- Spanische Geschichte
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Die Geschichte Spaniens reicht von der prähistorischen Besiedelung über die Karthager- und die Römerzeit, das Westgotenreich, die arabische Eroberung und die mittelalterliche Reconquista, den Aufstieg und Fall der Weltmacht in der Frühen Neuzeit und die Zeit der Franco-Diktatur im 20. Jahrhundert bis hin zur Gegenwart.
Vorgeschichte
Die bisher ältesten menschlichen Hinterlassenschaften aus Spanien stammen aus Atapuerca und sind bis zu 1,1 Millionen Jahre alt[1]. Die menschlichen Knochen wurden Homo antecessor zugewiesen.
In einer Höhle im Felsen von Gibraltar wurde 1848 ein Schädel gefunden, der später als der eines Neandertalers bestimmt und auf ein Alter von rund 60.000 Jahren datiert wurde. Der Schädel eines etwa vierjährigen Neandertaler-Mädchens wurde dort 1926 entdeckt. Höhlenmalereien des modernen Homo sapiens finden sich in der Höhle von Altamira bei Santillana del Mar in Kantabrien, wo mehr als 150 Wandbilder aus der Zeit von 16000 bis 14000 Jahren v. Chr. zu sehen sind. Weitere, teils bis zu 20.000 Jahre alte Höhlenmalereien wurden in der Höhle La Pileta nahe Ronda und in einer Höhle nahe Nerja (beide in der heutigen Provinz Málaga in Andalusien) entdeckt. In den Höhlen von Ekain und Altxerri, beide in der Nähe von San Sebastián im Nordosten der Iberischen Halbinsel, fanden Archäologen eine Reihe von Gravierungen und Wandmalereien und bisher mehr als 300 Artefakte, vor allem Werkzeuge aus Stein oder Knochen, deren älteste zwischen 16.500 und 15.500 Jahre alt und der frühen Magdalénien-Epoche zugeordnet sind. Die jüngsten, in der Cueva La Pileta gefundenen Wandmalereien wurden etwa im 6. Jahrtausend v. Chr. angefertigt. Ebenfalls aus dieser Zeit stammen Malereien in der Höhle Cueva de los Letreros bei Vélez Blanco (Provinz Almería, Andalusien) und Grabbeigaben – Goldschmuck und gewobene Stoffe – aus der Höhle Cueva de los Murciélagos (Provinz Granada, Andalusien).
Bei Antequera (Málaga, Andalusien) liegen die beiden bronzezeitlichen Dolmen Cueva de Menga und de Viera aus der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr., die zu mehreren Tausend solcher Anlagen auf der Iberischen Halbinsel und zu den größten derartigen Bauwerken in Europa gehören. Sie wurden von den Nachfolgern der Cardial- oder Impressokultur erbaut, die etwa 6500 v. Chr. das Neolithikum auf spanischen Boden brachte. Etwas außerhalb der Stadt befindet sich der Dolmen el Romeral (ca. 1800 v. Chr.).
Mit der El Agar-Kultur setzt um 2300 die Bronzezeit ein.
Frühgeschichte und Römer
Siehe auch: Judentum in Spanien
Der römische Geschichtsschreiber Marcus Terentius Varro (Plinius der Ältere Nat. Hist. III, I, 8) berichtet, Spanien sei nacheinander von den Iberern, Persern, Phöniziern, Kelten und Karthagern besiedelt worden. Nach den Iberern ist die Halbinsel benannt. Die iberische Kultur entwickelte sich bruchlos aus der Kultur der späten Bronzezeit. Ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. gründeten die Phönizier Niederlassungen an der Südküste. Die Kolonie Gades war die bedeutendste; die sich hier entwickelnde Stadt – heute Cádiz – ist die älteste der Halbinsel. Ab 600 v. Chr. drängten die Kelten auf die Halbinsel, und Griechen aus der Kolonie Marseille gründeten Rosas, später Sagunto und Málaga. Die aus Gallien eingewanderten Kelten verschmolzen mit den Iberern nach vielen Kämpfen zu den sogenannten keltiberischen Stämmen.
Nach dem Ersten Punischen Krieg (264–241 v. Chr.) eroberten die Karthager den Süden und Osten der Iberischen Halbinsel. Ihre Stadt Neukarthago, das heutige Cartagena, war ihr wichtigster Stützpunkt und eine bedeutende Ansiedlung. Nach einer Niederlage im Zweiten Punischen Krieg mussten die Karthager aber die Iberische Halbinsel 206/205 v. Chr. räumen und beim Friedensschluss 201 formell an Rom abtreten.
Nach den Karthagern versuchten die Römer das Land unter ihre Herrschaft zu bringen, was ihnen aber erst nach 200-jährigen blutigen Kämpfen gegen die Keltiberer und die Lusitanier (unter Viriatus) gelang. Die Kantabrer um den Ort Amaia wurden erst 19 v. Chr. von Augustus besiegt. Augustus änderte die Provinzeinteilung; aus den bisherigen zwei Provinzen Hispania Citerior und Hispania Ulterior wurden drei, indem die Hispania Ulterior in die Lusitania und die Baetica zerlegt wurde. Die Basken im Norden behielten ihre Unabhängigkeit. Die Römer durchzogen das Land mit vielen Straßen und bauten zahlreiche Kastelle. Ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. wurden mehrere Städte gegründet. Die Bevölkerung wurde romanisiert, und die Halbinsel wurde ein Hauptzentrum römischer Kultur. Handel und Verkehr blühten, die Bevölkerung wuchs stark an. Kaiser Vespasian verlieh Hispanien das latinische Bürgerrecht. Durch die Verwaltungsreform Kaiser Diokletians wurden von der Hispania Citerior, die man nach ihrer Hauptstadt Tarraco (Tarragona) auch Tarraconensis nannte, zwei neue Provinzen abgetrennt, Gallaecia und Carthaginiensis.
Aus Hispanien (erst in der späteren Kaiserzeit taucht auch selten der Begriff Spania auf) stammten der Kaiser Trajan und die Familien von Mark Aurel und Hadrian, in der Spätantike noch Theodosius I., sowie angesehene Schriftsteller (Seneca, Lukan, Martial).
Das Christentum breitete sich auf der Iberischen Halbinsel trotz blutiger Verfolgungen seit dem 3. Jahrhundert aus, bis es unter Kaiser Konstantin I. zur vorherrschenden Religion wurde.
Mittelalter
Westgotisches Spanien
Zu Beginn des 5. Jahrhunderts (409), als der innere Zerfall des Römischen Reichs auch seine äußere Macht erschütterte, drangen die germanischen Völker der Vandalen und Sueben in Spanien ein. Die Vandalen zogen schon 429 nach Afrika weiter; die Sueben hingegen wurden sesshaft, ihr Königreich in Galicien hatte bis ins späte 6. Jahrhundert Bestand. Der Landschaftsname Andalusien (Vandalusien) weist vermutlich auf die Vandalenbesetzung hin (zur Entstehung des Namens al-Andalus siehe Volker Noll, in: Italica et Romanica 1997).
Die Iberische Halbinsel wurde in den 70er Jahren des 5. Jahrhunderts von den Westgoten erobert, die in den Jahren zuvor noch als Bundesgenossen (Foederaten) der Römer dort gekämpft hatten und im südwestlichen Gallien angesiedelt worden waren. Hauptstadt des Westgotenreiches war zunächst Toulouse (siehe auch Tolosanisches Reich). Nach einer schweren Niederlage gegen die Franken in der Schlacht von Vouillé 507 und dem darauffolgenden Verlust fast aller gallischen Besitzungen mussten die Westgoten sich nach Hispanien umorientieren. Toledo wurde ihre Hauptstadt (Toledanisches Reich). Die Oströmer konnten Gebiete im heutigen Andalusien 554 zurückerobern, aber nur bis ins frühe 7. Jahrhundert halten. Die Westgoten, ursprünglich Arianer, traten 589 unter König Rekkared I. (der bereits 587 konvertiert war) zum katholischen Glauben über, was nachhaltig die Beziehung des Königs zu seinen romanischen Untertanen verbesserte. Romanen und Goten lebten fortan relativ friedlich nebeneinander. Das Westgotenreich erlebte im 7. Jahrhundert eine Blütezeit. Die Könige verfügten über eine außerordentliche Machtfülle in kirchlichen Angelegenheiten. Thronkämpfe schwächten jedoch das Königtum nachhaltig.
Al-Andalus
Das Bild von al-Andalus, dem muslimisch beherrschten Teil der Iberischen Halbinsel, ist seit dem 18. und 19. Jahrhundert weithin von der Vorstellung geprägt, es habe dort Toleranz geherrscht und die islamische Zeit sei ein Goldenes Zeitalter der Wissenschaften und der Künste gewesen. Neben den unbestreitbaren kulturellen Blütezeiten, zu denen tatkräftige Förderung durch manche Herrscher beitrug, sind aber auch die politischen Wirren, die zahlreichen Aufstände und militärischen Konflikte zu beachten, die al-Andalus immer wieder erschütterten und schwächten. Die Zentralgewalt konnte nur zeitweilig und mit großer Härte die zentrifugalen Tendenzen unterdrücken, die sich schließlich durchsetzten und den Untergang des Kalifats herbeiführten.
