Spielvereinigung Klaipeda

Spielvereinigung Klaipeda

Die Spielvereinigung (SpVgg) Memel / Spielvereinigung (SpVgg) Klaipeda war ein deutscher Sportverein im so genannten Memelland, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mehrfach seine staatliche Zugehörigkeit wechselte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorgeschichte

1909 taucht mit dem 15-köpfigen SC Preußen Memel erstmals ein Verein aus dem Memelland unter den Mitgliedern des Baltischen Rasensport-Verbandes auf, über den jedoch nichts mehr bekannt ist, und der auch schnell wieder von der Bildfläche verschwindet. An seine Stelle tritt die 1909 eingerichtete Spielabteilung des 1861 gegründeten Männer-Turn-Vereins (MTV) zu Memel, die im DFB-Jahrbuch 1911/12 mit zwölf Mitgliedern, im DFB-Jahrbuch 1912 aber schon mit 52 Mitgliedern beim Baltischen Rasen- und Wintersport-Verband (BRWV) verzeichnet ist. Größere sportliche Erfolge von Memeler Mannschaften sind aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nicht verzeichnet.

Nach Kriegsende standen zunächst politische Ereignisse im Vordergrund: Nachdem die Deutschen den Krieg verloren hatten, wurde das Memelgebiet ohne vorherige Volksabstimmung vom Deutschen Reich abgetrennt und unter französische Verwaltung gestellt. Am 15. Januar 1923 besetzten über 1.000 bewaffnete Litauer das Memelland und die Stadt Memel. Am 16. Februar 1923 wurde die Angliederung des Memelgebietes an Litauen international als Faktum anerkannt und die Hoheit über das Gebiet an Litauen übergeben. (Die Ereignisse werden ausführlich im Wikipedia-Stichwort Memelland geschildert.)

In Memel, das jetzt Klaipeda hieß, hatte sich inzwischen – zusätzlich zur MTV-Spielabteilung – eine Reihe weiterer Fußballvereine gebildet, u. a. Freya, Verein für Rasensport (VfR), Sportklub Memel II sowie eine Fußballabteilung im „Sportverein“. Sie alle blieben bzw. wurden unter Berufung auf die den Deutschen zugestandene Kulturautonomie Mitglieder der reichsdeutschen Fachverbände. Das führte dazu, dass die Konflikte im deutschen Sport auch das Memelland erreichten: Der Streit zwischen Turn- und Sportverbänden, der in der reinlichen Scheidung gipfelte, führte beim MTV Memel zur Auflösung der Sportabteilung. Diese Sportler gründeten am 6. August 1924 die Spielvereinigung (SpVgg) Memel. Ganz reibungslos ging das nicht vonstatten: Eine Reihe von Aktiven vor allem aus den unteren Mannschaften schloss sich nicht der SpVgg an, sondern gründete im MTV eine neue Fußballabteilung.

Die SpVgg im Konflikt mit der litauischen Obrigkeit

Obwohl es inzwischen auch im Memelgebiet einen Fußballverband gab, der sich den litauischen Dachverbänden angeschlossen hatte, zog es die Spielvereinigung vor, ihr Hauptaugenmerk auf den Meisterschaftsbetrieb im BRWV zu richten. Hierbei gelangen den „Gelb-Schwarzen“, die in gelben Trikots mit schwarzem Bauchring sowie schwarzen Hosen antraten, große Erfolge: Sie zählten zu den „ostpreußischen“ Spitzenteams und erreichten zweimal, 1927/28 und 1928/29, die Balten-Endrunde. Einmal reichte es für die als SpVgg Memel kickenden Fußballer zum fünften, einmal zum dritten Platz.

Gleichzeitig machte man unter dem Namen Spielvereinigung Klaipeda auch im litauischen Spielbetrieb mit, allerdings eher beiläufig „um für die eigenen unteren Mannschaften den Spielbetrieb durch die Teilnahme an der litauischen Fußball- und Leichtathletik-Meisterschaft zu bereichern“, wie es Algird Fugalewitsch in seiner Arbeit (siehe Quellen) ausdrückt. Andererseits bewies sie – wie schon 1922 ihre Vorgängerin MTV-Sportabteilung – „guten Willen“, indem sie Spieler litauischer Staatsangehörigkeit zu Länderspielen Litauens abstellte.

Doch die gleichzeitige Teilnahme an den Rundenspielen in Ostpreußen und in Litauen war der litauischen Obrigkeit auf die Dauer ein „Dorn im Auge“, zumal mehr und mehr Lituanisierungsversuche einsetzten. Als die Spielvereinigung weder auf Drohungen noch auf Versprechungen einging, wurden ihr durch hohe Pass- und Visumsgebühren Schwierigkeiten gemacht. Fugalewitsch: „So manches Spiel der SpVgg in der Ostpreußenliga konnte nicht stattfinden, weil die Litauer die Einreise der Gastmannschaft bzw. die Ausreise der SpVgg verweigerten.“ Schließlich verlangte der litauische Fußballverband Anfang 1931 unter Berufung auf die FIFA-Satzungen, „dass sämtliche Meisterschaften nur noch innerhalb der litauischen Grenzen ausgetragen werden“, und belegte im Sommer desselben Jahres sämtliche SpVgg-Mannschaften mit einem einjährigen Spielverbot, weil der Club sich weigerte, freiwillig aus dem Baltischen Rasensportverband auszutreten. Im Zuge dieser Disqualifikation wurde der Verein auch vom Baltischen Sportverband aus den Rundenspielen gestrichen.

Verlust der fußballerischen Vormachtstellung

Zwar einigte sich der Verein Ende Januar 1932 mit den Litauern – aber die fußballerische Vormachtstellung hatte durch das Spielverbot gelitten und ging nach und nach ganz verloren. Die sportlichen Nachrichten über den ehemals größten und einflussreichsten Fußballverein Memels versiegten, und als im März 1939 das Memelland an das Deutsche Reich zurückgegeben wird, kommt nicht die Spielvereinigung, sondern Freya-VfR Memel in die Gauliga Ostpreußen. Das Schicksal der SpVgg ist ungewiss. Wahrscheinlich ist der Club mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erloschen.

Quelle

  • Algird Fugalewitsch „Eine vergleichende Darstellung der deutschen Sportvereine des Memelgebietes und den Sportvereinen der deutschen Minderheit in Litauen von 1918 bis 1945“, Schriftliche Hausarbeit zur Erlangung des Grades eines Magister Artium (M.A.) der Philosophischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel 1995
  • Hardy Grüne: Enzyklopädie des deutschen Ligafußballs 7. Vereinslexikon. Agon-Sportverlag, Kassel 2001, ISBN 3-89784-147-9.

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