Splittingtarif

Splittingtarif

Das Ehegattensplitting ist ein Verfahren zur Berechnung der Einkommensteuer von zusammenveranlagten Ehegatten in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Splittingtarif

Verfahren

Der Begriff Splittingtarif stammt aus dem deutschen Einkommensteuerrecht und beschreibt den für zusammenveranlagte Ehepaare anwendbaren Steuertarif. Rechtsgrundlage ist §32a[1] Abs. 5 EStG. Hierbei wird folgendes Verfahren verwendet:

1. Das zu versteuernde Einkommen (zvE) der Ehegatten wird ermittelt und halbiert (gesplittet).
2. Für das halbierte zvE wird jeweils die Einkommensteuer nach dem geltenden Einkommensteuertarif berechnet (früher: aus der Grundtabelle abgelesen).
3. Die so errechnete Einkommensteuer wird verdoppelt.
Effektiver Steuersatz in Prozent für Alleinstehende und Verheiratete
Vorteil der Splittingtabelle gegenüber der Grundtabelle

Dieses Splittingverfahren bewirkt, dass das zvE zu gleichen Teilen auf beide Ehegatten verteilt wird. Hierdurch wird das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht auf den einzelnen Ehegatten, sondern auf die Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft angewendet. Welcher der Ehegatten wie viel zum ehelichen Gesamteinkommen beigetragen hat, ist unerheblich. Hintergrund des Verfahrens sind die steuerliche Progression und die Zusammenveranlagung, die Splittingwirkung tritt nur ein, wenn zwischen den Ehegatten eine Einkommensdifferenz besteht. Durch das Splittingverfahren werden daher Ehepaare mit unterschiedlicher Einkunftsverteilung gleich behandelt.

Das zvE eines Ehepaares wird beim Splittingverfahren mit einem Steuersatz belastet, der niedriger ist als der Steuersatz, der von einem Unverheirateten mit gleich hohem Einkommen wie das Ehepaar zu zahlen wäre (Ausnahme: bezieht jeder Ehepartner ein Einkommen oberhalb der Progressionszone, hat der Splittingtarif keine entlastende Wirkung). Dies gilt aufgrund der Progressionswirkung auch gegenüber Wirtschaftsgemeinschaften, auf die nicht der Splittingtarif angewendet wird, bspw. unverheiratete Paare.

In Fällen, bei denen die Steuerpflichtigen ihre Einkommensquellen anderen Familienangehörigen zuordnen können, kann ein faktisches Familiensplitting praktiziert werden, allerdings nur, wenn die Einkommensquellen bürgerlich-rechtlich wirksam auf andere Familienangehörige übertragen werden. In manchen Fällen, z.B. durch die Schenkung von Einkommen abwerfendem Vermögen, können erhebliche Schenkungssteuern oder Vermögensnachteile dadurch entstehen.

Das Ehegattensplitting ist nicht nur bei progressiven Steuertarifen, bei denen der Durchschnittsteuersatz keine Konstante ist, sondern mit steigendem Einkommen ansteigt, von Bedeutung. Auch bei einer Einheitssteuer (auch Flat Tax genannt) mit nicht übertragbarem Freibetrag bewirkt der Grundfreibetrag einen Splittingvorteil, wenn einer der beiden Partner weniger als den Freibetrag verdient.

Wenn ein Ehepartner verstirbt, so wird das Splittingverfahren gemäß §32a Abs. 6 Satz 1 Punkt 1 EStG auch in dem Kalenderjahr, welches dem Jahr des Todes folgt, auf das Einkommen des überlebenden Ehegatten weiterhin angewendet (Gnadensplitting).