Eroberung
Im Frühjahr 711 landete ein vorwiegend aus Berbern bestehendes muslimisches Heer unter Tariq ibn Ziyad bei Gibraltar, um das westgotische Spanien zu erobern. Musa ibn Nusayr, Statthalter des Kalifen Al-Walid I. in Afrika (Ifriqiya), hatte schon im Vorjahr 500 Mann (darunter 100 berittene Kämpfer) unter Tarif ibn Malik zu einem Raubzug entsandt. Tariq schlug die Westgoten vernichtend in der Schlacht am Rio Guadalete, in welcher der Gotenkönig Roderich fiel. Da Tariq die schnelle Besetzung der Hauptstadt Toledo gelang, kam es nur noch regional zu Widerstand der Westgoten gegen die muslimischen Eroberer. Im Juni 712 landete Musa mit einem aus Arabern und Berbern bestehenden Heer und setzte gemeinsam mit Tariq die Eroberung fort, bis beide 714 vom Kalifen al-Walid I. zurückbeordert wurden.
Die Eroberer brachten den Islam, der im Maghreb bereits durchgesetzt worden war, nach Europa (siehe Islamische Expansion). Abd al-Aziz, der Sohn von Musa ibn Nusayr, wurde als Statthalter (714) von al-Andalus eingesetzt, Sevilla wurde zur Hauptstadt. Abd al-Aziz nahm Egilo, die Witwe Roderichs, zur Frau. Sein Versuch, eine eigenständige Herrschaft zu begründen, führte 716 zu seiner Ermordung. Sein Nachfolger Ayyub machte Córdoba zur Hauptstadt von al-Andalus. Damals beherrschten die Araber bereits den größten Teil der Halbinsel. Die Unterwerfung des Nordwestens (Tarraconensis), wo westgotische Adlige noch Widerstand leisteten, beendeten die Muslime um 719. Allerdings begann auch schon 718 in Asturien der Aufstand des westgotischen Adligen Pelayo, der sich zum König wählen ließ, was zur Gründung des christlichen Königreichs Asturien führte. Nachdem ein muslimisches Heer 722 diesen Aufstand in der Schlacht von Covadonga nicht bezwingen konnte, war der Fortbestand dieses Königreichs gesichert, und die Reconquista begann.
Der Statthalter Samh (718–721) überschritt die Pyrenäen, um auch die Provinz Septimanien zu erobern. Die Araber nahmen 719/720 Narbonne ein, 725 auch Carcassonne und Nîmes, die letzten Reste des Westgotenreichs.
Die muslimischen Raubzüge wurden nun in das Frankenreich bis nach Aquitanien, die Provence und Burgund (725) ausgeweitet.
732 überquerte der Heerführer Abd ar-Rahman die Pyrenäen und eroberte Arles und Bordeaux. Als er in Richtung Tours zog, kam es am 25. und 31. Oktober 732 zur Schlacht von Tours und Poitiers gegen die fränkischen Truppen unter Karl Martell. Dort fiel Abd ar-Rahman, und sein Heer zog sich zurück.
Emirat von Córdoba
Im zweiten Viertel des 8. Jahrhunderts lösten die Statthalter von al-Andalus einander in rascher Folge ab. Es kam zu blutigen Konflikten sowohl zwischen Arabern und Berbern als auch zwischen Angehörigen verschiedener arabischer Stämme.
Außerdem fühlten sich die Berber, die an der Eroberung des Westgotenreichs teilgenommen hatten benachteiligt, da ihnen die Ansiedlung im fruchtbaren Süden verwehrt wurde und sie zur Grenzverteidigung in den Norden abgeschoben wurden. Erschwert wurde diese Konstellation noch dadurch, dass Andalusien dem Statthalter von Ifriqiya unterstand.
Wie in Ifriqiya (siehe: Aufstand des Maysara) führte auch in Andalusien diese Benachteiligung der Berber zu einem großen Aufstand (741–746). Dieser konnte nur durch die Entsendung eines arabischen Heeres aus Syrien unterdrückt werden. Die Spannungen zwischen Arabern und Berbern sollten die Politik in Andalusien aber weiter bis ins 11. Jahrhundert beherrschen. Erhebliche Bedeutung kommt dem Aufstand deshalb zu, da durch den Abzug der Berbertruppen nach Süden die Etablierung des christlichen Königreichs Asturien in Nordspanien erheblich begünstigt wurde.
Unter dem 18. Statthalter Yusuf al-Fihri (747–756) gelang eine weitgehende Befriedung des Landes indem er sich bei der Verwaltung vor allem auf Familienangehörige stützte. Der Aufstieg von Yusuf al-Fihri wurde auch durch den Sturz der Ummayyaden (750) und dem Machtvakuum im Kalifat nach dem Aufstieg der Abbassiden begünstigt. Allerdings konnte der Verlust von Septimanien an die Franken unter Pippin I. nicht verhindert werden. Dadurch wurden die Pyrenäen die Nordgrenze der muslimischen Herrschaft in Europa.
Die Bildung einer Dynastie durch Yusuf al-Fihri wurde durch die Landung des letzten Umayyaden Abd ar-Rahman I. in Andalusien verhindert. Ihm gelang 756 der Sturz von al-Fihri und die Gründung des Emirats von Córdoba. Eine abbasidische Invasionsstreitmacht aus Afrika wurde von Abd ar-Rahman besiegt.
Al-Andalus wurde häufig von internen Konflikten zwischen den arabischen Umayyaden und den Berbern aus Nordafrika und Auseinandersetzungen mit den Christen erschüttert.
777 erschienen muslimische Rebellen aus Nordostspanien auf dem Reichstag von Paderborn und baten Karl den Großen um Unterstützung gegen Abd ar-Rahman I. 778 zog Karl der Große über die Pyrenäen und nahm Pamplona ein, konnte aber Saragossa nicht erobern und erlitt auf dem Rückweg eine Niederlage in der Schlacht von Roncesvalles.
Im Jahr 785 eroberten die Franken Girona, ohne auf großen Widerstand zu stoßen. In der folgenden Zeit wurden von beiden Seiten immer wieder kürzere Eroberungs- und Beutezüge unternommen. So nahmen die Araber im Jahr 795 Narbonne ein, 801 eroberten die Franken Barcelona, 811 Tortosa.
Nach dem Tod Abd ar-Rahmans I. 788 trat sein zweiter Sohn Hischam I. (788–796) die Nachfolge an. Darauf erhob sich Hischams übergangener älterer Bruder, unterlag jedoch und floh nach Nordafrika. 791 zog Hischam I. nach Altkastilien, um die Region zu unterwerfen. Einer seiner Heerführer besiegte weiter westlich König Bermudo I. von Asturien und vertrieb anschließend die Franken 793 aus Girona und Narbonne.
Im Jahr 796 wurde Al-Hakam I. der Nachfolger seines Vaters Hischam I. Ein Onkel des neuen Emirs machte ihm die Macht streitig und ging nach Aachen, um Karl den Großen zu einem neuen Feldzug zu bewegen. König Alfons II. von Asturien sagte Karl Unterstützung zu, worauf dieser sich für den Feldzug entschied. Beteiligt war Karls Sohn Ludwig, der spätere Ludwig der Fromme, der mit seiner Armee im Jahr 800 die Städte Lleida und Huesca plünderte und Barcelona belagerte. 803 ergab sich Barcelona schließlich, und der dortige Graf nahm den Titel Markgraf von Gothien an. Anschließend schlossen al-Hakam I. und Karl der Große einen Waffenstillstand.
822 starb Hakam I. Sein Nachfolger wurde Abd ar-Rahman II., dessen Regierungszeit von literarischer und künstlerischer Blüte geprägt war. In dieser Zeit traten viele Nichtmuslime zum Islam über, und das Arabische setzte sich in al-Andalus verstärkt gegenüber dem Lateinischen bzw. Romanischen durch. So wurde damals auch die Bibel ins Arabische übersetzt, weil sie sonst von großen Bevölkerungsteilen nicht mehr hätte gelesen werden können.
Zu jener Zeit kam der Künstler Ziryab (Ali ibn Nafi) an den Hof Abd ar-Rahmans II. und gründete in Córdoba ein Konservatorium. Die Bildung und Weltläufigkeit Ziryabs wirkten sich in den Folgejahren auf das gesamte gesellschaftliche Leben in al-Andalus aus.
844 erschienen die Wikinger an der Mündung des Tejo und erreichten auch Cádiz im Südwesten der Halbinsel. Von dort aus fuhren sie flussaufwärts auf dem Guadalquivir bis Sevilla und plünderten die Stadt, wurden dann jedoch von den Truppen Abd ar-Rahmans II. besiegt.
Als im Jahr 852 Abd ar-Rahman II. starb, wurde sein Sohn Muhammad I. Emir. Unter seiner Herrschaft eskalierte ein Konflikt mit einer Gruppe von Christen, die eine scharf antiislamische Position einnahmen; sie wurden hingerichtet (Märtyrer von Córdoba).
