Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Österreich)

Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Österreich)
Sozialdemokratische Partei Österreichs
Logo der SPÖ
Parteivorsitzender Werner Faymann
Klubobmann Josef Cap
Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas
Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter[1]
Gründung 30. Dezember 18881. Jänner 1889
Gründungsort Hainfeld (Niederösterreich)
Hauptsitz Wien
Nationalratsmandate 57 von 183
Staatliche Zuschüsse ca. 8,7 Mio Euro
Mitgliederzahl 300.000
Parteigliederung 9 Landesorganisationen
114 Bezirksorganisation
3589 Ortssektionen
Mindestalter 16
Frauenanteil 30 %
Website www.spoe.at

Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ), bis 1934 Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), von 1945 bis 1991 Sozialistische Partei Österreichs, ist eine der ältesten bestehenden Parteien Österreichs und eine der beiden großen Volksparteien des Landes.

Die SPÖ stellte seit 1945 in 12 von 25 Bundesregierungen den Bundeskanzler. Derzeit gehören ihr mit dem Bundespräsidenten (SPÖ-Mitgliedschaft „ruhend gestellt“), dem Kanzler (seit 11. Jänner 2007) und der Ersten Nationalratspräsidentin die Inhaber der drei höchsten Staatsämter an, und sie stellt vier der insgesamt neun Landeshauptleute (Wien, Burgenland, Salzburg und Steiermark).

Inhaltsverzeichnis

Inhaltliches Profil

In ihrem Grundsatzprogramm, beschlossen am Parteitag 1998, bekennt sich die SPÖ zur Sozialdemokratie, zu den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Vollbeschäftigung. Gleichzeitig wird aber auch die Notwendigkeit von politischer Liberalisierung, Modernisierung und Veränderung thematisiert.

Wirtschafts- und Sozialpolitik

Den Grundsätzen der Sozialdemokratie entsprechend, ist das Ziel der SPÖ eine Gesellschaft, in der alle Klassengegensätze überwunden sind. Nach Meinung der SPÖ müsste jegliche Form von Arbeit zwischen Männern und Frauen gerecht verteilt werden. Als Ziel nennt die SPÖ die Vollbeschäftigung. Sie bestrebt die Zugänglichkeit öffentlicher Einrichtungen für jeden unabhängig vom sozialen Stand. Außerdem fordert sie ein faires Arbeitsverhältnis und Mitbestimmungsrecht von Arbeitnehmern in Unternehmen als Basis für eine soziale, wirtschaftliche Entwicklung.[2] Des Weiteren tritt sie für ein Steuersystem ein, das eine gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung erlaubt.[3] Den Staat sieht die SPÖ als Träger einer aktiven Wirtschaftspolitik.[4] Die Privatisierungspolitik, die zu Beginn der 1990er-Jahre von SPÖ-geführten Regierungen betrieben wurde, lehnt sie ab. Im Wahlkampf zum Nationalrat 2008 waren zentrale Forderungen im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung und der Vermögenszuwachssteuer.[5][6]

Im Frühjahr 2009 beauftragte Bundeskanzler und Parteichef Werner Faymann den steirischen Landeshauptmann Franz Voves zur Entwicklung eines neuen Wirtschaftskonzepts für die SPÖ. Unter dem Titel NEW (Neue europäische Wirtschaftspolitik) präsentierte Voves im April 2009 sein Programm, welches aufgrund der Forderung einer höheren Vermögensbesteuerung und der Wiederverstaatlichung von liberalisierten Unternehmen, die dem öffentlichen Auftrag nicht nachkommen, eine innerparteiliche Debatte über einen wirtschaftspolitischen Linksruck auslöste.[7]

Bildungspolitik

Die Bildung wird im Programm der SPÖ als soziales Grundrecht angesehen.[8] Demnach tritt die SPÖ für Chancengerechtigkeit ein, eine der zentralen Forderungen ist die gemeinsame Schule der 6- bis 14-Jährigen als Modell der Gesamtschule.[9] Ein weiteres Anliegen ist der flächendeckende Ausbau der leistbaren und bedarfsorientierten Kinderbetreuung und die Herabsetzung der Schulpflicht auf das 5. Lebensjahr.[10] Im Bereich Studien verlangt die SPÖ einen freien Zugang zu den österreichischen Universitäten, so wurden beispielsweise im Jahr 2008 die einige Jahre zuvor eingeführten Studiengebühren abgeschafft. Weiters setzt man sich für die Sicherung der demokratischen Mitbestimmungsrechte in der ÖH.[11]

Gesellschaftspolitik

Als sehr wichtig wird auch die Gleichstellung von Frauen und die Tolererierung ethnischer Minderheiten empfunden. Die SPÖ will den interkulturellen Dialog forcieren und tritt für die Integration von Zuwanderern ein.[12] Im Kampf gegen Unfreiheit und Diskriminierung setzt sie sich gegen Terror, Folter und die Todesstrafe ein. Das Wahlprogramm von 2008 greift auch das Thema Homosexualität auf und befürwortet so die gesellschaftliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren.[13]

Geschichte

Bis 1934: Sozialdemokratische Arbeiterpartei

Bis 1889: Gründung nach deutschem Vorbild

Die österreichische Arbeiterbewegung ist kein Kind der Revolution des Jahres 1848. Auf den Barrikaden Wiens standen zwar auch Arbeiter, doch ihr Handeln war noch nicht vom Klassenbewusstsein, sondern vom Wunsch getragen, dem absolutistischen Regime mehr Rechte für alle Bürger abzutrotzen. Die österreichische Arbeiterbewegung ist vielmehr als Tochter der (reichs)deutschen Sozialdemokratie entstanden, deren ideologische und organisatorische Führungsrolle auf dem Vorsprung der Industrialisierung in Preußen beruhte.