Beispiele

  • Beispiel 1: Die Ehegatten A und E haben ein zvE von 80.000 €. Ehegatte A hat dazu 60.000 €, Ehegatte E 20.000 € beigetragen. Die tarifliche Einkommensteuer für die Ehegatten beträgt 18.446 €.
  • Beispiel 2: Wenn jeder der Ehegatten aus dem Beispiel 1 sein Einkommen selbst versteuern müsste, ergäbe sich folgende Rechnung:
    • zvE von A = 60.000 €, tarifliche Einkommensteuer: 17.286 €
    • zvE von E = 20.000 €, tarifliche Einkommensteuer: 2.850 €
    • Einkommensteuer von A und E zusammen: 20.136 €
    • Mehr zu zahlende Einkommensteuer im Vergleich zu Beispiel 1: 1.690 €
  • Beispiel 3: Wie Beispiel 1, jedoch hat jeder Ehegatte jeweils 40.000 € zu versteuern.
    • Einkommensteuer insgesamt: 18.446 €
    • Unterschied zu Beispiel 1: 0 €

Ergebnis:

Das Ehegattensplitting verschafft den Ehegatten A und E einen Splittingvorteil von 1.690 € gegenüber einem unverheirateten Paar mit derselben Einkommensverteilung.

Vergleicht man mit einem anderen Ehepaar, das ebenfalls ein Gesamteinkommen von 80.000 € hat, hier aber jeder Ehepartner zu diesem Einkommen die Hälfte beiträgt, ist der Steuervorteil 0 €.

Das Splitting stellt sicher, dass alle Ehepaare mit dem Gesamteinkommen von 80.000 € gleich besteuert werden, weil sie ja auch die gleiche Leistungsfähigkeit haben.

Der Splittingvorteil ist abhängig

  • a) von der Verteilung des zvE zwischen den Ehegatten
  • b) von der Höhe des zvE insgesamt.

Der maximale Splittingvorteil im Vergleich zu einem unverheirateten Paar beträgt 7.914 € im Jahr 2005 und wird ab einem zvE von 104.304 € erzielt, vorausgesetzt, dass ein Ehegatte das gesamte zvE allein erwirtschaftet. Haben beide Ehegatten gleichviel zum zvE beigetragen, ist der Splittingvorteil 0 €.
Im Jahr 2007 beträgt der maximale Splittingvorteil, aufgrund der eingeführten "Reichensteuer", 15.414 € und wird ab einem zvE von 500.000 € erzielt.

Splitting und nachehelicher Unterhalt

Hat jemand nach einer Ehescheidung erneut geheiratet, so wird der dadurch erzielte Splittingvorteil bei der Ermittlung des für den nachehelichen Unterhalt relevanten Einkommens nicht angerechnet. Der Bundesgerichtshof ging früher in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass der Splittingvorteil zu dem die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkommen gehört. Diese Praxis wurde 2003 durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für verfassungswidrig erklärt. Diese Entscheidung betraf nicht den Kindesunterhalt, s. unten. (BVerfG, 1 BvR 246/93 vom 7. Oktober 2003, Zur Berücksichtigung steuerlicher Vorteile aus dem Ehegattensplitting bei der Bemessung des an den ehemaligen Ehegatten zu leistenden Unterhalts), [1]

Splitting und Kindesunterhalt

Strittig ist, ob der durch erneute Heirat erzielte Splittingvorteil bei der Ermittlung des für den Kindesunterhalt relevanten Einkommens anzurechnen ist oder nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) ging bislang in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass der Splittingvorteil anzurechnen ist. Eine andere Auffassung wurde dagegen 2006 vom OLG Oldenburg entwickelt, das diese Praxis des BGH im Widerspruch zu dessen sonstiger Rechtsprechung sieht und darüber hinaus für verfassungswidrig hält, jedenfalls wenn der neue Ehegatte neben den Kindern aus einer früheren Ehe nachrangig ist. Denn dann hätte die Einbeziehung des Splittingvorteils bei der Berechnung des Kindesunterhalts die Folge, dass eine steuerliche Entlastung in die Unterhaltsberechnung einfließt, ohne dass die damit verbundene Belastung berücksichtigt würde. [2]. Der BGH hat dagegen an seiner Ansicht festgehalten, siehe Pressemitteilung vom 17.9.2008 . Eine Entscheidung des BVerfG hierzu ist noch nicht erfolgt.

