- Tellsage
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Wilhelm Tell ist ein sagenhafter schweizerischer Freiheitskämpfer und Tyrannenmörder, der an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert in der Innerschweiz gelebt haben soll. Der Dichter Friedrich Schiller verfasste in seiner späten Schaffensphase das berühmte gleichnamige Bühnenwerk. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts ist Tell der Nationalheld der Schweiz.
Entstehung einer Legende
Am Frühesten taucht Tell im Weissen Buch von Sarnen, niedergeschrieben um 1472 von Hans Schriber, auf. Der Chronist Aegidius Tschudi verdichtete um 1570 verschiedene mündlich und schriftlich überlieferte Versionen der Tell-Erzählung zu einer Sage, die vor allem durch die Dramatisierung Friedrich Schillers, aber auch durch den Historiker Johannes Müller zunächst in Europa und später auch weltweit sehr bekannt wurde.
In Tschudis Tell-Legende lässt der habsburgische Landvogt Gessler zu Altdorf einen Hut auf eine Stange stecken und befiehlt den schweizerischen Untertanen, diesen jedes Mal zu grüssen, wenn sie an ihm vorüber gehen. Wilhelm Tell, ein weithin bekannter Armbrustschütze, verweigert den Gruss, und der Vogt befiehlt ihm daraufhin, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes Walter zu schiessen. Sein Kind müsse andernfalls mit ihm sterben. Tell tut widerstrebend, wie ihm geheissen und trifft den Apfel. Er wird gefragt, wozu er sich einen zweiten Pfeil genommen hat und antwortete, wenn er sein Kind getroffen hätte, wäre dieser für den Vogt bestimmt gewesen. Daher ließ der Vogt ihn gefesselt auf die Burg des Vogts nach Küssnacht zu überführen. Auf dem Vierwaldstättersee aber bringt ein Sturm das Schiff in Gefahr und Tell wird seiner Fesseln entledigt, um das Boot zu lenken. Geschickt steuert er es gegen das Ufer, wo die Steilwand Axen sich erhebt und springt dort auf eine hervorragende Felsplatte, welche noch heute Tellsplatte heisst. Er eilt über die Berge nach Küssnacht, erwartet den Vogt in einem Hohlweg, der Hohlen Gasse, und erschiesst ihn aus sicherem Versteck mit der Armbrust.
Von Tells weiterem Leben wird nur berichtet, dass er 1315 in der Schlacht bei Morgarten mitgekämpft und 1354[1] im Schächenbach beim Versuch der Rettung eines Kindes den Tod gefunden habe.
Nachdem schon der Freiburger Franz Guillimann 1607, dann die Basler Christian und Isaak Iselin, der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger 1760, sowie Voltaire («Annales de l’Empire») die Geschichte Tells als Sage bezeichnet hatten, kam im 19. Jahrhundert der Historiker Joseph Eutych Kopp, Begründer der kritischen Schweizerhistoriografie, zum Ergebnis, dass die Tell-Gestalt in keinem zeitgenössischen Schriftdokument erwähnt wird. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts taucht die Tellsage auf, und zwar in mindestens zwei Versionen. Die erste Quelle, in der die Erzählung belegt ist, ist ein um 1499 entstandenes Volkslied; sodann wird sie in der Luzerner Stadtchronik erwähnt, die 1482 bis 1488 von Melchior Russ geschrieben wurde. Russ erblickt in Tell den Haupturheber der Befreiung und Stifter des gegen die habsburgische Herrschaft gerichteten Bundes der Eidgenossen.
Im Weissen Buch von Sarnen wird Tells Tat mit dem Bund von 1291 in Verbindung gebracht; die Initiative im Freiheitskampf wird aber vornehmlich der Gestalt des Werner Stauffacher zugeschrieben. Diese Version erscheint auch in der 1507 gedruckten Chronik des Luzerners Etterlin. Erst Tschudi verwob die beiden Traditionsstränge zu einer Gesamtsage, die im Lauf der Jahrhunderte noch mancherlei Zusätze bekam.
Die so genannten Tellskapellen auf der Tellsplatte, in Bürglen und in der Hohlen Gasse stammen erst aus dem 16. Jahrhundert und sind zum Teil nachweislich zu Ehren von Kirchenheiligen gestiftet worden. In Uri liess sich keine Familie Tell ermitteln; die Erkenntnisse der Urner Landsgemeinden von 1387 und 1388, welche Tells Existenz bezeugen sollten, sowie die den Namen «Tello» und «Täll» enthaltenden Totenregister und Jahrzeitbücher von Schattdorf und Attinghausen sind als Erdichtungen und Fälschungen nachgewiesen.
Der Schriftsteller Max Frisch schrieb eine eigene «Version», nämlich «Wilhelm Tell für die Schule», in der er u.a. auch auf die dänische Sage Bezug nimmt und den Mythos um Tell demontiert.
Herkunft der Apfelschuss-Sage
Die Sage vom Apfelschuss ist eine germanische Volkssage mythischen Ursprungs und kommt in anderem Gewand auch in der persischen, dänischen, norwegischen, der altnordischen Thidrekssaga und der isländischen Heldensage, der Edda, vor. In Letzterer wird der Held Egil genannt, von dessen Sohn, König Orentel, Tell vielleicht den Namen erhalten hat. In der dänischen Variante heisst der Held Toko. In der Schweiz ist die offenbar schon vor 1400 im Volk verwurzelte Variante dieses Mythos von den Chronisten des 15. Jahrhunderts zur Ausschmückung der Befreiungssage übernommen worden.