Von dort her kam auch der Anstoß zur Gründung der ersten Arbeiterbildungsvereine, die – mit der Dezemberverfassung des Jahres 1867 legalisiert – wesentlich zum Wecken des politischen Bewusstseins der österreichischen Arbeiterklasse beigetragen haben. Die Arbeit der Funktionäre der ersten Stunde basierte auf dem Gedankengut des Reformisten und Etatisten Ferdinand Lassalle und dessen Allgemeinem Deutschen Arbeiterverein. Dieser Arbeiterverein fusionierte nach Lassalles frühem Tod auf dem Parteitag von Gotha mit der (deutschen) Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP). Dabei wurde das 1869 im thüringischen Eisenach beschlossene marxistische Programm der SDAP übernommen. Dieses Bekenntnis zur revolutionären Umgestaltung der bestehenden Ordnung wurde nun auch von den österreichischen Aktivisten der Arbeiterbewegung übernommen, was wie in Deutschland erneut zu Repressionen und zu Spaltungen in gemäßigte und anarchistische Gruppen führte.

Der Plan zur Gründung einer geeinten österreichischen sozialdemokratischen Partei entstand 1874 auf einer Zusammenkunft von Delegierten gewerkschaftlicher Arbeitervereine im damals ungarischen, heute burgenländischen Neudörfl. In den folgenden Jahren konnte dieses Vorhaben aufgrund von Differenzen zwischen gemäßigten und anarchistischen Gruppierungen nicht realisiert werden. Die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) fand daher erst an der Jahreswende 1888/89 am Parteitag vom 30. Dezember 1888 bis zum 1. Jänner 1889 im niederösterreichischen Hainfeld statt, nachdem es dem Armenarzt Dr. Viktor Adler gelungen war, die recht unterschiedlich ausgerichteten Gruppierungen auch über die Sprachgrenzen der cisleithanischen Reichshälfte hinweg zu vereinen.

Die neue Partei fühlte sich der gleichnamigen deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP), die 1875 in Gotha aus der Fusion der alten SDAP mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) hervorgegangen war, nicht nur durch die gleiche Namensgebung verbunden. Man hatte von ihr auch das marxistische Eisenacher Programm [14] des Jahres 1869 übernommen, das auf dem Kommunistischen Manifest beruhte.

1889–1918: Viktor Adlers "k.k." Sozialdemokratie

Victor Adler schwor die Partei auf einen gemäßigten Kurs ein, bei dem das Kommunistische Manifest nicht als Richtlinie, sondern als Zukunftsvision präsent war. Als erstes Zwischenziel auf diesem Weg in die Zukunft wurde der Kampf um das Wahlrecht festgelegt. Parallel dazu wurden Gründungen von Institutionen zur Bildung und Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiterklasse gefördert, die deren Zusammenhalt stärkte und zu steigenden Mitgliederzahlen vor allem in Wien, Böhmen und Mähren, aber auch in den industrialisierten Gebieten der Steiermark, Ober- und Niederösterreichs führten. Victor Adler blieb bis zu seinem Tod eher den reformistischen Zielen des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und damit den etatistischen Lehren Lassalles verbunden, als jenen von Karl Marx.

Mit der Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts für Männer gelang Viktor Adler im Jahr 1905 ein historischer Kompromiss zwischen Krone, Bürokratie und Arbeiterschaft. Auf dessen Basis konnte die SDAP bei den Wahlen im Jahr 1907 ihren Mandatsstand vervielfachen. Sie wurde knapp hinter den Christlichsozialen zweitstärkste, 1911 schließlich stärkste Fraktion im Reichsrat.

Da der k.k. Ministerpräsident das Vertrauen des Monarchen und nicht jenes des Reichsrates benötigte, bedeutete diese Fraktionsstärke allerdings keineswegs eine Regierung unter sozialdemokratischer Führung. Die Freude über die Wahlrechtsform und Wahlerfolge wurde durch den sich verschärfenden Nationalitätenhader auch in den eigenen Reihen getrübt. Die Tschechen waren 1912 die erste ethnische Gruppierung, die sich von der SDAP abspaltete, bis Kriegsbeginn hatten auch die anderen Ethnien (damals Nationalitäten genannt) die Partei verlassen und eigene Fraktionen gegründet.

Adler gab nun als nächstes Ziel die materielle Besserstellung der Arbeiterklasse aus, was jedoch nicht mehr umgesetzt werden konnte. Trotz ihres Bekenntnisses zu den Friedenszielen der Zweiten Internationale unterstützte die SDAP Österreichs in den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs die Kriegspolitik Österreich-Ungarns gegen Serbien und das zaristische Russland.

Gegen diese „Burgfriedenspolitik“, wie sie u. a. Karl Renner vertrat, gab es in der Partei zunächst keine namhafte Opposition. Lediglich eine kleine Gruppe um Friedrich Adler, den Sohn des Parteivorsitzenden Viktor Adler, konnte sich mit diesem Kurs nicht abfinden. Am 21. Oktober 1916, wenige Wochen vor dem Tod Franz Josephs I., erschoss Friedrich Adler den k.k. Ministerpräsidenten, Graf Karl Stürgkh, der aufgrund der Obstruktionspolitik der Nationalitäten seit März 1914 ohne Parlament regierte. (Das Parlament wurde erst wieder vom neuen Kaiser, Karl I., 1917 einberufen.) Die Partei distanzierte sich von dieser Tat und ging erst am Parteitag 1917 ebenfalls auf Distanz zur Staatsführung, nicht ohne die Administration noch bei der Eindämmung der Hungerstreiks im Winter 1917/18 zu unterstützen. Unter dem Eindruck der russischen Oktoberrevolution und des absehbaren Zusammenbruches der Monarchie räumte die Partei 1918 Otto Bauer, einem prononcierten Marxisten, den Posten des stellvertretenden Parteivorsitzenden und Chefideologen ein.