Nach dem Tod Muhammads (886) versank das Land zeitweilig in Kämpfe, Verrätereien und Morde, begleitet von den verschiedensten Allianzen, die zwischen den Fürsten von al-Andalus eingegangen wurden.
Kalifat von Córdoba
Der Emir Abd ar-Rahman III. (912–961) nahm 929 den Titel eines Kalifen an und gründete damit das Kalifat von Córdoba. In der Epoche des Kalifats erreichte die arabische Kunst und Wissenschaft auf der Iberischen Halbinsel ihre Blüte. Die Bevölkerung wuchs stark an. Allein im Gebiet des Guadalquivir soll es 12.000 bewohnte Orte gegeben haben. Córdoba hatte 113.000 Häuser, 600 Moscheen, darunter die Hauptmoschee, als Mezquita Catedral heute Weltkulturerbe, und prächtige Paläste, darunter den Alcázar. Weitere große und reiche Städte waren Granada, Sevilla und Toledo. In gleichem Sinn wie Abd ar-Rahman III. regierte sein als Dichter und Gelehrter bekannter Sohn al-Hakam II. (961–976), wogegen unter dem schwachen Hischam II. (976–1013) das Kalifenamt an Bedeutung verlor.
Militärisch erreichte das Kalifat seine größte Macht um die Jahrtausendwende dank Almansor, einem Minister und Feldherrn Hischams II. Damals wurden Barcelona (985) und andere christliche Städte von den Muslimen eingenommen. Nach Almansors Tod (1002) begann der Abstieg. Das Kalifat stürzte nach dem Tod Hischams II. (1013) in einen Bürgerkrieg. Es zerfiel in mehr als zwanzig Emirate, die so genannten „Taifa-Königreiche“. Im Jahre 1066 wurden bei einem großen Judenpogrom in Granada Tausende von Juden ermordet.
Almoraviden und Almohaden
Nachdem König Alfons VI. von Kastilien 1085 Toledo erobert hatte, riefen spanische Muslime die Almoraviden zu Hilfe, eine afrikanische Berberdynastie, die einer strengen Auslegung des Islams folgte. Die Almoraviden übernahmen die Herrschaft in al-Andalus, das nun Teil eines Reiches wurde, das seinen Mittelpunkt in Afrika hatte. 1143–1147 wurden die Almoraviden in Afrika von den Almohaden besiegt und abgelöst, einer ebenfalls strengen religiösen Reformbewegung, die auch al-Andalus eroberte. In der Schlacht bei Las Navas de Tolosa am 16. Juli 1212 besiegte das vereinigte Heer der Königreiche Portugal, León, Kastilien, Navarra und Aragón die Almohaden unter Muhammad an-Nasir. Danach beschränkte sich al-Andalus auf das Königreich Granada unter den Nasriden, das letzte muslimische Reich auf der Iberischen Halbinsel. Eine kulturelle Blüte erreichte auch dieser relativ kleine Staat. Ab 1241 wurde die Alhambra zu dem heute erhaltenen Palast ausgebaut. Am 2. Januar 1492 kapitulierte dessen letzter Herrscher Muhammad XII. und übergab die Stadt Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón.
Kulturelle und religiöse Situation in al-Andalus
In al-Andalus konvertierten zahlreiche Christen zum Islam; sie und ihre Nachkommen wurden arabisch muwalladun genannt (spanisch muladíes) und bildeten nach einiger Zeit die Mehrheit der Bevölkerung. Diejenigen Christen, die bei ihrem Glauben blieben, nannte man Mozaraber. Ihre Zahl nahm im Lauf der Jahrhunderte stark ab, da sie teilweise zum Islam übertraten, teilweise in die christlichen Reiche im Norden übersiedelten.
Antike Werke, die damals in christlichen Ländern unbekannt waren, wurden in der islamischen Welt von christlichen und jüdischen Gelehrten ins Arabische übersetzt. Die arabischen Übersetzungen bildeten die Grundlage für spätere Übertragungen ins Lateinische, und so gelangten philosophische und naturwissenschaftliche Werke der Antike seit dem 12. Jahrhundert auf dem Umweg über die arabische Übersetzung und Kommentierung von der Iberischen Halbinsel aus ins katholische Europa. Daher ist beispielsweise das astronomische Werk des Claudius Ptolemäus unter dem arabisierten Titel Almagest bekannt.
Vor der Eroberung durch die Almoraviden wurden Christen und Juden zeitweilig relativ tolerant behandelt, wobei es aber je nach Entwicklung der politischen Verhältnisse zu Schwankungen kam. Nachher verschlechterte sich ihre Lage, so dass viele von ihnen in die christlichen Staaten Spaniens auswanderten.
Die Christen und Juden waren nach islamischem Recht Schutzbefohlene (dhimmis) und durften als solche ihren Glauben praktizieren, hatten aber weniger Rechte als die Muslime. Ebenso wie in allen anderen islamischen Staaten durften sie auch in al-Andalus ihre Religion nicht in der Öffentlichkeit demonstrativ ausüben. Vor allem war es den Christen streng verboten, bei Muslimen zu missionieren. Sie leisteten keinen Kriegsdienst, mussten aber in al-Andalus (wie in der gesamten islamischen Welt) eine besondere Kopfsteuer zahlen; diese finanzielle Last bot einen starken Anreiz für den Übertritt zum Islam.
Reconquista: 8. bis 15. Jahrhundert
Hauptartikel: Reconquista
Den Widerstand gegen die Muslime begann der adlige Westgote Pelayo, der (zunächst aus einem privaten Grund) gegen den muslimischen Statthalter von Asturien rebellierte und 722 eine muslimische Streitmacht in der Schlacht von Covadonga besiegte. Aus seinem Machtbereich entstand das Königreich Asturien, die Keimzelle der späteren christlichen Reiche León und Kastilien. Währenddessen errichteten fränkische Herrscher im heutigen Katalonien die Spanische Mark.
Die Vorstellung, die Reconquista sei ein einheitlicher, von den Christen während Jahrhunderten zielbewusst vorangetriebener Prozess der Rückeroberung gewesen, entspricht nicht der historischen Wirklichkeit. Die christlichen Reiche im Norden Spaniens kämpften sowohl gegeneinander als auch gegen die Muslime. Der spanische Volksheld des 11. Jahrhunderts, El Cid, wurde von König Alfons VI. verbannt und fand Zuflucht beim muslimischen König von Saragossa. Er kämpfte auf beiden Seiten. Während der Reconquista gab es im christlichen Spanien zumindest zeitweise und gebietsweise eine gewisse Toleranz; die meisten Gebäude im Mudéjar-Stil wurden von islamischen Handwerkern für christliche Bauherren errichtet. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Reconquista wollten die „Katholischen Könige“ Isabella I. von Kastilien und Ferdinand von Aragón keine Nichtkatholiken mehr in ihrem Machtbereich dulden.
Im 15. Jahrhundert vereinigten sich die Königreiche von Kastilien und Aragón. Aragón war zu dieser Zeit schon lange eine wichtige Seemacht im Mittelmeer, Kastilien stand in Konkurrenz mit Portugal um die Vorherrschaft auf dem Atlantischen Ozean. Die letzte maurische Festung bei Granada wurde am 2. Januar 1492 erobert. Mit der Vertreibung der Mauren von der Iberischen Halbinsel (die sogenannte Reconquista) und der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 stieg Spanien vorübergehend zu einer christlichen Weltmacht auf.
Verfolgung religiöser Minderheiten
Mit dem siegreichen Ende der Reconquista ging in Spanien die Zeit relativer religiöser Toleranz zu Ende. Moslems und Juden wurden genötigt, sich taufen zu lassen. 1478 wurde die spanische Inquisition eingerichtet, um nur äußerlich konvertierte „Ungläubige“, die insgeheim ihren früheren Glauben praktizierten, aufzuspüren und zu bestrafen. Am 31. März 1492 erließen Isabella I. und Ferdinand II. das Alhambra-Edikt, wonach alle nicht zwangstaufwilligen der 300.000 Juden[2] die Iberische Halbinsel zu verlassen hatten (Sephardim). Viele wanderten nach Mitteleuropa aus, andere ins Osmanische Reich, das sie bereitwillig aufnahm und vor allem auf der Balkanhalbinsel ansiedelte, wo sie bis ins 20. Jahrhundert ihre spanische Mundart beibehielten (Hispaniolen). 1609 ließ Philipp III. sogar die Moriscos vertreiben, Nachfahren von zum Christentum übergetretenen Mauren.
