- Tipping-Point
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Der Begriff tipping point (deutsch: Umkipp-Punkt) bezeichnet jenen Punkt oder Moment, an dem eine vorher lineare Entwicklung durch bestimmte Rückkopplungen abrupt abbricht, die Richtung wechselt oder stark beschleunigt wird („qualitativer Umschlagspunkt“).
Erstmals angewendet wurde der Begriff im Jahre 1957 von Morton Grodzins bei einer Untersuchung zur Rassentrennung. Weiterentwickelt hat ihn dann der US-amerikanische Ökonom Thomas Schelling. Derzeit wird dieser Begriff häufig im Zusammenhang mit Klimamodellen verwendet. Wissenschaftler vermuten, dass es tipping points in der Klimaentwicklung gibt (z. B. Änderungen im Wärmetransport durch Wasser- oder Luftströmungen), welche dramatische Klimaveränderungen in sehr kurzer Zeit bewirken.
Im Jahre 2000 erschien das Buch „Tipping Point – Wie kleine Dinge Großes bewirken können“ (Originaltitel: The tipping point – How Little Things Can Make A Big Difference) von Malcolm Gladwell und machte den Begriff populär.
Inhaltsverzeichnis
Tipping-Point-Führung
In der Wirtschaft wird der Tipping Point als Führungsstil betrachtet. Man geht davon aus, dass Veränderungen in der Organisation nicht auf der Verwandlung der Masse beruhen. Vielmehr muss man sich auf Extreme konzentrieren, welche einen asymmetrisch großen Einfluss auf die Performance haben und so rasch einen „Tipping Point“ auslösen.
Erfolgsfaktoren
Gladwell hat drei Faktoren identifiziert, die für die Ausbreitung einer Epidemie verantwortlich sind:
The Law of the Few (Das Gesetz der Wenigen)
Nicht alle Mitglieder einer Gruppe haben den gleichen Einfluss. Vielmehr haben einzelne Mitglieder einen überproportional großen Einfluss, Veränderungen herbeizuführen.
Stickiness (Haftenbleiben)
Die Präsentation einer Botschaft hat einen großen Einfluss darauf, ob die Adressaten tatsächlich zum Handeln motiviert werden können. Hierbei können auch kleine Änderungen große Auswirkungen haben. Zum Beispiel floppte die Kindersendung „Sesamstraße“ bei ersten Pilotversuchen in den USA, wurde dann aber doch ein Erfolg. Das ursprüngliche Konzept wurde nur durch die Hinzufügung der Figur Bibo geändert.
The Power of Context (Umweltbedingungen)
Menschen sind in ihrem Handeln sehr stark von den Umgebungsbedingungen, der jeweiligen Situation beeinflusst. Insofern sind die Ausbreitung von Epidemien und der Erfolg von Maßnahmen abhängig von der Situation der Adressaten. Ein Beispiel hierfür ist die Anwendung der Broken-Windows-Theorie durch New Yorks Bürgermeister Rudolph Giuliani ab 1994. Die Polizei New Yorks konzentrierte sich auf die Bekämpfung scheinbarer Bagatellverbrechen, die aber die Lebensqualität der Einwohner New Yorks beeinträchtigten, um so Zeichen für „Null-Toleranz“ zu setzen. Die Politik Giulianis führte zu einem erheblichen Rückgang der Verbrechen in New York. Den potentiellen Verbrechern in New York wurde deutlich gemacht, dass „Null-Toleranz“ auch gegenüber kleinen Übertretungen herrschte, und diese Haltung wurde zum Tipping-Point in der Verbrechensstatistik New Yorks.[1][2]
Quellen
- ↑ Gladwell, S. 146
- ↑ In einem Interview im ZEIT-Magazin vom 28. Mai 2009, S. 11–13 weist er auf eine andere Theorie hin. Menschen mit Bleivergiftung werden enthemmt (Hans Marquardt, Siegfried G. Schäfer (Hrsg.): Lehrbuch der Toxikologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1997. ISBN 3-8274-0271-9 S. 513–517). „In den USA verschwand das Blei 1973 aus dem Benzin. Genau 18 Jahre später, als die damals Geborenen also in das Alter kamen, in dem man gemeinhin kriminell wird, beginnt der steile Abfall der Verbrechensrate in Großstädten.“ (Gladwell-Interview, S. 13)
Literatur
- Malcolm Gladwell: The Tipping Point – How Little Things Can Make A Big Difference (2000) dt. Der Tipping Point (2002), ISBN 978-3-442-12780-1
- W. Chan Kim, Renée Mauborgne: Der Blaue Ozean als Strategie. Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt. Carl Hanser Verlag, München und Wien 2005, ISBN 3-446-40217-9, insbesondere Kapitel 7.
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