Parteiname zunächst ohne „Österreich“

SDAPÖ Parteibuch (1933–34)

Die 1888 gegründete Partei verstand sich als Vertretung der Arbeiterbewegung „aller im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“, also Cisleithaniens. Diese umgangssprachliche Bezeichnung („Land diesseits der Leitha“) war nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich von 1867 entstanden, weil die böhmischen Kronländer Böhmen und Mähren „Österreich“ als diskriminierend abgelehnt hatten. Um auch von böhmischen Genossen akzeptiert zu werden, konnte sich also auch die Arbeiterpartei 1888 keinen Namen mit „Österreich“ geben. Nach der Gründung Deutschösterreichs und bis 1934 nannte sich die Partei allerdings Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs (SDAPDÖ). [15] Die deutschen Sozialdemokraten, die sich ursprünglich Sozialistische Arbeiterpartei genannt hatten, firmierten bereits ab 1890 als Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

1918–1920: Sozialdemokratie an der Regierung

Altes Logo der Partei bis 1934

Als die nicht deutschsprachigen Nationalitäten kurz vor Kriegsende aus der Monarchie ausschieden, waren die deutschösterreichischen Sozialdemokraten die ersten, die mit einem klaren Programm vor das Volk traten und eine parlamentarische Republik anstrebten. Die provisorische Nationalversammlung, bestehend aus den 1911 gewählten deutschen Reichsratsabgeordneten Altösterreichs, wählte im Oktober 1918 unter dem Vorsitz von Karl Seitz Karl Renner zum Staatskanzler Deutschösterreichs; die Staatsform blieb noch offen. Nachdem sich auch die anderen Parteien dazu durchgerungen hatten, die Republik anzustreben, und Kaiser Karl I. zum „Verzicht auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ bewogen werden konnte, wurde am 12. November 1918 der Staat Deutsch-Österreich zur Republik erklärt.

Die SDAP Österreichs trat, wie die anderen im Nationalrat vertretenen Parteien, auch nach dem Vertrag von Saint-Germain, der Österreich den Namensbestandteil „Deutsch“ verboten hatte, für den Anschluss an Deutschland ein. Man erwartete sich im großen Staat mehr Kraft für die sozialistische Revolution. Der Anschlusswunsch wurde am Parteitag 1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Deutschen Reich, gestrichen.

1918 bis 1920 bildeten die Sozialdemokraten – als stimmenstärkste Partei bei der 1919 abgehaltenen Wahl der konstituierenden Nationalversammlung – eine Große Koalition mit den Christlichsozialen. Damals wurden neben der Verfassung wesentliche soziale Verbesserungen verabschiedet (Achtstundentag, Gründung der Arbeiterkammer als gesetzliche Interessensvertretung, Betriebsrätegesetz etc.). Karl Seitz (Parteivorsitzender), Otto Bauer (stellvertretender Parteivorsitzender) und Karl Renner als Staatskanzler gelang es, einschneidende soziale Reformen umzusetzen.[16]

Der Versuch Otto Bauers, im Zuge seines Austromarxismus mit dem integralen Sozialismus eine Wiedervereinigung der reformistischen II. Internationale mit der kommunistischen III. Internationale zu erreichen, scheiterte jedoch. Scherzhaft bezeichnete man die österreichische Sozialdemokratie, die so beschwichtigend auf die rivalisierenden linken Ideologien wirken wollte, als die Zweieinhalbte Internationale.

Ebenso konnte der von der SDAP angestrebte Anschluss an das Deutsche Reich nicht erreicht werden. Eine damit verbundene Vereinigung mit der späteren Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), einer hervorragend organisierten Partei, wäre aus österreichischer Sicht äußerst attraktiv gewesen. Während Deutschland stark industrialisiert war und somit über eine große Menge an Werktätigen verfügte, war Österreich zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend agrarisch dominiert. Da die Bauern traditionsgemäß christlich-sozial wählten, war die politische Basis für die Sozialdemokratie in der österreichischen Bevölkerung dementsprechend geringer.[17]

1920–1934: Von der Opposition zum Bürgerkrieg

Nachdem die Christlichsozialen 1920 die Nationalratswahlen gewonnen hatten, führte Otto Bauer die Partei in der Bundespolitik in Opposition. Dort blieb sie bis zu ihrem Verbot 1934. Zwar wurde sie bei der Nationalratswahl 1930, der letzten demokratischen Wahl der Zwischenkriegszeit, noch einmal stimmen- und mandatsstärkste Partei, jedoch bildete die Christlichsoziale Partei zusammen mit der Großdeutschen Volkspartei und dem Landbund weiterhin die Regierung.

Vor allem in Wien, wo sie unter den Bürgermeistern Jakob Reumann und Karl Seitz mit Zweidrittelmehrheit regierte, und in kleinerem Umfang in den Industrieregionen der Steiermark und Oberösterreichs entwickelte die Sozialdemokratie ein politisches Gegenmodell zur konservativen Bundesregierung. Vor allem durch den sozialen Wohnbau wurde das „Rote Wien“ international bekannt. Bemerkenswert ist auch die kulturelle Offenheit der damaligen Sozialdemokratie, die viele Intellektuelle anzog. (Ähnliches gelang in kleinerem Umfang in den Industrieregionen der Steiermark.)

Als Reaktion auf die Organisation faschistischer Heimwehren wurde 1923/1924 der „Republikanische Schutzbund“ als paramilitärische Organisation der SDAP gegründet. Das Linzer Programm von 1926, wesentlich von Otto Bauer beeinflusst, verstärkte die Kluft zwischen „Rot“ und „Schwarz“: Die „Diktatur des Proletariats“ – die allerdings auf demokratischem Weg erreicht werden sollte („Demokratie der Weg, Sozialismus das Ziel“) – wurde von politischen Gegnern gern zur Angstmache vor den „Roten“ bzw. den „Bolschewiken“ zitiert.

1927 war in Schattendorf, Burgenland, auf einen Schutzbündleraufmarsch geschossen worden; ein Invalider und ein Kind wurden getötet. Der Freispruch der Schützen (Schattendorfer Urteil) führte am 15. Juli 1927 nach einem überaus kritischen Artikel der „Arbeiter-Zeitung“ zu einer Demonstration vor dem Justizpalast, die trotz Besänftigungsversuchen führender Sozialdemokraten in Gewalt radikaler Elemente mündete. Der Justizpalast wurde in Brand gesteckt. Die Polizei erschoss Dutzende Demonstranten und büßte selbst vier Mann ein. Der überaus brutale Polizeieinsatz wurde auch vom Nicht-Sozialdemokraten Karl Kraus heftig kritisiert; er forderte öffentlich den Rücktritt von Polizeipräsident Johann Schober. Die Regierung unter Prälat Ignaz Seipel verteidigte den Polizeieinsatz und bezeichnete das Ereignis als „Julirevolte“; es war ein Schock für das ganze Land.