Erweiterung des Splittingsystems

In einigen Ländern wird das Splittingsystem auf weitere unterhaltsberechtigte Familienmitglieder, etwa in Frankreich auf Kinder, ausgedehnt (Familiensplitting). Begründung ist hier der Familienlastenausgleich und die Förderung von Kindern.

Rechtspolitische Entwicklung in Deutschland

Die originäre Frage für das Ehegattensplitting, Individual- oder Ehegattenbesteuerung, wurde vom Gesetzgeber wechselhaft beantwortet:

  • 1891 wurde die Preußische Einkommenssteuer durch Finanzminister Johannes von Miquel reformiert. Ehegatten wurden hier gemeinsam veranlagt und die Einkommen zusammen gerechnet. Da keine Progression vorgesehen war, war die Auswirkung gering.
  • 1920 wurde unter Finanzminister Matthias Erzberger das Reichseinkommensteuergesetz geschaffen und die Einkommensteuergesetze der Länder abgelöst. Erstmalig wurde eine Progression vorgesehen. Um Ehepaare hierdurch nicht schlechter zu stellen, wurde eine Individualbesteuerung vorgeschrieben[2].
  • 1934 führten die Nationalsozialisten die gemeinsame Veranlagung wieder ein. Die damit verbundene Benachteiligung (wegen der inzwischen eingeführten Progression) berufstätiger Frauen war beabsichtigt, da es ein politisches Ziel war, dass die Frau keiner bezahlten Arbeit nachgehen sollte, sondern sich um Kinder und Familie kümmern sollte. Makroökonomisch begünstigt eine solche Zusammenveranlagung von Ehegatten sog. Einverdiener-Ehen, was erklärtes Ziel des Gesetzes aus dem Jahre 1934 war.
  • 1951 übernahm die erste Regierung Adenauer in das Einkommensteuergesetz diese Zusammenveranlagung.[3] Zu einer Benachteiligung wegen des Verheiratetseins kam es in Kombination mit der Steuerprogression: Höhere Einkommen werden mit höheren prozentualen Steuersätzen belastet.
  • In dieser Kombination widersprach das Einkommensteuergesetz 1951 der Verfassung, namentlich Art. 6 und wurde auf Vorlage eines Rechtsstreits durch das Finanzgericht München an das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt.[4] In seiner Entscheidung regte das Gericht eine systemkonsistente Individualbesteuerung an.
  • 1958 setzte die Regierung Adenauer diese Rechtsprechung mit einem neuen Gesetz um, jedoch indem sie die Zusammenveranlagung beließ und sie durch ein Splitting kompensierte.

Steuersplitting I, Steuersplitting II

Varianten zur Einschränkung des Splittings

Quelle: DIW Berlin [5], Stand: 2003

Variante 1: Komplette Streichung des Splittings inkl. Abschaffung des Grundfreibetrages des Ehepartners ohne Einkommen

  • Steuermehraufkommen: 22,1 Mrd. € (Anmerkung: Stand 2003 mit dem damals gültigen Einkommensteuertarif. Nimmt man als Grundlage den Einkommensteuertarif von 2005, dann sinkt das Steuermehraufkommen in dieser Variante auf 20,7 Mrd. €)
  • Problem: Die Abschaffung des Grundfreibetrages ist verfassungswidrig, da das Existenzminimum nicht besteuert werden darf. Daher ist diese Variante nicht zulässig.

Variante 2: Abschaffung des Splittings unter Beibehaltung der Grundfreibeträge

In dieser Variante kann ein Partner den selber nicht ausgeschöpften Teil seines Grundfreibetrages in Höhe von 7.664 € auf den anderen Partner übertragen; dessen zu versteuerndes Einkommen wird also um diesen übertragenen Teil des Grundfreibetrages gekürzt.

