- Staatliche Porzellanmanufaktur Berlin
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Die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin wurde von Friedrich dem Großen am 19. September 1763 gegründet. Ihren eigentlichen Ursprung hat sie allerdings in drei privaten Unternehmungen, die unter königlicher Förderung schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts versuchten, das weiße Gold (Porzellan) in bzw. aus Berlin zu etablieren.
Das Firmensignet ist ein kobaltblaues Zepter, das auf jedes Stück gestempelt (vor 1837 gemalt) wird. Alle bemalten Stücke der KPM werden von den Malerinnen und Malern handsigniert. Die KPM ist auch heute noch eine Manufaktur, d.h., die von ihr hergestellten Geschirrteile und Zierporzellane sind alle Unikate.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Am Anfang stand der Berliner Kaufmann und Wollzeugfabrikant Wilhelm Caspar Wegely, der 1751 die erste Berliner Porzellanmanufaktur gründete und diese bis in das Jahr 1757 betrieb. Die Porzellane seiner Manufaktur sind heute sehr selten und begehrt. Sie zeichnen sich durch einen sehr schönen weißen Scherben aus und sind mit einem unterglasurblauen W gekennzeichnet.
Weiterhin ist der für die Frühzeit des Berliner Porzellans sehr wichtige Porzellanmodelleur und Arkanist Ernst Heinrich Reichard zu nennen. Er war zunächst als Modelleur bei Wegely tätig. Ihm haben wir die mit so eigenwilligem bürgerlichem Charme behafteten Putten, allegorischen Figuren, Kavaliere und galanten Damen zu verdanken. Nach der Schließung der Wegely'schen Fabrik betrieb er selbst eine werkstattähnliche Porzellanfertigung in Berlin, über die allerdings bisher nur relativ wenig bekannt ist.
Als der Unternehmer Johann Ernst Gotzkowsky beabsichtigte, dem Wunsch Friedrichs des Großen nachzukommen, eine neue Porzellanmanufaktur in Berlin zu errichten, verkaufte ihm E. H. Reichard am 11. Januar 1761 neben seinem kleinen Betrieb auch das Arcanum, also gewissermaßen das Know-how zur Fertigung von Porzellan. Reichard wurde Arkanist der Manufaktur, und auch seine acht Beschäftigten wurden übernommen.
Gotzkowsky, vom preußischen König als Unternehmer sehr geschätzt und gefördert, nutzte die Gunst der Stunde und konnte weitere wichtige Künstler und Mitarbeiter aus der sächsischen Manufaktur in Meißen abwerben. Sachsen war in der Zeit des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) von preußischen Truppen besetzt und die Meißener Porzellan-Manufaktur praktisch in der Hand Friedrichs des Großen. Mit diesen Fachkräften entstand dann – in der Leipziger Straße 4 in Berlin – in nur wenigen Monaten eine recht leistungsfähige Porzellanmanufaktur. Die Porzellane sind mit einem unterglasurblauen G. gekennzeichnet; sie sind allerdings heute so gut wie unauffindbar. In nur wenigen Museen und öffentlichen Sammlungen finden sich daher entsprechende Stücke, meist sind es einzelne Teile aus Kaffee- und Teeservicen.
Als erster Direktor wurde Johann Georg Grieninger eingesetzt, eine sehr glückliche Wahl. Als Gotzkowsky infolge seiner spekulativen Geldgeschäfte in immer schwierigeres finanzielles Fahrwasser geriet, erwarb der König für 225.000 Taler das inzwischen gut aufgestellte Unternehmen am 13. September 1763, einmal, um den angesehenen Berliner Kaufmann vor dem drohenden Bankrott zu retten, vor allem aber, um das junge Unternehmen, welches ihm so sehr am Herzen lag, vor dem frühen Untergang zu bewahren. Mit der Übernahme der Manufaktur durch Friedrich den Großen begann die eigentliche Erfolgsgeschichte der nun „Königlichen“ Porzellan-Manufaktur in Berlin.