Gegen die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise hatte auch die Sozialdemokratie kein Rezept. Dies führte dazu, dass in der Arbeiterschaft ab Anfang der dreißiger Jahre radikale Ideologien (Nationalsozialismus, Kommunismus), die bis dahin nur wenige Anhänger hatten, verstärkt Fuß fassen konnten.

Nach dem 4. März 1933 nutzte die christlichsoziale Dollfuß-Regierung die von ihr so genannte Selbstausschaltung des Parlaments, um mit Notgesetzen autoritär weiter zu regieren. Die politischen Rechte wurden sukzessive eingeschränkt, u.a. war der traditionelle Maiaufmarsch der Sozialdemokraten auf der Ringstraße am 1. Mai 1933 verboten worden.

Als Dollfuß den nun verbotenen paramilitärischen Schutzbund in Oberösterreich entwaffnen wollte, kam es am 12. Februar 1934 in Linz zu einer bewaffneten Auseinandersetzung, der zum Februaraufstand von Teilen der SDAP führte. Er wurde von Gendarmerie, Polizei, Bundesheer und Heimwehren niedergeschlagen. Im Anschluss an diese Niederlage wurde die Sozialdemokratische Partei verboten.

An den Februarkämpfen beteiligte sich bei weitem nicht die gesamte österreichische Sozialdemokratie; sie war darauf nicht vorbereitet. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem Republikanischen Schutzbund einerseits und Polizei und Bundesheer andererseits fanden nur punktuell statt; in anderen Stadt- und Landesteilen sah man nichts davon. Deshalb war die Bekämpfung des „Februaraufstandes“ für die Regierung kein großes Problem.

Wahlergebnisse 1919–1930

Bekannte Mitglieder der SDAP

1934–1945: Sozialdemokratie in der Illegalität

1934–1938: Parteiarbeit im „Ständestaat“

Nach der Niederlage der „Aufständischen“ (Regierungsvokabular) bzw. der „Kämpfer für die Demokratie“ (sozialdemokratische Lesart, die von vielen Beobachtern geteilt wurde; siehe den Roman The Lost City des US-Amerikaners John Gunther) wurde der Ständestaat errichtet. Die Konservativen von heute räumen ein, dass er eine Diktatur war, die Sozialdemokraten sprechen von Austrofaschismus. Dieser Begriff wurde bereits damals – allerdings nicht öffentlich – von Bundespräsident Wilhelm Miklas verwendet.

Otto Bauer und Schutzbundchef Julius Deutsch konnten flüchten und in Brünn das Auslandsbüro der österreichischen Sozialdemokraten (ALÖS) einrichten. Von dort aus unterstützten sie die als Nachfolgeorganisation der verbotenen SDAP geheim gegründeten Revolutionären Sozialisten (R.S.), die von 1935 bis 1938 von Joseph Buttinger geführt wurden. Ende März 1938 schloss sich die aus Österreich emigrierte Führungsmannschaft der R.S. mit Otto Bauers Auslandsbüro zur Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten (AVOES) zusammen, deren Funktionäre zunächst in Paris und dann in New York und London tätig wurden. Sie wurde 1942 aufgelöst und (informell) als „Austrian Labor Committee“ (ALC) weitergeführt.

siehe auch: Geschichte Österreichs: Februarkämpfe, Austrofaschismus und Ständestaat

1938–1945: Sozialdemokraten im „Dritten Reich“

In Österreich verbliebene prominente Sozialdemokraten wie Karl Renner, der ehemalige Parteivorsitzende Karl Seitz oder Adolf Schärf verhielten sich zu ihrem eigenen Schutz unauffällig. Unmittelbar nach dem „Anschluss“ im März 1938 wurde im Wiener Tagblatt eine Erklärung Renners publiziert, in der er „freudigen Herzens“ die „große geschichtliche Tat des Wiederzusammenschlusses der deutschen Nation“ begrüßte. Wie er nach dem Krieg schrieb, hatte er, der anderseits schon 1918 für einen Zusammenschluss eingetreten war, diesen Text nach Beratungen mit Parteifreunden verfasst, weil eine gegenteilige Haltung die Arbeit im Untergrund gefährdet und unnötige Opfer gefordert hätte[18].

Als Schärf 1943 von deutschen Sozialdemokraten einer Zusammenarbeit „nach Hitler“ wegen kontaktiert wurde, hat er laut Friedrich Heer („Der Kampf um die österreichische Identität“, Böhlau, Wien 1981, S. 441) spontan „Der Anschluss ist tot. Die Liebe zu Deutschland ist den Österreichern ausgetrieben worden“ geantwortet. Karl Seitz wurde von den NS-Behörden nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 verhaftet.

1945–1991: Sozialistische Partei Österreichs

1945–1966: In Koalition mit der Volkspartei

Vorwärtsgebäude in Wien
SPÖ-Zentrale in Wien

Während die Kämpfe im Großraum Wien noch andauerten (Wiener Operation 1945) und die Rote Armee Wien gerade erst von der NS-Herrschaft befreit hatte, wurde Mitte April 1945, drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und der Befreiung ganz Österreichs, die Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten) (SPÖ) gegründet. Der Parteivorsitzende bis 1934, Karl Seitz, konnte erst Monate später nach Wien zurückkehren.

Am 12. April 1945 fand das erste Treffen führender Sozialdemokraten im schwer beschädigten Wiener Rathaus statt. Am 14. April wurde dort ein provisorischer Parteivorstand bestellt; erster Vorsitzender wurde Adolf Schärf. (Erst viel später konnte Kontakt mit jenen Sozialdemokraten aufgenommen werden, die in den entfernteren Bundesländern die Landesorganisationen der Partei wiedererrichtet hatten.)

Karl Renner, der seit 1938 ein Haus in Gloggnitz (70 km südlich von Wien) bewohnt hatte, nahm „im April 1945 mit dem Kommando der heranrückenden Sowjetarmee Verhandlungen auf, die zur Bildung einer von der Besatzungsmacht akzeptierten Regierung führten“. [19] Zu diesem Zweck schrieb Renner einen persönlichen Brief an Stalin, der sich an den „alten Fuchs“ (wie er ihn genannt haben soll) noch als Politiker vor der NS-Zeit noch erinnern konnte.