15. bis 17. Jahrhundert: Spanien als Weltmacht unter den Habsburgern
Erbin Ferdinands und Isabellas wurde die älteste Tochter, Johanna, die mit ihrem Gemahl Philipp I., dem Sohn des römisch-deutschen Kaisers Maximilian I., nach Isabellas Tod (1504) zunächst in Kastilien an die Regierung kam. Mit Philipp bestieg das Haus Habsburg den kastilischen Thron. Als Philipp 1506 jung starb und Johanna für wahnsinnig erklärt wurde (tatsächlich war sie nur sehr melancholisch), wurde Ferdinand zum Vormund ihres Sohnes Karl erklärt und übernahm somit auch die Herrschaft in Kastilien. Dieser vereinigte 1512 das Königreich Navarra mit seinem Reich. Nach Ferdinands Tod (1516) übernahm Kardinal Jimenez die Regentschaft bis zur Ankunft des jungen Königs Karl I., der 1517 selbst die Regierung antrat. Da Karl 1519 auch zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (Karl V.) gewählt wurde, verließ er Spanien 1520 wieder. Daraufhin brach der Comuneros-Aufstand gegen die Herrschaft des als landesfremd empfundenen Karl aus, der zur Finanzierung seiner europäischen Kriege die Steuern erhöht hatte. An der Erhebung beteiligten sich Adlige, Bürger und Bauern. Als sich die Bewegung zu radikalisieren begann, sympathisierte der Adel allerdings wieder mit Karl, zumal außer Karls Mutter Johanna keine echte Alternative für das Herrscheramt zur Verfügung stand. Der Aufstand wurde 1522 endgültig niedergeschlagen, wobei die Unterdrückung der unteren Schichten ihren Teil dazu beitrug, dass Spanien langfristig den Anschluss an seine Konkurrenten Frankreich und England verlor.
Für die Begründung einer habsburgischen Weltmacht und die Ausbreitung des römisch-katholischen Glaubens kämpften die spanischen Heere am Po, an der Elbe, in Mexiko und Peru. Dem Stolz der Spanier schmeichelte es, die gebietende Macht in Europa zu sein, ihrem Glaubenseifer, für die Ausrottung der Ketzerei, wie früher des Islam, zu streiten.
Als Karl V. 1556 die Regierung niederlegte, verlor Spanien die österreichischen Besitzungen des Hauses Habsburg und die Kaiserkrone, behielt jedoch in Europa die Niederlande, die Franche-Comté, Mailand, Neapel, Sizilien und Sardinien.
Spanien wurde der Mittelpunkt einer mit großen Machtmitteln ins Werk gesetzten katholischen Reaktionspolitik, die den Sieg des römischen Katholizismus über Türken und Ketzer gleichzeitig erstreiten wollte. Zu diesem Zweck unterdrückte Philipp II. (1556–1598) den Rest der politischen Freiheiten und unterwarf alle Stände einem unumschränkten Despotismus. Die permanenten Kriege zehrten jedoch nicht nur die reichen Einkünfte der Kolonien auf, sondern zwangen den König, sich immer neue Einnahmequellen zu erschließen. Sämtliches Eigentum (außer dem der Kirche) und jedes Gewerbe wurde mit erdrückenden Steuern belegt, Kredite aller Art aufgenommen, aber nicht bedient, die Münze verschlechtert, Ehren und Ämter käuflich gemacht und schließlich den Einwohnern so genannte Donativen (Zwangsanleihen) abgefordert. Doch die spanische Reaktionspolitik erzielte dabei keine wesentlichen Erfolge. Philipp II. war während seiner Regierungszeit dreimal gezwungen, seinen Gläubigern den Staatsbankrott zu erklären. In den Jahren 1557, 1575 und 1596 konnten keine Zahlungen mehr geleistet werden. Der Versuch, England wieder der katholischen Kirche zu unterwerfen, scheiterte 1588 mit dem Untergang der Armada.
Philipp IV. (1621–1665), der einen prächtigen Hof hielt und die Künste förderte, nahm die kriegerische Politik Philipps II. wieder auf. Im Bund mit Österreich wollte er die Alleinherrschaft des Papsttums wiederherstellen und ein habsburgisches Weltreich errichten. Der Krieg mit den freien Niederlanden begann von neuem. Im Dreißigjährigen Krieg kämpften spanische Truppen in Deutschland und Italien, und der spanische Gesandte in Wien hatte in deutschen Angelegenheiten die entscheidende Stimme. Aber das glänzende Gebäude fiel letztendlich in sich zusammen. Es zeigte sich, dass die Weltmachtallüren Spaniens nur trügerischer Schein gewesen waren.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg musste Spanien 1648 im Westfälischen Frieden die Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande und in Deutschland die Gleichberechtigung der Protestanten anerkennen. Im Pyrenäischen Frieden (1659) verlor es einen Teil der Niederlande an Frankreich, Dünkirchen und Jamaika an England. Als nach dem Tod Philipps IV. der schwächliche Karl II. (1665–1700) den Thron bestieg, erhob der französische König Ludwig XIV. als Gemahl von Philipps Tochter Maria Theresia Erbansprüche auf die Spanischen Niederlande, wurde aber im Devolutionskrieg daran gehindert, sich derer ganz zu bemächtigen.
Am Ende der Regierung Karls II. war die Bevölkerung auf 5.700.000 Menschen zurückgegangen, zahllose Ortschaften waren verlassen, und ganze Landstriche glichen Wüsten. Die Staatseinkünfte verminderten sich trotz des härtesten Steuerdrucks und fast räuberischer Finanzmaßregeln so, dass der König manchmal nichteinmal mehr seine Dienerschaft oder seine Tafel bezahlen konnte. Weder Beamte noch Soldaten wurden besoldet. Aus Geldmangel kehrten viele Provinzen zum Tauschhandel zurück. Mit dem Tod des kinderlosen Karl II am 3. November 1700 endete die habsburgische Herrschaft. Es folgte der Spanische Erbfolgekrieg, in dem die anderen europäischen Herrscherhäuser die Macht über die spanische Monarchie an sich zu reißen versuchten.
18. Jahrhundert: Spanien unter den Bourbonen
Der erste Bourbonenkönig französischer Herkunft, Philipp V. (1700–1746), brachte aus seiner Heimat ein anderes Regierungssystem und neue Kräfte in das zerrüttete Staatswesen. Die Franzosen und Italiener wie z. B. Giulio Alberoni, die Philipp an die Spitze der Behörden und des Heers stellte, führten gewaltsam die Grundsätze der französischen Staatsverwaltung ein. Alle Institutionen, die der zentralistischen Staatsgewalt entgegenstanden, wurden beseitigt, Handel, Gewerbe, Wissenschaft und Kunst gefördert, die Privilegien der Provinzen aufgehoben und eine einheitliche Steuererhebung eingerichtet (Decreto de Nueva Planta 1515), was durchaus positive Folgen hatte. Aber als der König auch die Herrschaft der Kirche anfocht, stieß er auf energischen Widerstand der Bevölkerung. Schließlich gab Philipp V. unter dem Einfluss seiner zweiten Gemahlin, Elisabetta Farnese, nach; und ließ die Herrschaft der Kurie und der Inquisition unangetastet. In der friedlichen Regierungszeit des sparsamen Ferdinand VI. (1746–1759) nahm das Land einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung.
Einen bedeutenden Fortschritt in der Entwicklung zum modernen Staat verzeichnete die Regierung Karls III. (1759–1788), des Stiefbruders Ferdinands VI., der äußerst gläubig und vom Staatsbewusstsein seiner Zeit erfüllt war. Ziel seiner Politik war es, Spanien den anderen europäischen Staaten ebenbürtig zu machen. Ihm standen bei seinen Reformen drei bedeutende Staatsmänner, Aranda, Floridablanca und Campomanes, zur Seite. Allerdings war Spanien durch den bourbonischen Familienvertrag dazu verpflichtet, an Frankreichs Krieg gegen England 1761–62 teilzunehmen, was die Reformen verzögerte. Diese wurden 1767 durch die Ausweisung der Jesuiten vorangetrieben. Viele Reformen blieben freilich auf dem Papier stehen, da der Rückstand Spaniens in Ackerbau, Gewerbe und Unterricht gegenüber anderen Ländern Europas ihre Durchführbarkeit verhinderte. Obwohl die Regierung ungeheuere Summen in Ansiedelungen, Bergwerke, Fabriken und Straßen investierte und den Handel mit Amerika freigab, trugen die Maßnahmen nur zum Teil Früchte. Die Bevölkerung war 1788 erst wieder auf 10.270.000 Menschen angewachsen.
Der zweite Krieg gegen England (1780–83), zu dem Spanien erneut aufgrund des bourbonischen Familienvertrags verpflichtet war, wurde mittels eines verzinslichten Papiergeldes finanziert. Die Fortschritte in Volksbildung und Volkswohlfahrt in der Bevölkerung hätten allerdings dauerhaftere Ergebnisse zur Folge gehabt, wenn Spanien eine längere Reformperiode vergönnt gewesen wäre. Die vielversprechenden Anfänge wurden jedoch unter seinem Nachfolger Karl IV. (1788–1808) nicht fortgesetzt.
