Berlin-Stralau

Berlin-Stralau
Wappen Satellitenbild
Wappen Stralaus
Details
Satellitenbild der Halbinsel Stralau
Satellitenbild der Halbinsel Stralau
Basisdaten
Bundesland: Berlin
Verwaltungsbezirk: Friedrichshain-Kreuzberg
Koordinaten: 52° 30′ N, 13° 29′ O52.493213.475334Koordinaten: 52° 30′ N, 13° 29′ O
Einwohner: 3000
Fläche: 1,12 km²
Höhe: 34 m ü. NN
Postleitzahl: 10245
Website: BA Friedrichshain-Kreuzberg

Stralau ist eine Ortslage des Ortsteils Friedrichshain im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, die auf einer Landzunge zwischen der Spree und dem Rummelsburger See liegt. Der Name geht auf ein Dorf zurück, das unter dem Namen Stralow hier entstand und 1920 Teil Groß-Berlins wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge der Besiedlung

Archäologische Funde aus der Steinzeit weisen die Halbinsel Stralau als einen der ältesten Siedlungskerne auf heutigem Berliner Gebiet aus. Aus späterer Zeit ist germanische und wendische Besiedlung belegt. Bereits im 13. Jahrhundert wurde der Name Stralow erwähnt. Während unklar ist, ob ein in einer Urkunde von 1240 (oder 1244) erwähnter Ritter Thidericus von Stralow mit einer Ortschaft auf der Halbinsel in Zusammenhang steht, vermutet man dies vom 1261 erwähnten Ritter Rudolf von Ystralowe. Als erste Erwähnung des Fischerdorfes Stralau werden unterschiedliche Jahre genannt: Markgraf Otto V. legte 1288 die Grenze zwischen Berlin und Rosenfelde neu mit dem Stralowschen Damm fest, der auf das Dorf Stralow verweist. Im Jahre 1358 schließlich taucht Stralow selbst erstmals in einer Urkunde auf, als die Doppelstadt Berlin-Cölln das Fischerdorf vom Ritter Nicolaus Bartolpsdorf kaufte.[1][2] Auf einen Ritterbesitz deuten auch die im Boden aufgefundenen Reste einer Burganlage aus dem 13./14. Jahrhundert.[3]

Historisches Volksfest Stralauer Fischzug

Stralauer Fischzug 1932

Der Stralauer Fischzug, eine alljährlich ab 24. August, dem Bartholomäustag, begangene Festwoche, durch den Stralau berühmt werden sollte, geht auf das Jahr 1574 zurück. In einem Edikt vom 22. Februar 1574 verfügte Kurfürst Johann Georg von Brandenburg ein Verbot des Fischens von Ostern bis Bartholomäus. Wörtlich heißt es im Edikt:

„Wir Wollen, Setzen und Ordnen, dass alle und jegliche Wasser mit großen Garnzügen vom Grünen Donnerstag bis auf Bartholomäi durchaus sollen verschonet werden, damit die Fischerei nicht zu Schaden komme, weil der Laich und die jungen Fische zu Unzeiten gebraucht werden.“

Der Fischzug beging also feierlich das Anfischen nach der jährlichen Schonzeit. An den Fischzug erinnert die Statue des „Stralauer Fischers“ im Fischerbrunnen am Rathaus Treptow, die der Bildhauer Reinhold Felderhoff 1916 geschaffen hat.

Da das Fest jedes Jahr in wüstere Saufgelage, Schlägereien und orgiastisches Treiben ausartete, wurde es am 23. August 1873 vom Amtsvorsteher verboten. Nach einem Wiederaufleben 1923 durfte es wenige Jahre später wiederum nicht mehr stattfinden. Im Rahmen der 700-Jahr-Feierlichkeiten Berlins nahm am 15. August 1937 auch ein blumengeschmückter Festwagen des Straulauer Fischzuges teil. Nach fast 65 Jahren gab es zur Freude der Alteingesessenen aber auch anderer Interessierter auf Initiative der Bürgervereinigung Stralau e.V. erstmals wieder diese Festwoche. Weil das Geld aber immer knapper wird und Sponsoren fehlen, kam dieses Volksfest bereits 1998 wieder zum Erliegen.[5]

Stralauer Dorffriedhof, im Hintergrund die Treptowers

Wassersport, Wirtschaft und Verkehr

Stralau und die Rummelsburger Bucht gelten als Geburtsstätte des Segelsports in Deutschland. Hier wurde in den 1830er-Jahren die erste „Gesellschaft zur Förderung des sportlichen Segelns“ ins Leben gerufen und in den 1860er-Jahren etliche Segelervereine (BJC), die später an den Wannsee oder ins Umland umzogen, gegründet.