  • Steuermehraufkommen: 9,1 Mrd. €
  • Probleme:
    • Ehepaare müssten mehr Steuern bezahlen als geschiedene Paare, weil diese Unterhaltszahlungen an den anderen Partner bis zu einer Höhe von 13.085 € als Sonderausgabe absetzen können. Diese Unterhaltszahlung muss dann vom begünstigten Partner versteuert werden, allerdings wegen der Steuerprogression zu einem ggf. geringeren Steuersatz. Scheidung würde steuerlich attraktiv werden. Wahrscheinlich ist diese Variante daher ebenfalls verfassungswidrig.
    • Zu 90% wären Ehepaare mit Kindern von der Steuererhöhung betroffen.

Variante 3: Realsplittingverfahren, Übertragung eines bestimmten Betrages auf den Partner (in der Berechnung sind 20.000 € angenommen)

Auch hier kann, ebenso wie in Variante 2, nur der nicht durch eigenes Einkommen in Anspruch genommene Teil des festgelegten Betrages übertragen werden.

  • Steuermehraufkommen: 1,5 Mrd. €
  • Probleme:
    • Die Steuermehreinnahmen fallen eher gering aus, da die betroffenen Ehepaare Möglichkeiten ausschöpfen werden, ihr Gesamteinkommen gleichmäßiger aufeinander zu verteilen. Laut Schätzung des DIW Berlin beträgt dieser Effekt mindestens ein Drittel, d.h. 1 Mrd. € blieben als Mehreinnahme übrig.
    • Auch hier sind zu 90 % Ehepartner mit Kindern betroffen, d.h. Ehepaare, die Kinder erziehen und Ehepaare, deren Kinder bereits aus dem Haus sind. Möchte man solche Ehepaare von der Steuererhöhung durch den Wegfall des Splittings ausnehmen, verbliebe eine Steuermehreinnahme von 0,1 Mrd. €.
    • Das Besteuerungsverfahren würde aufwendiger, da die Zugehörigkeit von Einkünften zum jeweiligen Ehepartner überprüft werden müsste. Allerdings wird dieses Problem im Fall von Lebenspartnern billigend in Kauf genommen, obwohl diese ebenfalls größtenteils in einer Zugewinngemeinschaft leben.

Variante 4: (Anmerkung: nicht vom DIW untersucht) Begrenzung des maximalen Splittingvorteils auf einen Betrag unterhalb des sich aus dem Einkommensteuertarif ergebenden maximalen Splittingvorteils bei uneingeschränkter Anwendung des Splittingverfahrens.

Positionen von Parteien / Verbänden

Die CSU will am Ehegattensplitting festhalten[6]. Sie meint, die Verfassung gebiete wegen des besonderen Schutzes von Ehe und Familie zwingend ein Ehegattensplitting.

Die FDP [7] will ebenso am Splittingverfahren festhalten, möchte aber eine Erweiterung des Splittings auf nichtehliche Lebensgemeinschaften mit Kindern und gleichgeschlechtliche Familien durchsetzen[7] und ist gegen die Haltung der CSU, das Ehegattensplitting nur auf Ehen zu begrenzen. Die FDP tritt dafür ein, die Lohnsteuerklasse V abzuschaffen.[8]

Die CDU war bisher ebenfalls für eine Beibehaltung des Ehegattensplittings[9]; seit 2006 gibt es jedoch innerhalb der Partei Überlegungen, ein Familiensplitting einzuführen, das auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern gelten soll. Diese neue Gestaltung wird von CSU und FDP größtenteils abgelehnt, weil sie dadurch das Splitting für Ehegatten in seiner Wirksamkeit beschädigt sehen.