Der Berner Pfarrer Uriel Freudenberger (1738 bis 1743), Prediger am Inselspital 1752 in Ligerz, betätigte sich als Geschichtsforscher und stellte 1760 die These auf, es handele sich beim schweizerischen Wilhelm Tell um die Nachdichtung einer Episode aus den Gesta Danorum des Saxo Grammaticus (ca. 1140 bis 1220). Aus Angst vor den Auswirkungen veröffentlichte er die Abhandlung anonym. Die Saga des Schützen Toko – im Dienste des dänischen Königs – erzählt, dass dieser prahlerische Schütze vom König gezwungen wurde, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schiessen und Toko den König als Rache während eines Liebesabenteuers erschoss. Gottlieb Emanuel von Haller übersetzte die Abhandlung ins Französische und veröffentlichte sie wegen der Befürchtungen Freudenbergers unter seinem eigenem Namen.
Künstlerische Adaptionen
Schillers Drama Wilhelm Tell von 1804
Siehe den Hauptartikel Wilhelm Tell (Schiller)
Rossinis Oper Guillaume Tell von 1829
Siehe den Hauptartikel Guillaume Tell
Deutscher Film «Wilhelm Tell» von 1923
Regie: Rudolf Dworsky und Rudolf Walther-Fein (mit Hans Marr, Conrad Veidt und Eduard von Winterstein)
Deutscher Film «Wilhelm Tell» von 1934
Regie: Heinz Paul (mit Hans Marr, Conrad Veidt und Emmy Sonnemann)
Deutsches Hörspiel «Wilhelm Tell» von 1955
- Produktion: Hessischer Rundfunk
- Regie:Gustav Rudolf Sellner
Personen und ihre Darsteller:
- Wilhelm Tell: Walter Richter
- Hermann Gessler: Bernhard Minetti
- Ulrich von Rudenz: Klausjürgen Wussow
- Werner, Freiherr von Attinghausen: Paul Bildt
- Werner Stauffacher: Willy Leyrer
- Walther Fürst: Otto Rouvel
- Konrad Baumgarten: Heinz Schimmelpfennig
- Kuoni, der Hirte: Danielo Devaux
- Ruodi, der Fischer: Werner Küffe
- Meier von Sarnen: Fritz Saalfeld
- Gertrud, Stauffachers Gattin: Otti Schütz
- Hedwig, Tells Gattin: Maria Faußner
- Armgard: Käthe Reichel
Schweizer Film «Wilhelm Tell» von 1960
- Hauptrollen: Robert Freytag, Hannes Schmidhauser, Zarli Cariget und Alfred Rasser
- Regie: Michel Dickoff und Karl Hartl
- Musik: Hans Haug und Kurt Svab
- Produzent: Josef Richard Kaelin, Gründer der Schweizer Produktionsfirma Urs-Film (1958)
Max Frischs Wilhelm Tell für die Schule (1971)
Die Geschichte des Wilhelm Tell aus der Sicht Gesslers erzählt. Dabei wird ihr die Schweizer Heroisierung genommen. Wilhelm Tell und die Urner werden als sehr konservativ, allem Fremden und Neuen abhold dargestellt. Der Apfelschuss und der Tod Gesslers sind dann auch nur die direkten Folgen von Missverständnissen, Dickköpfigkeit und Stolz.
Der Text wird durch viele Fussnoten mit historischen Quellenangaben angereichert.
Schweizer Film «Tell» von 2007
2007 gelangte Mike Eschmanns aufwändig verfilmter Tell in die Kinos.
Wilhelm Tell, gespielt von Mike Müller, ist Österreicher und zieht durch Schweizer Dörfer, um Frauen sein Schönheitsmittelchen anzudrehen. In Auftrag von drei Eidgenossen macht sich Tell zusammen mit dem Eskimo Val-Tah auf den Weg in die Feste der Habsburger. Dort soll er dem bösen Gessler das Handwerk legen. Als Belohnung winkt der Schweizer Pass.
Die geplante Provokation misslang, der Film floppte. Kritisiert wurden Durchhänger, flache Witze, biedere Zoten, umständliche Dialoge und kaputtgeredete Pointen.[2]
The Adventures of William Tell (2010)
Im Jahr 2010 soll in Luzern ein Hollywoodfilm uraufgeführt werden. Als Frau von Tell konnte die Enkelin von Charlie Chaplin, Kiera Chaplin gewonnen werden. Wer die Hauptrolle oder die Regie übernehmen wird, steht noch nicht fest. [3]
Literatur
- Otto Holzapfel: Lexikon der abendländischen Mythologie, Freiburg, Berlin, Wien 1993 (Herder) ISBN 3-451-22487-9
Einzelnachweise
- ↑ Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885–1892, Eintrag Tell, Wilhelm, S. 576–77 in Band 15.
- ↑ Neue Zürcher Zeitung: Tell, ein Trauerspiel - Die Schweizer Filmkomödie erreicht einen neuen Tiefpunkt
- ↑ Tagesanzeiger: Wilhelm Tell geht nach Hollywood
Weblinks
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