Die Entwicklung Stralows wurde maßgeblich durch die Eröffnung des Bahnhofs Stralau-Rummelsburg (heute Berlin-Ostkreuz) 1882 vorangetrieben. Im vorderen Teil der Halbinsel siedelten sich zahlreiche große Industriebetriebe wie die Engelhardt-Brauerei, das Stralauer Glaswerk oder Bootswerften an. Heute zeugen davon noch Überreste wie das Verwaltungsgebäude und eine Werkstatt der Stralauer Glaswerke[6], die Wohnvilla und die Remise der eh. Teppichfabrik M. Protzen und Sohn[7] sowie der Palmkernölspeicher oder der Flaschenturm. Direkt an der Straße Alt-Stralau Nummer 1 befindet sich das frühere Maschinenhaus des Osthafens aus dem Jahr 1913.[8] Außerdem verfügte Stralau über 20 Ausflugsgaststätten, im 21. Jahrhundert gibt es keine einzige mehr.[5]

Von 1899 bis 1959 fuhr auch eine Straßenbahn (damals Linie 82) auf Stralau, die bis 1932 sogar durch einen der ersten Unterwassertunnel Berlins, den Spreetunnel Stralau, bis nach Treptow führte. Die Anlage des Verkehrstunnels war ein Versuchsbau zur Flussuntertunnelung für die geplante U-Bahn. Nachdem die Röhre am Ende des Zweiten Weltkriegs geflutet worden war, wurde der Tunnel nicht wieder instand gesetzt und seine beidseitigen Einfahrten zugeschüttet. Erhalten blieben die Namen Tunnelstraße auf der Stralauer und Platz am Spreetunnel auf der Treptower Seite sowie ein Straßenbahndepothäuschen auf Stralau.[5]

1951 wurde eine 220 Meter lange Holzbrücke, auch „Tausendfüßler“ genannt, für den Autoverkehr zwischen Treptow und Stralau freigegeben. Nachdem die Elsenbrücke 1968 fertiggestellt war, erfolgte 1970 der Abriss dieser auch Stralauer Brücke genannte Holzkonstruktion.

Einwohnerentwicklung und Verwaltungsmäßiges

Überliefert sind folgende Angaben über die Zahl der Bewohner der Halbinsel:[5][9][10]

Bevölkerungsentwicklung
1817 1855 1886 1900 1910 2002 2008
76 143 738 1682 4127 1853 3000

Im ausgehenden 19. Jahrhundert wohnten in Stralau durch die wachsende Industrie so viele Familien mit Kindern, dass die Gemeindeverwaltung zunächst die Straßen auf der Halbinsel befestigen, 1894 eine Gemeindeschule (Alt-Stralau 34)[11] sowie einige Jahre später auch eine Turnhalle dazu errichten ließ[12].

Als Amtsbezirk existierte Stralow von 1874 bis 1893; zu ihm gehörte die Landgemeinde Stralow sowie der Gutsbezirk Boxhagen-Rummelsburg. Im Jahr 1879 wurde Stralau dem Gerichtsstand Berlin unterstellt.[5] Seit 1893 gilt der amtliche Name des Ortes Stralau.

An die im Ersten Weltkrieg getöteten Stralauer Einwohner erinnert ein später errichtetes Kriegerdenkmal an der Tunnelstraße.[13] Bei der Bildung Groß-Berlins 1920 wurde aus Stralau sowie Teilen des Stralauer Viertels und der Königsstadt der Stadtbezirk Friedrichshain gebildet.