Die SPD hat keine einheitliche Position zum Ehegattensplitting. In der SPD wird diskutiert, das Ehegattensplitting in den höheren Einkommensgruppen zu kappen. Daneben aber gibt es die Diskussion in der SPD, das Ehegattensplitting zugunsten einer Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag zu verändern. [10]

Die Grünen wollen die Abschaffung des Ehegattensplittings und eine Individualbesteuerung mit einem übertragbaren Höchstbetrag von 10.000 € durchsetzen[11].

Die Linke ist ebenfalls für eine Abschaffung des Ehegattensplittings, wobei die Übertragbarkeit der Grundfreibeträge beibehalten werden soll[12].

In einem gemeinsamen Appell wenden sich 16 deutsche Verbände gegen das Ehegattensplitting sowie das politisch diskutierte Familiensplitting. Die Pläne innerhalb der Regierung zu einem Familiensplitting drohen nach Ansicht dieser Verbände Geld zu Gunsten einiger weniger Familien zu verschleudern.[13]

Verfassungsrechtliche Bewertung

Fachlich wird ein Institutionsschutz des Ehegattensplittings aus verfassungsrechtlichen Gründen abgelehnt. Auch handele es sich dabei nicht um eine Vorgabe für den Steuergesetzgeber. Das Grundgesetz verbiete lediglich Steuernachteile allein aus dem Verheiratetsein. Ein Splitting sei die Möglichkeit, Nachteile aus der Zusammenveranlagung von Ehegatten auszugleichen. Diese ausnahmsweise erfolgende Zusammenveranlagung von mehreren Steuersubjekten sei eine traditionelle, jedoch keineswegs zwingende Gesetzesgestaltung. Vielmehr stünde dem Gesetzgeber wie in den 1950er Jahren ein weiter Gestaltungsspielraum für Ehe- und Familienförderung zu. Dies erlaube ohne weiteres auch ein Familiensplitting.[14] (→ Status Positivus)

Demgegenüber betonte das Bundesverfassungsgericht 1982 verfassungsrechtliche Vorgaben, die durch das Einkommenssplitting erfüllt werden (BVerfGE 61, 319 C.I.4.a) ), sodass auch evtl. Neuregelungen an diesen Vorgaben geprüft werden müssen:

Auf diese Weise wird sowohl die bei einer Zusammenveranlagung ohne Splitting gegebene verfassungswidrige Benachteiligung derjenigen Ehe vermieden, in der beide Partner berufstätig sind, als auch die bei einer getrennten Veranlagung drohende Gefahr der Benachteiligung der Hausfrauen- oder Hausmannehe ausgeschlossen. Damit ist das Ehegattensplitting keine beliebig veränderbare Steuer-"Vergünstigung", sondern -- unbeschadet der näheren Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers -- eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare (Art. 3 Abs. 1 GG) orientierte sachgerechte Besteuerung. Durch dieses Verfahren wird auch vermieden, daß Eheleute mit mittleren und kleineren Einkommen in der Progressionszone, vor allem Arbeitnehmer, gegenüber Eheleuten mit hohem Einkommen, vor allem Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen, benachteiligt werden. Letztere können -- worauf schon 1958 und 1974 im Gesetzgebungsverfahren und neuerdings wieder von der Bundesregierung mit Recht hingewiesen worden ist -- durch vertragliche Aufteilung ihres Gesamteinkommens die Steuerprogression mit dem gleichen Effekt wie beim Ehegattensplitting senken, was für die Masse der Arbeitnehmer nicht möglich ist. (→ Steuersplitting III)

Begründungen pro und contra

Gründe für das Ehegattensplitting

Für das Ehegattensplitting werden im Wesentlichen folgende Argumente genannt:

