- Spreetunnel Stralau
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Der Spreetunnel Stralau verband Stralau und Alt-Treptow. Durch ihn fuhr die sogenannte Knüppelbahn, eine alte Berliner Straßenbahnlinie. Der Tunnel verläuft zwischen der Tunnelstraße auf der Halbinsel Stralau und dem heutigen Bereich Alt-Treptow/Puschkinallee im Treptower Park (Platz am Spreetunnel) und unterquert die Spree. Der Tunnel existiert noch, die Rampen sind aber zugeschüttet und der Tunnel ist geflutet.
Inhaltsverzeichnis
Planung und Bau
Im Zuge des Ausbaus des elektrischen Berliner U-Bahnnetzes am Ende des 19. Jahrhunderts wurden 1890 von den Firmen AEG und Siemens & Halske beim Berliner Magistrat unterschiedliche Pläne zum Aufbau eines ganzstädtischen Liniennetzes eingereicht. 1895 veranlasste die AEG zur Verbindung der zwei Firmengelände südlich und nördlich der Hussitenstraße im Gesundbrunnen den Bau einer firmeninternen Tunnelbahn durch Siemens & Halske unter Leitung von C. Schwebel und Wilhelm Lauter. Im gleichen Jahr erhielt die AEG schließlich die Baugenehmigung für den Bau eines U-Bahn-Probetunnels unter der Spree zwischen der Landgemeinde Treptow und Stralau. Die damalige Gemeinde Stralau stimmte dem Bau jedoch nur unter der Bedingung zu, dass der Tunnel für den Straßenbahnbetrieb geeignet sein müsse.
Von 1895 bis 1899 wurde dieser Tunnel, ebenfalls nach den Plänen von C. Schwebel und Wilhelm Lauter, im bergmännischen Schildvortriebverfahren von der Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen GmbH erbaut. Teilhaber waren unter anderem AEG, die Deutsche Bank und Philipp Holzmann & Co. Er war der erste Unterwassertunnel und der erste im Schildvortriebverfahren errichtete Tunnel Deutschlands.
Der Tunnel ist 454 Meter lang (die gesamte Tunnelstrecke mit Rampen belief sich auf 582 Meter), 4 Meter breit und der Scheitelpunkt der Tunnelstrecke liegt in 12 Meter Tiefe unter der an dieser Stelle 195 Meter breiten Spree. Die Durchfahrt dauerte ca. drei Minuten.
Die ursprünglich vorgesehene Fertigstellung zur Gewerbeausstellung 1896 konnte nicht realisiert werden, da sich die Bauarbeiten schwieriger als erwartet gestalteten. Lediglich ein 160 Meter langer Tunnelabschnitt konnte zu Fuß besichtigt werden. Nachdem der Tunnel im Februar 1899 für insgesamt 1,7 Mio. Goldmark fertiggestellt war, fand am 16. September 1899 die erste Probefahrt durch den Tunnel statt. Am 18. Dezember 1899 nahm die Berliner Straßenbahngesellschaft Berliner Ostbahnen den Liniendienst durch den Tunnel als erste öffentliche Untergrundbahn Deutschlands zwischen dem Schlesischen Bahnhof (heute Ostbahnhof) und Treptow auf.
Betrieb und weitere Entwicklung
1909 wurde die Straßenbahnlinie nach Köpenick verlängert. Ab 1920 übernahmen die Gesellschaft Berliner Straßenbahnen die Berliner Ostbahnen und somit den Tunnel. Am 15. Februar 1932 wurde der Straßenbahnverkehr eingestellt und der Spreetunnel gesperrt, nachdem in den Tunnelwänden Risse festgestellt worden waren und die Fahrgastzahlen immer weiter sanken. Während der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin wurde der Spreetunnel von den Nationalsozialisten gesichert und für Fußgänger wieder geöffnet.
