Submissionskartell

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Ein Kartell ist ein Bündnis zwischen Rivalen, in der Hauptbedeutung eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb zwischen ihnen beschränkt.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsherkunft und -bedeutungen

Der Begriff stammt aus dem Lateinischen (charta, frz. cartel, ital. cartello = Schreiben oder Vereinbarung). Er bezeichnete im Mittelalter eine Übereinkunft über die Kampfregeln im ritterlichen Turnier; bis ins 18. Jahrhundert wurden so die Regelwerke für adelige Spiele und Wettkämpfe benannt. In der Neuzeit, besonders im 18. und 19. Jahrhundert, fand der Begriff Kartell auch Verwendung für zwischenstaatliche Verträge: Der Leitgedanke eines Reglements für Auseinandersetzungen trat bei diversen Verträgen zwischen Krieg führenden Staaten zu Tage, etwa bei Kartellen über den Post- und Handelsverkehr oder die Behandlung von Kurieren, Kriegsgefangenen und Deserteuren. Im späten 19. Jahrhundert wurden - neben den wirtschaftlichen Zusammenschlüssen von Unternehmen - auch verbandspolitische Bündnisse als Kartelle bezeichnet: Für das Kartell als Zusammenschluss von Studentenverbindungen siehe Kartell (Verbindung), ansonsten bezeichnete man ein Wahlbündnis von Parteien auch als Kartell. Anfang des 20. Jahrhunderts sah Karl Kautsky die Möglichkeit eines Staaten-Kartells, das an die Stelle der imperialistischen Konkurrenz treten und einen Ultra-Imperialismus begründen könnte. - Heute wird unter Kartell sehr überwiegend die organisierte Beschränkung von wirtschaftlichem Wettbewerb verstanden.

Kartell (Wirtschaft), Unternehmenskartell

Ein Kartell im Sinne der Wirtschaftswissenschaften ist ein Zusammenschluss selbständig bleibender Unternehmen oder sonstiger Marktakteure zur Begrenzung ihrer Konkurrenz. Es handelt sich somit entweder um Kartelle der Angebotsseite oder der Nachfrageseite. Die getroffenen Vereinbarungen können sehr unterschiedlich sein: In Frage kommen vielfältige Maßnahmen zur Ordnung und/oder Regelung des Marktes bis hin zu seiner monopolistischen Beherrschung. Man unterscheidet nach Zweck, Funktion und Organisationsweise eine ganze Reihe von Kartellarten.

Unternehmenskartelle gelten seit spätestens der Nachkriegszeit als schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung und das Gemeinwohl. Inzwischen sind sie wohl weltweit im Grundsatz verboten (vgl. Kartellrecht). Wirtschaftskartelle der Gegenwart sind somit entweder kriminell oder staatlich gewollte Ausnahmefälle (z.B. die OPEC, in der die Ölförderländer als Wirtschaftsakteure auftreten, oder bestimmte Krisenkartelle). Es gibt die Kooperation wirtschaftlicher Aktivitäten von unabhängigen Unternehmen, mit dem Zweck oder der Wirkung, den Wettbewerb zu verhindern oder zu beschränken. Ein Kartell ist somit ein Spezialfall einer Kollusion. Anstelle des Begriffs Kartell wird teilweise der Begriff Abrede oder Wettbewerbsabrede verwendet. Vom Kartell zu unterscheiden ist das Parallelverhalten, in welchem kein direktes Zusammenwirken stattfindet, sondern sich das gleichförmige Verhalten aus der Marktstruktur ergibt.

Die Mitglieder eines Kartells versuchen oftmals die Vorteile eines Monopols zu erreichen, ohne ihre rechtliche und weitgehend auch ihre wirtschaftliche Autonomie aufzugeben. Dabei bleiben sie zwar eigenständig, unterwerfen aber bestimmte Handlungsmöglichkeiten den Absprachen des Kartells. Typischerweise handelt es sich dabei um die Preisgestaltung, es gibt aber auch andere Absprachen in einem Kartell, zum Beispiel Aufteilung von Kunden oder von Marktanteilen.

Kartelle entstehen typischerweise in Märkten für Massenprodukte, bei denen die Anbieter relativ wenige Möglichkeiten haben, sich über die Technologie zu differenzieren. Je weniger Anbieter es in einem Markt gibt, desto leichter entsteht ein Kartell. Ebenso entsteht es umso leichter, je ähnlicher sich die Anbieter untereinander sind.

