- Ten no Kata
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Ten-no-Kata (jap.: 天の形, Himmelsform) ist eine Kata des Shōtōkan-Karate. Sie wurde, wie auch die drei Taikyoku-Katas, von Gichin Funakoshi und seinem Sohn Yoshitaka Funakoshi zusammen in den 1930er Jahren entwickelt. Ten-no-Kata ist die einzige Kumite-Kata im Kanon der Shotokan-Kata. Kumite-Kata bedeutet, dass es „von Hause aus“ eine standardisierte Form der Anwendung mit Partner (Bunkai) gibt, die ein fester Bestandteil der Kata ist. Die Kata selbst besteht somit aus zwei Teilen: der Omote-Form, die vom Ausführenden alleine geübt wird und der Ura-Form, welche mit Partner im Sinne eines Kihon-Ippon-Kumite zu trainieren ist.
Somit verdeutlicht und konserviert Ten-no-Kata wie keine zweite Kata die alte Philosophie des Karate: Ikken hissatsu - dem „Töten mit einem Schlag“.
„Auf Papier“ veröffentlicht wurde Ten-no-Kata zum ersten Mal 1935 in Funakoshis großem Standardwerk Karate-Do Kyohan. In seinen beiden älteren Werken Ryukyu Kempo Karate (1922) und Rentan Goshin Karate Jutsu (1925) wurde die Kata noch nicht erwähnt. Ausführlich wird sie dann 1943 in seinem Buch Karate-Do Nyumon beschrieben.
Funakoshi selbst weist ausdrücklich darauf hin, dass der von ihm entworfene Ablauf der Ten-no-Kata nur die Basis dieser Kumite-Kata ist, die, nachdem der Karateka sie verinnerlicht hat, im selben Sinne weiter zu entwickeln ist.
Die Ausführung der Kata im Omote erscheint dem fortgeschrittenen Karateka auf den ersten Blick sehr einfach und wenig herausfordernd – womöglich ein Grund, weswegen diese Kata kein fester Bestandteil des heutigen Karates ist. Versucht man jedoch ernsthaft die Bewegungen zu meistern und dabei eine entsprechende mentale Haltung (bereit zum Töten oder Sterben) zu erreichen, dann hat man einige Zeit der Übung vor sich...
Kumite-Katas werden auch in anderen japanischen Budo-Systemen wie z.B. im Judo, Aikido oder Nihon Jujutsu geübt, wo sie seit je her wichtiger Bestandteil der Technik-Ausbildung am Partner sind.
Auffällig ist, dass Funakoshi die Kata erst einführt, nachdem er die Wandlung der okinawanischen Schreibweise von Karate (China-Hand) in die japanische Schreibweise (leere Hand) vollzogen hat. Man könnte daher spekulieren, dass er diese Kata auch entwickelt hat, um das Karate noch mehr in die Tradition der japanischen Kampfkünste mit ihren Partner-Katas zu integrieren.
Wahrscheinlicher ist jedoch die eher augenscheinliche Erklärung: Funakoshi schuf die Kata als die Quintessenz seines langen Karate-Lebens, um in ihr den harmonischen Dreiklang der Elemente Kihon, Kata und Kumite in einer Übungsform zu kombinieren und somit einen Impuls für die Weiterentwicklung seiner Karate-Auffassung zu setzen.
Heute wird Ten-no-kata hauptsächlich im Shotokai, der Karate-Vereinigung von Egami Shigeru, gelehrt und geübt. Im Shotokan der JKA (und der aus ihr entstandenen Tochter-Organisationen) ist sie eher stiefmütterlich behandelt worden und hat dort heute keine besondere Bedeutung mehr. Jedoch wurden von Gima Makoto und in der JKA unter Nakayama Masatoshi Kihon-Kata entwickelt, welche ebenfalls mit festen Bunkai daher kommen. Doch auch diese Katas sind inzwischen kaum mehr anzutreffen und verschwinden immer mehr und mehr aus dem Bewusstsein der Shotokan-Anhänger. Shito-Ryu und Goju-Ryu haben ebenfalls – teils sehr ähnliche - Kihon-Kata. Die Shotokan-Kihon-Katas werden heute von der IMAF noch gelehrt.
Eine genaue Beschreibung von Ten-no-kata findet man in den bereits erwähnten Büchern Karate-Do Nyûmon und Karate-Do Kyôhan von Gichin Funakoshi. Ersteres ist auch in deutscher Sprache erhältlich und beschreibt die Kata sehr ausführlich. Im Karate-Do Kyôhan ist nur eine kurze Abhandlung über Ten-no-kata enthalten. Die Ten-no-kata wird ausführlich in dem 2010 in deutscher Sprache erschienenen Buch "Auf der Spur - Karate-Kata neu entdeckt" von Kai Diestel, 2.DAN JKA-Karate ausführlich erklärt.
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