1789–1815: Französische Revolution und Napoleonische Kriege
Spanien während der Revolutionszeit
Karl IV. wurde ganz von seiner Gemahlin Marie Luise von Parma beherrscht, die durch Günstlingswirtschaft und Verschwendung die Staatsverwaltung und die Finanzen in Verwirrung brachte, Floridablancas und Arandas im November 1792 beseitigte und ihrem Geliebten Manuel de Godoy die oberste Leitung der Staatsgeschäfte verschaffte. Spanien griff nicht in den Sturz der Bourbonen in Frankreich ein, erst 1793 sah es sich durch die Hinrichtung des französischen Königs Ludwigs XVI. und die Insulten des Konvents veranlasst, Frankreich den Krieg zu erklären. Dieser endete mit einer französischen Invasion in Navarra, dem baskischen Provinzen und Aragón. Die Gunst der Umstände verschaffte Spanien den vorteilhaften Frieden von Basel (22. Juli 1795). Allerdings geriet es dadurch in völlige Abhängigkeit von Frankreich, die durch den Zweiten Vertrag von San Ildefonso (27. Juni 1796) noch vertieft wurde. Darin verpflichtete Frankreich Spanien, das kaum die Kosten des letzten Kriegs hatte aufbringen können, zu einem gemeinsamen Krieg gegen England. Die spanische Flotte unterlag gleich in der ersten Schlacht bei Kap St. Vincent (14. Februar 1797). 1801 führte Godoy in französischem Interesse einen weiteren Krieg gegen Portugal. Im Frieden von Amiens (23. März 1802) musste Spanien zwar lediglich Trinidad an England abtreten, aber seine Herrschaft in den amerikanischen Kolonien war erschüttert und seine Finanzen zerrüttet. Der Fehlschlag der merkantilen und industriellen Revolutionen ließen das Land als Wirtschafts- und Weltmacht hinter Großbritannien und Frankreich zurückfallen.
Godoy musste das finanziell erschöpfte Spanien durch einen weiteren ungünstigen Vertrag mit Frankreich (9. Oktober 1803) zum Krieg gegen England verpflichten, in dem bei Kap Finisterre (22. Juli) und bei Trafalgar (20. Oktober 1805) die spanische Flotte zerstört wurde. In der Bevölkerung regte sich Protest gegen Godoy, der inzwischen die Hoffnung hegte, Regent von Spanien zu werden oder die Königskrone von Südportugal zu erlangen. Als er sich zu diesem Zweck mit Frankreich im Vertrag von Fontainebleau (27. Oktober 1807) zu einem Kriege gegen Portugal verbündete und Napoleon französische Truppen über die Pyrenäen in Spanien einrücken ließ, kam es am 18. März 1808 in Aranjuez zu einer Volkserhebung gegen Godoy. Er wurde gestürzt, und unter dem Eindruck des erbitterten Volkszorns ließ sich der König bewegen, am 19. März zu Gunsten seines minderjährigen Sohnes Ferdinand abzudanken.
Als Ferdinand VII. hielt dieser am 24. März 1808 seinen Einzug in Madrid. Karl IV. musste jedoch kurz darauf in einem Schreiben an Napoleon seine Thronentsagung als erzwungen zurücknehmen. Der französische Kaiser zitierte die spanische Königsfamilie nach Bayonne, wo Ferdinand nach längerem Sträuben am 5. Mai zu Gunsten seines Vaters auf die Krone verzichtete. Karl IV. trat seine Rechte sofort an Napoleon ab.
Der spanische Unabhängigkeitskrieg 1808–1813
Napoleon ernannte seinen Bruder Joseph, den bisherigen König von Neapel, am 6. Juli 1808 im Beisein einer Junta von spanischen und amerikanischen Abgeordneten in Bayonne zum König von Spanien. Joseph und die Junta schworen am 7. Juli einen Eid auf die neu entworfene Verfassung und zogen am 20. Juli in Madrid ein.
Die spanische Bevölkerung fühlte sich unter der Fremdherrschaft gedemütigt und akzeptierte die Neuerungen nicht, die Napoleon dem Land bringen wollte. Der bewaffnete Widerstand nahm immer mehr den Charakter eines Volkskriegs an. Die im September 1808 in Aranjuez errichtete Junta Suprema Central übernahm die einheitliche Leitung der Kämpfe. Mit dem Aufruf zum Guerillakrieg (28. Dezember 1808) gab sie dem Kampf eine Wendung. Die fortwährenden Angriffe der Guerrilleros rieben die Kräfte der Franzosen auf.
Inzwischen drangen die Engländer unter dem Herzog von Wellington in Spanien ein. Zunächst konnten sie einige Siege erringen, doch schließlich wurden sie von nachrückenden französischen Truppen gezwungen, sich nach Portugal zurückzuziehen. Im Januar 1810 beherrschten die Franzosen Andalusien, und nach der Einnahme von Ciudad Rodrigo und Almeida drang im August ein Heer von 80.000 Mann in Portugal ein, um die Engländer zu vertreiben. Da die Lage für Spanien aussichtslos zu sein schien, schlossen sich viele der höheren, wohlhabenderen Bevölkerungsschichten dem bonapartistischen König an. Die Zentraljunta floh von Sevilla nach Cádiz, wo sie am 2. Februar 1810 zur Abdankung gezwungen wurde. Sie musste eine Regentschaft einsetzen, in welcher der Radikalismus die Oberhand bekam. 1812 verabschiedeten die Cortes von Cádiz die erste moderne Verfassung Spaniens, formlos La Pepa genannt.
Die spanischen Truppen wurden verstärkt und ihre Schulung und Verpflegung verbessert. Die Cortes ernannten Wellington, der sich 1811 vor Lissabon lange behauptet hatte, zum Oberbefehlshaber sämtlicher Streitkräfte in Spanien. Im Januar 1812 eroberte Wellington Ciudad Rodrigo und am 7. April Badajoz, schlug am 22. Juli die Franzosen bei Salamanca und zog am 12. August in Madrid ein. Zwar musste er sich vor der Übermacht der bedeutend verstärkten Franzosen aufs neue an die portugiesische Grenze zurückziehen, und Madrid wurde zum letzten Mal von den Franzosen besetzt. Aber die Katastrophe in Russland veränderte auch die Lage in Spanien. Am 27. Mai 1812 hatte König Joseph Madrid für immer verlassen und sich mit der französischen Armee auf Vitoria zurückgezogen. Hier wurde diese von Wellington am 21. Juni 1813 gänzlich geschlagen. Die Franzosen zogen sich über die Pyrenäen zurück, und Wellington rückte am 9. Juli in Frankreich ein. Damit war die spanische Unabhängigkeit wiederhergestellt. Am 11. Dezember 1813 wurde zwischen Spanien und Frankreich der Vertrag von Valençay unterzeichnet. Dieser legte die Rückkehr Ferdinands VII. auf den spanischen Thron, die Einstellung der Feindseligkeiten und die Anerkennung der spanischen Besitzungen fest.
19. Jahrhundert: Carlistenkriege, Erste Republik und Restauration
- Siehe auch: Spanische Revolution (1820), Carlismus
Die ordentlichen Cortes, in denen die Servilen (die Konservativen) die Mehrheit hatten, verlegten im Januar 1814 ihren Sitz nach Madrid. Am 3. Februar 1814 erließen sie eine Einladung an Ferdinand VII., sich nach Madrid zu begeben und auf die Verfassung von 1812 zu schwören. Damit stellten sie den Vertrag des Königs mit Napoleon Bonaparte (am 13. Dezember 1813 in Valençay abgeschlossen) in Frage, der die königliche Herrschaft in Spanien herstellte und den französischen Einfluss sicherte. Ferdinand betrat am 24. März 1814 in Girona spanischen Boden und nahm am 4. Mai von Valencia aus den Thron in Besitz. Er weigerte sich jedoch, die Verfassung anzuerkennen, nachdem General Elío sich ihm mit 40.000 Mann angeschlossen hatte. Am 11. Mai ließ er die Cortes durch Truppen auseinander jagen. Dennoch begrüßte ihn die Bevölkerung mit Jubel, als er am 14. Mai in Madrid einzog, weil er als Gegner des verhassten Godoy noch immer populär war.
Der König stand unter dem Einfluss seiner konservativen Berater, die alle Reformen unterbanden, die wegen der Zerrüttung des Staatswesens geboten gewesen wären. Spanien war daher nicht im Stande, die abgefallenen Kolonien in Amerika wieder zu unterwerfen und verlor seinen ganzen überseeischen Besitz in den Südamerikanischen Unabhängigkeitskriegen und Mittelamerika mit Ausnahme von Kuba und Puerto Rico. Florida trat es 1819 für 5 Millionen Dollar freiwillig an die Vereinigten Staaten von Amerika ab.
In der Bevölkerung wuchs unterdessen die Unzufriedenheit mit der Königsherrschaft. Besonders das Heer fühlte sich vernachlässigt und so kam es am 1. Januar 1820 zu einer Rebellion bei den für die Überfahrt nach Amerika bestimmten Truppen. In einem Staatsstreich zwang der Revolutionär und Oberstleutnant Rafael del Riego den König, die liberale Konstitution von 1812 anzuerkennen (Trienio Liberal). Doch ein weiterer Staatsstreich durch eine französische Interventionstruppe im Jahr 1823 stellte die absolute Monarchie unter Ferdinand VII. wieder her. Die Verfassung wurde widerrufen und Riego exekutiert (1823–1833, Década ominosa).
