Sponti-Szene

Sponti-Szene

Spontis waren in den 1970er Jahren bis in die 1980er Jahre hinein Gruppen von linksgerichteten politischen Aktivisten, die sich in der Nachfolge der Außerparlamentarischen Opposition (APO) und der 68er-Bewegung sahen.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Abgrenzung

Spontis hielten die „Spontaneität der Massen“ für das revolutionäre Element der Geschichte und grenzten sich damit von den K-Gruppen der APO ab, die dem leninistisch-kommunistischen Gedanken anhingen, für die Revolution sei eine Partei vonnöten, die die Führung in eine bessere Zukunft übernehmen müsse. Entsprechend waren nicht Theorieschulungen und Parteiaufbau wie bei den K-Gruppen das Lebenselixier der Spontis, sondern „spontane“, nichtsdestoweniger abgesprochene, Aktionen in der Öffentlichkeit. Diese sollten einen beispielhaften, fantasievollen und mitreißenden Charakter haben. Um diesen zu erreichen, wurde auch auf die Mittel des Straßentheaters zurückgegriffen.

Ein weiteres Charakteristikum der Spontis war ihr antiautoritärer Ansatz und ihr Bestreben, ein „linkes Gegenmilieu“ zu schaffen.

Entwicklung

Verbreitet war die Sponti-Szene hauptsächlich in den Studentenstädten, insbesondere in Münster, Berlin und in Frankfurt am Main, wo sie mit Hausbesetzungen gegen Immobilienspekulanten kämpfte, zum Beispiel im Westend-Viertel gegen dessen Umstrukturierung zum Versicherungen- und Bankenviertel. Teilweise konnten besetzte Häuser bis zu 20 Jahre gehalten werden. Viele wurden später von Grund auf saniert und in teure Eigentumswohnungen in noblen Wohngegenden wie dem Frankfurter Westend umgewandelt. Inzwischen hatte sich auch in der breiten Bevölkerung ein Interesse an der Erhaltung alter Bausubstanz gebildet. Das Sprachrohr der Frankfurter Spontis war die Zeitschrift Pflasterstrand. Zu den Prominenten, die aus dem Frankfurter Sponti-Milieu hervorgingen, gehören Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit.

Als später Höhepunkt der Sponti-Bewegung und gleichzeitig als Beginn ihres Endes gilt der Tunix-Kongress in Berlin im Januar 1978, an dem, kurz nach dem Deutschen Herbst, schätzungsweise 15.000 – 20.000 Menschen teilnahmen.

Die Alternativbewegung ging zu großen Teilen aus der Sponti-Bewegung hervor. Wesentlich beeinflusst von den Inhalten und der Kultur der Spontis wurden auch die „Autonomen“. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre übernahm eine Frankfurter Sponti-Gruppe um Joschka Fischer eine führende Rolle bei den damals noch radikal-oppositionellen Grünen und brachte sie auf einen Realokurs der Kompromisse und Regierungsbeteiligungen.

Spontis und Sprache

Sehr beliebt waren die so genannten Sponti-Sprüche, die zu hunderten in den Medien verbreitet wurden (z. B.: „Freiheit für Grönland! Nieder mit dem Packeis!“ oder „Gestern standen wir noch vor einem Abgrund. Heute sind wir schon einen großen Schritt weiter.“) oder die Verkürzung und Verniedlichung von Substantiven, die sich bis heute in Kreisen der Jugendkultur erhalten hat, wie z. B. „Konsti“ statt Konstablerwache (ein Platz in Frankfurt am Main) oder „Venti“ statt Ventilator.

Siehe auch

Literatur


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