Die Produktion der ab 1827 in Frankreich hergestellten Lithophanien wurde auf Initiative von Georg Christoph Frick (1781–1848, Direktor 1832–1848) rasch auch in Berlin unternommen. Schnell entwickelten sich die Lithophanien zu einem sehr erfolgreichen Produktezweig der Manufaktur.
Die ursprünglich an der Leipziger Straße gelegenen Fabrikationsgebäude wurden 1871 an ihren heutigen Standort am S-Bahnhof Tiergarten verlegt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte die Manufaktur mehr und mehr einen Vorbildcharakter für die keramische Industrie zu bilden. Das alte Hartporzellan und ein neues für Biskuitfiguren, wetterbeständige Fliesengemälde und andere Kunsterzeugnisse wurde in immer neuen Modellen und Malereien vorgeführt. Daneben wurden auch brauchbare Gefäße, Röhren usw. für die chemische Industrie hergestellt.
Seit 1876 war der Manufaktur die Chemisch-Technische Versuchsanstalt angeschlossen, als deren Leiter Professor Seger (†1893) das nach ihm benannte Segerporzellan entwickelte. Die Versuchsanstalt beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung und Erforschung von Neuerungen auf dem Gebiet der Keramik. So gelang 1899 die Herstellung einer Masse, die es ermöglichte, statt in Ton unmittelbar in ihr selbst zu modellieren und dem dann gebrannten Stück den vollen Reiz der bildnerischen Originalarbeit zu erhalten.
1886 wurde Professor Alexander Kips als künstlerischer Leiter an die Berliner Porzellanmanufaktur berufen, der er durch Porzellanfliesenmalerei zu neuem Aufschwung verhalf und das Geschehen der Manufaktur formend beeinflusste. Weitere künstlerische Leiter (teils gleichzeitig Manufakturdirektoren) von höchstem Rang wurden Theodor Schmuz-Baudiss (1908 - 1924/26), Nicola Moufang (1925 - 1928) und Günther von Pechmann (1929 - 1938). Speziell unter Schmuz-Baudiss (übrigens ein Vorfahre von Otto Schily) nahm die künstlerische Entwicklung im Rahmen eines späten floralen Jugendstils einen enormen Aufschwung. Das heute (wieder) gefertigte Jugendstilservice "Ceres", das zum 150. Jubiläum der KPM entstanden ist, ist ein eindrucksvoller Beweis für zeitgemäßes Künstlertum bei der KPM.
Von 1918 bis 1988 führte die KPM den Namen Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin und war Eigenbetrieb des Landes Berlin.
Im Zweiten Weltkrieg - in der Nacht vom 22. zum 23. November 1943 - wurde die Porzellanmanufaktur durch Luftangriffe so schwer beschädigt, dass die Produktion eingestellt werden musste. Im Dezember 1943 wurde die Arbeit in der Massemühle und im Januar 1944 ein Notbetrieb wiederaufgenommen. Die technische Produktion wurde bis zum Wiederaufbau (1954-1960) nach Selb verlegt.
1988 wurde die KPM wieder in Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin umbenannt. Sie wurde als GmbH geführt, dessen alleiniger Gesellschafter das Land Berlin war.
Im Februar 2006 übernahm der Berliner Privatbankier und Geschäftsführende Gesellschafter der Allgemeinen Beamten Kasse Kreditbank GmbH Jörg Woltmann als Alleingesellschafter die KPM.
Die Porzellan-Manufaktur ist einer der Außendrehorte der ZDF-Telenovela Wege zum Glück; in der Telenovela heißt die Manufaktur „Falkental Porzellan“.
