- Sozialpsychologe
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Die Sozialpsychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie und der Sozialwissenschaften. Die Sozialpsychologie erforscht Prozesse innerhalb und zwischen sozialen Gruppen, sowie die Auswirkungen solcher Prozesse auf das Erleben und Verhalten des Individuums.
Inhaltsverzeichnis
Ansätze in der Sozialpsychologie
Es lassen sich zwei verschiedene Ansätze in der Sozialpsychologie ausmachen:
- die soziologische Sozialpsychologie, die v. a. in Europa verbreitet ist und die stärker auf den sozialen Kontext als intraindividuelle Prozesse fokussiert, und
- die psychologische Sozialpsychologie, hier besonders die Psychologie der „sozialen Kognition“ (social cognition), die v. a. in den USA verbreitet ist, aber auch zunehmend in Europa Fuß fasst.
Der Unterschied zwischen den beiden Ansätzen besteht darin, dass sich die soziologische Sozialpsychologie stärker auf Inter- und Intragruppenprozesse ausrichtet, während sich die social cognition stärker auf das Individuum fokussiert.
In der soziologischen Sozialpsychologie finden sich (wie allgemein in der Soziologie) auch oft eher geisteswissenschaftliche Ansätze und Traditionen, sowie z. T. eine (damit einhergehende) Verbundenheit mit der Kritischen Theorie, welche auch psychoanalytische Ideen beinhaltet. Zu den sozialpsychologisch arbeitenden Psychoanalytikern zählen neben Freud selbst Wilhelm Reich und Erich Fromm. Innerhalb der Frankfurter Schule sind insbesondere Theodor W. Adorno (Studien zum autoritären Charakter) und Herbert Marcuse (Triebstruktur und Gesellschaft) zu nennen. An die Psychoanalyse Lacan'scher Prägung schließen die Arbeiten von Thanos Lipowatz und Slavoj Žižek an.
Der psychologischen Sozialpsychologie sind diese Ansätze völlig fremd, da sie in einer ganz anderen Tradition steht. Neben eher sozialwissenschaftlichen Fragebogenuntersuchungen steht auch hier v.a. und zuerst das Experiment im Vordergrund bei der Erkenntnisgewinnung und Theoriebildung und daher im Zentrum der Forschungsmethoden. Wichtige Vertreter sind z. B. Kurt Lewin, Leon Festinger, Albert Bandura, Solomon Asch, Philip Zimbardo, Stanley Milgram, Muzafer Sherif, Henri Tajfel, Stanley Schachter.
Die psychologische Sozialpsychologie erforscht im weitesten Sinne die Auswirkungen sozialer Interaktionen auf Gedanken, Gefühle und Verhalten des Individuums („an attempt to understand and explain how the thought, feeling and behavior of individuals are influenced by the actual, imagined, or implied presence of others“, Allport 1968). Gegenstandsbereiche sind u. a.
- soziale Aspekte der Wahrnehmung (Personenwahrnehmung, Vorurteile, Attribution (Annahmen und Schlussfolgerungen über das Verhalten anderer Menschen), etc.)
- soziale Aspekte der Emotion, Stimmungen als Entscheidungsgrundlage
- Gruppen, Einfluss, Entscheidungsprozesse in Gruppen, Gruppendenken, Konformität, Gruppendynamik, Gruppenleistung, Intergruppenbeziehungen
- interpersonale Attraktivität, prosoziales Verhalten, Aggression
- Kommunikation
- Einstellungen, Stigmatisierung, Diskrimination und Stereotype,
- nonverbales Verhalten
- Selbst, Selbstvertrauen und Selbstkonzept
- Werte und Normen
Pioniere der Sozialpsychologie
- Wilhelm Wundt ("Völkerpsychologie")
- William McDougall ("Moralisation": Sozialisation)
- Kurt Lewin (Feldtheorie, Gruppendynamik)
- Junius F. Brown (Feldtheorie)
- Theodor Adorno (Vorurteilsforschung)
- Gordon Allport (Vorurteilsforschung)
- Erich Fromm (Humanistisch-Marxistisch-Analytische Sozialpsychologie)
- Solomon Asch (Konformitätsforschung)
- Leon Festinger (Theorie sozialer Vergleichsprozesse; Theorie der Kognitiven Dissonanz)
- Fritz Heider (Attributionstheorie, Konsistenztheorie, Gleichgewichtstheorie)
- Carl Hovland (Persuasion)
- Muzafer Sherif (Gruppendynamik)
- Stanley Milgram (Gehorsam)
- Elliott Aronson (Kognitive Dissonanz, Selbstrechtfertigung)
- Martin Irle
- Serge Moscovici (z.B. social repesentations)
- Henri Tajfel (z.B. social identities)
- Fritz Strack
- Roy F. Baumeister
Theoretische Ansätze
Wichtige theoretische Ansätze aus der Sozialpsychologie sind:
Forschungsbereiche
- Interaktion und Kommunikation
- Gruppenprozesse und Führungsverhalten
- Normen und Rollen
- Einstellung und Einstellungsänderung
- Soziale Wahrnehmung und Kognition
- Soziales Lernen und Sozialisation
Literatur
- Aronson, E./Wilson, T. D./Akert, R. M. (2004): Sozialpsychologie (4. Aufl.). München: Pearson Studium, ISBN 3-8273-7084-1
- Bierbrauer, G. (2005): Sozialpsychologie. ISBN 3-17-018213-7
- Bless, H./Fiedler, K./Strack, F. (2004): Social cognition. How individuals construct social reality. Hove, UK: Psychology Press
- Frey, D./Greif, S.: Sozialpsychologie - Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen. Weinheim: Beltz, Psychologie Verlags Union, ISBN 3-621-27219-4
- Higgins, E. T./Kruglanski, A. W. (Eds.) (1996): Social psychology: Handbook of basic principles. New York: Guilford, ISBN 1-57230-100-7
- Hogg/Vaughan (2005): Social Psychology. Harlow: Pearson Education. Prentice Hall International.
- Lipowatz, Thanos: Die Politik der Psyche, Wien: Turia & Kant, 1998, ISBN 3-85132-156-1
- Sader, Manfred: Psychologie der Gruppe, München, Juventa Verlag, 1996, ISBN 3-7799-0315-6
- Stroebe, W./Jonas, K./Hewstone, M. (2003): Sozialpsychologie. Heidelberg: Springer.
- Tesser, A./Schwarz, N. (Eds.) (2001): Blackwell handbook of social psychology: Intraindividual processes. London: Blackwell Publishers.
Vereinigungen
- European Association of Experimental Social Psychology
- Society of Experimental Social Psychology
- Society of Personality and Social Psychology
- Society for the Psychological Study of Social Issues
Fachzeitschriften im Bereich Sozialpsychologie
- Journal of Personality and Social Psychology
- Journal of Experimental Social Psychology
- European Journal of Social Psychology
- Zeitschrift für Sozialpsychologie
Demonstrationen
Weblinks
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