  • Das Splitting stelle keinen Steuervorteil dar, sondern beseitige lediglich den Progressionsnachteil, wenn die Einkommensverteilung von Ehepaar zu Ehepaar unterschiedlich ist. Somit unterliegen alle Ehepaare mit gleichem Gesamteinkommen der gleichen Besteuerung. Da die Leistungsfähigkeit dieser Ehepaare auch gleich ist, sei dies die gleichheitsgerechteste Lösung.
  • Eine Kappung des Ehegattensplittings würde v.a. Ehepaare mit Kindern belasten, zumal bei Ehepaaren ohne Kinder meistens beide Partner berufstätig seien und daher über etwa gleich hohe Einkommen verfügen.[5]
  • Durch den besonderen Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 I Grundgesetz) ergibt sich, dass Eheleuten aus dem Verheiratetsein keine wirtschaftlichen Nachteile erwachsen dürfen. Ohne das Splitting erwüchsen Eheleuten jedoch Progressionsnachteile und damit effektive Mehrbelastungen im Vergleich zu Nicht-Verheirateten.
  • Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht das Splitting dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Es geht davon aus, dass zusammenlebende Eheleute eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich jeweils zu Hälfte teil hat. Damit knüpft das Splitting an die wirtschaftliche Realität der intakten Durchschnittsehe an, in der ein Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit zwischen den Partnern stattfindet[15].
  • Eine Individualbesteuerung würde dazu führen, dass die Betroffenen ihr Einkommen zwischen den Ehepartnern verschieben, um möglichst den alten Zustand wieder herzustellen. Da die Möglichkeit der Einkommensverschiebung bei unselbstständiger Arbeit nur schwer möglich, bei Einkommen aus Gewerbetätigkeit, Vermietung und Verpachtung, selbstständiger Arbeit und Kapitalvermögen leicht möglich ist, verhindert das Splitting eine Bevorzugung dieser Einkommensarten.
  • Das Ehegattensplitting berücksichtigt auch die gesetzliche Verpflichtung der Ehepartner finanziell untereinander aufzukommen und sich ggf. gegenseitig Unterhalt zu leisten. Diese gesetzliche Verpflichtung wird von dem Staat in Anspruch genommen, wenn es darum geht Sozialleistungen einzusparen, in Konsequenz soll sie auch in der Steuer in gleichem Maße berücksichtigt werden.

Kritik

Eine rechtspolitische oder verfassungsrechtliche Bewertung des Ehegattensplittings ist in isolierter Form unvollkommen. Aus der Verfassungsmäßigkeit des Splittings kann im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, es sei von Verfassungswegen zwingend geboten. Daher greifen Argumente der isolierten Abschaffung des Splittings (bei gleichzeitigem Belassen der Zusammenveranlagung und eines progressiven Steuersatzes) zu kurz. Denn der gesetzgeberische Reflex auf die Ungleichbehandlung durch Zusammenveranlagung von Eheleuten hat zwar zu einer steuerlichen Tradition seit den 1950er Jahren geführt, diese ist ihrerseits lediglich eine von vielen gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten und keineswegs verfassungsrechtlich geboten (s.o.).

Gründe gegen das Ehegattensplitting

Das Ehegattensplitting ist seit seiner Einführung umstritten, im Wesentlichen wird angeführt:

