werden insgesamt nur bei Notwendigkeit erbracht und richten sich grundsätzlich nach der individuellen Bedürftigkeit. In der gesetzlichen Krankenversicherung gilt der Grundsatz, "das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten", in der gesetzlichen Unfallversicherung dagegen gilt der Grundsatz "mit allen erdenklichen Mitteln". Die Dauer der Zugehörigkeit bzw. die fehlende Inanspruchnahme von Leistungen über längere Zeit führen nicht zu einer Leistungsberechtigung im Sinne eines Ansparens von Leistungen. In der Rentenversicherung - mit Ausnahme der Alterssicherung der Landwirte - ist die Höhe der Leistungen abhängig von der Höhe der Beiträge und der Anzahl der Beiträge. In der Alterssicherung der Landwirte wird ein Einheitsbeitrag, der ggf. durch Zuschüsse gesenkt werden kann, entrichtet.

Verpflichtete Teilnehmer der Solidargemeinschaft sind bezüglich Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nur abhängig Beschäftigte, nicht aber Beamte, Selbstständige, Vorstände und Geschäftsführer.

Solidaritätsprinzip vs. Äquivalenzprinzip

Im Gegensatz dazu das Äquivalenzprinzip der Privatversicherung (PKV). Das Äquivalenzprinzip ist das Pendant zum Solidarprinzip der GKV. Äquivalent heißt es, weil die Höhe des Beitrags abhängt vom individuellen Risiko und dem gewünschten Leistungsspektrum. Unterschiedliche Wahlleistungen gibt es zum Beispiel beim Krankenhausaufenthalt, beim Zahnersatz, bei der Erstattung von Heilpraktikerkosten, beim Krankentagegeld und beim Krankenhaustagegeld. Doch auch andere Faktoren entscheiden über die Höhe des Beitrags. Dazu gehören das Eintrittsalter, der Gesundheitszustand bei Eintritt (Vorerkrankungen), das Geschlecht des Versicherten und die Höhe des vereinbarten Selbstbehaltes.

Während beim Solidarsystem jeder einen Beitrag zahlt, damit alle gleichermaßen gut versorgt werden können, versichert sich innerhalb der PKV jeder gegen sein eigenes Risiko.

Umfang

Die Versicherten in der Sozialversicherung bilden eine Solidargemeinschaft. Mit ihren Beiträgen zur Krankenversicherung helfen die Gesunden den Kranken, in der Pflegeversicherung den Pflegebedürftigen, in der Rentenversicherung unterstützen die Jungen die Alten (siehe Generationenvertrag) und in der Arbeitslosenversicherung zahlen die Arbeitnehmer für die Arbeitslosen. Dadurch, dass die Arbeitgeber in der Regel die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmer übernehmen, sind sie rechnerisch auch in die Solidargemeinschaft mit einbezogen.

Sonderfall Unfallversicherung

Eine Ausnahme stellt hier die gesetzliche Unfallversicherung dar: Kraft Gesetzes wird die dem Grunde nach vorliegende Haftungspflicht der Unternehmer (Arbeitgeber) gegenüber ihren Arbeitnehmern bei Arbeitsunfällen von der Unfallversicherung abgelöst. Dafür haben die Unternehmer (nicht die Arbeitnehmer) entsprechende Beiträge an ihre Solidargemeinschaft - nämlich die der Unternehmer der verschiedenen Branchen - zu zahlen. Daher stammt auch die häufige Bezeichnung der Unfallversicherungsträger als "Berufsgenossenschaften".

Anspruchsumfang

In der deutschen Sozialversicherung stehen den Versicherten die gleichen Leistungen unabhängig vom Risiko zu. Ausnahme von dieser Regel sind die Leistungen, die Lohnersatzfunktion haben, wie Krankengeld, Unterhaltsgeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld u.a. Die Höhe dieser Entgeltersatzleistungen bemisst sich anhand der Höhe des Einkommens.

Weitere Fassung des Begriffs

Zusätzlich wird manchmal das Solidaritätsprinzip verwendet, um einen sozialen Ausgleich von unterschiedlichen Einkommen zu erklären. Da historisch bei der gesetzlichen Krankenversicherung zwei Drittel der Leistungen lohnabhängig waren, und für einen kleineren Teil der Leistungen keine Lohnabhängigkeit bestand, wird heutzutage das Solidaritätsprinzip von manchen Gruppen auch auf eine Solidarität unterschiedlicher Einkommen ausgedehnt. Da die lohnunabhägigen Leistungen nun die Mehrheit der Ausgaben der Krankenversicherung darstellen, wurde auch bei der Einführung der Pflegeversicherung ein lohnabhängiger Beitrag erhoben.


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