Heutige Situation und Ausblick
Unter Jörg Woltmann scheint eine eher konservative Modellpolitik betrieben zu werden. Neuerscheinungen beschränken sich weitgehend auf die Reproduktion von alten Modellen, teils mit Souvenir-, teils mit Sammlercharakter. Die ursprüngliche Stärke der KPM, in jeder Epoche wegweisende zeitgenössische Entwürfe in Gebrauchs- oder Zierporzellan zu präsentieren - was bis in die 80er Jahre noch gelang - scheint verloren gegangen. Als großer künstlerischer und kunsthandwerklicher Verlust kann angesehen werden, dass zwar noch zahlreiche Formen aus der Frühzeit des 20. Jahrhunderts aufgelegt werden, aber nicht mehr die originalgetreue Unterglasurbemalung ausgeführt werden kann, wodurch die Objekte stark in ihrer Wirkung verlieren. Die heute ausschließlich praktizierte Aufglasurbemalung, speziell bei den Jugendstilfiguren, muss als kunsthandwerklicher Abstieg angesehen werden. Aktuelle Zusammenarbeiten wie mit dem Künstlerpaar Blume oder Yvonne Lee Schultz haben deutlichen Event-Charakter, stellen aber keine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Porzellan dar. Durch eine Neuausrichtung der KPM auf den Exportmarkt kann nur gehofft werden, dass die stark vernachlässigte künstlerische und kunsthandwerkliche Ausrichtung irgendwann neu belebt werden kann.
Die Marke
Anfangs bestand die Marke aus einem Zepter und war in Blau auf weißem, in Braun auf bemaltem Porzellan aufgetragen. Da diese Marke jedoch nachgeahmt wurde, fügte man seit 1835 die Buchstaben K.P.M. und seit 1844 diesen Buchstaben den königlich preußischen Adler hinzu. Seit den 1840er Jahren kamen die eigentlichen Stempel mit der Umschrift Königliche Porzellan-Manufaktur und dem preußischen Adler in der Mitte auf. Seit 1870 nutzte man wieder ein Zepter, allerdings in einer etwas veränderten Form.
In den Jahren der kriegsbedingten Auslagerung der Produktion von Berlin nach Selb in den Jahren 1943 - 1948 wurde dem Zepter ein kleines S am unteren Ende der Marke zugefügt. Die Nachkriegsproduktion aus Selb trägt zudem den Vermerk „Made in Germany U.S.Zone“.
Seit 1832 wird bei den bemalten Gegenständen den in Blau unter der Glasur ausgeführten Marken noch ein Reichsapfel mit KPM darunter in Eisenrot auf der Glasur hinzugefügt (heutzutage nur ein Reichsapfel, ohne KPM). Ist der Reichsapfel in schwarz, so handelt es sich um eingebrannte „Abziehbilder“ bzw. Druckmotive, grün wird für Dekormalerei verwendet, d. h. Ränder und farbige oder goldene Staffierungen oder Fonds. Ein blauer Reichsapfel (dann Unterglasur) steht für Unterglasurdekore (heutzutage Inglasur- oder HTS-Farben), der eisenrote Reichsapfel steht für Freihand-Blumenmalerei und naturalistische Farbstaffierungen wie z. B. bei Rokoko-Figuren oder Tierskulpturen. Ausbildungsmalerei trägt zusätzlich ein „A“ zu den erwähnten Marken. Zweite-Wahl-Porzellane werden mit einer Ritzung des Zepters markiert und sind in der Regel weiß, da fehlerhaft gebranntes Porzellan überhaupt nicht bemalt wird.
Erzeugnisse
Die KPM hat im Laufe ihrer Geschichte eine Vielzahl von Geschirrformen und figürlichem Porzellan hergestellt. Einige Formen werden seit mehr als 200 Jahren weitgehend unverändert produziert. Friedrich der Große, der sich als Eigentümer der Manufaktur scherzhaft seinen „besten Kunden“ nannte, war Zeit seines Lebens dem Geschmack des Rokoko verhaftet, welches in seinen Schlössern auch zu einem künstlerischen Höhepunkt geführt wurde. Die Geschirre für die jeweiligen Schlösser und Räume wurden auf die übrige Dekoration und Einrichtung abgestimmt. Bemerkenswert sind folgende Geschirre:
Für das Breslauer Stadtschloss wurde die Form Antikzierath von Chefmodelleur Friedrich Elias Meyer entworfen (heute unter dem Namen Rocaille im Programm). Die Fahne ist von einem antikisierenden Stabbündel umgeben, an das sich nach innen plastische Rocaillen und vier Felder mit Blumenornamenten anschließen. Von den vier Feldern gehen jeweils vier Rippen bis in den Spiegel des Tellers. Für das Breslauer Stadtschloss wurden die Felder auf der Fahne mit blauer Schuppenmalerei, die Spiegel mit „natürlichen Blumen“ bemalt.