Stralau heute

Rückgang der Industrie

Nach der Wende schlossen viele der Betriebe, die den vorderen Teil der Halbinsel prägten. Im Zuge der Bewerbung Berlins für die Olympischen Spiele des Jahres 2000 war die Halbinsel Stralau für das Olympische Dorf vorgesehen. Es wurde eine städtische Entwicklungsgesellschaft gegründet, die eine Vielzahl von Neubauten plante und trotz der gescheiterten Bewerbung auch baute.

Stralau wird Entwicklungsgebiet

In der Mitte der 1990er-Jahre entstand zwischen dem Bezirk und der Senatsbauverwaltung das Projekt Entwicklungsgebiet Rummelsburger Bucht, zu dem die Halbinsel Stralau gehörte aber auch der Uferstreifen an der Rummelsburger Landstraße. Das Entwicklungsgebiet wurde autoarm geplant, was zu Steuerminderung bei den Baukosten führte. – Die Pkw-Quote je Einwohner ist inzwischen höher als der Berliner Durchschnitt.[14]

Persönlichkeiten

  • Johann Georg Krünitz (1728-1796), Arzt, Übersetzer und Enzyklopädist, wohnte 1769 Friedrich Nicolai zufolge "in der Stralauerstraße, in seinem Hause".
  • Julius Tübbecke (1824–1911), Maler, Fischer und Gastwirt (Wirtshaus Tübbecke), Alt-Stralau 22. Ist auch auf dem dortigen Friedhof begraben.
  • Franz Tübbecke (1856–1937), Bildhauer, Atelier Markgrafendamm 14, am Rande von Stralau.
  • Louis Hugo Kracht (1865–1925), Kommunalpolitiker, Amts- und Gemeindevorsteher in Stralau, Alt-Stralau 23.
  • Karl Marx, wohnte 1837 einige Monate in Stralau; die Adresse ist noch nicht exakt aufgeklärt (Alt-Stralau 18 oder Alt-Stralau 25). Zu Ehren des berühmten Philosophen wurde hier im 20. Jahrhundert die Karl-Marx-Erinnerungsstätte eingeweiht[15]
  • Theodor Fontane, Heinrich Zille, Adolf Glaßbrenner und Karl May setzten Stralau in ihren Werken ein literarisch-zeichnerisches Denkmal.[16][17]

Weblinks

 Commons: Berlin-Stralau – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Berlin-Brandenburger Bildungswerk e.V.: Chronik von Stralau. In: Stralau.de. 30. September 2004, abgerufen am 20. April 2009.
  2. Die 12 Bezirke Berlins. Statistisches Landesamt Berlin, 5. Dezember 2000, S. 8, abgerufen am 20. April 2009 (PDF).
  3. Bodendenkmal, Reste einer Burganlage
  4. Baudenkmal Stralauer Dorfkirche
  5. a b c d e Uta Herrmann: Fischzug, Liebesinsel und Wasserblick. Baulärm an der Rummelsburger Bucht. In: 'Neues Deutschland' vom 24. Juli 1998
  6. Baudenkmal Verwaltungsgebäude des Glaswerks Alt-Stralau 63-67, Baudenkmal Werkstattgebäude des Glaswerks
  7. Baudenkmal Villa und Remise Teppichfabrik
  8. Baudenkmal Osthafengebäude
  9. Homepage über Stralau; abgerufen am 24. März 2010
  10. Homepage des Berliner Geschichtsvereins, abgerufen am 24. März 2010
  11. Baudenkmal Gemeindeschule
  12. Baudenkmal Turnhalle von 11928, Alt-Stralau 34
  13. Stralauer Kriegerdenkmal in der Berliner Denkmalliste
  14. Entwicklung von Stralau Anfang des 21. Jahrhunderts. Berliner Zeitung vom 5. September 2001
  15. Kulturdenkmal Karl-Marx-Gedenkstätte Alt-Stralu 18
  16. Homepage des Vereins für die Geschichte Berlins; abgerufen am 24. März 2010
  17. Karl May: Das Vermächtnis des Inka, nach Projekt Gutenberg, abgerufen am 14. Juni 2011

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