Sozialistische Partei Frankreichs

Sozialistische Partei Frankreichs

Die Section française de l'Internationale ouvrière (SFIO, dt: Französische Sektion der Arbeiter-Internationale) war von 1905 bis 1969 eine politische Partei in Frankreich. Ihre Nachfolgerin ist die heutige Parti Socialiste.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Seit 1877 entstanden in Frankreich mehrere sozialistische Parteien, etwa die marxistische Parti ouvrier unter Jules Guesde, die Fédération des travailleurs socialistes und die Parti ouvrier socialiste révolutionnaire. 1900 konkurrierten fünf sozialistische Formationen, deren Trennungslinien über Fragen zur Haltung zum Klassenkampf und zur Revolution, der Stellung der Gewerkschaften, zur Regierungsbeteiligung und zur Parteidisziplin bestanden. Erst 1901 vereinigten sich erstmals die Parti ouvrier und die Parti ouvrier socialiste révolutionnaire zur Parti socialiste de France (PSDF) (Sozialistische Partei Frankreichs). Sie war vom Bekenntnis zur Revolution und Klassenkampf und der Ablehnung des herrschenden Gesellschaftssystems und einer Regierungsbeteiligung geprägt. Dagegen gründeten die Anhänger Jean Jaurès', Aristide Briands, Paul Brousse und Jean Allemane die Parti socialiste français (PSF) (Französische sozialistische Partei), die sich für ein reformistisches Modell und den Parlamentarismus einsetzte.

Gründung der SFIO

1905 vereinigten sich PSDF und PSF zur SFIO; die Führungsfiguren der neuen Partei waren Jules Guesde, Jean Jaurès, Édouard Vaillant und Paul Lafargue. Drängendste Anliegen des neuen Bündnisses waren antikoloniale Überzeugungen und der Kampf gegen den kriegerischen Nationalismus. Formal prägte der revolutionäre Marxismus den SFIO, der trotz des bestimmenden Einflusses von Jean Jaurès jede Regierungsbeteiligung ablehnte. Dennoch verbuchte die Partei eine stetige Zunahme bei den Wahlen und stellte am Vorabend des Krieges die zweitstärkste Fraktion. Unvergessen bleiben seine leidenschaftlichen Auftritte an der Spitze großer Demonstrationen gegen den drohenden Weltkrieg im Sommer 1914.

Nach dem Angriff Deutschlands 1914 stimmte jedoch die große Mehrheit der SFIO dem Verteidigungskrieg und am 4. August der Bewilligung von Kriegskrediten zu. In ihrem Anschluss an die Union sacrée sahen Kritiker einen Verrat der ursprünglichen, pazifistischen Überzeugungen.

Spaltung

Auf ihrem Kongress in Tours 1920 spalteten sich die Anhänger der SFIO in Anhänger der Zweiten Internationale (Sozialistische Internationale) und der Dritten Internationale (Komintern) auf. Letztere, die Mehrheit, bildeten in der Folge die Parti communiste français und übernahmen den Verwaltungsapparat und das Parteiblatt L'Humanité, während die Minderheit in der SFIO verblieb.

Zweisprachiges Parteibuch der "Parti Socialiste" (französisch/deutsch) von 1925

Der Jurist und Publizist Léon Blum wurde die neue Leitungspersönlichkeit der SFIO, unterstützt von Vincent Auriol und Paul Faure; sie strebten eine Politik der Vereinigung linksgerichteter Parteien an, was schließlich 1924 zum Wahlsieg des Cartel des gauches führte. Unter Blums Leitung verfolgte die SFIO die parlamentarische Taktik, sich nur an Regierungen mit sozialistischem Übergewicht zu beteiligen. Innenpolitisch trat die SFIO für die republikanisch-parlamentarische Demokratie, die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien, die Einführung einer Kapitalsteuer und eine durchgreifende Sozialgesetzgebung ein. Außenpolitisch vertrat er die Prinzipien kollektiver Sicherheit im Völkerbund und der internationalen Abrüstung.

Dreißiger Jahre (Volksfront)

1936 bildete die SFIO als stärkste Fraktion mit der radikal-republikanischen Partei die Volksfront-Regierung, toleriert von der Kommunistischen Partei.

Unter den 80 Abgeordneten, die 1940 gegen die Übertragung aller Vollmachten an Philippe Pétain stimmten, waren zu einem großen Teil Abgeordnete der SFIO.

Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die SFIO seine führende Stellung im linken Lager an den PCF. Von 1946 bis 1973 übertraf der PCF regelmäßig die sozialistischen Parteien. Traditionell war die französische Arbeiterschaft in der Nachkriegszeit vorwiegend im PCF organisiert, während mehrere kleine sozialistische Strömungen (Fédération de la Gauche Démocrate et Socialiste bzw. Convention des Institutions Républicaines (CIR)) und Parteien (Parti Radical Socialiste bzw. Parti Socialiste Unifié (PSU)), angeführt von der stark antikommunistische SFIO, die sich im Laufe ihrer Nachkriegsgeschichte immer stärker zu einer Honoratiorenpartei entwickelte, um die Wähler konkurrierten. In den 1960er Jahren, als der sozialistische Präsidentschaftskandidat Gaston Defferre nur noch 5 % erreichte, erneuerten sich die sozialistischen und sozialdemokratischen Strömungen in Frankreich in ca. 120 verschiedenen Clubs. Im Mai 1968, als Paris und ganz Frankreich zeitweilig durch eine Welle von Streiks stillstanden, offenbarte sich die Schwäche dieser mangelnden programmatischen und organisatorischen Einheit der sozialistischen Linken, die zur Gründung des PS führte.

Im Juli 1969 entstand auf ihrem Kongress in Issy-les-Moulineaux aus der SFIO (und der Parti Radical Socialiste) die bis heute bestehende Parti Socialiste (PS). Erst die Einigung der nichtkommunistischen Linken im PS als damals drittstärksten politischen Kraft ermöglichte die Reaktivierung des Bündnisses mit der PCF, aus dem letztlich die spätere Präsidentschaft François Mitterrands resultierte.


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