Im Zweiten Weltkrieg wurde im nördlichen Abschnitt des Spreetunnels (Stralauer Seite) ein provisorischer Luftschutzraum eingerichtet. Dazu wurde der Tunnel unterhalb der Spree durch eine Betonmauer geteilt, um den Luftschutzraum vor dem Eindringen von Spreewasser zu schützen, welches vor allem in den südlichen Tunnelabschnitt einsickerte. Da eine Wiederherstellung in der Nachkriegszeit nicht möglich war, wurde der Tunnel zur Verhinderung des Einsturzes 1948 vollständig geflutet. 1968 wurde die Zufahrt und die ersten Tunnelmeter auf der Treptower Seite abgetragen und die Zufahrtsrampe auf der Stralauer Seite zugeschüttet.
Im Dezember 1996 wurde im Rahmen von Voruntersuchungen für die geplante Neubebauung der Halbinsel der Stralauer Zugang noch einmal für wenige Tage freigelegt und das Wasser von der Berliner Feuerwehr im Bereich des ehemaligen Luftschutzraumes abgepumpt. Es zeigte sich, dass der Luftschutzraum noch intakt war und sogar noch Einrichtungsgegenstände (Parkbänke, Rot-Kreuz-Kasten, Geschirr) enthielt. Da eine Instandsetzung des Tunnels unwirtschaftlich ist und somit die Nutzung als Fußgängertunnel zwischen Stralau und dem Treptower Park nicht mehr in Betracht kommt, wurde auch auf Stralauer Seite die verbliebene Zufahrtsrampe oberflächlich abgetragen und zugeschüttet. Der Tunnel steht heute wieder komplett unter Wasser.
Es erinnert nur noch der Straßenname Tunnelstraße (Stralau) und der Platz am Spreetunnel (Treptower Park) an den nun nicht mehr sichtbaren Spreetunnel. Auf der Südseite (Treptower Park) befindet sich allerdings ein verschlossener Abgang, welcher vermutlich ein Zugang zum Tunnel ist und 1968 errichtet wurde. Jedoch steht die Zugangstreppe unter Wasser, so dass eine Begehung unmöglich ist bzw. Tauchgerät erfordert.
Knüppelbahn
Der Tunnel der Knüppelbahn war für den eingleisigen Betrieb ausgelegt. Um Kollisionen zu verhindern, wurde das System des Signalstabs angewendet. An den Ausfahrten des Tunnels wurden Posten stationiert, die den nur einmal vorhandenen Signalstab an den Fahrer einer einfahrenden Straßenbahn ausgaben und der ausfahrenden Straßenbahn wieder abnahmen. Da der Signalstab nur einmal auf der Tunnelstrecke vorhanden war, durfte nur die Straßenbahn in den Tunnel einfahren, deren Fahrer im Besitz des Signalstabs war. Dieser Signalstab hieß im Volksmund Knüppel, die Straßenbahnlinie im Tunnelabschnitt wurde von den Berlinern Knüppelbahn genannt.
Das Prinzip des Signalstabs wurde auch von anderen Straßenbahnen mit eingleisigen Streckenabschnitten verwendet, so beispielsweise bis zur Einführung automatischer elektrischer Signale am Ende des 20. Jahrhunderts bei der Schöneiche-Rüdersdorfer Straßenbahn.
Weblinks
- Spreetunnel Stralau beim Berliner Unterwelten e.V.
- Spreetunnel Stralau im U-Bahn-Archiv
- Geschichte der Berliner Ostbahn und des Stralauer Tunnel
- Spreetunnel im Berlin-Lexikon
- Verlauf des Tunnels auf einem Stadtplan aus dem Jahr 1932
Quellen
- Edeltraud Hinkelmann: 16. September 1899: Probebetrieb im Spreetunnel, in: Berlinische Monatsschrift, Heft 9/1999, Edition Luisenstadt, 1999
52.48916666666713.4775Koordinaten: 52° 29′ 21″ N, 13° 28′ 39″ O
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