Am 27. April 1945 – der Zweite Weltkrieg war noch nicht zu Ende – einigten sich „der Vorstand der Christlichsozialen Volkspartei bzw. nunmehr Österreichische Volkspartei“, die „Kommunistische Partei Österreichs“ und der „Vorstand der österreichischen Sozialdemokratie, nunmehr Sozialistische Partei Österreichs (Sozialdemokraten und Revolutionäre Sozialisten)“ auf die Unabhängigkeitserklärung (Staatsgesetzblatt Nr. 1/1945), mit der „die demokratische Republik Österreich ... wiederhergestellt“ und der „im Jahre 1938 dem österreichischen Volk aufgezwungene Anschluß“ als „null und nichtig“ erklärt wurde. Für die SPÖ unterschrieben Karl Renner, der am gleichen Tag Staatskanzler der von den drei Parteien gemeinsam eingesetzten „provisorischen Staatsregierung“ wurde, und Parteivorsitzender Adolf Schärf.

Die provisorische Regierung „von Gnaden der Roten Armee“ stieß bei den Besatzungsmächten Großbritannien, Frankreich und USA auf enormes Misstrauen. Man hielt Renner für eine Marionette Stalins. Die provisorischen Landeshauptleute der westlichen Bundesländer waren jedoch unter Führung des späteren Außenministers Karl Gruber sehr früh bereit, im Sinne eines ungeteilten Österreichs mit Renner zusammenzuarbeiten und leisteten diesbezüglich auch bei den Alliierten wertvolle Überzeugungsarbeit, ohne die gesamtösterreichische Wahlen 1945 nicht möglich gewesen wären.

Nach den ersten Nationalratswahlen der Zweiten Republik vom 25. November 1945, die eine ÖVP-Mehrheit brachten, wurde das SPÖ-Mitglied Karl Renner am 20. Dezember 1945 durch die Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat) zum ersten Bundespräsidenten der 2. Republik gewählt. Die SPÖ vertrat einen gemäßigten, pragmatischen Kurs und wirkte in der Konzentrationsregierung und in mehreren Koalitionen unter ÖVP-Bundeskanzlern mit. Sie konnte unter anderem die Verstaatlichung vieler Betriebe (vor allem jener, die zuvor „Deutsches Eigentum“ gewesen waren) und darüber hinaus eine Verbesserung der Situation der Arbeiterschaft bewirken. Sie erreichte gemeinsam mit der ÖVP den Staatsvertrag und den Abzug der Besatzungstruppen. Als Vizekanzler und Parteivorsitzender fungierte von 1945 bis 1957 Adolf Schärf und von 1957 bis 1966/1967 Bruno Pittermann. Die SPÖ stellte nach Karl Renner drei weitere sozialdemokratische Bundespräsidenten: Theodor Körner, 1951–1957, Adolf Schärf, 1957–1965, und Franz Jonas, 1965–1974.

1966–1970: SPÖ in Opposition

Von 1966 bis 1970 war die SPÖ in Opposition. Der Parteivorsitzende Pittermann erschien vielen Sozialdemokraten für das Medienzeitalter nicht attraktiv genug, die Partei aus der ungewohnten Oppositionsrolle zu befreien. Nach intensiven Diskussionen wurde 1967 Bruno Kreisky, unumstrittener Außenpolitiker, aber innerparteilich ohne solide Machtbasis, gegen den Willen führender Wiener Sozialdemokraten zum neuen Parteichef gewählt. (Zur Nationalratswahl 1970 trat er dann auch in Niederösterreich an.)

Kreisky erwies sich binnen Kurzem als Medienstar, der mit seiner langsamen, anekdotischen Sprechweise dem seriösen, aber vergleichsweise farblosen Salzburger ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus als Oppositionsführer deutlich überlegen war. Im Vergleich der beiden Spitzenpolitiker fiel auch Kreiskys (als Diplomat und Außenminister erworbene) Weltläufigkeit positiv ins Gewicht. Die SPÖ trat, unter anderem mit 1000 Experten, im Wahlkampf für ein moderneres Österreich ein: Nimm die Zukunft in die Hand, wir laden dich ein, wurde auf einer Werbeschallplatte gesungen. Die ÖVP verwies mit dem Slogan Ein echter Österreicher für Klaus indirekt auf Kreiskys jüdische Wurzeln und seine Emigrationszeit.

1970–1986: Die Ära Kreisky und ihr Nachleben

Bruno Kreisky, SPÖ-Bundeskanzler zwischen 1970 und 1983

1970 bildete Bruno Kreisky – die SPÖ hatte die relative Mehrheit (47,6 %) erreicht – eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der FPÖ unter deren Obmann Friedrich Peter. Mit dem Slogan "Lasst Kreisky und sein Team arbeiten!" errang die SPÖ schließlich bei der Neuwahl 1971 die absolute Mehrheit in Stimmen und Mandaten und bildete abermals eine Alleinregierung. Die in ihrer neuen Oppositionsrolle desorientierte ÖVP hatte der Kreisky-Popularität mit dem bis dahin noch recht unbekannten Parteiobmann Karl Schleinzer an der Spitze zu wenig entgegenzusetzen. Bei den Nationalratswahlen 1975 und 1979 gewann Kreisky für die SPÖ ebenfalls die absolute Mehrheit. Beide Male zog der – nach dem tragischen Ableben Schleinzers im Juli 1975 – neue ÖVP-Kanzlerkandidat Josef Taus klar den Kürzeren. 1979 gar erzielte die SPÖ mit einem bis heute unerreichten Wahlergebnis von 51,0 % und 95 von 183 Sitzen im Nationalrat die deutlichste absolute Mehrheit seit 1945.

