- Thymusdrüse
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Der Thymus (latinisiert von griechisch θυμός, Thymos) oder Bries ist ein Organ des lymphatischen Systems von Wirbeltieren. Er befindet sich bei Säugetieren im vor dem Herz gelegenen Abschnitt des Mittelfells (Mediastinum), beim Menschen entsprechend oberhalb des Herzens. Bei einigen Säugetieren (z. B. Paarhufer, Meerschweinchen) erstreckt sich der Thymus auch über den gesamten Hals, bei Vögeln ist er ausschließlich im Halsbereich ausgebildet. Mit dem Eintritt in die Geschlechtsreife bildet sich der Thymus physiologisch zurück (Involution).
Inhaltsverzeichnis
Aufbau und Funktion
Der Thymus des Menschen ist ein zweilappiges Organ, wobei bei Neugeborenen jeder Lappen ca. 5 cm lang und 2 cm breit ist. Im Kleinkindalter wächst der Thymus noch etwas, bis zur Pubertät behält er seine Größe, danach wird sein Gewebe mehr und mehr durch funktionsloses Fettgewebe ersetzt (→ Involution). Bei den übrigen Säugetieren unterscheidet man einen paarigen Halslappen (Lobus cervicalis), einen Übergangsteil (Isthmus) und einen unpaarigen Brustlappen (Lobus thoracicus). Bei Vögeln sind beidseits entlang des Halses mehrere kleine Thymuslappen ausgebildet.
Im Gegensatz zu den übrigen lymphatischen Organen, welche ausschließlich aus dem Mesoderm hervorgehen, entwickelt sich der Thymus aus dem Meso-, dem Ento- und dem Ektoderm und wird daher als lymphoepitheliales Organ bezeichnet. Histologisch lassen sich im Thymus Läppchen (Lobuli thymici) mit Rinde und Mark unterscheiden. Besonders im Thymusmark befinden sich beim Menschen und den meisten anderen Wirbeltieren die für das lymphatische Gewebe des Thymus typischen Hassall-Körperchen. Im Thymus werden Thymozyten (Prä-T-Lymphozyten) in T-Lymphozyten (Syn. T-Zellen) umgewandelt. Die T-Lymphozyten-Vorläufer wandern aus dem Knochenmark über die Blutbahn in die Läppchenrinde ein. Sie durchlaufen das Läppchen von außen nach innen und machen dabei eine Reifung durch.
Zunächst entstehen durch zufällige Rekombination Lymphozyten gegen alle möglichen Zielmoleküle. Eine Blut-Thymus-Schranke verhindert den Kontakt zu körperfremden Antigenen. Jene Klone von Lymphozyten, die körpereigene MHC-Moleküle erkennen können und damit funktionstüchtig sind, werden dann vermehrt - alle anderen Klone werden in den programmierten Zelltod geschickt (positive Selektion). Das Erkennen der körpereigenen MHC-Moleküle in Kombination mit körperfremden Antigenen löst später die spezifische Immunabwehr aus. In einem zweiten Schritt werden jene T-Lymphozyten, die gegen körpereigene Antigene gerichtet sind und deshalb körpereigene Zellen attackieren würden, durch programmierten Zelltod aussortiert (negative Selektion). Dadurch haben T-Lymphozyten eine Selbsttoleranz gegenüber körpereigenem Gewebe, greifen dieses also nicht an. Vom Mark wandern die ausdifferenzierten T-Lymphozyten über das Blut in die sekundären lymphatischen Organe, wo sie sich bei Bedarf, das heißt, wenn ein entsprechendes Antigen in den Körper eingedrungen ist, vermehren.
Da der Thymus der Primärentwicklung der T-Lymphozyten dient, wird er zusammen mit dem Bursaäquivalenten Organ als primäres oder zentrales lymphatisches Organ bezeichnet.
Involution
Nach der Ausbildung eines umfangreichen Reservoirs an gegen spezifische Antigene gerichteten T-Lymphozyten ist der Thymus nicht mehr notwendig, denn die Vermehrung der einzelnen T-Lymphozyten-Klone erfolgt, falls entsprechende Antigene in den Körper gelangen, in den T-Lymphozyten-Regionen der sekundären lymphatischen Organe (z. B. Paracortex im Lymphknoten, PALS der Milz). Mit Einsetzen der Pubertät bildet sich der Thymus zurück (Involution), so dass bei Erwachsenen nur noch ein Thymusrestkörper – beim Menschen auch als retrosternaler Fettkörper bezeichnet – übrig bleibt, der hauptsächlich aus Fettgewebe besteht.
Thymektomie
Eine Entfernung des Thymus (Thymektomie) bei Feten oder sehr jungen Tieren oder Menschen führt dazu, dass kein funktionierendes Immunsystem aufgebaut werden kann, denn T-Lymphozyten spielen darin eine zentrale Rolle. Indikationen für eine Thymektomie beim erwachsenen Patienten sind unter anderem ein Thymom sowie Myasthenia gravis, bei der eine Entfernung des Thymus unter bestimmten Voraussetzungen den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.
Thymuspeptide
Aus dem Thymus können verschiedene Peptide isoliert werden wie Thymomodulin, Thymostimulin (TP-1), Thymopentin (TP-5), Thymus-Serum-Faktor (thymic humoral factor, THF) und Thymosine (z. B. Thymosin α1, Thymosin β4).
Einige Peptide werden zur Zeit als Wirkstoffe auf ihre Heilwirkung untersucht. Andere, wie beispielsweise das Thymosin α1, sind mittlerweile in vielen Ländern der Welt als Arzneimittelwirkstoff zugelassen und befinden sich in der therapeutischen Anwendung. Die Uniklinik Mainz untersucht z.B. derzeit den Nutzen von Thymosin α bei der chronischen Hepatitis C, auch die Anwendung beim malignem Melanom (schwarzer Hautkrebs) wird derzeit in Phase II – Studien untersucht. Jedoch sind die derzeitigen Studienergebnisse noch nicht ausreichend, um bei irgendeiner Erkrankung eine eindeutige Empfehlung zur Anwendung auszusprechen. Es kann sowohl synthetisch hergestellt als auch direkt aus dem Thymus isoliert werden.
Thymus als Lebensmittel
Der Thymus des Kalbs wird als Kalbsbries oder Milken (schweizerisch) als Spezialität angeboten. In der gehobenen Gastronomie wird es gerne in Kombination mit Gänseleber und Kurzgebratenem benutzt.
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