Stahlseil

Stahlseil
Das Stahlseil vom Förderturm der Zeche Zollern
Das 92 cm starke Stahlseil der Golden Gate Bridge im Schnitt

Das Drahtseil (Stahlseil) ist ein Seil, dessen einzelne Litzen und Kardeelen nicht aus Fasern, sondern aus Stahl bestehen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Es wurde 1834 von Oberbergrat Julius Albert in Clausthal erfunden (Mausoleum auf dem Friedhof). Die bis dahin im Harzer Bergbau verwendeten Ketten wurden durch die Belastungen des Auf- und Abrollens geschädigt und brachen immer wieder, mit zum Teil verheerenden Folgen. Um das totale Versagen der gesamten Kette beim Brechen nur eines einzelnen Gliedes zu verhindern, machte Albert Versuche mit einem Drahtseil. Es bestand aus 3 Litzen zu je 4 Drähten von je 3,5 mm Durchmesser. Das Seil war im Gleichschlag (auch Albertschlag genannt) hergestellt. Erste Praxisversuche wurden erfolgreich im Februar 1834 in der Grube Elisabeth zu Clausthal durchgeführt.

Herstellung

Das Schlagen der Drähte geschieht auf Verseilmaschinen. Dabei trägt ein drehbarer Verseilkorb eine gewisse Anzahl von Drahthaspeln, von denen die Drähte durch den Verseilkopf (einer Scheibe mit der entsprechenden Anzahl von Löchern) bis zum Lager laufen. Die aus dem Lager auslaufende fertige Drahtlitze wird wiederum auf einem Haspel aufgewunden. Durch das Zusammenwirken von Zug an der Litze und gleichzeitiger Drehung des Verseilkorbes kommt die Verseilung zustande.

Schlagarten

Heute werden Drahtseile überwiegend im Kreuzschlag hergestellt. Gleichschlagseile werden nur für bestimmte Anwendungszwecke eingesetzt. Kreuzschlag bedeutet, dass die Litzen in entgegengesetzter Richtung zum Seil selbst hergestellt werden. Somit wird erreicht, dass die Drallkräfte im Seil sich größtenteils aufheben und somit das Seil als spannungsarm bezeichnet wird. Der Vorteil bei Gleichschlagseilen ist die längere Lebensdauer, da es weniger Kreuzungspunkte der Drähte im Seil gibt.

Zugfestigkeit

Die Zugfestigkeit von Drahtseilen wird vom Durchmesser (d) in mm, dem Füllfaktor (f), dem Verseilfaktor (k) und der Festigkeit (Rm) des Stahls bestimmt. Als Durchmesser (d) gilt der größte Außendurchmesser des Seils (Kantenmessung). Der Füllfaktor bestimmt den Anteil des Stahlquerschnitts am Gesamtquerschnitt. Der Verseilfaktor ist bauartbedingt.

Die Mindestbruchlast, das heißt, die Kraft, die das Seil im Zerreißversuch mindestens erreichen muss, wird dann nach folgender Formel berechnet:

Fmin = f Rm k d² π /4 (N)

Beim Heben von Lasten wird die Seilstärke mindestens nach der 5-fachen Sicherheit berechnet. Also wird ein Hubseil in der Regel maximal mit einem Fünftel der Mindestbruchlast beansprucht.

Für Standardseile aus Stahldrähten kann man die Belastbarkeit nach einer Faustformel berechnen:

Fmin = 700d² (N)

Ein Seil von 8 mm Durchmesser hätte – abhängig von der Konstruktion – dann eine Bruchlast von ca. 44800 N. Das erlaubt bei 5-facher Sicherheit das Heben von rund 900 kg.

Sicherheit und Anwendungen

Drahtseile mit ständiger Wechselbeanspruchung beim Betrieb, wie beispielsweise die Kranseile, werden nach DIN 4130 auf Zug mit fünf- bis zehnfacher Sicherheit berechnet. Sie finden unter anderem hauptsächlich Verwendung auf Schiffen, in der Fördertechnik, im Brückenbau und im Ingenieurbau. Bei Einsatz als Spannstahl sind Drahtseile weiterhin auch als Basis für Spannbeton nutzbar. Sie dienen als zugkraftübertragendes Element in Bowdenzügen und rotationskraftübertragendes Element in flexiblen Antriebswellen.

Im Gegensatz zur Kette ist ein Drahtseil wesentlich zuverlässiger bei vergleichbarer Dimensionierung, da seine lasttragenden Elemente parallel angeordnet sind und nicht in Reihe. Versagt ein Element des Seils zum Beispiel aufgrund eines Materialfehlers, so verringert sich zwar der Sicherheitsabstand bis zur kritischen Spannung, das Seil kann aber nach wie vor die Last tragen bis der Fehler bei einer Überprüfung bemerkt wird. Versagt ein Glied einer Kette, so versagt die Kette insgesamt und augenblicklich.

Arten

Gebräuchliche Konstruktionen und Einsatzzwecke von Drahtseilen/Litzen:

a) 1x19 (z. B. für Abspannungen oder Bowdenzüge)
b) verdichtete Litze (z. B. als Architekturseil oder als Mastabspannung auf Segelschiffen)
c) 7x7 (z. B. für Halteseile oder Sicherungsseile etc.)
d) 6x19 (z. B. als Reglerseil für Aufzüge)
e) 8x19 (z. B. als Tragseil für Aufzüge)
f) 7x19 (z. B. für Anschlagseile oder laufende Seile)
g) 6x36 (z. B. für Kranseile)
h) Spezialseile in drehungsfreier Ausführung (z. B. für Krane mit großen Hubhöhen und ständiger hoher Belastung)

Die Konstruktionsangabe gibt zudem Aufschluss darüber, wieviele Litzen und Drähte im Seil verarbeitet worden sind. Bei einem 7 × 19 sind 7 Litzen á 19 Drähte vorhanden, 6 Litzen in der Außenlage und eine als Stahleinlage in der Mitte. Häufig wird die Stahleinlage durch eine Natur-oder Chemiefaser ersetzt, dies macht das Seil flexibler und günstiger, allerdings werden auch nur noch geringere Bruchlasten erreicht.

Stahldrahtseile werden in verzinkter und blanker(unverzinkt) Ausführung angeboten bzw. als rostfreie Variante aus den Stahlsorten 1.4301 und 1.4401

Redewendung

Als Drahtseilakt bezeichnet man außer der ursprünglichen akrobatischen Vorführung von Seiltänzern auf einem Drahtseil im übertragenen Sinne ein gefährliches oder schwieriges Unterfangen, bei dem der Durchführende die Balance behalten muss.

Menschen mit „Nerven wie Drahtseile“ gelten als psychisch extrem belastbar.


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