- Sondergut
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Als Sondergut bezeichnet die historisch-kritische Forschung zum Neuen Testament alle besonderen Texte der drei synoptischen Evangelien, die nur in jeweils einem davon, ohne Paralleltexte in den anderen, vorhanden sind.
Inhaltsverzeichnis
Theorien
Der Begriff beruht meist auf der Zweiquellentheorie, nach der den Verfassern des Matthäusevangeliums und des Lukasevangeliums das Markusevangelium und eine schriftliche Logienquelle vorlag. Matthäus und Lukas hatten also jeweils Informationen, die dem anderen nicht zur Verfügung standen und die ihre Evangelien unterscheiden. Ob diese ihrerseits aus anderen, älteren Schriftquellen stammten oder aus unabhängigen mündlichen Überlieferungen, ist umstritten. Überschüssige Texte, die sie nicht von Markus übernahmen, zählt man zum Sondergut des jeweiligen Evangeliums.
Manche Forscher bestreiten die hypothetische Logienquelle und vertreten eine Benutzungstheorie, wonach Matthäus das Markusevangelium, Lukas beide als Vorlagen gekannt und die übereinstimmenden Texte daraus entnommen hat.
Markusevangelium
Das markinische Sondergut besteht aus wenigen Texten, die nicht von Mt und Lk übernommen wurden: zum Beispiel das Gleichnis der von selbst wachsenden Saat (Mk 4,26-29) und die Heilung eines Taubstummen (Mk 7,31-37) und eines Blinden (Mk 8,22-26). Beide Wunder Jesu zeichnen sich durch den Einsatz von Speichel aus. Ihre Weglassung bei Mt und Lk kann mit der Zweiquellentheorie nur schwer erklärt werden.
Matthäusevangelium
Zum Sondergut des Matthäus gehören:
- der Stammbaum Jesu (Mt 1,1-17 EU)
- die Geschichte der Weisen aus dem Morgenland (Mt 2,1-12 EU)
- die Flucht nach Ägypten (Mt 2,13-15 EU)
- „Vom Schwören“ (Mt 5,33-37 EU)
- „Vom Almosengeben“ (Mt 6,1-4 EU)
- „Vom Beten“ (Mt 6,5-6 EU)
- „Vom Fasten“ (Mt 6,16-18 EU)
- „Vom Unkraut unter dem Weizen“ (Mt 13,24–30 EU) und seine Deutung (Mt 13,36–43 EU)
- „Vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle“ (Mt 13,44-46 EU)
- „Vom Fischnetz“ (Mt 13,47-52 EU)
- die Geschichte von der Tempelsteuer (Mt 17,24–27 EU)
- die Geschichte von den zwei Schuldnern (Mt 18,23–35 EU)
- „Von den zehn Jungfrauen“ (Mt 25,1–13 EU)
- die Perikope vom Weltgericht (Mt 25,31–46 EU)
- die Geschichte von den Grabeswächtern (Mt 27,62–66 EU) samt ihrer Fortsetzung (Mt 28,11–15 EU)
- Schluß des Evangeliums mit dem Missionsbefehl (Mt 28,16–20 EU)
Lukasevangelium
Das lukanische Sondergut umfasst ca. 1/3 des gesamten Lukasevangeliums (wenn man auch einzelne Verse dazuzählt, die inmitten anderer Texte stehen, sind es ca 45%), darunter
- die Vorgeschichte
- die gegenüber den beiden anderen Evangelisten stark ausgearbeitete Thematik der „Zöllner und Sünder“ (7,34!; 7,36 ff.; 19,1 ff.; 15,2 ff. und die folgenden Gleichnisse vom Verlorenen)
- Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter
- die Episode vom Schächer am Kreuz (Lk 23,39 ff. )
- die Emmaus-Erzählung (Lk 24,13-35)
- das Motiv der verachteten Samaritaner (Lk 10,29 ff.; 17,11 ff)
- aber auch die besondere Rolle der Frau (vgl. die Notizen zu Maria Lk 2,19; 2,34; 8, 1 ff.u.ö.)
Literatur
- Literatur zum Schlagwort Sondergut im Katalog der DNB und in den Bibliotheksverbünden GBV und SWB
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