Kartelle sind häufig instabil, auch dann, wenn sie sich für alle Teilnehmer lohnen würden. Sie sind besonders dann instabil, wenn ein Teilnehmer frühzeitig eine Preiserhöhung ankündigt und zugleich ankündigt, dass er zum alten Preis zurückkehren würde, wenn die anderen potenziellen Teilnehmer nicht nachziehen werden. Würden sie nicht folgen, könnten sie die Nachfrage des Vorreiters auf sich lenken. Ferner sind Kartelle stabil, wenn die Dauer der Vereinbarung lang ist und die Anzahl der Konkurrenten am Markt gering ist.

Unter Kartellzwang versteht man in diesem Zusammenhang Maßnahmen von Kartellmitgliedern, die für eine Stabilität des Kartells sorgen. Staatliche Regulierungen oder Verbote von Kartellen werden im Kartellrecht geregelt.

Kartelltypen (Wirtschaft)

Kartelle zwischen Marktakteuren weisen vielfältige Formen und organisatorische Lösungen auf, je nachdem welche wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen getroffen wurden und welche sonstigen Voraussetzungen vorliegen:

  • Preiskartelle: Einheitliche Preisgestaltung oder Preisabsprachen mit dem Ziel, das Preisniveau entweder hoch oder niedrig zu halten. Hier arbeitet man oft mit Mindestpreisen für die Anbieter oder mit Höchstpreisen für die Nachfrager.
  • Kalkulationskartelle, Vorstufe zum Preiskartell: Die Mitglieder kalkulieren alle auf derselben Basis.
  • Produktions- oder Quotenkartelle (Kontingentierungs-/Mengen-Kartell): Jedem Mitglied wird seine Produktionsmenge (Produktionsquote) vorgegeben, so dass keine Überkapazitäten entstehen.
  • Syndikate, überwiegend historisch: Kartelle mit gemeinsamen Organen, in denen operative Unternehmensfunktionen zentralisiert wurden. Meist handelte es sich um Kartelle mit gemeinsamer Verkaufsorganisation, seltener um solche mit zentralem Einkauf.
    • Vertriebskartelle: Der Vertrieb erfolgte über eine einheitliche Verkaufsstelle, deren Auflagen sich die Mitglieder beugen mussten.
    • Beschaffungskartelle: Die Beschaffung erfolgte über eine einheitliche Einkaufsstelle, deren Auflagen sich die Mitglieder beugen mussten.
  • Rationalisierungskartelle: Die Mitglieder unterwerfen sich bestimmten Rationalisierungsmaßnahmen, die über technische Vorgänge wie Normung und Typung hinausgehen und geeignet sind, die Wirtschaftlichkeit der beteiligten Unternehmen zu steigern. Es gibt vielfältige Unterformen:
    • Normungs- und Typungskartelle: Die Mitglieder entwickeln gemeinsame Normen (Abmessungen, Formen usw.) und Typen (Vereinheitlichung von Produkten).
    • Spezialisierungskartelle: Jedes Mitglied spezialisiert sich auf eines oder mehrere Produkte (eine Art der Rationalisierung), wobei der Wettbewerb erhalten bleiben muss.
  • Konditionenkartelle: Jedes Mitglied gewährt gleiche Geschäftsbedingungen, wie zum Beispiel Lieferung frei Haus. Auch hier gibt es Unterformen:
    • Rabattkartelle, eine Unterform der Konditionenkartelle: Jedes Mitglied gewährt denselben Rabatt, Skonto oder Bonus.
    • Angebotsschema-Kartelle, eine Unterform der Konditionenkartelle: Sie basieren auf Absprachen über einheitliche Methoden der Leistungsbeschreibung oder Preisaufgliederung.
  • Submissionskartelle: Unternehmen, die sich an Ausschreibungen für ein Projekt beteiligen, legen im Vorfeld fest, wer den Auftrag erhalten soll. Der "Ausschreibungsgewinner" kalkuliert seinen Preis, die anderen Unternehmen bieten höhere Preise. Beispiel: Kartelle im Baubereich.
  • Gebietskartelle: Zweck dieser Kartelle ist die räumliche Aufspaltung der Märkte (= Abgrenzung der Absatzgebiete). Jedem Kartellunternehmen wird ein abgegrenztes Absatzgebiet zugeteilt. Ihm wird untersagt, Kunden außerhalb seines ihm zugeteilten Marktes zu beliefern. Innerhalb des zugeteilten Absatzgebietes kann jedes Kartellmitglied einen intensiven Absatz anstreben. Die Expansion auf den Märkten soll jedoch unterbunden werden. Beispiel: Zementkartell
  • Exportkartelle: Die Mitglieder unterwerfen sich Absprachen, die sich jedoch nur auf den Absatz im Ausland beziehen.
  • Importkartelle: Die Mitglieder unterwerfen sich Absprachen, die nur für den Bezug aus dem Ausland gelten sollen.
  • Mittelstandskartelle: Zusammenarbeit mittelständischer Unternehmen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbssituation.
  • Strukturkrisenkartelle: Die Mitglieder passen sich alle gleichmäßig der veränderten Marktsituation an, z.B. durch Produktionseinschränkungen oder /und durch Rationalisierungen.