Die Regierungszeit der SPÖ mit Bruno Kreisky an der Spitze (1970–1983) war geprägt von weitreichenden sozial- und gesellschaftspolitischen Reformen. So wurden in dieser Zeit beispielsweise der Mutter-Kind-Pass, die Geburtenhilfe und das Karenzgeld eingeführt. Trotz massiver Widerstände konservativ-politischer und -gesellschaftlicher Kräfte setzte Kreiskys Regierung auch die Fristenlösung hinsichtlich des Abbruchs von Schwangerschaften durch. Ebenfalls wurde das österreichische Strafrecht unter Justizminister Christian Broda massiv reformiert, im Bildungswesen waren die wohl nennenswertesten Reformen die Demokratisierung der Universitäten und die Abschaffung der Studiengebühren. Außenpolitisch zeigte Kreisky vor allem im Nahen Osten Initiative, was Österreich eine bis dahin kaum gekannte internationale Reputation einbrachte. In der Wirtschaftspolitik zeichnete sich die Kanzlerschaft Kreiskys vor allem durch die niedrige Arbeitslosenrate aus, die in den siebziger Jahren großteils knapp an die Vollbeschäftigung herankam. Generell lässt sich die Art der Wirtschaftspolitik in der Ära Kreisky (vor allem nach 1974) als Austrokeynesianismus bezeichnen, ein Begriff, den der Wirtschaftsforscher Hans Seidl prägte. Die Haushaltspolitik der Regierung Kreisky war unter anderem durch den Hartwährungs-Kurs von Finanzminister Hannes Androsch gekennzeichnet, der auf einen stabilen Schilling setzte.

Ein offenes Geheimnis des Kreisky´schen Erfolgslaufs quer durch die 70er Jahre war nach allgemeiner Einschätzung auch die Aussöhnung der Österreichischen Sozialdemokratie mit der Römisch-katholischen Kirche, das gute Verhältnis des SPÖ-Vorsitzenden Kreisky zum damaligen Kardinal Franz König ist diesbezüglich zu erwähnen. Im Jahr 1974 gewann der von der SPÖ aufgestellte Kandidat, Außenminister Rudolf Kirchschläger, seines Zeichens ein praktizierender Katholik, die Wahl zum Bundespräsidenten. 1980 wurde der in der Bevölkerung äußerst populäre Kirchschläger sowohl von der SPÖ, als auch der führenden Oppositionspartei ÖVP bei seiner erneuten Kandidatur unterstützt, was ihm mit ca. 79% ein bis heute unerreichtes Rekordergebnis bei einer österreichischen Bundespräsidentenwahl einbrachte.

In der Zeit der Alleinregierung wandelte sich die SPÖ von einer Arbeiterpartei zu einer linken Volkspartei. Als 1983 keine absolute Mehrheit für die SPÖ zu Stande kam, arrangierte Kreisky eine Koalition mit der FPÖ, der Fred Sinowatz als Bundeskanzler vorstand. Diese Koalition wurde 1986, nach der Wahl Jörg Haiders zum FPÖ-Obmann, aufgelöst.

Seit 1991: Sozialdemokratische Partei Österreichs

1986–1999: Große Koalitionen unter SPÖ-Führung

Franz Vranitzky, SPÖ-Bundeskanzler zwischen 1986 und 1997

Der neue Parteivorsitzende Franz Vranitzky bildete 1986 eine große Koalition mit der ÖVP, die, ab 1997 unter seinem Nachfolger Viktor Klima, bis 1999 bestand. Diese Jahre standen für die SPÖ (wie auch für die Volkspartei) allerdings auch im Schatten des kometenhaften Aufstiegs der FPÖ unter Jörg Haider, was 2000 auch zum vorläufigen Ende der Regierungsverantwortung durch die SPÖ führte.

Unter Vranitzkys Vorsitz wurde die Partei auf dem Bundesparteitag in Linz 1991 in Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) umbenannt. Damit entsprach man westeuropäischen Usancen; der historische Kompromiss aus dem Jahr 1945 war schon lang nicht mehr zeitgemäß.

Im Jahre 1994 entschied sich Österreich im Zuge einer obligatorischen Volksabstimmung für einen Beitritt zur Europäischen Union (EU), was als großer Erfolg für die Koalition unter Kanzler und SPÖ-Chef Vranitzky betrachtet wurde.

1997 übergab Vranitzky die Amtsgeschäfte auf Grund gesundheitlicher Probleme an seinen Finanzminister, den ab sofort neuen Regierungschef Viktor Klima, der eine umfassende Regierungsumbildung vornahm. Die Kanzlerzeit Klimas stand für die SPÖ mit Ausnahme der Wahlen zum EU-Parlament und der Salzburger Landtagswahlen (jeweils 1999) fast permanent im Zeichen von Wahlniederlagen und schlechter Umfragewerte.

2000–2006: Von der Opposition an die Regierung

Weiteres Logo der SPÖ mit österreichischer Fahne

Im Frühjahr des Jahres 2000 musste die SPÖ mit Ex-Kanzler Klima an der Spitze auf Grund des Koalitionsabkommens von ÖVP und FPÖ in Opposition gehen, obwohl sie bei der Nationalratswahl 1999 mit 33,2 % (-4,9 %), sowie 65 Sitzen im Nationalrat stimmen- und mandatsstärkste Partei geblieben war. Klimas Nachfolger im Bundeskanzleramt wurde ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel, der als derjenige Parteichef in die Geschichte eingehen sollte, der es erstmals vom dritten Platz bei der vorangegangenen NR-Wahl aus in die Funktion des Regierungschefs geschafft hatte. Bei der Nationalratswahl am 24. November 2002 wurde die SPÖ trotz eines Stimmenzuwachses von 3,3 % von der ÖVP überholt, die erdrutschartige Zugewinne verzeichnen konnte und sich vom historischen Tiefststand aus dem Jahr 1999 (26,9 %) auf 42,3% verbesserte. Nachdem sowohl die Sondierungsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ, als auch die konkreten Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen gescheitert waren, setzten ÖVP und FPÖ ihre Zusammenarbeit fort.

Beim ersten Stimmungstest nach der Nationalratswahl musste die SPÖ im Jänner 2003 in Österreichs zweitgrößter Stadt Graz im Zuge der dortigen Gemeinderatswahl herbe Stimmen- und Mandatsverluste erleiden und fiel mit 25,7 % (- 5,2 %) in einer ihrer ehemaligen Hochburgen deutlich hinter die vom Nationalratswahl-Erfolg beflügelte ÖVP zurück, die 36,1 % (+ 13,1 %) erreichte. Damit stellte die SPÖ erstmals seit 1985 nicht mehr den Bürgermeister in der steirischen Landeshauptstadt.