Bei seinem Tod 1833 hinterließ der König eine Tochter, Isabella II., aus seiner Ehe mit Maria Christina. Doch der Bruder Ferdinands, Don Carlos, machte Isabella den Thron streitig. Da die Anhänger Don Carlos’ – die Carlisten – Traditionalisten waren, suchte Isabellas Mutter bei den Liberalen Unterstützung. Dies führte zum 1. Carlistenkrieg, den die Liberalen nach sechs Jahren gewannen. 1840 zwang ein erneuter Staatsstreich von General Espartero die Regentin Maria Christina zu Flucht. Espartero selbst übernahm die Macht. Nachdem Isabella 1843 für mündig erklärt worden war, führte General Narváez eine Revolte an, die General Espartero zur Flucht aus Spanien zwang. 1845 wurde eine Verfassung angenommen und zwei Jahre später, 1847, begann der 2. Carlistenkrieg, der 1849 mit dem Sieg Isabellas endete. Eine Reihe von Aufständen der Progresistas (Liberale, Republikaner und Sozialisten) und Moderados (Monarchisten und Katholiken) führte 1868 zu einer Revolution unter General Prim, die die Herrschaft von Isabella beendete und sie ins Exil nach Frankreich zwang, während General Serrano vorläufig die Regierung übernahm.
1869 proklamierten die Cortes eine neue Verfassung, die Spanien unter Amadeus von Savoyen, einem Sohn von Viktor Emanuel II. von Italien, zu einer konstitutionellen Monarchie machen sollte. Prim wurde 1870 ermordet. Nachdem 1872 der 3. Carlistenkrieg ausbrach und Amadeus die Ordnung in Spanien nicht wiederherstellen konnte, dankte er im Februar 1873 ab. Die Cortes riefen die Erste Republik aus.
In den kaum elf Monaten der Ersten Republik regierten die vier Präsidenten Figueras, Pi i Margall, Salmerón und Castelar das Land. Keinem von ihnen gelang es, das Land unter Kontrolle zu bringen. Im Januar 1874 setzte der Putsch von General Serrano der Republik de facto ein Ende. Serrano löste die Cortes auf und regierte als Diktator mit dem Titel eines Präsidenten.
Durch einen Aufstand unter der Führung von Martínez Campos in Sagunt wurde schließlich im Dezember 1874 die Monarchie wiederhergestellt. Das neue Regime war konstitutionell geprägt; es verfügte über ein eingeschränktes Wahlrecht (mit Wahlmanipulationen); die Macht der interventionsfreudigen Streitkräfte wurde durch Auslandseinsätze gezügelt. Der Sohn Isabellas II., Alfons XII. aus dem Haus der Bourbonen, wurde neuer König von Spanien. Nach dessen Tod 1885 regierte seine Frau Maria Christina für den minderjährigen Alfons XIII.. Der 1876 beendete Carlistenkrieg und das Ende eines zehnjährigen Krieges auf Kuba läuteten den Beginn einer längeren Friedensperiode ein. 1893 kommt es in den westafrikanischen Kolonien zum 1. Rifkrieg.
Die neue Epoche der Restauración war geprägt durch ein faktisches Machtabkommen zwischen der Konservativen Partei, deren Führer Cánovas del Castillo die Wiedereinsetzung der Monarchie maßgeblich unterstützt hatte, und der Liberalen Partei unter Práxedes Mateo Sagasta. Dies sorgte anfangs für eine gewisse Stabilität unter Inkaufnahme der fortdauernden sozialen Ungleichheit. Die Ermordung von Cánovas del Castillo 1897, der Tod Sagastas 1902 und schließlich die außenpolitischen Katastrophen (Spanisch-Amerikanischer Krieg 1898) hoben diese Stabilität jedoch wieder auf.
Das „Desaster“ von 1898
Im Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 verlor Spanien die meisten seiner kolonialen Besitzungen. Als 1895 auf Kuba der Unabhängigkeitskrieg ausbrach und sich auch auf den Philippinen nationalistische Gruppen erhoben, erklärte Spanien den Erhalt seiner Kolonien zur nationalen Frage. Bis 1898 entsandte die Regierung hunderttausende Soldaten, zumeist ärmlicher Herkunft, oft unvorbereitet, nach Übersee. Eine mitunter drakonische Kriegsführung (Internierungslager auf Kuba, um die Landbevölkerung von den Rebellen zu isolieren) und das tropische Klima verursachten hohe Sterberaten unter der einheimischen Bevölkerung und der spanischen Besatzungsarmee. Die USA unterstützten die Rebellion aus imperialen und wirtschaftlichen Erwägungen (91 Prozent des kubanischen Zuckers wurde in die USA exportiert). Bis 1898 gelang es den Rebellen indes nicht, militärisch die Oberhand zu gewinnen.
Der Krieg belastete zunehmend die spanische Innenpolitik, die vom nationalistischen Hurra-Patriotismus der Zeitungen mitgeprägt wurde. Die Regierungen suchten nach einer Kompromisslösung in Form beschränkter Autonomierechte für Kuba und die Philippinen. Dies kam jedoch zu spät. Der Kriegseintritt der USA bewirkte eine rasche militärische Niederlage Spaniens (El Desastre). Kuba, die Philippinen und Puerto Rico mussten an die Vereinigten Staaten von Amerika abgetreten werden. Spaniens Kolonien beschränkten sich nur noch auf Enklaven in Marokko, der Westsahara und Äquatorialguinea.
Die Niederlage stürzte die spanische Bevölkerung in tiefen Pessimismus und eine nationale Identitätskrise. Literarisch prägte das „Desaster“ eine gesamte Reihe von Schriftstellern und Künstlern, die so genannte Generación del 98. Innenpolitisch verschärften sich die sozialen Spannungen bei Arbeitern und Bauern, deren ideologische Überzeugungen sich radikalisierten (Stärkung sozialistischer und anarchosyndikalistischer Ideen). Die Unzufriedenheit der Armeeführung wurde zunächst durch neue Kolonialabenteuer abgelenkt. Gemeinsam mit Frankreich errichtete Spanien 1905/1911 ein Protektorat in Marokko, faktisch bedeutete dies die Inbesitznahme von Nordmarokko. Der zunehmend mit Reservisten und Wehrpflichtigen geführte Krieg führte 1909 zur Semana Trágica, einem Arbeiteraufstand in Barcelona. Die Verluste während des Guerra de Melilla und zweiten Rifkrieges untergruben die Stellung der Monarchie noch weiter.
20. Jahrhundert: Diktaturen und Bürgerkrieg
Die Diktatur von General Miguel Primo de Rivera 1923–1930
Im Ersten Weltkrieg blieb Spanien neutral und erfuhr einen wirtschaftlichen Aufschwung (Rohstofflieferungen an die Kriegsmächte), an dem die breite Masse der Bevölkerung jedoch nicht partizipieren konnte. Das Regime wurde zunehmend schwächer, was sich nicht zuletzt am sich dahinschleppenden Marokko-Abenteuer abzeichnete. Die Unzufriedenheit über die Leistungsbeförderungen, welche von einem großen Teil des Offiziercorps abgelehnt wurden, bewirkte 1917 eine Staatskrise in Form der „Juntas“, die sich aus Festlands-Armeeeinheiten bildeten und einen Regierungswechsel erzwangen. Zugleich brachte ein Generalstreik von Arbeitern und Sozialisten, insbesondere in Barcelona, das gesamte Regime ins Wanken.
Marokko wurde zum Prüfstein der konstitutionellen Monarchie. Der weitestgehend ohne parlamentarische Kontrolle durchgeführte „Befriedungs“-Feldzug gegen die Stämme des Rif blieb ohne dauerhaften Erfolg. Bei einem Vorstoß kommt es 1921 unter General Silvestre zur militärischen Katastrophe von Annual, bei dem die marokkanischen Rebellen unter Abd el-Krim über 10.000 spanische Soldaten töten: Spanien verliert fast alle seit 1909 eroberten Positionen mit Ausnahme der Enklaven von Ceuta und Melilla. Die Niederlage machte die gesamte Ineffizienz der spanischen Militärorganisation offensichtlich. Die Mitverantwortung des Königs blieb in dieser Angelegenheit undurchsichtig. Die sich danach zuspitzenden innenpolitischen Spannungen (23 Regierungen bis 1923) führten zur Diktatur von General Miguel Primo de Rivera, der König Alfons XIII. 1923 zustimmt. Die Verfassung von 1876 wurde aufgehoben.