  • Vom Splitting profitiere in erster Linie die kinderlose Ehe, nicht aber Familien aus verheirateten Eheleuten mit Kindern. Im Gegenteil: Der Splittingvorteil fällt um so weniger ins Gewicht, je mehr Kinder in einer Familie versorgt werden müssen. Aus diesem Grund wird in letzter Zeit zunehmend über Möglichkeiten eines Familiensplittings diskutiert, wie es beispielsweise in Frankreich zu Anwendung kommt. Abgesehen davon gäbe es heute neben der traditionellen Familie aus verheirateten Eheleuten mit Kindern andere Formen des Zusammenlebens von Erwachsenen mit Kindern, wie nichteheliche Lebensgemeinschaften oder gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Diese Wertung sei zu einseitig und entspreche nicht der Verfassung. Art. 6 I GG stellt nicht nur die Ehe, sondern auch die Familie unter den besonderen Schutz des Staates. Vertreter der Lebensformenpolitik fordern daher eine umfassende Gleichstellung[16].
  • Der Splittingvorteil ist im Vergleich mit einem unverheirateten Paar umso größer, je weiter die beiden Ehegatten-Einkommen auseinander liegen. Dies ergibt sich aus der Steuerprogression. Er ist am größten, wenn einer der Eheleute überhaupt kein Einkommen bezieht.
  • Das Splitting gilt auch für Ehen, die Gütertrennung vereinbart haben. Für diese Ehen griffen die Grundsätze des Verfassungsgerichts[17] nicht, da nur bei einer Zugewinngemeinschaft oder Gütergemeinschaft von einem Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit zwischen den Partnern ausgegangen werden könne.
  • Das Splitting bewirke, dass sich wegen der Steuerprogression eine Arbeitsaufnahme, insb. ein Teilzeitjob, für einen der Ehepartner kaum lohne, wenn der andere Ehepartner gut verdient. Das führe in der Realität zur Nichtteilhabe am Arbeitsmarkt und zu einem immer größeren Qualifikationsverlust des (einkommens-)schwächeren Partners, somit mit zunehmender Zeit zu seiner dauerhaften Ausgrenzung aus der Berufstätigkeit, also letztendlich zur Abhängigkeit vom besser verdienenden Partner.
  • In der Realität beeinflusse das Splitting die Erwerbstätigkeit von Frauen negativ. Es sei deshalb in seiner gesellschaftlichen Wirkung ungerecht. Unter Beachtung der Gender-Mainstreaming-Gesetzgebung der EU der letzten Jahre sei das Ehegattensplitting demzufolge neu zu bewerten. Deutschland wurde durch Organe der EU mehrfach angemahnt, das Steuersystem auf Benachteiligungen zu Lasten von Frauen zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern.

Kritik

Die letzten beiden angeführten Gründe gegen das Ehegattensplitting würden allerdings bei einem Umbau des Splittings hin zu einer Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag bzw. einem Realsplitting (siehe oben die Varianten 2 und 3 zur Einschränkung des Splittings) nicht beseitigt. Nach diesen Modellen unterliegen die Steuerabzüge bei Arbeitsaufnahme eines Partners für dessen zusätzlichen Verdienst ebenfalls dem erhöhten Steuersatz, der sich aus dem Einkommen des anderen Partners ergibt, d.h. auch dann lohnt sich die Arbeitsaufnahme nicht mehr als heute. Diese Modelle würden daher wohl auch die Erwerbstätigkeit von Frauen kaum anders beeinflussen können als die bestehende Regelung.

Höhe des maximalen Splittingvorteils

Ab einem Einkommen von 52.152 € in Deutschland wird der maximale Steuersatz von 42 % erreicht, bei Ehegatten gilt das beim doppelten Einkommen. Bei den 42 % handelt es sich um den Steuersatz für jeden zusätzlich verdienten Euro.

Die maximale Höhe des Splittingvorteils ergibt sich bei einem Alleinverdiener, der mindestens 104.304 € zu versteuerndes Einkommen erzielt und dessen Ehepartner keine Einkünfte hat. Das Zustandekommen des Splitting-Vorteils kann man dann folgendermaßen erklären: Durch das Splitting-Verfahren wird zweimal der Vorteil gewährt, dass nicht das gesamte Einkommen zum Spitzensteuersatz besteuert wird, sondern dass ein Teil des Einkommens einem niedrigeren (Grenz-)Steuersatz unterliegt. Dieser Vorteil ist gerade so groß, wie der jeweilige (Grenz-)Steuersatz für Einkommensanteile unter 104.304 € unter dem maximalen Steuersatz von 42 % liegt. Daraus ergibt sich, dass der Splittingvorteil unmittelbar mit dem Verlauf des Steuertarifs verbunden ist.