In Niederösterreich stand SP-Landeschefin und -Spitzenkandidatin Heidemaria Onodi bei der Landtagswahl im März 2003 gegen den populären und von bundespolitischem Rückenwind begünstigten ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll auf verlorenem Posten und konnte trotz eines Stimmenzuwachses (von 30,4 % auf 33,6 %) die absolute Mehrheit der Volkspartei nicht verhindern.

Bei der Landtagswahl in Oberösterreich gewann die SPÖ mit Erich Haider an der Spitze im September 2003 11,3 % hinzu (von 27,0 % auf 38,3 %) und ist daher mit vier von neun Landesräten in der Landesregierung vertreten. Die ÖVP, die bei dieser Wahl 43,4 % (+ 0,7 %) erreichte, bildete allerdings eine Koalition mit den Grünen und stellt daher weiterhin den Landeshauptmann. Bei der gleichzeitig zu Oberösterreich abgehaltenen Landtagswahl in Tirol konnte die SPÖ unter Spitzenkandidat und Landesparteichef Hannes Gschwendtner zwar von 21,8 % auf 25,9 % zulegen, blieb aber weit hinter der ÖVP (49,9 %) zurück, die die absolute Mandatsmehrheit zurückeroberte.

In Salzburg gewann die SPÖ bei der Landtagswahl im März 2004 13,1% hinzu und erreichte 45,4 Prozent. Damit überholte sie die ÖVP, die auf 37,9% kam und stellt mit Gabi Burgstaller in Salzburg erstmals die Landeshauptfrau (diese Bezeichnung wird von Burgstaller vorgezogen). Parallel zu Salzburg fand am 7. März 2004 auch die Landtagswahl in Kärnten statt, die der SPÖ unter Spitzenkandidat und Landesparteivorsitzendem Peter Ambrozy deutlich erkennbare Stimmen- und Mandatsgewinne bescherten. Jedoch gelang es der Kärntner Sozialdemokratie nicht, Landeshauptmann Jörg Haiders FPÖ vom ersten Platz zu verdrängen. In der Folge kam es zu einer innerhalb der SPÖ teils heftig kritisierten formalisierten Kooperation zwischen FPÖ und SPÖ unter Jörg Haider, welche allerdings im Februar 2006 von Ambrozys Nachfolgerin an der Kärntner SP-Spitze, Gabriele Schaunig-Kandut, wieder beendet wurde.

Im April 2004 gewann mit Heinz Fischer erstmals seit 1980 wieder ein von der SPÖ unterstützter Kandidat die Bundespräsidentenwahl – und zwar mit einem Stimmenanteil von 52,4%. Auf seine einzige Gegenkandidatin, Benita Ferrero-Waldner (ÖVP), entfielen 47,6 %. Der Sieg Fischers galt für die SPÖ als sehr bedeutend, war es doch der erste wirklich zählbare bundespolitische Wahlerfolg gegen die ÖVP seit der Wahl Alfred Gusenbauers zum Bundesparteivorsitzenden.

Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2004 konnte die SPÖ mit Spitzenkandidat Hannes Swoboda durch leichte Zugewinne den ersten Platz mit 33,3 % knapp verteidigen, die ÖVP landete nach einem ebenfalls kleinen Stimmenplus mit 32,7 % auf dem zweiten Platz. Auch dieser bundespolitische Sieg gegen die Kanzlerpartei ÖVP wurde von der SPÖ gefeiert, allerdings relativierte die extrem niedrige Wahlbeteiligung von unter 40% das Ergebnis doch einigermaßen.

Im Herbst 2004 konnte die SPÖ mit Frontfrau Elke Sader bei der Landtagswahl in Vorarlberg zwar zulegen (von 13,0% auf 16,9 %), blieb jedoch weit hinter der ÖVP zurück, die eine klare absolute Mehrheit erzielte.

Bei den Wahlen im Burgenland, in der Steiermark und in der Bundeshauptstadt Wien im Oktober 2005 erreichte die SPÖ durchgehend Zugewinne: Im Burgenland eroberte sie mit Landeshauptmann Hans Niessl an der Spitze die absolute Mehrheit zurück (ca. 52%). In der Steiermark überholte die SPÖ mit 41,7% (+ 9,4 %) die ÖVP, welche 38,7% (- 8,6 %) erreichte und stellt seit 25. Oktober 2005 erstmals seit 1945 den Landeshauptmann, Franz Voves. In Wien wiederum baute die SPÖ unter Landeshauptmann, Bürgermeister und Landesparteichef Michael Häupl die absolute Mandatsmehrheit von 52/100 auf 55/100 Sitzen aus, auch wenn sie an Wählerstimmen gemessen lediglich die relative Mehrheit erreichte (48,9 %).

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Parteivorsitzender von 2000 bis 2008

2005 wurde nach mehr als dreijähriger Forschung der Bericht über die Aufklärung der so genannten „braunen Flecken“ innerhalb der Partei abgeschlossen. Er befasst sich mit SPÖ-Mitgliedern und SPÖ-Funktionären, die Mitglieder der NSDAP (vor dem Anschluss in Österreich illegal) gewesen waren. Als Beispiel wird der NS-Arzt und vermutliche Kindermörder in der NS-Euthanasieanstalt „Am Spiegelgrund“, Heinrich Gross, genannt, der in der SPÖ zu hohen Ehren kam. Gross wurde mit mehreren Auszeichnungen der Republik versehen und von der österreichischen Justiz über lange Zeit vor Strafverfolgung geschützt. (s. auch Literatur, Links)

2006 fügte der BAWAG-Skandal der SPÖ einen erheblichen Imageschaden zu, trotzdem wurde sie ungeachtet der Ergebnisse sämtlicher seriöser Meinungsforschungsinstitute bei der Nationalratswahl im Oktober 2006 mit einem Stimmenanteil von 35,3 % (- 2,2 %) und 68 Mandaten (- 1) wieder zur bundesweit stimmenstärksten Partei und stärksten Parlamentsfraktion vor der Volkspartei mit 34,3 % (- 8,0 %) und 66 Sitzen (- 13).