Trotz einer zeitweilig breiten Unterstützung, auch unter Arbeitern und Intellektuellen (Straßenbau, Verwaltungs- und Steuerreform, Fachkabinett, Wiederherstellung der Herrschaft in Marokko und Frieden in einer kombinierten Operation mit Frankreich 1926), konnte sich Primo de Rivera nur bis 1930 halten. Der General hatte immer wieder angekündigt, dass sein Regime nur ein Provisorium sei und es bald Wahlen gäbe, welche aber ausblieben, sodass er schließlich durch General Berenguer ersetzt wurde, welcher für April 1931 Gemeindewahlen einberief. Wegen der Verwicklung des Königs in die Diktatur war das Ende der Monarchie auch absehbar. Bei den Gemeindewahlen konnten republikanische Kandidaten, benachteiligt durch die Wahlkreiseinteilung, zwar nur 1/5 der Sitze gewinnen, was aber de facto 40 % der Stimmen entsprach und zur Ausrufung der 2. Republik führte. Der König verließ das Land, ohne auf den Thron zu verzichten.
Zweite Republik 1931–1936
Hauptartikel: Zweite Spanische Republik
Nachdem Alfons XIII. Spanien verlassen hatte, proklamierte der Großgrundbesitzer Niceto Alcalá Zamora am 14. April 1931 die zweite Republik in der spanischen Geschichte, deren Ausrufung kaum Widerstand fand und von weiten Teilen der Bevölkerung begrüßt wurde. Alcalá Zamora wurde Staatspräsident, während eine Koalition aus linksrepublikanischen Parteien und der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens unter Manuel Azaña (Acción Republicana) die Regierung übernahm. Eine 1931 gegebene neue Verfassung gewährte Frauen das Wahlrecht und führte die Zivilehe ein. Katalonien, Galicien und dem Baskenland wurden 1932 bzw. 1936 Autonomierechte gewährt.
Es zeigte sich jedoch bald, dass die Republik die scharfen politischen und sozialen Konflikte, die sie geerbt hatte, schwer belasteten und sich diese unter der neuen Regierung weiter verschärften. Wirtschaftliche Probleme und Mangel an politischer Konsenskultur verhinderten eine dauerhafte Konsolidierung der neuen Staatsform. Wichtige Reformprojekte kamen nur zögerlich zustande, Gesetze wurden von Nachfolgeregierungen unter veränderten politischen Vorzeichen wieder zurückgenommen.
Bereits im August 1932 kam es unter Führung General Sanjurjo zum ersten Putsch gegen die Regierung, für eine konservativere politische Ordnung. Der Putsch scheiterte.
Nach den Wahlen von 1933 übernahm eine Mitte-Rechts-Koalition, bestehend aus der konservativen CEDA und dem liberalen Partido Radical unter dem neuen Ministerpräsidenten Alejandro Lerroux die Regierungsverantwortung.
Gegen die neue Regierung kam es im Oktober 1934 zu verschiedenen Aufständen linker Gruppen. In Barcelona proklamierte die katalanische Regionalregierung ihre Unabhängigkeit, scheiterte damit aber ebenso wie die Anhänger des sozialistischen Gewerkschaftsführers Largo Caballero mit ihrem Aufstand in Madrid. Die größte Erhebung fand in Asturien statt, wo verschiedene Organisationen der Eisenbahner und Bergarbeiter eine „Arbeiterallianz“ aus der sozialistischen Gewerkschaft UGT, den anarchosyndikalistischen Treinistas und den wenigen Anhängern der kommunistischen Partei PCE aus der Taufe gehoben hatten. Der Aufstand wurde von Regierungstruppen unter Leitung des Generals Franco niedergeschlagen, wobei etwa 3.000 Menschen ihr Leben verloren.
Die politische Instabilität, die vor allem von den extremen Vertretern linker und rechter Positionen und ihren paramilitärischen Verbänden, aber auch von Mitgliedern regulärerer Sicherheitskräfte geschürt wurde, verschärfte sich nach dem Sieg der Volksfront aus linksliberalen, sozialistischen und kommunistischen Parteien bei den Parlamentswahlen vom 17. Februar 1936. Rechte Politiker bezichtigten die Wahlsieger der Wahlfälschung und behaupteten, Spanien werde mehr oder weniger offen in eine sozialistische Diktatur verwandelt.
Während dieser Zeit kam es beinahe täglich zu Straßenschlachten und Anschlägen auf Persönlichkeiten des rechten und linken Spektrums. Schließlich nahmen führende Generäle die Ermordung des monarchistischen Oppositionsführers Calvo Sotelo durch Angehörige sozialistischer Milizen und der republikanischen Sicherheitspolizei am 13. Juli 1936 zum Anlass, vier Tage später einen bereits geplanten Putsch durchzuführen. Der Putsch konnte die Regierung nicht unmittelbar stürzen, von ihr aber auch nicht unterdrückt werden. Er weitete sich mithilfe internationaler Unterstützung zum Spanischen Bürgerkrieg aus, in dem die Republik langsam unterging und vom Franco-Regime gewaltsam verdrängt wurde.
Der Spanische Bürgerkrieg (1936–1939)
siehe: Spanischer Bürgerkrieg
Die Diktatur General Francisco Francos (1939–1975)
- Siehe auch: Franquismus
Während des Zweiten Weltkriegs bleibt Spanien trotz seiner Sympathien für die Achsenmächte „nicht kriegführend“, wenngleich 1941 ein Freiwilligenverband, die sogenannte Blaue Division an die Ostfront entsandt wurde. Der anfänglich starke Einfluss faschistisch orientierter Kräfte (Falange) wird nach 1943 sukzessive vermindert. Die außenpolitische Isolation, in die das Franco-Regime nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gerät, wird 1953 durch das Konkordat zwischen Spanien und dem Vatikan und durch das Stützpunktabkommen mit den USA durchbrochen. Am 15. Dezember 1955 wird Spanien in die UNO aufgenommen.
Infolge des Spanischen Bürgerkriegs, der außenpolitischen Isolation nach dem Weltkrieg und infolge der eigenen autarkistischen und dirigistischen Wirtschaftspolitik gerät Spanien in den vierziger und fünfziger Jahren in eine tiefe Wirtschaftskrise. Diese Krise kann erst nach einer radikalen Reform der Wirtschaftspolitik (eingeleitet durch die Verkündigung des Stabilisierungsplans am 21. Juli 1959) überwunden werden. Das „Wirtschaftswunder“, das Spanien daraufhin in den sechziger Jahren erlebt, basiert auf dem Tourismus, auf den Überweisungen spanischer Gastarbeiter im Ausland und auf erheblichen ausländischen Investitionen.
1958 kommt es zum Krieg mit Marokko (siehe Ifni-Krieg).
Nachdem Mitte der vierziger Jahre die kleine antifranquistische Guerillabewegung Maquis niedergeschlagen worden war, gibt es bis zu den Madrider Studentenunruhen 1956 keinen nennenswerten Widerstand gegen das Franco-Regime. Erst seit Beginn der sechziger Jahre formiert sich auf breiter gesellschaftlicher Basis ein starker Widerstand. Hauptkräfte des Widerstandes sind die Studentenbewegung, die von der Kommunistischen Partei PCE dominierten betriebsgewerkschaftlichen Arbeiterkommissionen (Comisiones Obreras – CC.OO.), die katholische Arbeiterpriesterbewegung und die nationalen Kräfte in Katalonien und im Baskenland. Die traditionellen Gruppierungen der II.Republik wie die PSOE (Sozialisten) und Anarchisten (CNT) verlieren in den Jahren der Diktatur an Bedeutung. Der PSOE gelingt im Exil erst 1974 ein Neuanfang. Die Opposition erreicht zwar leichte Verbesserungen in der Pressegesetzgebung (1966) und bei der Wahl der Ständekammer (Ley Orgánica del Estado 1967), doch ist sie nicht in der Lage, einen Machtwechsel herbeizuführen. Francisco Franco herrscht bis zu seinem Tod am 20. November 1975.
Francos Staat ist paternalistisch ausgerichtet und auf seine Person fixiert, Historiker sprechen von „Klerikalfaschismus“. Traditionelle Werte (Familie, Kirche) sind von größter Bedeutung. Obwohl Franco als Militär der Armee die höchste Wertschätzung entgegenbringt, „depolitisiert“ er sie konsequent: Seine Regierungen sind vorwiegend mit Fachzivilisten besetzt. Nordmarokko wird mit Ausnahme von Ceuta und Melilla 1955 nach der Unabhängigkeit des Landes zurückgegeben. Dem Widerstand der Bauern- und Arbeiterschaft verschafft er mit der Auswanderungsmöglichkeit ein Ventil.
Die Jahre vor Francos Tod sind zunehmend geprägt von einer Verschärfung der politischen Repression, woran nicht zuletzt das Auftauchen der baskischen Untergrundorganisation ETA ab 1969 beiträgt. 1973 ermordet (mutmaßlich) ein ETA-Kommando Francos starken Mann, Ministerpräsident Luis Carrero Blanco. Bereits 1970 werden Todesurteile der spanischen Justiz erst auf internationalen Druck hin in Freiheitsstrafen umgewandelt, doch am 2. März 1974 werden der Anarchist Puig Antich und der DDR-Flüchtling Georg Michael Welzel mit der Würgeschraube (spanisch: garrote vil) hingerichtet. Wenige Wochen vor dem Tod Francos werden Todesurteile an fünf weiteren militanten Regimegegnern vollstreckt. Kurz vor Francos Tod verliert das Land zudem durch die marokkanische Besetzung der Westsahara und die Unabhängigkeit Äquatorialguineas seine letzten kolonialen Besitzungen.