Haben beide Ehepartner ein Einkommen, hängt die Höhe des Splittingvorteils von dem Tarifverlauf "zwischen ihren Einkommen" ab. Bei einem linear-progressiven Steuersatz wächst der Splittingvorteil mit dem Quadrat des Unterschieds beider Einkommen. Bei einem Einkommensunterschied von 20.000 € beider Ehepartner ist also der Vorteil durch das Ehegattensplitting viermal so hoch wie bei einem Einkommensunterschied von 10.000 €. Der Einkommensteuer-Tarif in Deutschland ist in zwei jeweils linear-progressive Abschnitte geteilt, daher gilt diese Aussage nur innerhalb eines Tarifabschnitts exakt. Bei einer Einheitssteuer entfällt der Splittingvorteil, wenn beide Partner mehr als den Freibetrag verdienen.

Länder in der Europäischen Union

Neben Deutschland kennt nur Luxemburg in seiner Einkommenssteuer das Ehegattensplitting. Allein Frankreich geht mit dem Familiensplitting darüber hinaus. In allen anderen EU-Staaten besteht kein Ehegattensplitting. In diesen Ländern werden Ehepartner individuell besteuert oder erhalten nur begrenzte Steuerermäßigungen.[18] In Österreich wurde das Ehegattensplitting abgeschafft.

Literatur

  • Franziska Vollmer: Das Ehegattensplitting: Eine verfassungsrechtliche Untersuchung der Einkommensbesteuerung von Eheleuten. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 1998, ISBN 3789056820

Siehe auch

Weblinks

Juristische Internet-Publikationen der Humboldt-Universität zu Berlin zum Thema Ehesplitting:

Zur Erfordernis des Gender Mainstreaming vgl. auch:

Quellen

  1. § 32a EStG
  2. Stefan Bach: Ehegattensplitting und mehr, DIW, Seite 6
  3. “Ehepaare werden zusammen veranlagt…“ - § 26 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 17. Januar 1952 - EStG 1951 - (BGBl. I S. 33)
  4. BVerfGE 6, 55 - Steuersplitting - Beschluss vom 17. Januar 1957
  5. a b Stefan Bach, Hermann Buslei: Fiskalische Wirkungen einer Reform der Ehegattenbesteuerung, Wochenbericht des DIW Berlin 22/03
  6. Christa Stewens: Ehegatten-Splitting muss bleiben, 14. Juni 2006
  7. a b Carl-Ludwig Thiele: FDP fordert familienfreundliche Steuerpolitik (PDF), 5. August 2005
  8. FDP: Antrag: Steuerklasse V abschaffen – Lohnsteuerabzug neu ordnen / Drucksache 16/3649, Deutscher Bundestag, 29. November 2006
  9. Johannes Singhammer: Ehegattensplitting ist unverzichtbar, 14. Juni 2006
  10. Spiegel:Familienpolitiker wollen Ehegattensplitting abschaffen
  11. Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: Moderne Individualbesteuerung einführen , 30. Mai 2006
  12. Andreas Schuster: Wie soll mehr Geld in die Kassen kommen? – Zum Umgang mit dem Steuerkonzept der PDS, Februar 2005
  13. Frankfurter Rundschau: „Wir brauchen eine Politik, die alle Kinder fördert“, 15. Mai 2007
  14. vgl. exemplarisch Christine Hohmann-Dennhardt im Interview
    Felix Berth: Interview - „Der Gesetzgeber hat Spielraum“, Süddeutsche Zeitung, 20.6.2006, S. 8
  15. siehe Steuersplitting III BVerfGE 61, 319
  16. Siehe z.B. die Pressemitteilung des Bundesvorstands der GRÜNEN JUGEND vom 25.02.2006
  17. BVerfGE 61, 319
  18. Frankfurter Rundschau:"Wir brauchen eine Politik, die alle Kinder fördert"
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