2007–2008: Kabinett Gusenbauer und Tiefstand bei Nationalratswahl 2008

Die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP führten am 11. Jänner 2007 zur Angelobung der Bundesregierung Gusenbauer, einer Großen Koalition von SPÖ und ÖVP unter Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Teile der Partei erklärten ihre Unzufriedenheit mit dem Koalitionspakt, weil Schlüsselministerien (Finanzen, Inneres, Äußeres) bei der ÖVP verbleiben und wichtige SPÖ-Wahlkampfforderungen (siehe oben) in dieser Koalition nicht realisierbar erscheinen.

Beim ersten nennenswerten Stimmungstest für die von SP-Chef Alfred Gusenbauer geführte Regierung nach der Nationalratswahl 2006 verzeichnete die SPÖ im Rahmen der Grazer Gemeinderatswahl am 20. Jänner 2008 deutliche Stimmen- und Mandatsverluste und blieb an zweiter Stelle hinter der ÖVP. Auch bei der Landtagswahl in Niederösterreich 2008 und der Landtagswahl in Tirol 2008 musste die SPÖ Verluste hinnehmen.

Im Juni 2008 wurde Werner Faymann in einer Präsidiumssitzung zum geschäftsführenden Bundesparteivorsitzenden bestellt. Am 8. August 2008 löste er Gusenbauer als Bundesparteivorsitzender ab.

Seit 2008: Die SPÖ unter Werner Faymann

Werner Faymann (2008)

Am 7. Juli 2008 kündigte die ÖVP die rot-schwarze Koalition auf. Auslöser war nach Angaben von Vizekanzler Wilhelm Molterer die Bundeskanzler Gusenbauer und Faymann Ende Juni veröffentlichte Ankündigung, „dass zukünftige Vertragsänderungen [Anm.: der EU-Verträge], die die österreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen“. Bundeskanzler Gusenbauer erklärte unterdessen, dass er bei einer Neuwahl nicht mehr als Spitzenkandidat antreten werde.[20]

Im September 2008 fand die 24. Nationalratswahl in Österreich statt. Die SPÖ konnte mit 29,3 % der Stimmen (- 6 %) zwar den ersten Platz verteidigen, dennoch war es das schwächste Ergebnis der Parteigeschichte seit der Neugründung 1945.

Am 23. November 2008 erklärten die Parteichefs von SPÖ und ÖVP, Werner Faymann und Josef Pröll, dass sie sich auf eine erneute Große Koalition mit Faymann als Bundeskanzler geeinigt haben (Bundesregierung Faymann).[21]

Aktuelle Wahlergebnisse

Die SPÖ stellt vier Landeshauptmänner bzw. -frauen (Wien, Burgenland, Salzburg und Steiermark) und regiert in Tirol, Oberösterreich, Niederösterreich und Kärnten in der Landesregierung als Juniorpartner oder mittels Proporzsystem der Landesräte mit (Stand Dezember 2005). Sie stellt viele Bürgermeister, u.a. in Wien, Linz, Salzburg, St. Pölten, Wels, Steyr, Amstetten, Villach, Wolfsberg, Leoben, Bruck an der Mur, Kapfenberg, Wiener Neustadt, Knittelfeld, Judenburg. Darüber hinaus ist sie besonders stark in den Gewerkschaften und den Arbeiterkammern sowie einigen Betrieben in der Form der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) vertreten. Der SPÖ stehen zahlreiche Vorfeldorganisationen in allen Bereichen nahe, darunter ARBÖ, ASKÖ, Volkshilfe, Kinderfreunde, SJÖ und die Aktion kritischer SchülerInnen.

Mandate (total 183): 57 / -11
Mandate (total 732, Österreich 18): 7 / ±0

Bundesparteivorsitzende seit 1945

Prominente Mitglieder

Eine Auswahl aktiver SPÖ-Politiker und -Politikerinnen:

Parteizeitungen der SPÖ

Literatur

  • Caspar Einem, Wolfgang Neugebauer, Andreas Schwarcz: Der Wille zum aufrechten Gang. Czernin, 2005. ISBN 3-7076-0196-X.
  • Maria Mesner (Hrsg.): Entnazifizierung zwischen politischem Anspruch, Parteienkonkurrenz und Kaltem Krieg. Das Beispiel der SPÖ. Oldenbourg, 2005.
  • Martin van Amerongen: Kreisky und seine unbewältigte Gegenwart. Styria, Graz, 1977.
  • Barbara Kaindl-Widhalm: Demokraten wider Willen? Autoritäre Tendenzen und Antisemitismus in der 2. Republik. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien, 1990.
  • Wolfgang Neugebauer: Widerstand und Opposition. In: NS-Herrschaft in Österreich. öbv und hpt, Wien, 2000.
  • Helene Maimann (Hrsg.): Die ersten 100 Jahre. Österreichische Sozialdemokratie 1888–1988. Brandstätter, Wien, 1988.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Seite der SPÖ, abgerufen 25. November 2008.
  2. Parteiprogramm, Seite 3
  3. Parteiprogramm, Seite 9
  4. Wahlmanifest, Seite 3
  5. Wahlmanifest, Seite 10
  6. Wahlmanifest, Seite 21
  7. http://images.derstandard.at/2009/04/06/new.pdf
  8. Parteiprogramm, Seite 22
  9. Wahlmanifest, Seite 17
  10. Wahlmanifest, Seite 17
  11. Parteiprogramm, Seite 24
  12. Parteiprogramm, Seite 19
  13. Wahlmanifest, Seite 32
  14. SDAP: Eisenacher Programm (1869)
  15. Siehe dazu Mitgliedsausweis 1927 oder das Linzer Programm, 1926.
  16. Bauer: Die österreichische Revolution.
  17. Karl Vocelka: Geschichte Österreichs, Heyne, 3. Auflage, Taschenbuchausgabe 09/2002; S.276
  18. Manfred Scheuch: Österreich im 20. Jahrhundert (S. 109). Christian Brandstätter Verlag, Wien/München 2000. ISBN 3-85498-029-9
  19. Historisches Lexikon Wien, Wien 1995, Bd. 4, S. 660
  20. Kanzler Gusenbauer gibt auf, Faymann kommt
  21. Der Standard: Rot-schwarze Koalition ist fix , 24. November 2008
  22. Bundesministerium für Inneres: Nationalratswahlen 2008
  23. Bundesministerium für Inneres: Europawahl 2004

Weblinks


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