Für das Potsdamer Stadtschloss wurde dieselbe Form mit gelben Randfeldern ohne Schuppenmuster bestellt.
Die Form Kurland, von Johann Karl Friedrich Riese entworfen, ist die erste streng klassizistische Form der KPM. Die Teller sind weitgehend glatt und an den Rändern der Fahne mit Eierstab, Tuchgehängen und Perlenstab verziert. Die erste große Lieferung mit aufwändiger Malerei in Gold und Hellgrün für die Fahne und „natürlichen Blumen“ im Spiegel bestellte Peter von Biron, Herzog von Kurland, nach dem das Service benannt wurde.
Bis heute erfolgreichste Designs der 1930er Jahre sind Urbino, Urania und Arkadia (ursprünglich nur als Teeservice zum 175. Jubiläum der KPM entworfen) von Trude Petri, wobei die Medaillons auf „Arkadia“ von Siegmund Schütz entworfen wurden und das Service „Urania“ (gleiche Grundform wie Arkadia) erst nach dem Krieg in Produktion ging, ebenso das Tafelservice „Arkadia“. Unter der Federführung der Meisterwerkstatt sind seit jeher auch figürliche Porzellane unterschiedlicher Stilrichtungen der jeweiligen Epoche geschaffen worden, hierzu gehören auch neuzeitliche Tierplastiken wie der Eisbär Knut oder Buddy-Bär-Miniaturen.
Die seit 1986 vielerorts in Berlin angebrachten Berliner Gedenktafeln sind ebenfalls aus KPM-Porzellen gefertigt.
Isolatoren der KPM am Berliner Funkturm
Literatur
- Winfried Baer, Ilse Baer, Suzanne Grosskopf-Knaack: Von Gotzkowsky zur KPM. Aus der Frühzeit des friderizianischen Porzellans. Verlag Willmuth Arenhövel, Berlin 1986, ISBN 3-922912-15-X
- Michaela Braesel, Katharina Dück, Johanna Lessmann: Berliner Porzellan des 18. Jahrhunderts. Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe 1993, ISBN 3-923859-17-1 und falsch ISBN 3-923859-17-0 (formal falsche ISBN)
- Karl H. Bröhan: Porzellan-Kunst. Teil 1: Berliner Porzellane vom Rokoko bis zum Empire (Teil 2: Kunst-Porzellane und Keramik um 1900). Ausstellungskatalog. Sammlung Karl H. Bröhan, Berlin 1969, ISBN nicht vorhanden
- Margarete Jarchow: Berliner Porzellan im 20. Jahrhundert - Berlin Porcelain in the 20th Century. (zweisprachig:dt./engl.) Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-496-01054-1
- Erich Köllmann, Margarete Jarchow: Berliner Porzellan. 2. Aufl., Neusausg. Klinghardt & Biermann, München 1987, ISBN 3-7814-0264-9
- Georg Lenz: Berliner Porzellan. Die Manufaktur Friedrichs des Großen 1763–1786. Neudr. d. Ausg. Hobbing-Verlag, Berlin 1913 / Helmut Fischer (Hrsg.), Helmut-Scherer-Verlag GmbH, Berlin 1991, ISBN 3-89433-018-X
- Plötz-Peters, Hannelore: Zwei Bildplatten als Verlobungsgeschenk. Der Werdegang des KPM-Direktors Frick und ein Präsent aus seinem Todesjahr. In: Keramos 158, 1997, S. 55–62.
- Günter Schade: Berliner Porzellan. Zur Kunst und Kulturgeschichte der Berliner Porzellanmanufakturen im 18. und 19. Jahrhundert. Keysersche Verlagsbuchhandlung, München 1987, ISBN 3-87405-170-6
- Giesela Zick: Berliner Porzellan der Manufaktur von Wilhelm Caspar Wegely. 1. Auflage. Gebr.-Mann-Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-7861-1134-0
- Berlin Handbuch: Das Lexikon der Hauptstadt. FAB Verlag, 1992, ISBN 3-927551-27-9
Weblinks
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