Tonica fugata

Tonica fugata


tonica fugata
Entwickler: capella-software
Betriebssystem: Microsoft Windows
Kategorie: Musiksoftware
Lizenz: proprietär
Deutschsprachig: Ja
www.capella.de

tonica fugata ist ein Kompositionsprogramm für Microsoft Windows, das von der Firma capella-software aus Söhrewald (Landkreis Kassel) vertrieben wird. Es vermittelt Grundlagen der musikalischen Kompositionslehre und erzeugt selbständig Kompositionen (Tonsätze, Variationen, Kanons und Fugen) zu eingegebenen Melodien oder Themen. tonica fugata ist für das Selbststudium konzipiert, es ist aber auch für den Kompositionsunterricht an Schulen und Hochschulen geeignet.

Das Programm wurde ursprünglich unter dem Namen tonica als Lern- und Anwendungsprogramm für die Bereiche Akkordlehre, Tonsatzlehre und Komposition entwickelt. Mit Version 4.0 wurde eine Kompositionsautomatik für Tonsätze integriert. Seither wurde es um weitere musikalische Formen und Stile erweitert. Mit der Komposition von Fugen ab Version 9.0 erfolgte die Umbenennung in tonica fugata.

Neben tonica fugata gibt es weiter eine eingeschränkte Version mit der Bezeichnung tonica, mit der unter anderem keine Fugenkomposition möglich ist.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsumfang

tonica fugata befasst sich mit Aufgabenstellungen, die Bestandteil der Tonsatzlehre an Schulen und Hochschulen sind:

  • Die harmonische Analyse von Tonsätzen in Stufentheorie und Funktionstheorie
  • Die Ergänzung einer gegebenen Melodie um eine zweite Begleitstimme
  • Die Schaffung eines drei- oder vierstimmigen Tonsatzes zu einer gegebenen Melodie oder einer Basslinie (Generalbass)
  • Die Umspielung eines Themas bzw. der Stimmen eines Tonsatzes mit Figuralvariationen
  • Die Erzeugung von Kanons in strenger Form und als Zirkelkanons
  • Die Komposition von Fugen zu einem vorgegebenen Thema

Das Programm löst die oben genannten Aufgaben eigenständig zu den Vorgaben des Benutzers, beispielsweise zu einem eingegebenen Thema. Es bedient sich dabei der Stilimitation: Der Benutzer kann das Ergebnis durch die Wahl eines Harmonisierungsstils bzw. eines Variationsstils beeinflussen. Dabei handelt es sich um einen Personalstil (z. B. Johann Sebastian Bach) oder Gattungsstil (z. B. Jazz). In tonica fugata sind derzeit folgende Harmonisierungsstile vordefiniert:

Neben diesen vordefinierten Stilen kann der Benutzer durch Vorgabe entsprechender Musikbeispiele eigene Harmonisierungsstile erzeugen lassen.

Als Variationsstile bietet das Programm verschiedene Stile nach Art der Partiten von Johann Pachelbel und der Präludien von J. S. Bach an.

Wirkungsweise

tonica fugata setzt Verfahren der Algorithmischen Komposition ein. Als Technologie kommen künstliche neuronale Netze zum Einsatz, deren Struktur und Gewichte an konkrete Lernbeispiele (z. B. Choräle von J. S. Bach) angepasst werden[1].

Anstatt mit fest vorgegebenen Regeln zu arbeiten und damit den Suchraum zu beschränken, verzichtet tonica fugata bis auf wenige Grundregeln wie beispielsweise dem Verbot der Quintparallelen auf ein festes Regelwerk. Stattdessen löst das Programm die Aufgaben, indem es eine diskrete Zeitreihenanalyse für die Abfolge der Töne, Harmonien und Motive in den Lernbeispielen durchführt und damit die neuronalen Netze trainiert. Aus dem Wissen, das dabei in den neuronalen Netzen gespeichert wird, werden dann Prognosen für neue Melodien und Themen abgeleitet. Die Anwendung dieses Wissens wird gezielt durch den Zufall gesteuert, was dazu führt, dass zu einer Eingabe verschiedene Lösungen erzeugt werden können[2].

tonica fugata folgt damit der Arbeitsweise eines Komponisten, der sich im Prinzip an Regeln orientiert, aber in weit größerem Maße seiner musikalischen Intuition folgt und dabei aus seinem Erfahrungsschatz und den Werken der Musiktradition schöpft.

Fugenkomposition

Die Fuge ist eine der komplexesten und handwerklich anspruchsvollsten Formen in der Musik, mit der sich viele bedeutende Komponisten auseinandergesetzt haben. Die Kunst besteht darin, aus wenig Grundmaterial (Thema und Kontrapunkt) eine in sich geschlossene Komposition zu erschaffen. Dabei tritt das Thema immer wieder in veränderter Gestalt auf (z. B. als Umkehrung, Augmentation oder in Engführungen).

tonica fugata legt einer Fuge ein Formschema zugrunde, das den groben Aufbau der Fuge festlegt. Basierend auf diesem Formschema und dem vorgegebenen Thema erzeugt das Programm das Themenmaterial, aus dem die Fuge schließlich zusammengesetzt wird. tonica fugata bietet verschiedene Formschemata zur Auswahl an, einige basierend auf den Fugen des Wohltemperierten Klaviers von J. S. Bach[3].

Einsatz

tonica fugata verfolgt den Ansatz des Explorativen Lernens: Der Benutzer wird nicht schrittweise zum fertigen musikalischen Ergebnis geleitet, sondern soll anhand der Analyse eigener bzw. der vom Programm erzeugten Kompositionen selbständig Erfahrungen sammeln und komponieren lernen. Von Einsteigern und Laien wird daher eine gewisse Sicherheit hinsichtlich der ästhetischen Beurteilung der von tonica fugata erzeugten musikalischen Ergebnisse verlangt. Für erfahrene Benutzer und professionelle Komponisten, deren Kompositionen stilistisch der tonalen Musik oder dem Jazz zuzuordnen sind, eignet sich tonica fugata als Baukasten, aus dem sie Material für ihre eigenen Kompositionen schöpfen können.

Schnittstellen

tonica fugata verwendet ein proprietäres Dateiformat, exportiert die Daten aber ins MIDI-Format, ins CapXML-Format und ins MusicXML-Format. Eine direkte Schnittstelle zum Notensatzprogramm capella des gleichen Herstellers erlaubt die Weiterbearbeitung der Kompositionen. Die Noteneingabe kann wahlweise über die Computertastatur, mit der Maus oder mit einem MIDI-Keyboard erfolgen. Die Software importiert Midi-Dateien und capella-Dateien.

Kritik

  • Die Stimmenanzahl in tonica fugata ist auf vier Stimmen beschränkt.
  • tonica fugata ist nur für Microsoft Windows verfügbar.

Literatur

  1. Dominik Hörnel: Lernen musikalischer Strukturen und Stile mit neuronalen Netzen. ISBN 3-8265-7576-8.
  2. Daniel Frey, Dominik Hörnel: Handbuch zu tonica fugata (PDF)
  3. Hans-Ulrich Werner: Kleine Fugenlehre zu tonica fugata (PDF)

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