Im Oktober 1975 fällt Franco in ein faktisches Koma, sein Leben wird von den Ärzten künstlich verlängert. Der seit 1969 feststehende Nachfolger, Prinz Juan Carlos, wird durch die franquistischen Eliten am 22. November 1975 zum König proklamiert. Er trägt, obwohl von Franco als dekorative Galionsfigur seines Systems erdacht, aufgrund seiner verfassungsmäßigen Machtfülle und persönlichen Autorität wesentlich zu dem von ihm selbst initiierten friedlichen Übergang des Landes zur Demokratie bei.
Demokratisierung 1976–1982 (Transición)
1978 nahm die spanische Bevölkerung mit 88%iger Mehrheit die Verfassung an, die Spanien zu einer parlamentarischen Monarchie machte. Erster Ministerpräsident des demokratischen Spanien wurde Adolfo Suárez. Am 23. Februar 1981 versuchen Angehörige der Armee, die der Franco-Diktatur nachtrauerten, unter General Milans del Bosch und der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil unter Oberst Antonio Tejero einen Militärputsch. Tejero stürmte dabei das Parlament, wo Leopoldo Calvo-Sotelo gerade zum Regierungschef gewählt werden sollte. Die Mitglieder des Parlaments wurden als Geiseln gehalten. Mit dem entschlossenen Auftreten des Königs als Oberbefehlshaber der Armee, der sich im Rahmen einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache eindeutig für die Demokratie aussprach und das Militär auf seine Seite zog, konnte der Staatsstreich noch in der Nacht vereitelt werden. Dieses Datum wird von den Spaniern als der „23-F“ bezeichnet.
Spanien trat am 30. Mai 1982 der NATO bei und in einem von Ministerpräsident Felipe González anberaumten Referendum sprachen sich am 12. März 1986 die spanischen Wähler für einen Verbleib Spaniens im Atlantischen Bündnis ohne Beteiligung an der integrierten militärischen Kommandostruktur der NATO aus. Im November 1986 billigte das spanische Parlament die Teilnahme Spaniens an der neuen Militärstruktur der NATO.
1986 wurde Spanien Mitglied der Europäischen Gemeinschaft und übernahm 1999 bzw. 2002 den Euro als neue Währung. Am 14. November 1988 unterzeichnete Spanien den Beitrittsvertrag zur Westeuropäischen Union und ratifizierte ihn am 27. März 1990.
Zu den größten Sportveranstaltungen als Gastgeber zählt die Austragung der 12. Fußball-Weltmeisterschaft 1982 und die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 1992 in Barcelona.
Gegenwart
Beteiligung im Irakkrieg
Beim Irak-Krieg 2003 beteiligte man sich politisch aktiv am Zustandekommen des Feldzugs gegen Saddam Hussein. Zusammen mit Großbritannien und unter Führung der USA schloss sich der konservative Ministerpräsident José María Aznar López trotz des Widerstands eines Großteils der Bevölkerung der so genannten „Koalition der Willigen“ an. Deutschland, Russland und Frankreich argumentierten gegen einen Irak-Krieg.
Madrider Zuganschläge und die politische Wende
Am 11. März 2004 kam es zu einer Serie islamistisch motivierter schwerer Terroranschläge auf Nahverkehrszüge in Madrid. 191 Tote und ca. 1500 Verletzte wurden beklagt. Nur drei Tage später am 14. März 2004 fanden Parlamentswahlen statt, die entgegen allen Umfragen die Sozialistische Partei unter José Luis Rodríguez Zapatero gewinnen konnte. Damit verbunden kündigte sich ein Politikwechsel an. Im Inneren wurden die gesellschaftliche Liberalisierung und die Trennung von Staat und Kirche vorangetrieben (z. B. durch Einführung der Gleichgeschlechtlichen Ehe) und die Dezentralisierung des Landes fortgesetzt, wobei insbesondere die nationalistischen Ansprüche in Katalonien und im Baskenland zunehmende Beachtung fanden. Im Sommer 2006 nahm die Regierung Verhandlungen mit der baskischen Terrororganisation ETA auf, nachdem diese im März einen „permanenten Waffenstillstand“ angekündigt hatte; nach dem Bruch des Waffenstillstands durch ein ETA-Attentat am 30. Dezember 2006 im Madrider Flughafen wurden diese Verhandlungen allerdings wieder eingestellt. In konservativen Kreisen stießen die innenpolitischen Maßnahmen Zapateros auf heftigen Widerstand und bewirkten so eine starke Polarisierung der politischen Parteien. Außenpolitisch näherte sich Spanien an Deutschland und Frankreich an. Ministerpräsident Zapatero hielt sein Wahlversprechen, die spanischen Truppen bis Juli 2004 aus dem Irak zurückzuziehen, falls bis zu jenem Zeitpunkt keine UNO-Resolution getroffen wäre; doch stockte er wenig später in Rücksichtnahme auf die durch diesen Rückzug geschädigten Beziehungen mit den USA das Militärkontingent in Afghanistan auf.
Wirtschaftskrise
Nachdem das Bruttosozialprodukt mehrere Jahre angetrieben von Bauwirtschaft immer weiter angestiegen war befindet sich das Land seit Mitte 2008 in einer Rezession und die spanische Wirtschaft durchlebt einen Abschwung. Der Immobilienmarkt brach teilweise zusammen und die Arbeitslosquote stieg von 8,6 Prozent im letzten Quartal 2007 auf 14,4 Prozent im Januar 2009. Im Zuge der Finanzkrise ab 2007 bracht der Aktienindex IBEX 35 von den Höchstständen im Dezember 2007 bis Anfang März 2009 um über 50 Prozent ein.
Siehe auch
- Liste der Herrscher Spaniens
- Liste der Staatsoberhäupter und Ministerpräsidenten von Spanien
- Petersilienkrieg
- Spanische Revolution (1820)
- Carlismus
Einzelnachweise
- ↑ Josep M. Parés/Alfredo Pérez-González. Paleomagnetic Age for Hominid Fossils at Atapuerca Archaeological Site, Spain. Science, New Series 269, No. 5225, 1995, 830-832
- ↑ Die Juden in der Welt: Spanien, Gallut Sfarad 2; "(...) die zu dem Ausweisungsbefehl von 1492 führen. 3oo ooo Juden (nach anderen,Quellen 8oo ooo) haben in dreimonatiger Frist Spanien zu verlassen. Ein Drittel wendet sich nach Portugal, ein Drittel nach der Türkei, etwa 25 ooo gehen nach den Niederlanden, ebenso viele dürften nach Nordafrika, vornehmlich nach Marokko, gegangen sein, der Rest verteilt sich auf Frankreich, Italien, Ägypten (...)"; Gallut Sfarad 2; Zugriff 11.08.2008
Literatur
- Walther L. Bernecker: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42684-0
- Walther L. Bernecker: Spanische Geschichte. Vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48087-X
- Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann: Geschichte Spaniens. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. 4. Aufl., Kohlhammer, Stuttgart 2005, ISBN 3-17-018766-X
- Julio Cespo MacLennan: España en Europa, 1945–2000. Del ostracismo a la modernidad. Marcial Pons Historia, Madrid 2004, ISBN 84-95379-67-8
- André Clot: Das maurische Spanien. 800 Jahre islamische Hochkultur in Al Andalus. Albatross-Verlag, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-96116-5
- Serafin Fanjul, La Químera de Al-Andalus, 2001 SIGLO XXI, ISBN 84-323-1150-2
- Serafin Fanjul, Al-Andalus contra España. La Forja del Mito, 2002 SIGLO XXI, ISBN 84-323-1079-4
- Stanley G. Payne: Fascism in Spain, 1923–1977, Madison [u. a.]: University of Wisconsin Press, 1999, ISBN 0-299-16564-7
- Peer Schmidt (Hrsg.): Kleine Geschichte Spaniens. Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-010559-5
- Pierre Vilar: Spanien. Das Land und seine Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wagenbach, Berlin 2000, ISBN 3-8031-2309-7
- GEO Epoche: Als Spanien die Welt beherrschte. Gruner + Jahr, Hamburg 2008, ISBN 978-3-570-19782-0
- Klaus Herbers: Geschichte Spaniens im Mittelalter. Vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-018871-2
Weblinks
- L'Espagne wisigothique par Michel Zimmermann, Professeur d'histoire médiévale à l'université de Versailles-Saint-Quentin-en-Yvelines.
- « meyer-hermann2006draft_datGeschichtIberHalbinselTeil1AnfBis1942_1 » bei Google eingeben: Daten zur Geschichte der Iberischen Halbinsel (Semesterskript der Uni Bielefeld, PDF 3,6 MB)
- Zeitleiste zur Geschichte Spaniens von 507 bis 1898
- Kommentierte Literaturliste zur Geschichte Spaniens
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