Üblicherweise werden Kartelle zwischen Unternehmen abgeschlossen. Es gibt aber auch Kartelle von Staaten. Das bekannteste davon ist die OPEC, ein Produktionskartell für Erdöl. Des Weiteren sind Einkaufskartelle zwischen Staaten oder staatlichen Körperschaften zu nennen: Während der Weltkriege gab es zwischen den westlichen Alliierten Einkaufsgemeinschaften zur Vermeidung von preistreibender Konkurrenz um kriegswichtige Güter und in neuster Zeit in Deutschland Absprachen zwischen öffentlich-rechtlichen Krankenkassen zum Drücken der Arzneimittelpreise.

Auch Kooperationen von Arbeitnehmern können kartellartigen Charakter haben. Darunter fallen zum Beispiel manche amerikanische Gewerkschaften, die für Unternehmen in bestimmten, begrenzten Bereichen einen Zwang durchgesetzt haben, ihre Mitglieder zu beschäftigen.

Außer Kartellen gibt es weitere Arten von Zusammenarbeiten, die den Markt beeinflussen, beispielsweise ständische Berufsvereinigungen. Diesen fehlen jedoch die Merkmale eines echten Kartells.

Kartelltheorie (Wirtschaft)

Eine wissenschaftliche Theorie der Unternehmenskartelle besteht seit den 1880er Jahren. Man kann hierbei eine klassische und eine moderne Phase unterscheiden, wobei die Durchsetzung eines allgemeinen Kartellverbots in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Amerikaner die Zäsur zwischen beiden setzt.

Die klassische Kartelllehre war europäischen, vor allem deutschen Ursprungs. Sie war den Unternehmenskartellen wohlgesinnt und insofern konstruktiv-institutionalistisch resp. organisationssoziologisch-wirtschaftswissenschaftlich angelegt. Ihren Ursprung hatte sie in der Historischen Schule der Volkswirtschaftlehre. Die klassische Kartelllehre selbst durchlief wiederum drei Stadien: ein frühes, in Teilen naives, in welchem die Historische Schule stark dominierte (Schmoller, Bücher, Brentano), ein mittleres, das durch die Einbringung von mehr Wirtschafttheorie geprägt war (vor allem Robert Liefmann) und ein spätes, das vom Eintritt in das organisierte Wirtschaften im Anschluss an die Weltwirtschaftskrise 1929–1933 beeinflusst war (z.B. Heinz Müllensiefen).

Die sich daran anschließende moderne Kartelltheorie ist wesentlich amerikanischen Ursprungs (George J. Stigler in den 1940er Jahren). Sie lehnt Kartelle mehr oder weniger grundsätzlich ab und interessiert sich deshalb kaum noch für die innere Organisation der nunmehr zu bekämpfenden (und deshalb schwach institutionalisierten) realen Kartelle. Die moderne Kartelltheorie ist in der Folge stark wirtschaftstheoretisch und wirtschaftspolitisch orientiert; die organisationssoziologischen Anteile der klassischen Kartelllehre finden in der modernen Kartelltheorie keine Fortsetzung.

Die moderne Kartelltheorie weist – viel engagierter als die klassische – auf die schädlichen Folgen eines Mangels an Konkurrenz hin, der zu Überteuerung, zu Fehlallokationen von Kapital und zur Verlangsamung des technischen Fortschritts in der Wirtschaft führt. Sie hat in diesem Zusammenhang das Paradigma eines Marktversagens mit entwickelt, das es durch eine geeignete Wettbewerbspolitik zu vermeiden gilt. Andererseits werden die Nachteile ungezügelter Konkurrenz – wie unnötige Transporte von Massengütern, unnötige Werbung für reife Güter, Markenabsatzstrategien etc. – eher in der klassischen Kartelltheorie hervorgehoben. Beide Schulen der Kartelllehre – die klassische und die moderne – entsprechen somit konfligierenden, sich gegenseitig ausschließenden wirtschaftspolitischen Konzeptionen, die beide das grundlegende Problem des unternehmerischen Wettbewerbs nicht ideal haben lösen können.

Kartelle in der Geschichte

  • Rheinisch-Westfälisches Kohlensyndikat, 1893-1945
  • I.G. Farben, deutscher Konzern (1945 aufgelöst), ist zwischen 1904 und 1926 aus mehreren Kartellen entstanden
  • Das Phöbuskartell, ein Kartell zwischen internationalen Glühlampenherstellern, bestand zwischen den 1920er und 1940er Jahren.
  • Preisabsprachen für Bier in der Schweiz, 1970er Jahre
  • Preisabsprachen für Vitamine, 1999 wurden 69 Pharma- und Chemiefirmen zu Bußgeldern verurteilt
  • Zementkartell in Deutschland, 2004 aufgedeckt
  • Das Wachskartell, ein Kartell zwischen zehn Paraffinwachs-Herstellern bestand zwischen 1992 und 2005
  • Aufzugs- und Fahrtreppenkartell, auch Liftkartell genannt - Preisabsprachen für Fahrstühle und Rolltreppen in Europa, 2007 wurden Unternehmen zu insgesamt 992 Mio. Euro Bußgeldern verurteilt. Im Mittelpunkt stand hierbei Thyssen Krupp.

Drogenkartelle

Drogenkartelle (abwertend, aus dem US-Amerikanischen übernommen) sind Ringe von Rauschgifthändlern, die Rauschdrogen im großen Stil illegal vertreiben und nicht selten zur Mafia gehören. Oft handelt es sich bei ihnen aber nicht um tatsächliche Kartelle als Zusammenschlüsse von Konkurrenten, sondern um 'normale' hierarchische Verbrecherorganisationen. In Südamerika sind die meisten unkontrollierbaren Drogenkartelle vorzufinden. Synonym dazu auch Drogen-Syndikat.

Literatur

  • Cartel zwischen Sr. Kurfürstl. Durchl. zu Pfalz, dann der kaiserlichen freyen Reichsstadt Regensburg wegen reziprozirlicher Auslieferung beiderseitiger Deserteurs und Landeskinder, München 1780.
  • Cattaneo, Fausto: Deckname Tato: als Undercoveragent gegen die Drogenkartelle. Zürich 2001.
  • Enke, Harald: Kartelltheorie, Tübingen 1972.
  • Freyer, Tony A.: Antitrust and global capitalism 1930–2004, New York 2006.
  • Kleinwächer, Friedrich: Die Kartelle. Ein Beitrag zur Frage der Organisation der Volkswirtschaft, Innsbruck 1883.
  • Klug, Oskar: Das Wesen der Kartell-, Konzern- und Trustbewegung, Jena 1930.
  • Liefmann, Robert: Kartelle, Konzerne und Trusts, diverse Aufl., 1920er Jahre.
  • Liefmann, Robert: Cartels, Concerns and Trusts, Ontario 2001 [London 1932]
  • Müllensiefen, Heinz: Freiheit und Bindung in der geordneten Wirtschaft: Kartellgesetzgebung u.Marktordnung in d. gewerblichen Wirtschaft, Hamburg 1939.
  • Pohle, Ludwig: Die Kartelle der gewerblichen Unternehmer. Eine Studie über die großindustriellen Organisationsformen d. Gegenwart, Leipzig 1898.
  • Rosen, S. McKee: The Combined Boards of the Second World War, New York 1951.
  • Salter, James A.: Allied Shipping Control, Oxford 1921.
  • Schmoller, Gustav: Grundriss der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre, Bd. 1, Leipzig 1900, 450.
  • George J. Stigler, The extent and bases of monopoly, in: The American economic review, Bd. 32 (1942), S. 1-22.
  • George J. Stigler, The theory of price, New York 1987, 4th Ed.
  • Wells, Wyatt C.: Antitrust and the Formation of the Postwar World, New York 2002.
  • Wolfers, Arnold: Das Kartellproblem im Licht der deutschen Kartellliteratur, München 1931.

Weblinks

Siehe auch

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